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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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uud nach ihm mehrere Physiker, bisweilen gekrümmte Flintenläufe gebraucht. Die Retorten lassen sich sowohl im Sandbade als im freyen Feuer bequem gebrauchen, und in dem Reverberirofen so setzen, daß die darinn enthaltene Materie von allen Seiten her erhitzt werden kan. Da die Dämpfe aus der Retorte sogleich durch die Seitenröhre abgehen, so wird diese Art der Destillation die seitwärts gehende oder schräge (Destillatio ad latus s. obliqua) genannt.

Die bey der Destillation aufsteigenden elastischen Materien sind, wie schon bey dem Worte: Dämpfe, angezeigt ist, entweder Dämpfe oder Luftgattungen. Die Dämpfe verdichten sich durch die Abkühlung wieder, und erscheinen alsdann entweder in flüßiger, oder in fester Gestalt. In der letztern heißen sie Blumen, und die Operation bekömmt den Namen der Sublimation. Beydes aber, Destillation und Sublimation, ist nichts anders, als Abdampfung in verschloßnen Gefäßen, wobey die durchs Feuer abgetriebnen flüchtigen Bestandtheile nicht davongehen, sondern aufgesammlet werden. s. Abdampfen.

Beym Abdampfen an freyer Luft wird der aufsteigende Dampf sogleich von der Luft aufgelöset, so daß die abzurauchende Materie von seinem Drucke nichts mehr leidet, sondern blos das Gewicht der Atmosphäre zu tragen hat. Bey der Destillation hingegen bleibt das verschlossene Brennzeug stets mit einer gewissen Menge eingeschlossener Dämpfe erfüllt, deren heftiger Druck besonders bey sehr verstärktem Feuer dem fernern Aufsteigen der Dämpfe und also dem Fortgange der Destillation ungemein hinderlich ist. Hales hat daher schon den Vorschlag gethan, zu Beschleunigung der Destillationen im Kolben einen Luftzug vermittelst eines Ventilators anzubringen. Dies kürzt allerdings die Operation ab, allein da die Luft, welche beständig neu hinzukömmt, von Zeit zu Zeit einen Theil der Dämpfe auflösen muß, so bringt es eine neue Verwicklung in die Sache, und macht die Destillation unvollkommner.


uud nach ihm mehrere Phyſiker, bisweilen gekruͤmmte Flintenlaͤufe gebraucht. Die Retorten laſſen ſich ſowohl im Sandbade als im freyen Feuer bequem gebrauchen, und in dem Reverberirofen ſo ſetzen, daß die darinn enthaltene Materie von allen Seiten her erhitzt werden kan. Da die Daͤmpfe aus der Retorte ſogleich durch die Seitenroͤhre abgehen, ſo wird dieſe Art der Deſtillation die ſeitwaͤrts gehende oder ſchraͤge (Deſtillatio ad latus ſ. obliqua) genannt.

Die bey der Deſtillation aufſteigenden elaſtiſchen Materien ſind, wie ſchon bey dem Worte: Daͤmpfe, angezeigt iſt, entweder Daͤmpfe oder Luftgattungen. Die Daͤmpfe verdichten ſich durch die Abkuͤhlung wieder, und erſcheinen alsdann entweder in fluͤßiger, oder in feſter Geſtalt. In der letztern heißen ſie Blumen, und die Operation bekoͤmmt den Namen der Sublimation. Beydes aber, Deſtillation und Sublimation, iſt nichts anders, als Abdampfung in verſchloßnen Gefaͤßen, wobey die durchs Feuer abgetriebnen fluͤchtigen Beſtandtheile nicht davongehen, ſondern aufgeſammlet werden. ſ. Abdampfen.

Beym Abdampfen an freyer Luft wird der aufſteigende Dampf ſogleich von der Luft aufgeloͤſet, ſo daß die abzurauchende Materie von ſeinem Drucke nichts mehr leidet, ſondern blos das Gewicht der Atmoſphaͤre zu tragen hat. Bey der Deſtillation hingegen bleibt das verſchloſſene Brennzeug ſtets mit einer gewiſſen Menge eingeſchloſſener Daͤmpfe erfuͤllt, deren heftiger Druck beſonders bey ſehr verſtaͤrktem Feuer dem fernern Aufſteigen der Daͤmpfe und alſo dem Fortgange der Deſtillation ungemein hinderlich iſt. Hales hat daher ſchon den Vorſchlag gethan, zu Beſchleunigung der Deſtillationen im Kolben einen Luftzug vermittelſt eines Ventilators anzubringen. Dies kuͤrzt allerdings die Operation ab, allein da die Luft, welche beſtaͤndig neu hinzukoͤmmt, von Zeit zu Zeit einen Theil der Daͤmpfe aufloͤſen muß, ſo bringt es eine neue Verwicklung in die Sache, und macht die Deſtillation unvollkommner.

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[574/0588] uud nach ihm mehrere Phyſiker, bisweilen gekruͤmmte Flintenlaͤufe gebraucht. Die Retorten laſſen ſich ſowohl im Sandbade als im freyen Feuer bequem gebrauchen, und in dem Reverberirofen ſo ſetzen, daß die darinn enthaltene Materie von allen Seiten her erhitzt werden kan. Da die Daͤmpfe aus der Retorte ſogleich durch die Seitenroͤhre abgehen, ſo wird dieſe Art der Deſtillation die ſeitwaͤrts gehende oder ſchraͤge (Deſtillatio ad latus ſ. obliqua) genannt. Die bey der Deſtillation aufſteigenden elaſtiſchen Materien ſind, wie ſchon bey dem Worte: Daͤmpfe, angezeigt iſt, entweder Daͤmpfe oder Luftgattungen. Die Daͤmpfe verdichten ſich durch die Abkuͤhlung wieder, und erſcheinen alsdann entweder in fluͤßiger, oder in feſter Geſtalt. In der letztern heißen ſie Blumen, und die Operation bekoͤmmt den Namen der Sublimation. Beydes aber, Deſtillation und Sublimation, iſt nichts anders, als Abdampfung in verſchloßnen Gefaͤßen, wobey die durchs Feuer abgetriebnen fluͤchtigen Beſtandtheile nicht davongehen, ſondern aufgeſammlet werden. ſ. Abdampfen. Beym Abdampfen an freyer Luft wird der aufſteigende Dampf ſogleich von der Luft aufgeloͤſet, ſo daß die abzurauchende Materie von ſeinem Drucke nichts mehr leidet, ſondern blos das Gewicht der Atmoſphaͤre zu tragen hat. Bey der Deſtillation hingegen bleibt das verſchloſſene Brennzeug ſtets mit einer gewiſſen Menge eingeſchloſſener Daͤmpfe erfuͤllt, deren heftiger Druck beſonders bey ſehr verſtaͤrktem Feuer dem fernern Aufſteigen der Daͤmpfe und alſo dem Fortgange der Deſtillation ungemein hinderlich iſt. Hales hat daher ſchon den Vorſchlag gethan, zu Beſchleunigung der Deſtillationen im Kolben einen Luftzug vermittelſt eines Ventilators anzubringen. Dies kuͤrzt allerdings die Operation ab, allein da die Luft, welche beſtaͤndig neu hinzukoͤmmt, von Zeit zu Zeit einen Theil der Daͤmpfe aufloͤſen muß, ſo bringt es eine neue Verwicklung in die Sache, und macht die Deſtillation unvollkommner.

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 574. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/588>, abgerufen am 29.06.2024.