Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


den Platz an, den die Erde vorher behauptet hatte, behielt aber die eccentrischen Kreise bey, und verstand also unter Eccentricität den Abstand der Sonne von dem Mittelpunkte der kreisförmigen Bahn. Kepler entdeckte endlich die elliptische Gestalt der Bahnen, und fand, daß die Sonne in dem einen Brennpunkte dieser Ellipsen stehe. Seit dieser Zeit heißt nun Eccentricität der Bahn so viel als Abstand der Sonne oder des einen Brennpunkts S vom Mittelpunkte C.

Da in einer Ellipse beyde Brennpunkte, S und L, vom Mittelpunkte C gleich weit abstehen, so ist ihre Entfernung von einander SL=2CS oder der doppelten Eccentricität gleich. Es ist aber SL auch gleich AS--AL oder AS--PS, d. i. dem Unterschiede zwischen der Sonnenferne und Sonnennähe; daher die Eccentricität dem halben Unterschiede der Sonnenferne und Sonnennähe gleich ist. Die halbe Summe von AS und PS aber macht die halbe große Axe AC, oder den mittlern Abstand des Planeten von der Sonne aus.

Die Eccentricität der Bahn der Erde um die Sonne wird aus dem Verhältnisse der Sonnenferne zur Sonnennähe, oder des grösten Durchmessers der Sonne zum kleinsten (32' 36":31' 31") geschlossen. Da sich der halbe Unterschied dieser beyden Größen zu ihrer halben Summe, wie 1' 5":64' 7"=65:3847=1689:100000 verhält, so ist dies auch das Verhältniß von CS zu AC in der Erdbahn. De la Lande setzt es 16802:1000000.

Die Eccentricitäten der übrigen Planetenbahnen werden aus den Beobachtungen der Planeten durch Methoden gefunden, deren Erklärung in die Sternkunde gehört. Man kan sie entweder alle mit dem mittlern Abstande der Erde von der Sonne, oder man kan eine jede von ihnen mit dem mittlern Abstande des Planeten, dem sie zugehört, vergleichen. Auf beyde Art wird man sie in der Tabelle angegeben finden, die ich dem Artikel: Weltsystem, beyfügen werde. Die Eccentricität des Merkurs z. B. ist 0,07960, wenn der mittlere Abstand der Erde von der Sonne = 1 gesetzt wird; hingegen ist sie = 0,20536,


den Platz an, den die Erde vorher behauptet hatte, behielt aber die eccentriſchen Kreiſe bey, und verſtand alſo unter Eccentricitaͤt den Abſtand der Sonne von dem Mittelpunkte der kreisfoͤrmigen Bahn. Kepler entdeckte endlich die elliptiſche Geſtalt der Bahnen, und fand, daß die Sonne in dem einen Brennpunkte dieſer Ellipſen ſtehe. Seit dieſer Zeit heißt nun Eccentricitaͤt der Bahn ſo viel als Abſtand der Sonne oder des einen Brennpunkts S vom Mittelpunkte C.

Da in einer Ellipſe beyde Brennpunkte, S und L, vom Mittelpunkte C gleich weit abſtehen, ſo iſt ihre Entfernung von einander SL=2CS oder der doppelten Eccentricitaͤt gleich. Es iſt aber SL auch gleich AS—AL oder AS—PS, d. i. dem Unterſchiede zwiſchen der Sonnenferne und Sonnennaͤhe; daher die Eccentricitaͤt dem halben Unterſchiede der Sonnenferne und Sonnennaͤhe gleich iſt. Die halbe Summe von AS und PS aber macht die halbe große Axe AC, oder den mittlern Abſtand des Planeten von der Sonne aus.

Die Eccentricitaͤt der Bahn der Erde um die Sonne wird aus dem Verhaͤltniſſe der Sonnenferne zur Sonnennaͤhe, oder des groͤſten Durchmeſſers der Sonne zum kleinſten (32′ 36″:31′ 31″) geſchloſſen. Da ſich der halbe Unterſchied dieſer beyden Groͤßen zu ihrer halben Summe, wie 1′ 5″:64′ 7″=65:3847=1689:100000 verhaͤlt, ſo iſt dies auch das Verhaͤltniß von CS zu AC in der Erdbahn. De la Lande ſetzt es 16802:1000000.

Die Eccentricitaͤten der uͤbrigen Planetenbahnen werden aus den Beobachtungen der Planeten durch Methoden gefunden, deren Erklaͤrung in die Sternkunde gehoͤrt. Man kan ſie entweder alle mit dem mittlern Abſtande der Erde von der Sonne, oder man kan eine jede von ihnen mit dem mittlern Abſtande des Planeten, dem ſie zugehoͤrt, vergleichen. Auf beyde Art wird man ſie in der Tabelle angegeben finden, die ich dem Artikel: Weltſyſtem, beyfuͤgen werde. Die Eccentricitaͤt des Merkurs z. B. iſt 0,07960, wenn der mittlere Abſtand der Erde von der Sonne = 1 geſetzt wird; hingegen iſt ſie = 0,20536,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0675" xml:id="P.1.661" n="661"/><lb/>
den Platz an, den die Erde vorher behauptet hatte, behielt aber die eccentri&#x017F;chen Krei&#x017F;e bey, und ver&#x017F;tand al&#x017F;o unter Eccentricita&#x0364;t den Ab&#x017F;tand der Sonne von dem Mittelpunkte der kreisfo&#x0364;rmigen Bahn. <hi rendition="#b">Kepler</hi> entdeckte endlich die ellipti&#x017F;che Ge&#x017F;talt der Bahnen, und fand, daß die Sonne in dem einen Brennpunkte die&#x017F;er Ellip&#x017F;en &#x017F;tehe. Seit die&#x017F;er Zeit heißt nun Eccentricita&#x0364;t der Bahn &#x017F;o viel als Ab&#x017F;tand der Sonne oder des einen Brennpunkts <hi rendition="#aq">S</hi> vom Mittelpunkte <hi rendition="#aq">C.</hi></p>
          <p>Da in einer Ellip&#x017F;e beyde Brennpunkte, <hi rendition="#aq">S</hi> und <hi rendition="#aq">L,</hi> vom Mittelpunkte <hi rendition="#aq">C</hi> gleich weit ab&#x017F;tehen, &#x017F;o i&#x017F;t ihre Entfernung von einander <hi rendition="#aq">SL=2CS</hi> oder der doppelten Eccentricita&#x0364;t gleich. Es i&#x017F;t aber <hi rendition="#aq">SL</hi> auch gleich <hi rendition="#aq">AS&#x2014;AL</hi> oder <hi rendition="#aq">AS&#x2014;PS,</hi> d. i. dem Unter&#x017F;chiede zwi&#x017F;chen der Sonnenferne und Sonnenna&#x0364;he; daher die Eccentricita&#x0364;t dem halben Unter&#x017F;chiede der Sonnenferne und Sonnenna&#x0364;he gleich i&#x017F;t. Die halbe Summe von <hi rendition="#aq">AS</hi> und <hi rendition="#aq">PS</hi> aber macht die halbe große Axe <hi rendition="#aq">AC,</hi> oder den mittlern Ab&#x017F;tand des Planeten von der Sonne aus.</p>
          <p>Die Eccentricita&#x0364;t der Bahn der Erde um die Sonne wird aus dem Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e der Sonnenferne zur Sonnenna&#x0364;he, oder des gro&#x0364;&#x017F;ten Durchme&#x017F;&#x017F;ers der Sonne zum klein&#x017F;ten (32&#x2032; 36&#x2033;:31&#x2032; 31&#x2033;) ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en. Da &#x017F;ich der halbe Unter&#x017F;chied die&#x017F;er beyden Gro&#x0364;ßen zu ihrer halben Summe, wie 1&#x2032; 5&#x2033;:64&#x2032; 7&#x2033;=65:3847=1689:100000 verha&#x0364;lt, &#x017F;o i&#x017F;t dies auch das Verha&#x0364;ltniß von <hi rendition="#aq">CS</hi> zu <hi rendition="#aq">AC</hi> in der Erdbahn. <hi rendition="#b">De la Lande</hi> &#x017F;etzt es 16802:1000000.</p>
          <p>Die Eccentricita&#x0364;ten der u&#x0364;brigen Planetenbahnen werden aus den Beobachtungen der Planeten durch Methoden gefunden, deren Erkla&#x0364;rung in die Sternkunde geho&#x0364;rt. Man kan &#x017F;ie entweder alle mit dem mittlern Ab&#x017F;tande der Erde von der Sonne, oder man kan eine jede von ihnen mit dem mittlern Ab&#x017F;tande des Planeten, dem &#x017F;ie zugeho&#x0364;rt, vergleichen. Auf beyde Art wird man &#x017F;ie in der Tabelle angegeben finden, die ich dem Artikel: <hi rendition="#b">Welt&#x017F;y&#x017F;tem,</hi> beyfu&#x0364;gen werde. Die Eccentricita&#x0364;t des Merkurs z. B. i&#x017F;t 0,07960, wenn der mittlere Ab&#x017F;tand der Erde von der Sonne = 1 ge&#x017F;etzt wird; hingegen i&#x017F;t &#x017F;ie = 0,20536,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[661/0675] den Platz an, den die Erde vorher behauptet hatte, behielt aber die eccentriſchen Kreiſe bey, und verſtand alſo unter Eccentricitaͤt den Abſtand der Sonne von dem Mittelpunkte der kreisfoͤrmigen Bahn. Kepler entdeckte endlich die elliptiſche Geſtalt der Bahnen, und fand, daß die Sonne in dem einen Brennpunkte dieſer Ellipſen ſtehe. Seit dieſer Zeit heißt nun Eccentricitaͤt der Bahn ſo viel als Abſtand der Sonne oder des einen Brennpunkts S vom Mittelpunkte C. Da in einer Ellipſe beyde Brennpunkte, S und L, vom Mittelpunkte C gleich weit abſtehen, ſo iſt ihre Entfernung von einander SL=2CS oder der doppelten Eccentricitaͤt gleich. Es iſt aber SL auch gleich AS—AL oder AS—PS, d. i. dem Unterſchiede zwiſchen der Sonnenferne und Sonnennaͤhe; daher die Eccentricitaͤt dem halben Unterſchiede der Sonnenferne und Sonnennaͤhe gleich iſt. Die halbe Summe von AS und PS aber macht die halbe große Axe AC, oder den mittlern Abſtand des Planeten von der Sonne aus. Die Eccentricitaͤt der Bahn der Erde um die Sonne wird aus dem Verhaͤltniſſe der Sonnenferne zur Sonnennaͤhe, oder des groͤſten Durchmeſſers der Sonne zum kleinſten (32′ 36″:31′ 31″) geſchloſſen. Da ſich der halbe Unterſchied dieſer beyden Groͤßen zu ihrer halben Summe, wie 1′ 5″:64′ 7″=65:3847=1689:100000 verhaͤlt, ſo iſt dies auch das Verhaͤltniß von CS zu AC in der Erdbahn. De la Lande ſetzt es 16802:1000000. Die Eccentricitaͤten der uͤbrigen Planetenbahnen werden aus den Beobachtungen der Planeten durch Methoden gefunden, deren Erklaͤrung in die Sternkunde gehoͤrt. Man kan ſie entweder alle mit dem mittlern Abſtande der Erde von der Sonne, oder man kan eine jede von ihnen mit dem mittlern Abſtande des Planeten, dem ſie zugehoͤrt, vergleichen. Auf beyde Art wird man ſie in der Tabelle angegeben finden, die ich dem Artikel: Weltſyſtem, beyfuͤgen werde. Die Eccentricitaͤt des Merkurs z. B. iſt 0,07960, wenn der mittlere Abſtand der Erde von der Sonne = 1 geſetzt wird; hingegen iſt ſie = 0,20536,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/675
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 661. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/675>, abgerufen am 22.11.2024.