Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.
Newtons entscheidender Versuch (experimentum crucis), den ich bey dem Worte Brechbarkeit Num. 2. angeführt habe, und der zugleich das Unwandelbare der einfachen Farben erweiset, ward bey diesen Streitigkeiten vorzüglich mißverstanden und übel angestellt, so deutlich ihn auch sein Erfinder beschrieben hatte. Daher blieb die Frage, ob die Grundfarben des Prisma wirklich unwandelbar wären, eine lange Zeit im Zweifel, bis endlich Desaguliers die newtonischen Versuche vor der königlichen Societät der Wissenschaften zu London anstellte, und eine umständliche Nachricht hievon (Philos. Trans. 1716.) bekannt machte, worinn ihre Richtigkeit durch unverwerfliche Zeugnisse bestätigit ist. Dennoch fanden diese Versuche noch einen eifrigen Gegner an dem Italiäner Rizzeti (Act, Erud. Lips. Suppl. Tom. VIII. p. 127.), welcher sie bey angestellter Wiederholung zum Theil falsch, zum Theil ohne Beweiskraft gefunden haben wollte, und andere anführte, die ihnen entgegen zu seyn schienen. Die newtonische Theorie ward dagegen von Georg Friedrich Richter, Professor der Moral zu Leipzig, (Act. Erud, l. c. p. 226. sqq.) sehr geschickt vertheidigt. Rizzeti's Einwürfe bezogen sich zum Theil darauf, daß das bloße Auge, in welchem doch das Licht auch gebrochen wird, keine farbigen Ränder und andere Wirkungen der verschiedenen Brechbarkeit zeige. Dies heißt, sagt Richter, sich auf ein sehr zusammengesetztes Werkzeug, das man gar nicht genau kennt, berufen, gegen Versuche, die mit einem höchst einfachen Werkzeuge angestellt sind; es ist eben so viel, als ob man die Grundsätze der Mechanik läugnen wollte, weil man in einer sehr zusammengesetzten Maschine Abweichungen von
Newtons entſcheidender Verſuch (experimentum crucis), den ich bey dem Worte Brechbarkeit Num. 2. angefuͤhrt habe, und der zugleich das Unwandelbare der einfachen Farben erweiſet, ward bey dieſen Streitigkeiten vorzuͤglich mißverſtanden und uͤbel angeſtellt, ſo deutlich ihn auch ſein Erfinder beſchrieben hatte. Daher blieb die Frage, ob die Grundfarben des Prisma wirklich unwandelbar waͤren, eine lange Zeit im Zweifel, bis endlich Deſaguliers die newtoniſchen Verſuche vor der koͤniglichen Societaͤt der Wiſſenſchaften zu London anſtellte, und eine umſtaͤndliche Nachricht hievon (Philoſ. Trans. 1716.) bekannt machte, worinn ihre Richtigkeit durch unverwerfliche Zeugniſſe beſtaͤtigit iſt. Dennoch fanden dieſe Verſuche noch einen eifrigen Gegner an dem Italiaͤner Rizzeti (Act, Erud. Lipſ. Suppl. Tom. VIII. p. 127.), welcher ſie bey angeſtellter Wiederholung zum Theil falſch, zum Theil ohne Beweiskraft gefunden haben wollte, und andere anfuͤhrte, die ihnen entgegen zu ſeyn ſchienen. Die newtoniſche Theorie ward dagegen von Georg Friedrich Richter, Profeſſor der Moral zu Leipzig, (Act. Erud, l. c. p. 226. ſqq.) ſehr geſchickt vertheidigt. Rizzeti's Einwuͤrfe bezogen ſich zum Theil darauf, daß das bloße Auge, in welchem doch das Licht auch gebrochen wird, keine farbigen Raͤnder und andere Wirkungen der verſchiedenen Brechbarkeit zeige. Dies heißt, ſagt Richter, ſich auf ein ſehr zuſammengeſetztes Werkzeug, das man gar nicht genau kennt, berufen, gegen Verſuche, die mit einem hoͤchſt einfachen Werkzeuge angeſtellt ſind; es iſt eben ſo viel, als ob man die Grundſaͤtze der Mechanik laͤugnen wollte, weil man in einer ſehr zuſammengeſetzten Maſchine Abweichungen von <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0146" xml:id="P.2.140" n="140"/><lb/> Nur dann wird er empfindlich, wenn man ihm bloße Hypotheſen entgegenſetzt, oder, wie der P. Pardies gethan hatte, ſeine Theorie eine Hypotheſe nennt. ”Ich bin uͤber”zeugt, ſagt er, daß meine Theorie nichts weiter, als ge”wiſſe und bewieſene Phaͤnomene des Lichts enthaͤlt, und ”waͤre dies nicht, ſo wuͤrde ich ſie als eine unnuͤtze Specu”lation verworfen, und nicht einmal als Hypotheſe ange”nommen haben.“</p> <p>Newtons <hi rendition="#b">entſcheidender</hi> Verſuch (<hi rendition="#aq">experimentum crucis</hi>), den ich bey dem Worte <hi rendition="#b">Brechbarkeit</hi> Num. 2. angefuͤhrt habe, und der zugleich das Unwandelbare der einfachen Farben erweiſet, ward bey dieſen Streitigkeiten vorzuͤglich mißverſtanden und uͤbel angeſtellt, ſo deutlich ihn auch ſein Erfinder beſchrieben hatte. Daher blieb die Frage, ob die Grundfarben des Prisma wirklich unwandelbar waͤren, eine lange Zeit im Zweifel, bis endlich <hi rendition="#b">Deſaguliers</hi> die newtoniſchen Verſuche vor der koͤniglichen Societaͤt der Wiſſenſchaften zu London anſtellte, und eine umſtaͤndliche Nachricht hievon (<hi rendition="#aq">Philoſ. Trans. 1716.</hi>) bekannt machte, worinn ihre Richtigkeit durch unverwerfliche Zeugniſſe beſtaͤtigit iſt. Dennoch fanden dieſe Verſuche noch einen eifrigen Gegner an dem Italiaͤner <hi rendition="#b">Rizzeti</hi> (<hi rendition="#aq">Act, Erud. Lipſ. Suppl. Tom. VIII. p. 127.</hi>), welcher ſie bey angeſtellter Wiederholung zum Theil falſch, zum Theil ohne Beweiskraft gefunden haben wollte, und andere anfuͤhrte, die ihnen entgegen zu ſeyn ſchienen. Die newtoniſche Theorie ward dagegen von <hi rendition="#b">Georg Friedrich Richter,</hi> Profeſſor der Moral zu Leipzig, (<hi rendition="#aq">Act. Erud, l. c. p. 226. ſqq.</hi>) ſehr geſchickt vertheidigt. <hi rendition="#b">Rizzeti's</hi> Einwuͤrfe bezogen ſich zum Theil darauf, daß das bloße Auge, in welchem doch das Licht auch gebrochen wird, keine farbigen Raͤnder und andere Wirkungen der verſchiedenen Brechbarkeit zeige. Dies heißt, ſagt <hi rendition="#b">Richter,</hi> ſich auf ein ſehr zuſammengeſetztes Werkzeug, das man gar nicht genau kennt, berufen, gegen Verſuche, die mit einem hoͤchſt einfachen Werkzeuge angeſtellt ſind; es iſt eben ſo viel, als ob man die Grundſaͤtze der Mechanik laͤugnen wollte, weil man in einer ſehr zuſammengeſetzten Maſchine Abweichungen von<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [140/0146]
Nur dann wird er empfindlich, wenn man ihm bloße Hypotheſen entgegenſetzt, oder, wie der P. Pardies gethan hatte, ſeine Theorie eine Hypotheſe nennt. ”Ich bin uͤber”zeugt, ſagt er, daß meine Theorie nichts weiter, als ge”wiſſe und bewieſene Phaͤnomene des Lichts enthaͤlt, und ”waͤre dies nicht, ſo wuͤrde ich ſie als eine unnuͤtze Specu”lation verworfen, und nicht einmal als Hypotheſe ange”nommen haben.“
Newtons entſcheidender Verſuch (experimentum crucis), den ich bey dem Worte Brechbarkeit Num. 2. angefuͤhrt habe, und der zugleich das Unwandelbare der einfachen Farben erweiſet, ward bey dieſen Streitigkeiten vorzuͤglich mißverſtanden und uͤbel angeſtellt, ſo deutlich ihn auch ſein Erfinder beſchrieben hatte. Daher blieb die Frage, ob die Grundfarben des Prisma wirklich unwandelbar waͤren, eine lange Zeit im Zweifel, bis endlich Deſaguliers die newtoniſchen Verſuche vor der koͤniglichen Societaͤt der Wiſſenſchaften zu London anſtellte, und eine umſtaͤndliche Nachricht hievon (Philoſ. Trans. 1716.) bekannt machte, worinn ihre Richtigkeit durch unverwerfliche Zeugniſſe beſtaͤtigit iſt. Dennoch fanden dieſe Verſuche noch einen eifrigen Gegner an dem Italiaͤner Rizzeti (Act, Erud. Lipſ. Suppl. Tom. VIII. p. 127.), welcher ſie bey angeſtellter Wiederholung zum Theil falſch, zum Theil ohne Beweiskraft gefunden haben wollte, und andere anfuͤhrte, die ihnen entgegen zu ſeyn ſchienen. Die newtoniſche Theorie ward dagegen von Georg Friedrich Richter, Profeſſor der Moral zu Leipzig, (Act. Erud, l. c. p. 226. ſqq.) ſehr geſchickt vertheidigt. Rizzeti's Einwuͤrfe bezogen ſich zum Theil darauf, daß das bloße Auge, in welchem doch das Licht auch gebrochen wird, keine farbigen Raͤnder und andere Wirkungen der verſchiedenen Brechbarkeit zeige. Dies heißt, ſagt Richter, ſich auf ein ſehr zuſammengeſetztes Werkzeug, das man gar nicht genau kennt, berufen, gegen Verſuche, die mit einem hoͤchſt einfachen Werkzeuge angeſtellt ſind; es iſt eben ſo viel, als ob man die Grundſaͤtze der Mechanik laͤugnen wollte, weil man in einer ſehr zuſammengeſetzten Maſchine Abweichungen von
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