Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.
Zieht man bey kaltem trocknen Wetter einen weißen und einen schwarzen seidnen Strumpf (beyde wohl getrocknet) über einander, trägt sie einige Stunden lang, zieht sie dann zusammen aus, und nun so aus einander, daß man den äußern nur am untern, den innern nur am obern Ende berührt, so hat der weiße+E. der schwarze--E. Zween so behandlete weiße Strümpfe stoßen einander ab, eben so zween schwarze. Ein weißer und ein schwarzer aber ziehen einander an. Hält man sie in einiger Entfernung von einander so blasen sie sich durch die Wirkung des Anziehens dergestalt auf, daß sie die völlige Gestalt des Beins zeigen. Bringt man sie näher an einander, so fahren sie mit Gewalt zusammen, das Aufblasen verschwindet, und sie liegen platt und dicht an einander. Alles dies erfolgt völlig dem oben angeführten Gesetze des Anziehens und Abstoßens gemäß. Es ist aber sehr schwer, überhaupt anzugeben was für eine Elektricität erfolgen werde, wenn man zween gegebne Körper an einander reibt, und die beygebrachten Regeln leiden sehr viele Ausnahmen. Wenn gleich sonst seidne Bänder, zwischen zween Leitern gerieben, --Eerhalten, so nehmen sie doch, zwischen Goldpapier gerieben, +E an u. dgl. Selbst der Satz, daß das Reibzeug die entgegengesetzte Elektricität von der des geriebnen Körpers erhalte, scheint Ausnahmen zu leiden. Federkiele, an einander gerieben, erhalten oft beyde + E. Nach Adams (Versuch über die Elektr. S. 3.) soll, wenn man eine Siegellackstange zerbricht, das eine Ende+E, das andere --E zeigen. Herr Lichtenberg (Erxleb. Naturl. Anm. zu §. 514.) bemerkt aber sehr richtig, daß insgemein das
Zieht man bey kaltem trocknen Wetter einen weißen und einen ſchwarzen ſeidnen Strumpf (beyde wohl getrocknet) uͤber einander, traͤgt ſie einige Stunden lang, zieht ſie dann zuſammen aus, und nun ſo aus einander, daß man den aͤußern nur am untern, den innern nur am obern Ende beruͤhrt, ſo hat der weiße+E. der ſchwarze—E. Zween ſo behandlete weiße Struͤmpfe ſtoßen einander ab, eben ſo zween ſchwarze. Ein weißer und ein ſchwarzer aber ziehen einander an. Haͤlt man ſie in einiger Entfernung von einander ſo blaſen ſie ſich durch die Wirkung des Anziehens dergeſtalt auf, daß ſie die voͤllige Geſtalt des Beins zeigen. Bringt man ſie naͤher an einander, ſo fahren ſie mit Gewalt zuſammen, das Aufblaſen verſchwindet, und ſie liegen platt und dicht an einander. Alles dies erfolgt voͤllig dem oben angefuͤhrten Geſetze des Anziehens und Abſtoßens gemaͤß. Es iſt aber ſehr ſchwer, uͤberhaupt anzugeben was fuͤr eine Elektricitaͤt erfolgen werde, wenn man zween gegebne Koͤrper an einander reibt, und die beygebrachten Regeln leiden ſehr viele Ausnahmen. Wenn gleich ſonſt ſeidne Baͤnder, zwiſchen zween Leitern gerieben, —Eerhalten, ſo nehmen ſie doch, zwiſchen Goldpapier gerieben, +E an u. dgl. Selbſt der Satz, daß das Reibzeug die entgegengeſetzte Elektricitaͤt von der des geriebnen Koͤrpers erhalte, ſcheint Ausnahmen zu leiden. Federkiele, an einander gerieben, erhalten oft beyde + E. Nach Adams (Verſuch uͤber die Elektr. S. 3.) ſoll, wenn man eine Siegellackſtange zerbricht, das eine Ende+E, das andere —E zeigen. Herr Lichtenberg (Erxleb. Naturl. Anm. zu §. 514.) bemerkt aber ſehr richtig, daß insgemein das <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0740" xml:id="P.1.726" n="726"/><lb/> Leiter beruͤhrt hat, <hi rendition="#aq">—E,</hi> das, ſo Siegellack, Schwefel, ſchwarze Seide, Holz rc. beruͤhrt hat, <hi rendition="#aq">+E</hi> erhalten. Schwarze Seide neigt ſich mehr zu<hi rendition="#aq">—E,</hi> weiße zu <hi rendition="#aq">+E;</hi> ob es gleich nicht ſowohl auf die Farbe, als auf die faͤrbende Materie ankoͤmmt, indem weiße Seide, in Gallaaͤpfeldecoct getaucht, ſich voͤllig, wie ſchwarze, verhaͤlt. Wenn man daher ſchwarze Seide an weißer reibt, ſo erhaͤlt die erſte<hi rendition="#aq">—E,</hi> die letztere <hi rendition="#aq">+ E.</hi></p> <p>Zieht man bey kaltem trocknen Wetter einen weißen und einen ſchwarzen ſeidnen Strumpf (beyde wohl getrocknet) uͤber einander, traͤgt ſie einige Stunden lang, zieht ſie dann zuſammen aus, und nun ſo aus einander, daß man den aͤußern nur am untern, den innern nur am obern Ende beruͤhrt, ſo hat der weiße<hi rendition="#aq">+E.</hi> der ſchwarze<hi rendition="#aq">—E.</hi> Zween ſo behandlete weiße Struͤmpfe ſtoßen einander ab, eben ſo zween ſchwarze. Ein weißer und ein ſchwarzer aber ziehen einander an. Haͤlt man ſie in einiger Entfernung von einander ſo blaſen ſie ſich durch die Wirkung des Anziehens dergeſtalt auf, daß ſie die voͤllige Geſtalt des Beins zeigen. Bringt man ſie naͤher an einander, ſo fahren ſie mit Gewalt zuſammen, das Aufblaſen verſchwindet, und ſie liegen platt und dicht an einander. Alles dies erfolgt voͤllig dem oben angefuͤhrten Geſetze des Anziehens und Abſtoßens gemaͤß.</p> <p>Es iſt aber ſehr ſchwer, uͤberhaupt anzugeben was fuͤr eine Elektricitaͤt erfolgen werde, wenn man zween gegebne Koͤrper an einander reibt, und die beygebrachten Regeln leiden ſehr viele Ausnahmen. Wenn gleich ſonſt ſeidne Baͤnder, zwiſchen zween Leitern gerieben, <hi rendition="#aq">—E</hi>erhalten, ſo nehmen ſie doch, zwiſchen Goldpapier gerieben, <hi rendition="#aq">+E</hi> an u. dgl. Selbſt der Satz, daß das Reibzeug die entgegengeſetzte Elektricitaͤt von der des geriebnen Koͤrpers erhalte, ſcheint Ausnahmen zu leiden. Federkiele, an einander gerieben, erhalten oft beyde <hi rendition="#aq">+ E.</hi> Nach <hi rendition="#b">Adams</hi> (Verſuch uͤber die Elektr. S. 3.) ſoll, wenn man eine Siegellackſtange zerbricht, das eine Ende<hi rendition="#aq">+E,</hi> das andere <hi rendition="#aq">—E</hi> zeigen. Herr <hi rendition="#b">Lichtenberg</hi> (Erxleb. Naturl. Anm. zu §. 514.) bemerkt aber ſehr richtig, daß insgemein das<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [726/0740]
Leiter beruͤhrt hat, —E, das, ſo Siegellack, Schwefel, ſchwarze Seide, Holz rc. beruͤhrt hat, +E erhalten. Schwarze Seide neigt ſich mehr zu—E, weiße zu +E; ob es gleich nicht ſowohl auf die Farbe, als auf die faͤrbende Materie ankoͤmmt, indem weiße Seide, in Gallaaͤpfeldecoct getaucht, ſich voͤllig, wie ſchwarze, verhaͤlt. Wenn man daher ſchwarze Seide an weißer reibt, ſo erhaͤlt die erſte—E, die letztere + E.
Zieht man bey kaltem trocknen Wetter einen weißen und einen ſchwarzen ſeidnen Strumpf (beyde wohl getrocknet) uͤber einander, traͤgt ſie einige Stunden lang, zieht ſie dann zuſammen aus, und nun ſo aus einander, daß man den aͤußern nur am untern, den innern nur am obern Ende beruͤhrt, ſo hat der weiße+E. der ſchwarze—E. Zween ſo behandlete weiße Struͤmpfe ſtoßen einander ab, eben ſo zween ſchwarze. Ein weißer und ein ſchwarzer aber ziehen einander an. Haͤlt man ſie in einiger Entfernung von einander ſo blaſen ſie ſich durch die Wirkung des Anziehens dergeſtalt auf, daß ſie die voͤllige Geſtalt des Beins zeigen. Bringt man ſie naͤher an einander, ſo fahren ſie mit Gewalt zuſammen, das Aufblaſen verſchwindet, und ſie liegen platt und dicht an einander. Alles dies erfolgt voͤllig dem oben angefuͤhrten Geſetze des Anziehens und Abſtoßens gemaͤß.
Es iſt aber ſehr ſchwer, uͤberhaupt anzugeben was fuͤr eine Elektricitaͤt erfolgen werde, wenn man zween gegebne Koͤrper an einander reibt, und die beygebrachten Regeln leiden ſehr viele Ausnahmen. Wenn gleich ſonſt ſeidne Baͤnder, zwiſchen zween Leitern gerieben, —Eerhalten, ſo nehmen ſie doch, zwiſchen Goldpapier gerieben, +E an u. dgl. Selbſt der Satz, daß das Reibzeug die entgegengeſetzte Elektricitaͤt von der des geriebnen Koͤrpers erhalte, ſcheint Ausnahmen zu leiden. Federkiele, an einander gerieben, erhalten oft beyde + E. Nach Adams (Verſuch uͤber die Elektr. S. 3.) ſoll, wenn man eine Siegellackſtange zerbricht, das eine Ende+E, das andere —E zeigen. Herr Lichtenberg (Erxleb. Naturl. Anm. zu §. 514.) bemerkt aber ſehr richtig, daß insgemein das
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