welches 52 1/2 Fuß lang, 16 1/2 breit, und 20 Fuß hoch war, ohne daß durch die Last der obern Theile und des Daches, welches gleichfalls von Eis war, das Unterste des Gebäudes im geringsten wäre beschädiget worden. Die Eisblöcke aus dem Flusse wurden mit Fleiß zugehauen, verziert, und nach den Regeln der schönsten Baukunst an einander gesetzt. Vor dem Gebäude standen sechs Canonen von Eis, die auf der Drehbank gemacht waren, mit ihren Lafetten und Rädern ebenfalls von Eis, nebst zween Mörsern, die nach eben den Verhältnissen, wie die gegossenen, gearbeitet waren. Die Canonen hatten die Größe der Sechspfünder, die gewöhnlich mit 3 Pfund Pulver geladen werden. Man lud sie aber nur mit 1/4 Pfund, und brachte eine Kugel von gestopftem Hanf, bisweilen auch eine eiserne, hinein. Die Kugel durchbohrte ein zween Zoll dickes Bret in der Entfernung von 60 Schritten. Das Eis der Canone konnte nach den gewöhnlichen Verhältnissen nicht viel über 3 bis 4 Zoll dick seyn; demohnerachtet widerstand es der Gewalt einer heftigen Explosion. Olaus Magnus(Hist. de gentibus septentrional. L. II. c. 25.) redet von Bollwerken und Verschanzungen aus Eis als von einer bey den mitternächtlichen Völkern gewöhnlichen Sache. Obgleich das Zeugniß dieses Schriftstellers nicht über alle Einwendungen erhaben ist, so liegt doch hierinn wenigstens nichts unmögliches.
Die Festigkeit des Eises wird dadurch, daß es vom Wasser getragen wird, noch mehr verstärkt. Daher trägt eine Eisrinde von mäßiger Dicke sehr ansehnliche Lasten. Als in dem harten Froste vom Jahre 1683 die königliche Societät zu London die Dicke des Eises in der Themse messen ließ, zu einer Zeit, da man mit Wagen darüber fuhr, ward dieselbe doch nur 11 Zoll gefunden. Es gehört aber hiezu nicht allein die nöthige Dicke, sondern auch ein beträchtlicher Umfang der Eisfläche, und eine gänzliche Abwesenheit aller Risse und Spalten, die das Eis gleichsam in einzelne Schollen zertrennen. Eine Eisfläche von 1 Schuh Dicke kan wohl eine ganze Armee tragen, aber eine einzelne Eisscholle von gleicher Dicke und 70 Quadrattoisen
welches 52 1/2 Fuß lang, 16 1/2 breit, und 20 Fuß hoch war, ohne daß durch die Laſt der obern Theile und des Daches, welches gleichfalls von Eis war, das Unterſte des Gebaͤudes im geringſten waͤre beſchaͤdiget worden. Die Eisbloͤcke aus dem Fluſſe wurden mit Fleiß zugehauen, verziert, und nach den Regeln der ſchoͤnſten Baukunſt an einander geſetzt. Vor dem Gebaͤude ſtanden ſechs Canonen von Eis, die auf der Drehbank gemacht waren, mit ihren Lafetten und Raͤdern ebenfalls von Eis, nebſt zween Moͤrſern, die nach eben den Verhaͤltniſſen, wie die gegoſſenen, gearbeitet waren. Die Canonen hatten die Groͤße der Sechspfuͤnder, die gewoͤhnlich mit 3 Pfund Pulver geladen werden. Man lud ſie aber nur mit 1/4 Pfund, und brachte eine Kugel von geſtopftem Hanf, bisweilen auch eine eiſerne, hinein. Die Kugel durchbohrte ein zween Zoll dickes Bret in der Entfernung von 60 Schritten. Das Eis der Canone konnte nach den gewoͤhnlichen Verhaͤltniſſen nicht viel uͤber 3 bis 4 Zoll dick ſeyn; demohnerachtet widerſtand es der Gewalt einer heftigen Exploſion. Olaus Magnus(Hiſt. de gentibus ſeptentrional. L. II. c. 25.) redet von Bollwerken und Verſchanzungen aus Eis als von einer bey den mitternaͤchtlichen Voͤlkern gewoͤhnlichen Sache. Obgleich das Zeugniß dieſes Schriftſtellers nicht uͤber alle Einwendungen erhaben iſt, ſo liegt doch hierinn wenigſtens nichts unmoͤgliches.
Die Feſtigkeit des Eiſes wird dadurch, daß es vom Waſſer getragen wird, noch mehr verſtaͤrkt. Daher traͤgt eine Eisrinde von maͤßiger Dicke ſehr anſehnliche Laſten. Als in dem harten Froſte vom Jahre 1683 die koͤnigliche Societaͤt zu London die Dicke des Eiſes in der Themſe meſſen ließ, zu einer Zeit, da man mit Wagen daruͤber fuhr, ward dieſelbe doch nur 11 Zoll gefunden. Es gehoͤrt aber hiezu nicht allein die noͤthige Dicke, ſondern auch ein betraͤchtlicher Umfang der Eisflaͤche, und eine gaͤnzliche Abweſenheit aller Riſſe und Spalten, die das Eis gleichſam in einzelne Schollen zertrennen. Eine Eisflaͤche von 1 Schuh Dicke kan wohl eine ganze Armee tragen, aber eine einzelne Eisſcholle von gleicher Dicke und 70 Quadrattoiſen
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welches 52 1/2 Fuß lang, 16 1/2 breit, und 20 Fuß hoch war, ohne daß durch die Laſt der obern Theile und des Daches, welches gleichfalls von Eis war, das Unterſte des Gebaͤudes im geringſten waͤre beſchaͤdiget worden. Die Eisbloͤcke aus dem Fluſſe wurden mit Fleiß zugehauen, verziert, und nach den Regeln der ſchoͤnſten Baukunſt an einander geſetzt. Vor dem Gebaͤude ſtanden ſechs Canonen von Eis, die auf der Drehbank gemacht waren, mit ihren Lafetten und Raͤdern ebenfalls von Eis, nebſt zween Moͤrſern, die nach eben den Verhaͤltniſſen, wie die gegoſſenen, gearbeitet waren. Die Canonen hatten die Groͤße der Sechspfuͤnder, die gewoͤhnlich mit 3 Pfund Pulver geladen werden. Man lud ſie aber nur mit 1/4 Pfund, und brachte eine Kugel von geſtopftem Hanf, bisweilen auch eine eiſerne, hinein. Die Kugel durchbohrte ein zween Zoll dickes Bret in der Entfernung von 60 Schritten. Das Eis der Canone konnte nach den gewoͤhnlichen Verhaͤltniſſen nicht viel uͤber 3 bis 4 Zoll dick ſeyn; demohnerachtet widerſtand es der Gewalt einer heftigen Exploſion. <hirendition="#b">Olaus Magnus</hi><hirendition="#aq">(Hiſt. de gentibus ſeptentrional. L. II. c. 25.)</hi> redet von Bollwerken und Verſchanzungen aus Eis als von einer bey den mitternaͤchtlichen Voͤlkern gewoͤhnlichen Sache. Obgleich das Zeugniß dieſes Schriftſtellers nicht uͤber alle Einwendungen erhaben iſt, ſo liegt doch hierinn wenigſtens nichts unmoͤgliches.</p><p>Die Feſtigkeit des Eiſes wird dadurch, daß es vom Waſſer getragen wird, noch mehr verſtaͤrkt. Daher traͤgt eine Eisrinde von maͤßiger Dicke ſehr anſehnliche Laſten. Als in dem harten Froſte vom Jahre 1683 die koͤnigliche Societaͤt zu London die Dicke des Eiſes in der Themſe meſſen ließ, zu einer Zeit, da man mit Wagen daruͤber fuhr, ward dieſelbe doch nur 11 Zoll gefunden. Es gehoͤrt aber hiezu nicht allein die noͤthige Dicke, ſondern auch ein betraͤchtlicher Umfang der Eisflaͤche, und eine gaͤnzliche Abweſenheit aller Riſſe und Spalten, die das Eis gleichſam in einzelne Schollen zertrennen. Eine Eisflaͤche von 1 Schuh Dicke kan wohl eine ganze Armee tragen, aber eine einzelne Eisſcholle von gleicher Dicke und 70 Quadrattoiſen<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
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welches 52 1/2 Fuß lang, 16 1/2 breit, und 20 Fuß hoch war, ohne daß durch die Laſt der obern Theile und des Daches, welches gleichfalls von Eis war, das Unterſte des Gebaͤudes im geringſten waͤre beſchaͤdiget worden. Die Eisbloͤcke aus dem Fluſſe wurden mit Fleiß zugehauen, verziert, und nach den Regeln der ſchoͤnſten Baukunſt an einander geſetzt. Vor dem Gebaͤude ſtanden ſechs Canonen von Eis, die auf der Drehbank gemacht waren, mit ihren Lafetten und Raͤdern ebenfalls von Eis, nebſt zween Moͤrſern, die nach eben den Verhaͤltniſſen, wie die gegoſſenen, gearbeitet waren. Die Canonen hatten die Groͤße der Sechspfuͤnder, die gewoͤhnlich mit 3 Pfund Pulver geladen werden. Man lud ſie aber nur mit 1/4 Pfund, und brachte eine Kugel von geſtopftem Hanf, bisweilen auch eine eiſerne, hinein. Die Kugel durchbohrte ein zween Zoll dickes Bret in der Entfernung von 60 Schritten. Das Eis der Canone konnte nach den gewoͤhnlichen Verhaͤltniſſen nicht viel uͤber 3 bis 4 Zoll dick ſeyn; demohnerachtet widerſtand es der Gewalt einer heftigen Exploſion. Olaus Magnus (Hiſt. de gentibus ſeptentrional. L. II. c. 25.) redet von Bollwerken und Verſchanzungen aus Eis als von einer bey den mitternaͤchtlichen Voͤlkern gewoͤhnlichen Sache. Obgleich das Zeugniß dieſes Schriftſtellers nicht uͤber alle Einwendungen erhaben iſt, ſo liegt doch hierinn wenigſtens nichts unmoͤgliches.
Die Feſtigkeit des Eiſes wird dadurch, daß es vom Waſſer getragen wird, noch mehr verſtaͤrkt. Daher traͤgt eine Eisrinde von maͤßiger Dicke ſehr anſehnliche Laſten. Als in dem harten Froſte vom Jahre 1683 die koͤnigliche Societaͤt zu London die Dicke des Eiſes in der Themſe meſſen ließ, zu einer Zeit, da man mit Wagen daruͤber fuhr, ward dieſelbe doch nur 11 Zoll gefunden. Es gehoͤrt aber hiezu nicht allein die noͤthige Dicke, ſondern auch ein betraͤchtlicher Umfang der Eisflaͤche, und eine gaͤnzliche Abweſenheit aller Riſſe und Spalten, die das Eis gleichſam in einzelne Schollen zertrennen. Eine Eisflaͤche von 1 Schuh Dicke kan wohl eine ganze Armee tragen, aber eine einzelne Eisſcholle von gleicher Dicke und 70 Quadrattoiſen
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 680. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/694>, abgerufen am 22.11.2024.
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