einen Schlüssel gebunden hatte. Schon war eine sehr viel versprechende Wolke ohne die mindeste Wirkung vorübergezogen, als er einige lockere Fäden der hänfenen Schnur gerade in die Höhe stehen, und von der Schnur so, wie von einander selbst, fliehen sah. Er brachte sogleich den Knöchel seines Fingers an den Schlüssel, und erhielt dadurch zu seinem lebhaften Vergnügen einen deutlichen elektrischen Funken. Es folgten darauf noch mehrere, und nachdem die Schnur naß geworden und also eine besserer Leiter war, sammlete sich die Elektricität in dem Schlüssel sehr häufig. Dieser im Iunius 1752 angestellte Versuch war der erste, durch welchen Franklin selbst eine unmittelbare Bestätigung von der vermutheten Elektricität der Gewitterwolken erhielt.
Im folgenden Jahre kam Herr de Romas, Beysitzer des Landgerichts zu Nerac, auf eben diesen Gedanken, ohne Franklins Versuche zu kennen. Er gab zugleich dem elektrischen Drachen eine weit bequemere und zweckmäßigere Einrichtung. Er bediente sich einer mit Eisendrathe durchflochtenen hänfenen Schnur an einem papiernen Drachen, welcher 7 1/2 Fuß Höhe, 3 Fuß Breite und 18 Quadratfuß Fläche hatte. Die hänfene Schnur war unten an eine trockne seidne Schnur befestiget, die unter einem Wetterdache vor dem Regen beschützt, und an ein mit einem Steine beschwertes Pendulum gebunden war. Dadurch ward die hänfene Schnur isolirt, und die Elektricität mehr angehäuft; das Pendulum aber konnte der Stärke des Windes nach Erfordern nachgeben. Endlich hieng er an das Ende der hänfenen Schnur eine blecherne Röhre, welche als Conductor diente, um die Funken daraus zu ziehen.
Mit dieser Geräthschaft gelang es Hrn. de Romas, aus den Wolken eine stärkere Menge Elektricität herabzubringen, als jemals sowohl vor als nach ihm durch irgend eine Veranstaltung erhalten worden ist. Als der Drache an einer 780 Fuß langen Schnur, welche mit dem Horizonte einen Winkel von beynahe 45° machte, 550 Fuß hoch gestiegen war, zog er am 7 Jun. 1753, Nach mittags
einen Schluͤſſel gebunden hatte. Schon war eine ſehr viel verſprechende Wolke ohne die mindeſte Wirkung voruͤbergezogen, als er einige lockere Faͤden der haͤnfenen Schnur gerade in die Hoͤhe ſtehen, und von der Schnur ſo, wie von einander ſelbſt, fliehen ſah. Er brachte ſogleich den Knoͤchel ſeines Fingers an den Schluͤſſel, und erhielt dadurch zu ſeinem lebhaften Vergnuͤgen einen deutlichen elektriſchen Funken. Es folgten darauf noch mehrere, und nachdem die Schnur naß geworden und alſo eine beſſerer Leiter war, ſammlete ſich die Elektricitaͤt in dem Schluͤſſel ſehr haͤufig. Dieſer im Iunius 1752 angeſtellte Verſuch war der erſte, durch welchen Franklin ſelbſt eine unmittelbare Beſtaͤtigung von der vermutheten Elektricitaͤt der Gewitterwolken erhielt.
Im folgenden Jahre kam Herr de Romas, Beyſitzer des Landgerichts zu Nerac, auf eben dieſen Gedanken, ohne Franklins Verſuche zu kennen. Er gab zugleich dem elektriſchen Drachen eine weit bequemere und zweckmaͤßigere Einrichtung. Er bediente ſich einer mit Eiſendrathe durchflochtenen haͤnfenen Schnur an einem papiernen Drachen, welcher 7 1/2 Fuß Hoͤhe, 3 Fuß Breite und 18 Quadratfuß Flaͤche hatte. Die haͤnfene Schnur war unten an eine trockne ſeidne Schnur befeſtiget, die unter einem Wetterdache vor dem Regen beſchuͤtzt, und an ein mit einem Steine beſchwertes Pendulum gebunden war. Dadurch ward die haͤnfene Schnur iſolirt, und die Elektricitaͤt mehr angehaͤuft; das Pendulum aber konnte der Staͤrke des Windes nach Erfordern nachgeben. Endlich hieng er an das Ende der haͤnfenen Schnur eine blecherne Roͤhre, welche als Conductor diente, um die Funken daraus zu ziehen.
Mit dieſer Geraͤthſchaft gelang es Hrn. de Romas, aus den Wolken eine ſtaͤrkere Menge Elektricitaͤt herabzubringen, als jemals ſowohl vor als nach ihm durch irgend eine Veranſtaltung erhalten worden iſt. Als der Drache an einer 780 Fuß langen Schnur, welche mit dem Horizonte einen Winkel von beynahe 45° machte, 550 Fuß hoch geſtiegen war, zog er am 7 Jun. 1753, Nach mittags
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einen Schluͤſſel gebunden hatte. Schon war eine ſehr viel verſprechende Wolke ohne die mindeſte Wirkung voruͤbergezogen, als er einige lockere Faͤden der haͤnfenen Schnur gerade in die Hoͤhe ſtehen, und von der Schnur ſo, wie von einander ſelbſt, fliehen ſah. Er brachte ſogleich den Knoͤchel ſeines Fingers an den Schluͤſſel, und erhielt dadurch zu ſeinem lebhaften Vergnuͤgen einen deutlichen elektriſchen Funken. Es folgten darauf noch mehrere, und nachdem die Schnur naß geworden und alſo eine beſſerer Leiter war, ſammlete ſich die Elektricitaͤt in dem Schluͤſſel ſehr haͤufig. Dieſer im Iunius 1752 angeſtellte Verſuch war der erſte, durch welchen Franklin ſelbſt eine unmittelbare Beſtaͤtigung von der vermutheten Elektricitaͤt der Gewitterwolken erhielt.
Im folgenden Jahre kam Herr de Romas, Beyſitzer des Landgerichts zu Nerac, auf eben dieſen Gedanken, ohne Franklins Verſuche zu kennen. Er gab zugleich dem elektriſchen Drachen eine weit bequemere und zweckmaͤßigere Einrichtung. Er bediente ſich einer mit Eiſendrathe durchflochtenen haͤnfenen Schnur an einem papiernen Drachen, welcher 7 1/2 Fuß Hoͤhe, 3 Fuß Breite und 18 Quadratfuß Flaͤche hatte. Die haͤnfene Schnur war unten an eine trockne ſeidne Schnur befeſtiget, die unter einem Wetterdache vor dem Regen beſchuͤtzt, und an ein mit einem Steine beſchwertes Pendulum gebunden war. Dadurch ward die haͤnfene Schnur iſolirt, und die Elektricitaͤt mehr angehaͤuft; das Pendulum aber konnte der Staͤrke des Windes nach Erfordern nachgeben. Endlich hieng er an das Ende der haͤnfenen Schnur eine blecherne Roͤhre, welche als Conductor diente, um die Funken daraus zu ziehen.
Mit dieſer Geraͤthſchaft gelang es Hrn. de Romas, aus den Wolken eine ſtaͤrkere Menge Elektricitaͤt herabzubringen, als jemals ſowohl vor als nach ihm durch irgend eine Veranſtaltung erhalten worden iſt. Als der Drache an einer 780 Fuß langen Schnur, welche mit dem Horizonte einen Winkel von beynahe 45° machte, 550 Fuß hoch geſtiegen war, zog er am 7 Jun. 1753, Nach mittags
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 598. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/612>, abgerufen am 22.11.2024.
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