Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.
Die Erscheinungen des ausströmenden Lichts, des Blasens, das man dabey fühlt, des elektrischen Funkens und des phosphorischen Geruchs fiengen an, die Physiker auf die Vermuthung einer eignen elektrischen Materie zu führen, welche Einige für einen ganz eignen Grundstof, Andere für das Elementarfeuer, noch Andere für den Aether oder die Materie des Lichts, Manche auch, wie Boulanger (Tr. de la cause et des phenom. de l electric. Paris 1750. 8.), für die feinern Theile der Atmosphäre annahmen, welche sich beym Reiben nach Wegnehmung der gröbern Theile auf den Oberflächen der Körper anhäuften. Man glaubte, diese Materie habe ihren Sitz vorzüglich in den elektrischen Körpern, werde durch das Reiben losgemacht und in Thätigkeit gesetzt, und fahre aus den geriebnen Körpern in die daran gebrachten Leiter über. Die merkwürdigste der damaligen Theorien ist des Abts Nollet Hypothese der gleichzeitigen Aus-und Zuflüsse (Effluences et affluences simultanees). Dieser geschickte Experimentator bewieß zuerst aus den oben angeführten Phänomenen das Daseyn einer elektrischen Materie, die weit feiner, als die Luft, sey, auch sich nicht in Wirbeln, sondern in geraden Linien bewege, und Atmosphären um elektrisirte Körper bilde. Diese Materie strömt
Die Erſcheinungen des ausſtroͤmenden Lichts, des Blaſens, das man dabey fuͤhlt, des elektriſchen Funkens und des phosphoriſchen Geruchs fiengen an, die Phyſiker auf die Vermuthung einer eignen elektriſchen Materie zu fuͤhren, welche Einige fuͤr einen ganz eignen Grundſtof, Andere fuͤr das Elementarfeuer, noch Andere fuͤr den Aether oder die Materie des Lichts, Manche auch, wie Boulanger (Tr. de la cauſe et des phénom. de l electric. Paris 1750. 8.), fuͤr die feinern Theile der Atmoſphaͤre annahmen, welche ſich beym Reiben nach Wegnehmung der groͤbern Theile auf den Oberflaͤchen der Koͤrper anhaͤuften. Man glaubte, dieſe Materie habe ihren Sitz vorzuͤglich in den elektriſchen Koͤrpern, werde durch das Reiben losgemacht und in Thaͤtigkeit geſetzt, und fahre aus den geriebnen Koͤrpern in die daran gebrachten Leiter uͤber. Die merkwuͤrdigſte der damaligen Theorien iſt des Abts Nollet Hypotheſe der gleichzeitigen Aus-und Zufluͤſſe (Effluences et affluences ſimultanees). Dieſer geſchickte Experimentator bewieß zuerſt aus den oben angefuͤhrten Phaͤnomenen das Daſeyn einer elektriſchen Materie, die weit feiner, als die Luft, ſey, auch ſich nicht in Wirbeln, ſondern in geraden Linien bewege, und Atmoſphaͤren um elektriſirte Koͤrper bilde. Dieſe Materie ſtroͤmt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0770" xml:id="P.1.756" n="756"/><lb/> ”genug hat, das Gewicht der Feder zu tragen; denn ſchnei”det man die Feder in kleine Stuͤckchen, ſo halten ſich dieſe ”in weit groͤßern Entfernungen. Die Erklaͤrung iſt ſehr ”leicht. Sobald nemlich die Feder die Roͤhre beruͤhrt hat, ”wird ſie elektriſirt, und bekoͤmmt ſelbſt einen kleinen elek”triſchen Wirbel um ſich. Dadurch wird ſie zuruͤckgeſtoſ”ſen, bis ihr Wirbel, der ſich nach der entgegengeſetzten ”Richtung gegen den Wirbelder Roͤhre auszubreiten ſucht, ”zerſtreut, oder wenigſtens betraͤchtlich vermindert iſt.“ Allein, obgleich <hi rendition="#b">du Fay</hi> die beyden von ihm entdeckten Elektricitaͤten fuͤr zwo verſchiedne annimmt, die ſich unter einander ſelbſt anziehen, ſo erklaͤrt er ſich doch nirgends daruͤber, wie er ſich den Unterſchied zwiſchen den Wirbeln beyder Elektricitaͤten und die Urſache ihrer Anziehung vorſtelle.</p> <p>Die Erſcheinungen des ausſtroͤmenden Lichts, des Blaſens, das man dabey fuͤhlt, des elektriſchen Funkens und des phosphoriſchen Geruchs fiengen an, die Phyſiker auf die Vermuthung einer eignen <hi rendition="#b">elektriſchen Materie</hi> zu fuͤhren, welche Einige fuͤr einen ganz eignen Grundſtof, Andere fuͤr das Elementarfeuer, noch Andere fuͤr den Aether oder die Materie des Lichts, Manche auch, wie <hi rendition="#b">Boulanger</hi> <hi rendition="#aq">(Tr. de la cauſe et des phénom. de l electric. Paris 1750. 8.),</hi> fuͤr die feinern Theile der Atmoſphaͤre annahmen, welche ſich beym Reiben nach Wegnehmung der groͤbern Theile auf den Oberflaͤchen der Koͤrper anhaͤuften. Man glaubte, dieſe Materie habe ihren Sitz vorzuͤglich in den elektriſchen Koͤrpern, werde durch das Reiben losgemacht und in Thaͤtigkeit geſetzt, und fahre aus den geriebnen Koͤrpern in die daran gebrachten Leiter uͤber.</p> <p>Die merkwuͤrdigſte der damaligen Theorien iſt des Abts <hi rendition="#b">Nollet</hi> Hypotheſe der <hi rendition="#b">gleichzeitigen Aus-und Zufluͤſſe</hi> <hi rendition="#aq">(<hi rendition="#i">Effluences et affluences ſimultanees</hi>).</hi> Dieſer geſchickte Experimentator bewieß zuerſt aus den oben angefuͤhrten Phaͤnomenen das Daſeyn einer elektriſchen Materie, die weit feiner, als die Luft, ſey, auch ſich nicht in Wirbeln, ſondern in geraden Linien bewege, und Atmoſphaͤren um elektriſirte Koͤrper bilde. Dieſe Materie ſtroͤmt<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [756/0770]
”genug hat, das Gewicht der Feder zu tragen; denn ſchnei”det man die Feder in kleine Stuͤckchen, ſo halten ſich dieſe ”in weit groͤßern Entfernungen. Die Erklaͤrung iſt ſehr ”leicht. Sobald nemlich die Feder die Roͤhre beruͤhrt hat, ”wird ſie elektriſirt, und bekoͤmmt ſelbſt einen kleinen elek”triſchen Wirbel um ſich. Dadurch wird ſie zuruͤckgeſtoſ”ſen, bis ihr Wirbel, der ſich nach der entgegengeſetzten ”Richtung gegen den Wirbelder Roͤhre auszubreiten ſucht, ”zerſtreut, oder wenigſtens betraͤchtlich vermindert iſt.“ Allein, obgleich du Fay die beyden von ihm entdeckten Elektricitaͤten fuͤr zwo verſchiedne annimmt, die ſich unter einander ſelbſt anziehen, ſo erklaͤrt er ſich doch nirgends daruͤber, wie er ſich den Unterſchied zwiſchen den Wirbeln beyder Elektricitaͤten und die Urſache ihrer Anziehung vorſtelle.
Die Erſcheinungen des ausſtroͤmenden Lichts, des Blaſens, das man dabey fuͤhlt, des elektriſchen Funkens und des phosphoriſchen Geruchs fiengen an, die Phyſiker auf die Vermuthung einer eignen elektriſchen Materie zu fuͤhren, welche Einige fuͤr einen ganz eignen Grundſtof, Andere fuͤr das Elementarfeuer, noch Andere fuͤr den Aether oder die Materie des Lichts, Manche auch, wie Boulanger (Tr. de la cauſe et des phénom. de l electric. Paris 1750. 8.), fuͤr die feinern Theile der Atmoſphaͤre annahmen, welche ſich beym Reiben nach Wegnehmung der groͤbern Theile auf den Oberflaͤchen der Koͤrper anhaͤuften. Man glaubte, dieſe Materie habe ihren Sitz vorzuͤglich in den elektriſchen Koͤrpern, werde durch das Reiben losgemacht und in Thaͤtigkeit geſetzt, und fahre aus den geriebnen Koͤrpern in die daran gebrachten Leiter uͤber.
Die merkwuͤrdigſte der damaligen Theorien iſt des Abts Nollet Hypotheſe der gleichzeitigen Aus-und Zufluͤſſe (Effluences et affluences ſimultanees). Dieſer geſchickte Experimentator bewieß zuerſt aus den oben angefuͤhrten Phaͤnomenen das Daſeyn einer elektriſchen Materie, die weit feiner, als die Luft, ſey, auch ſich nicht in Wirbeln, ſondern in geraden Linien bewege, und Atmoſphaͤren um elektriſirte Koͤrper bilde. Dieſe Materie ſtroͤmt
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |