Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.
Entfernung, scheinbare, scheinbarer Abstand, Distantia apparens, Distance apparente. Aus dem unbestimmten Gebrauche der Worte: scheinbare Größe und scheinbare Entfernung, entspringen so viele Mißverständnisse, daß es gewiß nicht überflüßig seyn wird, hier die Bedeutungen des Ausdrucks: scheinbare Entfernung, umständlich aus einander zu setzen. Man spricht aber entweder von dem scheinbaren Abstande zweener Gegenstände, die beyde außer uns liegen, z. B. dem Abstande zweener Gestirne, von einander, u. dgl.; oder von der scheinbaren Entfernung eines Gegenstandes von uns selbst, oder von unserm Auge. Unter dem scheinbaren Abstande zweener außer uns liegender Gegenstände S und T (Taf. VII. Fig. 129.) von einander, versteht man in der Optik den Winkel SOT, welchen die aus beyden kommenden Lichtstralen SO und TO am Auge O mit einander bilden; den optischen Winkel, unter welchem ihre wahre Entfernung, oder die Linie ST, ins Auge fallt. Man bleibt bey dieser Bedeutung des Worts blos bey dem stehen, was das Auge wirklich darstellt, ohne im Geringsten auf das zu sehen, was die Seele über diese Darstellung urtheilt. Die ins Auge kommenden Lichtstralen SO und TO machen es zwar dem Zuschauer
Entfernung, ſcheinbare, ſcheinbarer Abſtand, Diſtantia apparens, Diſtance apparente. Aus dem unbeſtimmten Gebrauche der Worte: ſcheinbare Groͤße und ſcheinbare Entfernung, entſpringen ſo viele Mißverſtaͤndniſſe, daß es gewiß nicht uͤberfluͤßig ſeyn wird, hier die Bedeutungen des Ausdrucks: ſcheinbare Entfernung, umſtaͤndlich aus einander zu ſetzen. Man ſpricht aber entweder von dem ſcheinbaren Abſtande zweener Gegenſtaͤnde, die beyde außer uns liegen, z. B. dem Abſtande zweener Geſtirne, von einander, u. dgl.; oder von der ſcheinbaren Entfernung eines Gegenſtandes von uns ſelbſt, oder von unſerm Auge. Unter dem ſcheinbaren Abſtande zweener außer uns liegender Gegenſtaͤnde S und T (Taf. VII. Fig. 129.) von einander, verſteht man in der Optik den Winkel SOT, welchen die aus beyden kommenden Lichtſtralen SO und TO am Auge O mit einander bilden; den optiſchen Winkel, unter welchem ihre wahre Entfernung, oder die Linie ST, ins Auge fallt. Man bleibt bey dieſer Bedeutung des Worts blos bey dem ſtehen, was das Auge wirklich darſtellt, ohne im Geringſten auf das zu ſehen, was die Seele uͤber dieſe Darſtellung urtheilt. Die ins Auge kommenden Lichtſtralen SO und TO machen es zwar dem Zuſchauer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0852" xml:id="P.1.838" n="838"/><lb/> Durch ſie laſſen ſich mit ziemlicher Genauigkeit Groͤßen beſtimmen, deren Ausmeſſung dem Unerfahrnen weit uͤber die Grenzen der menſchlichen Erkenntniß hinaus zu liegen ſcheint. Dennoch fuͤhlt auch hiebey der Menſch die Schranken, welche der Schoͤpfer ſeinen Kenntniſſen geſetzt hat, ſehr lebhaft. Schon auf der Erdkugel laſſen ſich große Entfernungen nicht anders, als mit einiger Ungewißheit, beſtimmen; und im Weltgebaͤude koͤnnen wir zwar die Abſtaͤnde der zu unſerm Sonnenſyſtem gehoͤrigen Weltkoͤrper mit ertraͤglicher Genauigkeit beſtimmen; fuͤr die Fixſterne aber verſchwinden alle Mittel, ihre Abſtaͤnde von uns und unter einander ſelbſt zu entdecken, und die Entfernungen dieſer Sonnen ſind fuͤr uns, in buchſtaͤblichem Verſtande des Worts, <hi rendition="#b">unermeßlich.</hi></p> <p><hi rendition="#b">Entfernung, ſcheinbare, ſcheinbarer Abſtand,</hi><hi rendition="#aq">Diſtantia apparens, <hi rendition="#i">Diſtance apparente.</hi></hi> Aus dem unbeſtimmten Gebrauche der Worte: ſcheinbare Groͤße und ſcheinbare Entfernung, entſpringen ſo viele Mißverſtaͤndniſſe, daß es gewiß nicht uͤberfluͤßig ſeyn wird, hier die Bedeutungen des Ausdrucks: <hi rendition="#b">ſcheinbare Entfernung,</hi> umſtaͤndlich aus einander zu ſetzen. Man ſpricht aber entweder von dem ſcheinbaren Abſtande <hi rendition="#b">zweener</hi> Gegenſtaͤnde, die beyde außer uns liegen, z. B. dem Abſtande zweener Geſtirne, von einander, u. dgl.; oder von der ſcheinbaren Entfernung <hi rendition="#b">eines</hi> Gegenſtandes von uns ſelbſt, oder von unſerm Auge.</p> <p>Unter dem <hi rendition="#b">ſcheinbaren Abſtande</hi> zweener außer uns liegender Gegenſtaͤnde <hi rendition="#aq">S</hi> und <hi rendition="#aq">T</hi> (Taf. <hi rendition="#aq">VII.</hi> Fig. 129.) von einander, verſteht man in der Optik den Winkel <hi rendition="#aq">SOT,</hi> welchen die aus beyden kommenden Lichtſtralen <hi rendition="#aq">SO</hi> und <hi rendition="#aq">TO</hi> am Auge <hi rendition="#aq">O</hi> mit einander bilden; den optiſchen Winkel, unter welchem ihre wahre Entfernung, oder die Linie <hi rendition="#aq">ST,</hi> ins Auge fallt. Man bleibt bey dieſer Bedeutung des Worts blos bey dem ſtehen, was das Auge wirklich darſtellt, ohne im Geringſten auf das zu ſehen, was die Seele uͤber dieſe Darſtellung urtheilt. Die ins Auge kommenden Lichtſtralen <hi rendition="#aq">SO</hi> und <hi rendition="#aq">TO</hi> machen es zwar dem Zuſchauer<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [838/0852]
Durch ſie laſſen ſich mit ziemlicher Genauigkeit Groͤßen beſtimmen, deren Ausmeſſung dem Unerfahrnen weit uͤber die Grenzen der menſchlichen Erkenntniß hinaus zu liegen ſcheint. Dennoch fuͤhlt auch hiebey der Menſch die Schranken, welche der Schoͤpfer ſeinen Kenntniſſen geſetzt hat, ſehr lebhaft. Schon auf der Erdkugel laſſen ſich große Entfernungen nicht anders, als mit einiger Ungewißheit, beſtimmen; und im Weltgebaͤude koͤnnen wir zwar die Abſtaͤnde der zu unſerm Sonnenſyſtem gehoͤrigen Weltkoͤrper mit ertraͤglicher Genauigkeit beſtimmen; fuͤr die Fixſterne aber verſchwinden alle Mittel, ihre Abſtaͤnde von uns und unter einander ſelbſt zu entdecken, und die Entfernungen dieſer Sonnen ſind fuͤr uns, in buchſtaͤblichem Verſtande des Worts, unermeßlich.
Entfernung, ſcheinbare, ſcheinbarer Abſtand, Diſtantia apparens, Diſtance apparente. Aus dem unbeſtimmten Gebrauche der Worte: ſcheinbare Groͤße und ſcheinbare Entfernung, entſpringen ſo viele Mißverſtaͤndniſſe, daß es gewiß nicht uͤberfluͤßig ſeyn wird, hier die Bedeutungen des Ausdrucks: ſcheinbare Entfernung, umſtaͤndlich aus einander zu ſetzen. Man ſpricht aber entweder von dem ſcheinbaren Abſtande zweener Gegenſtaͤnde, die beyde außer uns liegen, z. B. dem Abſtande zweener Geſtirne, von einander, u. dgl.; oder von der ſcheinbaren Entfernung eines Gegenſtandes von uns ſelbſt, oder von unſerm Auge.
Unter dem ſcheinbaren Abſtande zweener außer uns liegender Gegenſtaͤnde S und T (Taf. VII. Fig. 129.) von einander, verſteht man in der Optik den Winkel SOT, welchen die aus beyden kommenden Lichtſtralen SO und TO am Auge O mit einander bilden; den optiſchen Winkel, unter welchem ihre wahre Entfernung, oder die Linie ST, ins Auge fallt. Man bleibt bey dieſer Bedeutung des Worts blos bey dem ſtehen, was das Auge wirklich darſtellt, ohne im Geringſten auf das zu ſehen, was die Seele uͤber dieſe Darſtellung urtheilt. Die ins Auge kommenden Lichtſtralen SO und TO machen es zwar dem Zuſchauer
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