Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.
Er sucht es hierauf wahrscheinlich zu machen, daß das Erdbeben in einer elektrischen Erschütterung bestehe, zeigt aus der vorhergegangnen Witteruug und Fruchtbarkeit, aus den Nordlichtern und Meteoren rc., daß die Atmosphäre zur Zeit der londner Erdbeben vorzüglich elektrisch gewesen sey. Wenn sich nun eine unelektrische Wolke dieser Atmosphäre genähert, und ihren Gehalt auf die höchstelektrische Erde entladen habe, so müsse daraus eine Erschütterung der Erdfläche entstanden seyn, aus welcher er alle Phänomene der damaligen londner Erdbeben ganz ungezwungen erkläret. Dom Andreas Bina (Ragionamente sopra la cagione de' terremoti, in Perugia, 1751. 4.) leitet die Erdbeben ebenfalls aus dem leidner Versuche her, und läßt unterirdische Wasserbehälter mit Schwefel und Pech umzogen, die Stelle der geladnen Flaschen vertreten. D. Hales (Some considerations on the causes of Earthquakes, in d. Phlilos. Trans. Vol. XLVI. no. 497.) begnügt sich damit, bloß die schwächern Erschütterungen, welche nicht durch nahe Vulkane verursachet werden, für Wirkungen der Entzündung aufsteigender Schwefeldämpfe durch das Blitzen einer schweflichten Wolke zu erklären. Beccaria (Lettere dell'elettricismo, Bologna 1758. 4.) trug die Erklärung der Erdbeben aus der Elektricität auf eine bessere Art vor, zu einer Zeit, da man schon richtigere Begriffe von der Entstehung des Blitzes und von den elektrischen Erschütterungen hatte. Er nahm hiebey eine Störung des Gleichgewichts der Elektricität tief im Innersten der Erde an, welche durch mehrere erschütternde Schläge gegen die Atmosphäre, oder gegen andere Theile der Erdfläche
Er ſucht es hierauf wahrſcheinlich zu machen, daß das Erdbeben in einer elektriſchen Erſchuͤtterung beſtehe, zeigt aus der vorhergegangnen Witteruug und Fruchtbarkeit, aus den Nordlichtern und Meteoren rc., daß die Atmoſphaͤre zur Zeit der londner Erdbeben vorzuͤglich elektriſch geweſen ſey. Wenn ſich nun eine unelektriſche Wolke dieſer Atmoſphaͤre genaͤhert, und ihren Gehalt auf die hoͤchſtelektriſche Erde entladen habe, ſo muͤſſe daraus eine Erſchuͤtterung der Erdflaͤche entſtanden ſeyn, aus welcher er alle Phaͤnomene der damaligen londner Erdbeben ganz ungezwungen erklaͤret. Dom Andreas Bina (Ragionamente ſopra la cagione de' terremoti, in Perugia, 1751. 4.) leitet die Erdbeben ebenfalls aus dem leidner Verſuche her, und laͤßt unterirdiſche Waſſerbehaͤlter mit Schwefel und Pech umzogen, die Stelle der geladnen Flaſchen vertreten. D. Hales (Some conſiderations on the cauſes of Earthquakes, in d. Phliloſ. Trans. Vol. XLVI. no. 497.) begnuͤgt ſich damit, bloß die ſchwaͤchern Erſchuͤtterungen, welche nicht durch nahe Vulkane verurſachet werden, fuͤr Wirkungen der Entzuͤndung aufſteigender Schwefeldaͤmpfe durch das Blitzen einer ſchweflichten Wolke zu erklaͤren. Beccaria (Lettere dell'elettricismo, Bologna 1758. 4.) trug die Erklaͤrung der Erdbeben aus der Elektricitaͤt auf eine beſſere Art vor, zu einer Zeit, da man ſchon richtigere Begriffe von der Entſtehung des Blitzes und von den elektriſchen Erſchuͤtterungen hatte. Er nahm hiebey eine Stoͤrung des Gleichgewichts der Elektricitaͤt tief im Innerſten der Erde an, welche durch mehrere erſchuͤtternde Schlaͤge gegen die Atmoſphaͤre, oder gegen andere Theile der Erdflaͤche <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0012" xml:id="P.2.6" n="6"/><lb/> nach eben dieſer Theorie muͤßte das Erdbeben in Kleinaſien im 17ten Jahre nach C. G. aus einer Tiefe von 200 Meilen herauf und mit einer Kraft gewirkt haben, welche durch Daͤmpfe gar nicht hervorgebracht werden koͤnnte. Man ſieht, daß er theils aus Bemerkungen ſchließet, die bey ſehr ſchwachen Erſchuͤtterungen gemacht, und bey weitem nicht allgemein ſind, theils aber auch die Theorie der Minen auf einen Fall anwendet, wobey das Regelmaͤßige, das ſie voraus ſetzt, nicht mehr ſtatt findet.</p> <p>Er ſucht es hierauf wahrſcheinlich zu machen, daß das Erdbeben in einer elektriſchen Erſchuͤtterung beſtehe, zeigt aus der vorhergegangnen Witteruug und Fruchtbarkeit, aus den Nordlichtern und Meteoren rc., daß die Atmoſphaͤre zur Zeit der londner Erdbeben vorzuͤglich elektriſch geweſen ſey. Wenn ſich nun eine unelektriſche Wolke dieſer Atmoſphaͤre genaͤhert, und ihren Gehalt auf die hoͤchſtelektriſche Erde entladen habe, ſo muͤſſe daraus eine Erſchuͤtterung der Erdflaͤche entſtanden ſeyn, aus welcher er alle Phaͤnomene der damaligen londner Erdbeben ganz ungezwungen erklaͤret. <hi rendition="#b">Dom Andreas Bina</hi> (<hi rendition="#aq">Ragionamente ſopra la cagione de' terremoti, in Perugia, 1751. 4.</hi>) leitet die Erdbeben ebenfalls aus dem leidner Verſuche her, und laͤßt unterirdiſche Waſſerbehaͤlter mit Schwefel und Pech umzogen, die Stelle der geladnen Flaſchen vertreten. <hi rendition="#b">D. Hales</hi> (<hi rendition="#aq">Some conſiderations on the cauſes of Earthquakes,</hi> in d. <hi rendition="#aq">Phliloſ. Trans. Vol. XLVI. no. 497.</hi>) begnuͤgt ſich damit, bloß die ſchwaͤchern Erſchuͤtterungen, welche nicht durch nahe Vulkane verurſachet werden, fuͤr Wirkungen der Entzuͤndung aufſteigender Schwefeldaͤmpfe durch das Blitzen einer ſchweflichten Wolke zu erklaͤren.</p> <p><hi rendition="#b">Beccaria</hi> (<hi rendition="#aq">Lettere dell'elettricismo, Bologna 1758. 4.</hi>) trug die Erklaͤrung der Erdbeben aus der Elektricitaͤt auf eine beſſere Art vor, zu einer Zeit, da man ſchon richtigere Begriffe von der Entſtehung des Blitzes und von den elektriſchen Erſchuͤtterungen hatte. Er nahm hiebey eine Stoͤrung des Gleichgewichts der Elektricitaͤt tief im Innerſten der Erde an, welche durch mehrere erſchuͤtternde Schlaͤge gegen die Atmoſphaͤre, oder gegen andere Theile der Erdflaͤche<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [6/0012]
nach eben dieſer Theorie muͤßte das Erdbeben in Kleinaſien im 17ten Jahre nach C. G. aus einer Tiefe von 200 Meilen herauf und mit einer Kraft gewirkt haben, welche durch Daͤmpfe gar nicht hervorgebracht werden koͤnnte. Man ſieht, daß er theils aus Bemerkungen ſchließet, die bey ſehr ſchwachen Erſchuͤtterungen gemacht, und bey weitem nicht allgemein ſind, theils aber auch die Theorie der Minen auf einen Fall anwendet, wobey das Regelmaͤßige, das ſie voraus ſetzt, nicht mehr ſtatt findet.
Er ſucht es hierauf wahrſcheinlich zu machen, daß das Erdbeben in einer elektriſchen Erſchuͤtterung beſtehe, zeigt aus der vorhergegangnen Witteruug und Fruchtbarkeit, aus den Nordlichtern und Meteoren rc., daß die Atmoſphaͤre zur Zeit der londner Erdbeben vorzuͤglich elektriſch geweſen ſey. Wenn ſich nun eine unelektriſche Wolke dieſer Atmoſphaͤre genaͤhert, und ihren Gehalt auf die hoͤchſtelektriſche Erde entladen habe, ſo muͤſſe daraus eine Erſchuͤtterung der Erdflaͤche entſtanden ſeyn, aus welcher er alle Phaͤnomene der damaligen londner Erdbeben ganz ungezwungen erklaͤret. Dom Andreas Bina (Ragionamente ſopra la cagione de' terremoti, in Perugia, 1751. 4.) leitet die Erdbeben ebenfalls aus dem leidner Verſuche her, und laͤßt unterirdiſche Waſſerbehaͤlter mit Schwefel und Pech umzogen, die Stelle der geladnen Flaſchen vertreten. D. Hales (Some conſiderations on the cauſes of Earthquakes, in d. Phliloſ. Trans. Vol. XLVI. no. 497.) begnuͤgt ſich damit, bloß die ſchwaͤchern Erſchuͤtterungen, welche nicht durch nahe Vulkane verurſachet werden, fuͤr Wirkungen der Entzuͤndung aufſteigender Schwefeldaͤmpfe durch das Blitzen einer ſchweflichten Wolke zu erklaͤren.
Beccaria (Lettere dell'elettricismo, Bologna 1758. 4.) trug die Erklaͤrung der Erdbeben aus der Elektricitaͤt auf eine beſſere Art vor, zu einer Zeit, da man ſchon richtigere Begriffe von der Entſtehung des Blitzes und von den elektriſchen Erſchuͤtterungen hatte. Er nahm hiebey eine Stoͤrung des Gleichgewichts der Elektricitaͤt tief im Innerſten der Erde an, welche durch mehrere erſchuͤtternde Schlaͤge gegen die Atmoſphaͤre, oder gegen andere Theile der Erdflaͤche
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