Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.
Wenn die Kugel A (Taf. V. Fig. 92.) auf die Kugel B nach der Richtung ab drückt, welche durch die Mittelpunkte beyder Kugeln geht, so ist kein Zweifel, daß sich der Druck nach eben dieser Richtung fortpflanzen werde. Drückt aber A, wie bey Fig. 93., auf eine oder mehrere andere Kugeln C und D, nach der Richtung ab welche nicht mehr die Mittelpunkte von C und D trift, so steht an den Berührungspunkten der Kugeln die Richtung des Drucks nicht mehr senkrecht auf der Fläche der gedrückten Kugeln: sie muß daher in Theile zerlegt werden, von welchen nur diejenigen auf C und D wirken, die an den Berührungspunkten senkrecht auf den Kugelflächen stehen, d. h. die nach den Richtungen der Halbmesser, oder durch die Mittelpunkte der Kugeln gehen. Hieraus ist klar, daß die Kugeln C und D von A nach den schiefen Richtungen ac und ad gedrückt werden. Man denke sich nun, wie Taf. V. Fig. 94., ein holes mit einer Menge harter Kugeln angefülltes Gefäß, und lasse auf dieselben ein Gewicht F, auf eine feste Platte gestellt, drücken. Lägen diese Kugeln alle in vertikalen Reihen untereinander, wie A und B, Fig. 92., so würde sich der Druck des Gewichts F blos in vertikalen Richtungen bis auf den Boden fortpflanzen. Liegen sie aber außer dieser regelmäßigen Ordnung, so, daß sie sich in mancherley Punkten berühren, und daß die durch ihre Mittelpunkte und Berührungspunkte gezognen Linien mancherley verschiedne Lagen haben, so fällt in die Augen, daß sich der vom Gewichte F herrührende Druck nach mancherley Richtungen fortpflanzen muß. Man begreift leicht, was in einem solchen Gefäße vorgehen würde, wenn es bey fg eine Oefnung in der Seitenwand hätte. Das Gewicht F
Wenn die Kugel A (Taf. V. Fig. 92.) auf die Kugel B nach der Richtung ab druͤckt, welche durch die Mittelpunkte beyder Kugeln geht, ſo iſt kein Zweifel, daß ſich der Druck nach eben dieſer Richtung fortpflanzen werde. Druͤckt aber A, wie bey Fig. 93., auf eine oder mehrere andere Kugeln C und D, nach der Richtung ab welche nicht mehr die Mittelpunkte von C und D trift, ſo ſteht an den Beruͤhrungspunkten der Kugeln die Richtung des Drucks nicht mehr ſenkrecht auf der Flaͤche der gedruͤckten Kugeln: ſie muß daher in Theile zerlegt werden, von welchen nur diejenigen auf C und D wirken, die an den Beruͤhrungspunkten ſenkrecht auf den Kugelflaͤchen ſtehen, d. h. die nach den Richtungen der Halbmeſſer, oder durch die Mittelpunkte der Kugeln gehen. Hieraus iſt klar, daß die Kugeln C und D von A nach den ſchiefen Richtungen ac und ad gedruͤckt werden. Man denke ſich nun, wie Taf. V. Fig. 94., ein holes mit einer Menge harter Kugeln angefuͤlltes Gefaͤß, und laſſe auf dieſelben ein Gewicht F, auf eine feſte Platte geſtellt, druͤcken. Laͤgen dieſe Kugeln alle in vertikalen Reihen untereinander, wie A und B, Fig. 92., ſo wuͤrde ſich der Druck des Gewichts F blos in vertikalen Richtungen bis auf den Boden fortpflanzen. Liegen ſie aber außer dieſer regelmaͤßigen Ordnung, ſo, daß ſie ſich in mancherley Punkten beruͤhren, und daß die durch ihre Mittelpunkte und Beruͤhrungspunkte gezognen Linien mancherley verſchiedne Lagen haben, ſo faͤllt in die Augen, daß ſich der vom Gewichte F herruͤhrende Druck nach mancherley Richtungen fortpflanzen muß. Man begreift leicht, was in einem ſolchen Gefaͤße vorgehen wuͤrde, wenn es bey fg eine Oefnung in der Seitenwand haͤtte. Das Gewicht F <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><hi rendition="#b"><pb facs="#f0622" xml:id="P.1.608" n="608"/><lb/> Koͤrper</hi> gedenken, weil bey ihnen der Begrif von <hi rendition="#b">Fluͤßigkeit,</hi> der eine fernere Theilbarkeit vorausſetzt, nicht mehr ſtatt findet. Vorausgeſetzt alſo, daß ſich eine fluͤßige Materie als eine Anhaͤufung harter Kugeln anſehen laſſe, wollen wir jetzt ſehen, was ſich hieraus uͤber die Fortpflanzung des Drucks in fluͤßigen Koͤrpern durch bloße Speculationen folgern laſſe.</p> <p>Wenn die Kugel <hi rendition="#aq">A</hi> (Taf. <hi rendition="#aq">V.</hi> Fig. 92.) auf die Kugel <hi rendition="#aq">B</hi> nach der Richtung <hi rendition="#aq">ab</hi> druͤckt, welche durch die Mittelpunkte beyder Kugeln geht, ſo iſt kein Zweifel, daß ſich der Druck nach eben dieſer Richtung fortpflanzen werde. Druͤckt aber <hi rendition="#aq">A,</hi> wie bey Fig. 93., auf eine oder mehrere andere Kugeln <hi rendition="#aq">C</hi> und <hi rendition="#aq">D,</hi> nach der Richtung <hi rendition="#aq">ab</hi> welche nicht mehr die Mittelpunkte von <hi rendition="#aq">C</hi> und <hi rendition="#aq">D</hi> trift, ſo ſteht an den Beruͤhrungspunkten der Kugeln die Richtung des Drucks nicht mehr ſenkrecht auf der Flaͤche der gedruͤckten Kugeln: ſie muß daher in Theile zerlegt werden, von welchen nur diejenigen auf <hi rendition="#aq">C</hi> und <hi rendition="#aq">D</hi> wirken, die an den Beruͤhrungspunkten ſenkrecht auf den Kugelflaͤchen ſtehen, d. h. die nach den Richtungen der Halbmeſſer, oder durch die Mittelpunkte der Kugeln gehen. Hieraus iſt klar, daß die Kugeln <hi rendition="#aq">C</hi> und <hi rendition="#aq">D</hi> von <hi rendition="#aq">A</hi> nach den ſchiefen Richtungen <hi rendition="#aq">ac</hi> und <hi rendition="#aq">ad</hi> gedruͤckt werden.</p> <p>Man denke ſich nun, wie Taf. <hi rendition="#aq">V.</hi> Fig. 94., ein holes mit einer Menge harter Kugeln angefuͤlltes Gefaͤß, und laſſe auf dieſelben ein Gewicht <hi rendition="#aq">F,</hi> auf eine feſte Platte geſtellt, druͤcken. Laͤgen dieſe Kugeln alle in vertikalen Reihen untereinander, wie <hi rendition="#aq">A</hi> und <hi rendition="#aq">B,</hi> Fig. 92., ſo wuͤrde ſich der Druck des Gewichts <hi rendition="#aq">F</hi> blos in vertikalen Richtungen bis auf den Boden fortpflanzen. Liegen ſie aber außer dieſer regelmaͤßigen Ordnung, ſo, daß ſie ſich in mancherley Punkten beruͤhren, und daß die durch ihre Mittelpunkte und Beruͤhrungspunkte gezognen Linien mancherley verſchiedne Lagen haben, ſo faͤllt in die Augen, daß ſich der vom Gewichte <hi rendition="#aq">F</hi> herruͤhrende Druck <hi rendition="#b">nach mancherley Richtungen</hi> fortpflanzen muß. Man begreift leicht, was in einem ſolchen Gefaͤße vorgehen wuͤrde, wenn es bey <hi rendition="#aq">fg</hi> eine Oefnung in der Seitenwand haͤtte. Das Gewicht <hi rendition="#aq">F</hi><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [608/0622]
Koͤrper gedenken, weil bey ihnen der Begrif von Fluͤßigkeit, der eine fernere Theilbarkeit vorausſetzt, nicht mehr ſtatt findet. Vorausgeſetzt alſo, daß ſich eine fluͤßige Materie als eine Anhaͤufung harter Kugeln anſehen laſſe, wollen wir jetzt ſehen, was ſich hieraus uͤber die Fortpflanzung des Drucks in fluͤßigen Koͤrpern durch bloße Speculationen folgern laſſe.
Wenn die Kugel A (Taf. V. Fig. 92.) auf die Kugel B nach der Richtung ab druͤckt, welche durch die Mittelpunkte beyder Kugeln geht, ſo iſt kein Zweifel, daß ſich der Druck nach eben dieſer Richtung fortpflanzen werde. Druͤckt aber A, wie bey Fig. 93., auf eine oder mehrere andere Kugeln C und D, nach der Richtung ab welche nicht mehr die Mittelpunkte von C und D trift, ſo ſteht an den Beruͤhrungspunkten der Kugeln die Richtung des Drucks nicht mehr ſenkrecht auf der Flaͤche der gedruͤckten Kugeln: ſie muß daher in Theile zerlegt werden, von welchen nur diejenigen auf C und D wirken, die an den Beruͤhrungspunkten ſenkrecht auf den Kugelflaͤchen ſtehen, d. h. die nach den Richtungen der Halbmeſſer, oder durch die Mittelpunkte der Kugeln gehen. Hieraus iſt klar, daß die Kugeln C und D von A nach den ſchiefen Richtungen ac und ad gedruͤckt werden.
Man denke ſich nun, wie Taf. V. Fig. 94., ein holes mit einer Menge harter Kugeln angefuͤlltes Gefaͤß, und laſſe auf dieſelben ein Gewicht F, auf eine feſte Platte geſtellt, druͤcken. Laͤgen dieſe Kugeln alle in vertikalen Reihen untereinander, wie A und B, Fig. 92., ſo wuͤrde ſich der Druck des Gewichts F blos in vertikalen Richtungen bis auf den Boden fortpflanzen. Liegen ſie aber außer dieſer regelmaͤßigen Ordnung, ſo, daß ſie ſich in mancherley Punkten beruͤhren, und daß die durch ihre Mittelpunkte und Beruͤhrungspunkte gezognen Linien mancherley verſchiedne Lagen haben, ſo faͤllt in die Augen, daß ſich der vom Gewichte F herruͤhrende Druck nach mancherley Richtungen fortpflanzen muß. Man begreift leicht, was in einem ſolchen Gefaͤße vorgehen wuͤrde, wenn es bey fg eine Oefnung in der Seitenwand haͤtte. Das Gewicht F
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