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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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1776. Amst. 1788.
gr. 8.). Ein ähnliches Phänomen zeigt sich auch bey geschmolzenem Fette, welches in der Ruhe flüßig bleibt, und bey einiger Bewegung plötzlich gerinnt.

Das entstandene Eis selbst ist, wie man schon aus der Ausdehnung des Wassers beym Gefrieren vermuthen kan, specifisch leichter, als das Wasser; daher auch losgerissene Eisschollen auf dem Wasser schwimmen. Man setzt insgemein das Verhältniß der specifischen Schweren des Wassers und Eises, wie 1000 zu 916, oder wie 9 zu 8; allein es findet sich hiebey viel Verschiedenheit, je nachdem die Luft in größerer oder geringerer Menge aus dem Eise gegangen, und in kleinern oder größern Blasen durch dasselbe vertheilt ist. Mairan und andere nach ihm haben bemerkt, daß selbst nach der Entstehung des Eises sein Volumen noch zunehme, und seine specifische Schwere daher vermindert werde. Er leitet diese zunehmende Ausdehnung von der Vereinigung mehrerer kleiner Luftbläschen zu größeren her, wodurch ihre specifische Elasticität vermehrt werde. Ein Bläschen von 1 Linie Durchmesser wuchs nach seiner Bemerkung in wenigen Tagen zu mehr als 1/2 Zoll Durchmesser an. Er erklärt aus dieser zunehmenden Ausdehnung das Krachen, welches man bisweilen auf großen gefrornen Seen oder Teichen hört, wobey das Eis durch den Druck der Theile gegen einander aufspringt und Risse bekömmt, die sich bisweilen sehr weit erstrecken. Er ließ im Jahre 1740 ein Stück Eis, dessen specifische Schwere (13/14) von der Schwere des Wassers betrug, acht Tage lang im Froste stehen, und fand hierauf die specifische Schwere (11/12) von der des Wassers, woraus leicht zu berechnen ist, daß sich das Volumen desselben während dieser acht Tage noch um (1/78) vergrößert hatte.

Die Festigkeit des Eises bey uns ist desto größer, je dichter es ist, und je weniger Luft es in sich hat. Das Eis der kältern Nordländer ist allezeit weit fester und härter, als das unsrige, und läst sich kaum mit dem Hammer zerschlagen. In dem sehr strengen Winter des Jahres 1740 baute man in Petersburg ein Palais von Eise aus der Neva,


1776. Amſt. 1788.
gr. 8.). Ein aͤhnliches Phaͤnomen zeigt ſich auch bey geſchmolzenem Fette, welches in der Ruhe fluͤßig bleibt, und bey einiger Bewegung ploͤtzlich gerinnt.

Das entſtandene Eis ſelbſt iſt, wie man ſchon aus der Ausdehnung des Waſſers beym Gefrieren vermuthen kan, ſpecifiſch leichter, als das Waſſer; daher auch losgeriſſene Eisſchollen auf dem Waſſer ſchwimmen. Man ſetzt insgemein das Verhaͤltniß der ſpecifiſchen Schweren des Waſſers und Eiſes, wie 1000 zu 916, oder wie 9 zu 8; allein es findet ſich hiebey viel Verſchiedenheit, je nachdem die Luft in groͤßerer oder geringerer Menge aus dem Eiſe gegangen, und in kleinern oder groͤßern Blaſen durch daſſelbe vertheilt iſt. Mairan und andere nach ihm haben bemerkt, daß ſelbſt nach der Entſtehung des Eiſes ſein Volumen noch zunehme, und ſeine ſpecifiſche Schwere daher vermindert werde. Er leitet dieſe zunehmende Ausdehnung von der Vereinigung mehrerer kleiner Luftblaͤschen zu groͤßeren her, wodurch ihre ſpecifiſche Elaſticitaͤt vermehrt werde. Ein Blaͤschen von 1 Linie Durchmeſſer wuchs nach ſeiner Bemerkung in wenigen Tagen zu mehr als 1/2 Zoll Durchmeſſer an. Er erklaͤrt aus dieſer zunehmenden Ausdehnung das Krachen, welches man bisweilen auf großen gefrornen Seen oder Teichen hoͤrt, wobey das Eis durch den Druck der Theile gegen einander aufſpringt und Riſſe bekoͤmmt, die ſich bisweilen ſehr weit erſtrecken. Er ließ im Jahre 1740 ein Stuͤck Eis, deſſen ſpecifiſche Schwere (13/14) von der Schwere des Waſſers betrug, acht Tage lang im Froſte ſtehen, und fand hierauf die ſpecifiſche Schwere (11/12) von der des Waſſers, woraus leicht zu berechnen iſt, daß ſich das Volumen deſſelben waͤhrend dieſer acht Tage noch um (1/78) vergroͤßert hatte.

Die Feſtigkeit des Eiſes bey uns iſt deſto groͤßer, je dichter es iſt, und je weniger Luft es in ſich hat. Das Eis der kaͤltern Nordlaͤnder iſt allezeit weit feſter und haͤrter, als das unſrige, und laͤſt ſich kaum mit dem Hammer zerſchlagen. In dem ſehr ſtrengen Winter des Jahres 1740 baute man in Petersburg ein Palais von Eiſe aus der Neva,

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[679/0693] 1776. Amſt. 1788. gr. 8.). Ein aͤhnliches Phaͤnomen zeigt ſich auch bey geſchmolzenem Fette, welches in der Ruhe fluͤßig bleibt, und bey einiger Bewegung ploͤtzlich gerinnt. Das entſtandene Eis ſelbſt iſt, wie man ſchon aus der Ausdehnung des Waſſers beym Gefrieren vermuthen kan, ſpecifiſch leichter, als das Waſſer; daher auch losgeriſſene Eisſchollen auf dem Waſſer ſchwimmen. Man ſetzt insgemein das Verhaͤltniß der ſpecifiſchen Schweren des Waſſers und Eiſes, wie 1000 zu 916, oder wie 9 zu 8; allein es findet ſich hiebey viel Verſchiedenheit, je nachdem die Luft in groͤßerer oder geringerer Menge aus dem Eiſe gegangen, und in kleinern oder groͤßern Blaſen durch daſſelbe vertheilt iſt. Mairan und andere nach ihm haben bemerkt, daß ſelbſt nach der Entſtehung des Eiſes ſein Volumen noch zunehme, und ſeine ſpecifiſche Schwere daher vermindert werde. Er leitet dieſe zunehmende Ausdehnung von der Vereinigung mehrerer kleiner Luftblaͤschen zu groͤßeren her, wodurch ihre ſpecifiſche Elaſticitaͤt vermehrt werde. Ein Blaͤschen von 1 Linie Durchmeſſer wuchs nach ſeiner Bemerkung in wenigen Tagen zu mehr als 1/2 Zoll Durchmeſſer an. Er erklaͤrt aus dieſer zunehmenden Ausdehnung das Krachen, welches man bisweilen auf großen gefrornen Seen oder Teichen hoͤrt, wobey das Eis durch den Druck der Theile gegen einander aufſpringt und Riſſe bekoͤmmt, die ſich bisweilen ſehr weit erſtrecken. Er ließ im Jahre 1740 ein Stuͤck Eis, deſſen ſpecifiſche Schwere (13/14) von der Schwere des Waſſers betrug, acht Tage lang im Froſte ſtehen, und fand hierauf die ſpecifiſche Schwere (11/12) von der des Waſſers, woraus leicht zu berechnen iſt, daß ſich das Volumen deſſelben waͤhrend dieſer acht Tage noch um (1/78) vergroͤßert hatte. Die Feſtigkeit des Eiſes bey uns iſt deſto groͤßer, je dichter es iſt, und je weniger Luft es in ſich hat. Das Eis der kaͤltern Nordlaͤnder iſt allezeit weit feſter und haͤrter, als das unſrige, und laͤſt ſich kaum mit dem Hammer zerſchlagen. In dem ſehr ſtrengen Winter des Jahres 1740 baute man in Petersburg ein Palais von Eiſe aus der Neva,

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 679. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/693>, abgerufen am 22.11.2024.