Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.
Der wesentlichste Theil der Zubereitung ist die Schnur, die ein sehr guter Leiter seyn muß. Cavallo fand nach verschiedenen mißlungenen Proben, daß man die beste Schnur erhalte, wenn man einen unächten Goldfaden (d. i. einen seidenen oder leinenen Faden, mit einem dünnen Kupferblättchen überzogen, wie sie zu unächten Stickereyen gebraucht werden) mit einem sehr dünnen Bindfaden zusammendrehet. Aechte Gold- oder Silberfäden würden noch bessere Dienste thun, wenn sie nicht wegen der nöthigen Länge der Schnur zu kostbar wären. Die Versuche, den Bindfaden selbst durch Ueberziehen mit Lampenruß, Kohlenstaub u. dgl. zu einem guten Leiter zu machen, schlugen fehl, weil sich diese Materien leicht abrieben: Einweichung des Bindfadens in Salzwasser that zwar ganz gute Dienste, war aber unbequem, weil sie beym Gebrauche selbst die Hände salzig machte. Zween Bindfaden mit einem Messingdrathe zusammengedreht hielten nicht gut, weil der Drath sich an mehreren Stellen drehte und von einander brach. Die isolirten Knäuel, elektrischen Wagen und andere ähnliche Vorrichtungen, um sich während dem Steigen des Drachens vor der Gefahr des Schlags zu schützen, hält Cavallo für überflüßig. Er meint, außer der Zeit eines Gewitters habe es mit den Schlägen aus der Schnur keine Gefahr; bey einem Gewitter aber sey es, selbst beym Gebrauche der möglichsten Vorsicht, nicht rathsam, den Drachen steigen zu lassen, wenn man ihn nicht schon vorher in die Höhe gebracht habe. Mir scheint dies letztere gerade eben so viel zu seyn, als einen Blitzableiter aufrichten, indem das Gewitter eben über dem Hause steht. Ueberdies ist bey einem Gewitter die Elektricität schon so merklich, daß man sie durch weit leichtere und sichrere Mittel, als durch den Drachen, beobachten kan, s. Elektricitäszeiger. Ist inzwischen die Luft während des Steigens sehr
Der weſentlichſte Theil der Zubereitung iſt die Schnur, die ein ſehr guter Leiter ſeyn muß. Cavallo fand nach verſchiedenen mißlungenen Proben, daß man die beſte Schnur erhalte, wenn man einen unaͤchten Goldfaden (d. i. einen ſeidenen oder leinenen Faden, mit einem duͤnnen Kupferblaͤttchen uͤberzogen, wie ſie zu unaͤchten Stickereyen gebraucht werden) mit einem ſehr duͤnnen Bindfaden zuſammendrehet. Aechte Gold- oder Silberfaͤden wuͤrden noch beſſere Dienſte thun, wenn ſie nicht wegen der noͤthigen Laͤnge der Schnur zu koſtbar waͤren. Die Verſuche, den Bindfaden ſelbſt durch Ueberziehen mit Lampenruß, Kohlenſtaub u. dgl. zu einem guten Leiter zu machen, ſchlugen fehl, weil ſich dieſe Materien leicht abrieben: Einweichung des Bindfadens in Salzwaſſer that zwar ganz gute Dienſte, war aber unbequem, weil ſie beym Gebrauche ſelbſt die Haͤnde ſalzig machte. Zween Bindfaden mit einem Meſſingdrathe zuſammengedreht hielten nicht gut, weil der Drath ſich an mehreren Stellen drehte und von einander brach. Die iſolirten Knaͤuel, elektriſchen Wagen und andere aͤhnliche Vorrichtungen, um ſich waͤhrend dem Steigen des Drachens vor der Gefahr des Schlags zu ſchuͤtzen, haͤlt Cavallo fuͤr uͤberfluͤßig. Er meint, außer der Zeit eines Gewitters habe es mit den Schlaͤgen aus der Schnur keine Gefahr; bey einem Gewitter aber ſey es, ſelbſt beym Gebrauche der moͤglichſten Vorſicht, nicht rathſam, den Drachen ſteigen zu laſſen, wenn man ihn nicht ſchon vorher in die Hoͤhe gebracht habe. Mir ſcheint dies letztere gerade eben ſo viel zu ſeyn, als einen Blitzableiter aufrichten, indem das Gewitter eben uͤber dem Hauſe ſteht. Ueberdies iſt bey einem Gewitter die Elektricitaͤt ſchon ſo merklich, daß man ſie durch weit leichtere und ſichrere Mittel, als durch den Drachen, beobachten kan, ſ. Elektricitaͤszeiger. Iſt inzwiſchen die Luft waͤhrend des Steigens ſehr <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0615" xml:id="P.1.601" n="601"/><lb/> als die papiernen. Groͤßere Drachen, als die angegebnen, ſind ſchwer zu behandeln, und dieſe ſind ſchon ſtark genug, um eine hinreichende Laͤnge von Schnur in der Hoͤhe zu erhalten.</p> <p>Der weſentlichſte Theil der Zubereitung iſt die Schnur, die ein ſehr guter Leiter ſeyn muß. <hi rendition="#b">Cavallo</hi> fand nach verſchiedenen mißlungenen Proben, daß man die beſte Schnur erhalte, wenn man einen unaͤchten Goldfaden (d. i. einen ſeidenen oder leinenen Faden, mit einem duͤnnen Kupferblaͤttchen uͤberzogen, wie ſie zu unaͤchten Stickereyen gebraucht werden) mit einem ſehr duͤnnen Bindfaden zuſammendrehet. Aechte Gold- oder Silberfaͤden wuͤrden noch beſſere Dienſte thun, wenn ſie nicht wegen der noͤthigen Laͤnge der Schnur zu koſtbar waͤren. Die Verſuche, den Bindfaden ſelbſt durch Ueberziehen mit Lampenruß, Kohlenſtaub u. dgl. zu einem guten Leiter zu machen, ſchlugen fehl, weil ſich dieſe Materien leicht abrieben: Einweichung des Bindfadens in Salzwaſſer that zwar ganz gute Dienſte, war aber unbequem, weil ſie beym Gebrauche ſelbſt die Haͤnde ſalzig machte. Zween Bindfaden mit einem Meſſingdrathe zuſammengedreht hielten nicht gut, weil der Drath ſich an mehreren Stellen drehte und von einander brach.</p> <p>Die iſolirten Knaͤuel, elektriſchen Wagen und andere aͤhnliche Vorrichtungen, um ſich waͤhrend dem Steigen des Drachens vor der Gefahr des Schlags zu ſchuͤtzen, haͤlt <hi rendition="#b">Cavallo</hi> fuͤr uͤberfluͤßig. Er meint, außer der Zeit eines Gewitters habe es mit den Schlaͤgen aus der Schnur keine Gefahr; bey einem Gewitter aber ſey es, ſelbſt beym Gebrauche der moͤglichſten Vorſicht, nicht rathſam, den Drachen ſteigen zu laſſen, wenn man ihn nicht ſchon vorher in die Hoͤhe gebracht habe. Mir ſcheint dies letztere gerade eben ſo viel zu ſeyn, als einen Blitzableiter aufrichten, indem das Gewitter eben uͤber dem Hauſe ſteht. Ueberdies iſt bey einem Gewitter die Elektricitaͤt ſchon ſo merklich, daß man ſie durch weit leichtere und ſichrere Mittel, als durch den Drachen, beobachten kan, <hi rendition="#b">ſ. Elektricitaͤszeiger.</hi> Iſt inzwiſchen die Luft waͤhrend des Steigens ſehr<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [601/0615]
als die papiernen. Groͤßere Drachen, als die angegebnen, ſind ſchwer zu behandeln, und dieſe ſind ſchon ſtark genug, um eine hinreichende Laͤnge von Schnur in der Hoͤhe zu erhalten.
Der weſentlichſte Theil der Zubereitung iſt die Schnur, die ein ſehr guter Leiter ſeyn muß. Cavallo fand nach verſchiedenen mißlungenen Proben, daß man die beſte Schnur erhalte, wenn man einen unaͤchten Goldfaden (d. i. einen ſeidenen oder leinenen Faden, mit einem duͤnnen Kupferblaͤttchen uͤberzogen, wie ſie zu unaͤchten Stickereyen gebraucht werden) mit einem ſehr duͤnnen Bindfaden zuſammendrehet. Aechte Gold- oder Silberfaͤden wuͤrden noch beſſere Dienſte thun, wenn ſie nicht wegen der noͤthigen Laͤnge der Schnur zu koſtbar waͤren. Die Verſuche, den Bindfaden ſelbſt durch Ueberziehen mit Lampenruß, Kohlenſtaub u. dgl. zu einem guten Leiter zu machen, ſchlugen fehl, weil ſich dieſe Materien leicht abrieben: Einweichung des Bindfadens in Salzwaſſer that zwar ganz gute Dienſte, war aber unbequem, weil ſie beym Gebrauche ſelbſt die Haͤnde ſalzig machte. Zween Bindfaden mit einem Meſſingdrathe zuſammengedreht hielten nicht gut, weil der Drath ſich an mehreren Stellen drehte und von einander brach.
Die iſolirten Knaͤuel, elektriſchen Wagen und andere aͤhnliche Vorrichtungen, um ſich waͤhrend dem Steigen des Drachens vor der Gefahr des Schlags zu ſchuͤtzen, haͤlt Cavallo fuͤr uͤberfluͤßig. Er meint, außer der Zeit eines Gewitters habe es mit den Schlaͤgen aus der Schnur keine Gefahr; bey einem Gewitter aber ſey es, ſelbſt beym Gebrauche der moͤglichſten Vorſicht, nicht rathſam, den Drachen ſteigen zu laſſen, wenn man ihn nicht ſchon vorher in die Hoͤhe gebracht habe. Mir ſcheint dies letztere gerade eben ſo viel zu ſeyn, als einen Blitzableiter aufrichten, indem das Gewitter eben uͤber dem Hauſe ſteht. Ueberdies iſt bey einem Gewitter die Elektricitaͤt ſchon ſo merklich, daß man ſie durch weit leichtere und ſichrere Mittel, als durch den Drachen, beobachten kan, ſ. Elektricitaͤszeiger. Iſt inzwiſchen die Luft waͤhrend des Steigens ſehr
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