Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.
Man kan leicht denken, daß die Physiker zur Erklärung einer so auffallenden Naturbegebenheit mancherley Versuche gemacht haben. Da man ihren unläugbaren Zusammenhang mit den Vulkanen gar bald gewahr ward, so hat man sie gemeinschaftlich mit denselben aus dem unterirdischen Feuer erklärt, unter welchem man sich in ältern Zeiten ein sogenanntes Centralfeuer vorstellte, welches die Mitte der Erdkugel ausfüllen sollte, s. Centralfeuer. Diese groben Begriffe verlohren sich mit der Zeit, und man fieng an, theils auf andere Ursachen der Erdbeben, z. B. unterirdische Winde, Dämpfe u. dgl. zu denken, theils das unterirdische Feuer näher an die Oberfläche der Erde zu setzen, und die Entstehung desselben aus den Entzündungen der Kieße und anderer brennbaren Mineralien herzuleiten, s. Vulkane. Eine der berühmtesten neuern Hypothesen über die Ursache der Erdbeben ist die des D. William Stukeley (Letter to Martin Folkes on the causes of Earthquakes, Philos. Trans. Vol. XLVI. no. 497. The philosophy of Earthquakes natural and religious. London, 1750. 8.), welcher sie ganz von der Elektricität herleiten will. Zwey zu London am 8. Febr. und 8. März 1749 verspürte ziemlich schwache Erdbeben hatten ihm dazu Gelegenheit gegeben. Er bestreitet zuerst die Meynung, daß sie von Explosionen, welche den Erdboden erheben, herrühren könnten, mit einigen nicht sehr starken Gründen. Es sey, sagt er, noch unerwiesen, daß die Erde so viele Klüfte und Höhlen habe, man habe bey der letztern Erschütterung, die sich doch auf dreyßig Meilen im Durchmesser erstreckt, keinen Dampf, Rauch oder Geruch bemerkt, das System der Brunnen und Quellen sey nicht gestört worden; die Theorie der Minen lehre, daß eine 30 Meilen weit reichende Erschütterung eine 15--20 Meilen tiefe wirkende Kraft erfordere, und
Man kan leicht denken, daß die Phyſiker zur Erklaͤrung einer ſo auffallenden Naturbegebenheit mancherley Verſuche gemacht haben. Da man ihren unlaͤugbaren Zuſammenhang mit den Vulkanen gar bald gewahr ward, ſo hat man ſie gemeinſchaftlich mit denſelben aus dem unterirdiſchen Feuer erklaͤrt, unter welchem man ſich in aͤltern Zeiten ein ſogenanntes Centralfeuer vorſtellte, welches die Mitte der Erdkugel ausfuͤllen ſollte, ſ. Centralfeuer. Dieſe groben Begriffe verlohren ſich mit der Zeit, und man fieng an, theils auf andere Urſachen der Erdbeben, z. B. unterirdiſche Winde, Daͤmpfe u. dgl. zu denken, theils das unterirdiſche Feuer naͤher an die Oberflaͤche der Erde zu ſetzen, und die Entſtehung deſſelben aus den Entzuͤndungen der Kieße und anderer brennbaren Mineralien herzuleiten, ſ. Vulkane. Eine der beruͤhmteſten neuern Hypotheſen uͤber die Urſache der Erdbeben iſt die des D. William Stukeley (Letter to Martin Folkes on the cauſes of Earthquakes, Philoſ. Trans. Vol. XLVI. no. 497. The philoſophy of Earthquakes natural and religious. London, 1750. 8.), welcher ſie ganz von der Elektricitaͤt herleiten will. Zwey zu London am 8. Febr. und 8. Maͤrz 1749 verſpuͤrte ziemlich ſchwache Erdbeben hatten ihm dazu Gelegenheit gegeben. Er beſtreitet zuerſt die Meynung, daß ſie von Exploſionen, welche den Erdboden erheben, herruͤhren koͤnnten, mit einigen nicht ſehr ſtarken Gruͤnden. Es ſey, ſagt er, noch unerwieſen, daß die Erde ſo viele Kluͤfte und Hoͤhlen habe, man habe bey der letztern Erſchuͤtterung, die ſich doch auf dreyßig Meilen im Durchmeſſer erſtreckt, keinen Dampf, Rauch oder Geruch bemerkt, das Syſtem der Brunnen und Quellen ſey nicht geſtoͤrt worden; die Theorie der Minen lehre, daß eine 30 Meilen weit reichende Erſchuͤtterung eine 15—20 Meilen tiefe wirkende Kraft erfordere, und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0011" xml:id="P.2.5" n="5"/><lb/> wie das in Kleinaſien (<hi rendition="#aq">Plin. H. N. II. 84.</hi>), welches im Jahre 17 nach C. G. dreyzehn große Staͤdte in einer Nacht zerſtoͤrte, und ſich durch einen Kreis von 300 Meilen im Durchmeſſer verbreitete, oder das vom 1ſten Nov. 1755, deſſen weiten Umfang wir ſchon im Vorigen angefuͤhrt haben.</p> <p>Man kan leicht denken, daß die Phyſiker zur Erklaͤrung einer ſo auffallenden Naturbegebenheit mancherley Verſuche gemacht haben. Da man ihren unlaͤugbaren Zuſammenhang mit den Vulkanen gar bald gewahr ward, ſo hat man ſie gemeinſchaftlich mit denſelben aus dem unterirdiſchen Feuer erklaͤrt, unter welchem man ſich in aͤltern Zeiten ein ſogenanntes Centralfeuer vorſtellte, welches die Mitte der Erdkugel ausfuͤllen ſollte, ſ. <hi rendition="#b">Centralfeuer.</hi> Dieſe groben Begriffe verlohren ſich mit der Zeit, und man fieng an, theils auf andere Urſachen der Erdbeben, z. B. unterirdiſche Winde, Daͤmpfe u. dgl. zu denken, theils das unterirdiſche Feuer naͤher an die Oberflaͤche der Erde zu ſetzen, und die Entſtehung deſſelben aus den Entzuͤndungen der Kieße und anderer brennbaren Mineralien herzuleiten, ſ. <hi rendition="#b">Vulkane.</hi></p> <p>Eine der beruͤhmteſten neuern Hypotheſen uͤber die Urſache der Erdbeben iſt die des <hi rendition="#b">D. William Stukeley</hi> (<hi rendition="#aq">Letter to Martin Folkes on the cauſes of Earthquakes, Philoſ. Trans. Vol. XLVI. no. 497. The philoſophy of Earthquakes natural and religious. London, 1750. 8.</hi>), welcher ſie ganz von der Elektricitaͤt herleiten will. Zwey zu London am 8. Febr. und 8. Maͤrz 1749 verſpuͤrte ziemlich ſchwache Erdbeben hatten ihm dazu Gelegenheit gegeben. Er beſtreitet zuerſt die Meynung, daß ſie von Exploſionen, welche den Erdboden erheben, herruͤhren koͤnnten, mit einigen nicht ſehr ſtarken Gruͤnden. Es ſey, ſagt er, noch unerwieſen, daß die Erde ſo viele Kluͤfte und Hoͤhlen habe, man habe bey der letztern Erſchuͤtterung, die ſich doch auf dreyßig Meilen im Durchmeſſer erſtreckt, keinen Dampf, Rauch oder Geruch bemerkt, das Syſtem der Brunnen und Quellen ſey nicht geſtoͤrt worden; die Theorie der Minen lehre, daß eine 30 Meilen weit reichende Erſchuͤtterung eine 15—20 Meilen tiefe wirkende Kraft erfordere, und<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [5/0011]
wie das in Kleinaſien (Plin. H. N. II. 84.), welches im Jahre 17 nach C. G. dreyzehn große Staͤdte in einer Nacht zerſtoͤrte, und ſich durch einen Kreis von 300 Meilen im Durchmeſſer verbreitete, oder das vom 1ſten Nov. 1755, deſſen weiten Umfang wir ſchon im Vorigen angefuͤhrt haben.
Man kan leicht denken, daß die Phyſiker zur Erklaͤrung einer ſo auffallenden Naturbegebenheit mancherley Verſuche gemacht haben. Da man ihren unlaͤugbaren Zuſammenhang mit den Vulkanen gar bald gewahr ward, ſo hat man ſie gemeinſchaftlich mit denſelben aus dem unterirdiſchen Feuer erklaͤrt, unter welchem man ſich in aͤltern Zeiten ein ſogenanntes Centralfeuer vorſtellte, welches die Mitte der Erdkugel ausfuͤllen ſollte, ſ. Centralfeuer. Dieſe groben Begriffe verlohren ſich mit der Zeit, und man fieng an, theils auf andere Urſachen der Erdbeben, z. B. unterirdiſche Winde, Daͤmpfe u. dgl. zu denken, theils das unterirdiſche Feuer naͤher an die Oberflaͤche der Erde zu ſetzen, und die Entſtehung deſſelben aus den Entzuͤndungen der Kieße und anderer brennbaren Mineralien herzuleiten, ſ. Vulkane.
Eine der beruͤhmteſten neuern Hypotheſen uͤber die Urſache der Erdbeben iſt die des D. William Stukeley (Letter to Martin Folkes on the cauſes of Earthquakes, Philoſ. Trans. Vol. XLVI. no. 497. The philoſophy of Earthquakes natural and religious. London, 1750. 8.), welcher ſie ganz von der Elektricitaͤt herleiten will. Zwey zu London am 8. Febr. und 8. Maͤrz 1749 verſpuͤrte ziemlich ſchwache Erdbeben hatten ihm dazu Gelegenheit gegeben. Er beſtreitet zuerſt die Meynung, daß ſie von Exploſionen, welche den Erdboden erheben, herruͤhren koͤnnten, mit einigen nicht ſehr ſtarken Gruͤnden. Es ſey, ſagt er, noch unerwieſen, daß die Erde ſo viele Kluͤfte und Hoͤhlen habe, man habe bey der letztern Erſchuͤtterung, die ſich doch auf dreyßig Meilen im Durchmeſſer erſtreckt, keinen Dampf, Rauch oder Geruch bemerkt, das Syſtem der Brunnen und Quellen ſey nicht geſtoͤrt worden; die Theorie der Minen lehre, daß eine 30 Meilen weit reichende Erſchuͤtterung eine 15—20 Meilen tiefe wirkende Kraft erfordere, und
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |