Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.
Der Druck pflanzt sich von einem Theile des Hindernisses zum andern fort. Wer einen Stab gegen die Wand stemmt, drückt gegen das eine Ende desselben, der Druck aber wird durch den Zusammenhang der Theile fortgepflanzt, und wirkt am andern Ende mit gleicher Stärke gegen die Wand. Bey dieser Fortpflanzung des Drucks aber äussert sich zwischen festen und flüßigen Körpern ein wichtiger Unterschied. Der feste Körper, dessen Theile so stark zusammenhängen, daß keiner davon fortgehen kan, ohne alle übrige nach parallelen Richtungen mitzunehmen, pflanzt den Druck, der auf ihn geschieht, blos nach solchen Richtungen fort, welche mit der Richtung des Druckes selbst parallel sind. Der Würfel, der eine Säule trägt, pflanzt den Druck, den er vom Gewicht dieser Säule leidet, blos nach der lothrechten Richtung auf den Boden fort. Wäre auch dieser Würfel mit Seitenwänden umschlossen, und mit einem Deckel belegt, so würden doch weder die Wände noch der Deckel irgend etwas von dem Drucke empfinden, den das Gewicht der Säule hervorbringt, weil alle Theile des Würfels blos nach lothrechten mit einander parallelen Richtungen gegen den Boden getrieben werden. Der flüßige Körper hingegen, in welchem die Theile nur schwach zusammenhängen, und einzeln bewegt werden können, ohne daß sich darum das Ganze bewegen darf (mobilitas partium respectiva), läst sich als eine Anhäufung vieler einzelnen unverbundenen Theile betrachten. Da alle noch in die Sinne fallende Theile flüßiger Materien als Tropfen, d. i. kugelförmig, erscheinen, so hat man wohl keinen Grund, den kleinsten oder ersten Theilen flüßiger Körper eine andere, als die Kugelgestalt, beyzulegen. Auch muß man sich diese ersten Theile, wenn man sich einmal dergleichen vorstellen will, als feste oder harte
Der Druck pflanzt ſich von einem Theile des Hinderniſſes zum andern fort. Wer einen Stab gegen die Wand ſtemmt, druͤckt gegen das eine Ende deſſelben, der Druck aber wird durch den Zuſammenhang der Theile fortgepflanzt, und wirkt am andern Ende mit gleicher Staͤrke gegen die Wand. Bey dieſer Fortpflanzung des Drucks aber aͤuſſert ſich zwiſchen feſten und fluͤßigen Koͤrpern ein wichtiger Unterſchied. Der feſte Koͤrper, deſſen Theile ſo ſtark zuſammenhaͤngen, daß keiner davon fortgehen kan, ohne alle uͤbrige nach parallelen Richtungen mitzunehmen, pflanzt den Druck, der auf ihn geſchieht, blos nach ſolchen Richtungen fort, welche mit der Richtung des Druckes ſelbſt parallel ſind. Der Wuͤrfel, der eine Saͤule traͤgt, pflanzt den Druck, den er vom Gewicht dieſer Saͤule leidet, blos nach der lothrechten Richtung auf den Boden fort. Waͤre auch dieſer Wuͤrfel mit Seitenwaͤnden umſchloſſen, und mit einem Deckel belegt, ſo wuͤrden doch weder die Waͤnde noch der Deckel irgend etwas von dem Drucke empfinden, den das Gewicht der Saͤule hervorbringt, weil alle Theile des Wuͤrfels blos nach lothrechten mit einander parallelen Richtungen gegen den Boden getrieben werden. Der fluͤßige Koͤrper hingegen, in welchem die Theile nur ſchwach zuſammenhaͤngen, und einzeln bewegt werden koͤnnen, ohne daß ſich darum das Ganze bewegen darf (mobilitas partium reſpectiva), laͤſt ſich als eine Anhaͤufung vieler einzelnen unverbundenen Theile betrachten. Da alle noch in die Sinne fallende Theile fluͤßiger Materien als Tropfen, d. i. kugelfoͤrmig, erſcheinen, ſo hat man wohl keinen Grund, den kleinſten oder erſten Theilen fluͤßiger Koͤrper eine andere, als die Kugelgeſtalt, beyzulegen. Auch muß man ſich dieſe erſten Theile, wenn man ſich einmal dergleichen vorſtellen will, als feſte oder harte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0621" xml:id="P.1.607" n="607"/><lb/> auf der Flaͤche herab; ſo rollt ſie fort, als ob ſie von einer Kraft getrieben wuͤrde, welche ſich zur Schwere, wie <hi rendition="#aq">ba</hi> zu <hi rendition="#aq">ca,</hi> verhaͤlt. <hi rendition="#c"><hi rendition="#b">Fortpflanzung des Drucks.</hi></hi></p> <p>Der Druck pflanzt ſich von einem Theile des Hinderniſſes zum andern fort. Wer einen Stab gegen die Wand ſtemmt, druͤckt gegen das eine Ende deſſelben, der Druck aber wird durch den Zuſammenhang der Theile fortgepflanzt, und wirkt am andern Ende mit gleicher Staͤrke gegen die Wand. Bey dieſer Fortpflanzung des Drucks aber aͤuſſert ſich zwiſchen <hi rendition="#b">feſten</hi> und <hi rendition="#b">fluͤßigen</hi> Koͤrpern ein wichtiger Unterſchied.</p> <p>Der <hi rendition="#b">feſte</hi> Koͤrper, deſſen Theile ſo ſtark zuſammenhaͤngen, daß keiner davon fortgehen kan, ohne alle uͤbrige nach parallelen Richtungen mitzunehmen, pflanzt den Druck, der auf ihn geſchieht, blos nach ſolchen Richtungen fort, welche mit der Richtung des Druckes ſelbſt parallel ſind. Der Wuͤrfel, der eine Saͤule traͤgt, pflanzt den Druck, den er vom Gewicht dieſer Saͤule leidet, blos nach der lothrechten Richtung auf den Boden fort. Waͤre auch dieſer Wuͤrfel mit Seitenwaͤnden umſchloſſen, und mit einem Deckel belegt, ſo wuͤrden doch weder die Waͤnde noch der Deckel irgend etwas von dem Drucke empfinden, den das Gewicht der Saͤule hervorbringt, weil alle Theile des Wuͤrfels blos nach lothrechten mit einander parallelen Richtungen gegen den Boden getrieben werden.</p> <p>Der <hi rendition="#b">fluͤßige Koͤrper</hi> hingegen, in welchem die Theile nur ſchwach zuſammenhaͤngen, und einzeln bewegt werden koͤnnen, ohne daß ſich darum das Ganze bewegen darf <hi rendition="#aq">(mobilitas partium reſpectiva),</hi> laͤſt ſich als eine Anhaͤufung vieler einzelnen unverbundenen Theile betrachten. Da alle noch in die Sinne fallende Theile fluͤßiger Materien als Tropfen, d. i. kugelfoͤrmig, erſcheinen, ſo hat man wohl keinen Grund, den kleinſten oder erſten Theilen fluͤßiger Koͤrper eine andere, als die Kugelgeſtalt, beyzulegen. Auch muß man ſich dieſe erſten Theile, wenn man ſich einmal dergleichen vorſtellen will, als <hi rendition="#b">feſte</hi> oder <hi rendition="#b">harte<lb/></hi></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [607/0621]
auf der Flaͤche herab; ſo rollt ſie fort, als ob ſie von einer Kraft getrieben wuͤrde, welche ſich zur Schwere, wie ba zu ca, verhaͤlt. Fortpflanzung des Drucks.
Der Druck pflanzt ſich von einem Theile des Hinderniſſes zum andern fort. Wer einen Stab gegen die Wand ſtemmt, druͤckt gegen das eine Ende deſſelben, der Druck aber wird durch den Zuſammenhang der Theile fortgepflanzt, und wirkt am andern Ende mit gleicher Staͤrke gegen die Wand. Bey dieſer Fortpflanzung des Drucks aber aͤuſſert ſich zwiſchen feſten und fluͤßigen Koͤrpern ein wichtiger Unterſchied.
Der feſte Koͤrper, deſſen Theile ſo ſtark zuſammenhaͤngen, daß keiner davon fortgehen kan, ohne alle uͤbrige nach parallelen Richtungen mitzunehmen, pflanzt den Druck, der auf ihn geſchieht, blos nach ſolchen Richtungen fort, welche mit der Richtung des Druckes ſelbſt parallel ſind. Der Wuͤrfel, der eine Saͤule traͤgt, pflanzt den Druck, den er vom Gewicht dieſer Saͤule leidet, blos nach der lothrechten Richtung auf den Boden fort. Waͤre auch dieſer Wuͤrfel mit Seitenwaͤnden umſchloſſen, und mit einem Deckel belegt, ſo wuͤrden doch weder die Waͤnde noch der Deckel irgend etwas von dem Drucke empfinden, den das Gewicht der Saͤule hervorbringt, weil alle Theile des Wuͤrfels blos nach lothrechten mit einander parallelen Richtungen gegen den Boden getrieben werden.
Der fluͤßige Koͤrper hingegen, in welchem die Theile nur ſchwach zuſammenhaͤngen, und einzeln bewegt werden koͤnnen, ohne daß ſich darum das Ganze bewegen darf (mobilitas partium reſpectiva), laͤſt ſich als eine Anhaͤufung vieler einzelnen unverbundenen Theile betrachten. Da alle noch in die Sinne fallende Theile fluͤßiger Materien als Tropfen, d. i. kugelfoͤrmig, erſcheinen, ſo hat man wohl keinen Grund, den kleinſten oder erſten Theilen fluͤßiger Koͤrper eine andere, als die Kugelgeſtalt, beyzulegen. Auch muß man ſich dieſe erſten Theile, wenn man ſich einmal dergleichen vorſtellen will, als feſte oder harte
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |