Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.
Eine große Hitze bringt die ihr ausgesetzten Körper zum Leuchten, s. Glühen. Aus sehr vielen Körpern steigt alsdann, wenn sie der Luft ausgesetzt sind, etwas auf, das entweder dunkel ist, das Ansehen von Dämpfen hat, und Rauch genannt wird, oder etwas Leuchtendes, das man Flamme nennt; in den meisten Fällen Rauch und Flamme zugleich, so daß da, wo die Flamme aufhört, der Rauch sichtbar zu werden anfängt. Die Flamme theilt den Körpern, die sie berührt, eine sehr beträchtliche Hitze mit, und entzündet dadurch die brennbaren Materien, die man ihr aussetzt. Der Rauch selbst ist da, wo er den brennenden Körper oder die Flamme berührt, sehr heiß, wird aber beym Aufsteigen in der Luft bald kälter, und läßt sich an den Stellen, wo er noch heiß ist, durch Annäherung einer andern Flamme entzünden, so daß er selbst wieder in eine Flamme ausbricht. Nicht alle Körper brennen mit einer merklichen Flamme. Die feuerbeständigen, z. B. feines Gold und Silber, Glas, Porcellan, Bergkrystall, reine Kiesel rc. glühen blos, und andere, die viel feuerbeständige Theile enthalten, wie Kohlen, Asche und die meisten Metalle, scheinen sich ohne merkliche Flamme zu zersetzen oder zu verzehren. Was aber die letztern betrift, so muß man sich durch den Anschein nicht hintergehen lassen. Das Ansehen eines Stabs Eisen und eines Kiesels, die beyde bis zum Weißglühen erhitzt sind, ist doch sehr verschieden; das Metall ist in der That mit einer sehr glänzenden und sogar Funken gebenden kleinen Flamme bedeckt, welche in dephlogistisirter Luft noch weit merklicher wird; der Kiesel zeigt hievon nichts, hört auch weit eher auf zu glühen. Wenn sich das Bley auf einer Kapelle unter der Muffel verschlackt, so sieht das
Eine große Hitze bringt die ihr ausgeſetzten Koͤrper zum Leuchten, ſ. Gluͤhen. Aus ſehr vielen Koͤrpern ſteigt alsdann, wenn ſie der Luft ausgeſetzt ſind, etwas auf, das entweder dunkel iſt, das Anſehen von Daͤmpfen hat, und Rauch genannt wird, oder etwas Leuchtendes, das man Flamme nennt; in den meiſten Faͤllen Rauch und Flamme zugleich, ſo daß da, wo die Flamme aufhoͤrt, der Rauch ſichtbar zu werden anfaͤngt. Die Flamme theilt den Koͤrpern, die ſie beruͤhrt, eine ſehr betraͤchtliche Hitze mit, und entzuͤndet dadurch die brennbaren Materien, die man ihr ausſetzt. Der Rauch ſelbſt iſt da, wo er den brennenden Koͤrper oder die Flamme beruͤhrt, ſehr heiß, wird aber beym Aufſteigen in der Luft bald kaͤlter, und laͤßt ſich an den Stellen, wo er noch heiß iſt, durch Annaͤherung einer andern Flamme entzuͤnden, ſo daß er ſelbſt wieder in eine Flamme ausbricht. Nicht alle Koͤrper brennen mit einer merklichen Flamme. Die feuerbeſtaͤndigen, z. B. feines Gold und Silber, Glas, Porcellan, Bergkryſtall, reine Kieſel rc. gluͤhen blos, und andere, die viel feuerbeſtaͤndige Theile enthalten, wie Kohlen, Aſche und die meiſten Metalle, ſcheinen ſich ohne merkliche Flamme zu zerſetzen oder zu verzehren. Was aber die letztern betrift, ſo muß man ſich durch den Anſchein nicht hintergehen laſſen. Das Anſehen eines Stabs Eiſen und eines Kieſels, die beyde bis zum Weißgluͤhen erhitzt ſind, iſt doch ſehr verſchieden; das Metall iſt in der That mit einer ſehr glaͤnzenden und ſogar Funken gebenden kleinen Flamme bedeckt, welche in dephlogiſtiſirter Luft noch weit merklicher wird; der Kieſel zeigt hievon nichts, hoͤrt auch weit eher auf zu gluͤhen. Wenn ſich das Bley auf einer Kapelle unter der Muffel verſchlackt, ſo ſieht das <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0281" xml:id="P.2.275" n="275"/><lb/> den brennenden Koͤrpern, der in der atmoſphaͤriſchen Luft, die ihn umgiebt, in die Hoͤhe ſteigt. Ich glaube dieſen Artikel am ſchicklichſten behandeln zu koͤnnen, wenn ich zuerſt die vornehmſten Erſcheinungen der Flamme anfuͤhre, dann einige Meynungen uͤber die Natur derſelben vortrage, und bey den vorzuͤglichften einige daraus fließende Erklaͤrungen der Phaͤnomene beybringe.</p> <p>Eine große Hitze bringt die ihr ausgeſetzten Koͤrper zum Leuchten, <hi rendition="#b">ſ. Gluͤhen.</hi> Aus ſehr vielen Koͤrpern ſteigt alsdann, wenn ſie der Luft ausgeſetzt ſind, etwas auf, das entweder dunkel iſt, das Anſehen von Daͤmpfen hat, und <hi rendition="#b">Rauch</hi> genannt wird, oder etwas Leuchtendes, das man <hi rendition="#b">Flamme</hi> nennt; in den meiſten Faͤllen Rauch und Flamme zugleich, ſo daß da, wo die Flamme aufhoͤrt, der Rauch ſichtbar zu werden anfaͤngt. Die Flamme theilt den Koͤrpern, die ſie beruͤhrt, eine ſehr betraͤchtliche Hitze mit, und entzuͤndet dadurch die brennbaren Materien, die man ihr ausſetzt. Der Rauch ſelbſt iſt da, wo er den brennenden Koͤrper oder die Flamme beruͤhrt, ſehr heiß, wird aber beym Aufſteigen in der Luft bald kaͤlter, und laͤßt ſich an den Stellen, wo er noch heiß iſt, durch Annaͤherung einer andern Flamme entzuͤnden, ſo daß er ſelbſt wieder in eine Flamme ausbricht.</p> <p>Nicht alle Koͤrper brennen mit einer merklichen Flamme. Die feuerbeſtaͤndigen, z. B. feines Gold und Silber, Glas, Porcellan, Bergkryſtall, reine Kieſel rc. gluͤhen blos, und andere, die viel feuerbeſtaͤndige Theile enthalten, wie Kohlen, Aſche und die meiſten Metalle, ſcheinen ſich ohne merkliche Flamme zu zerſetzen oder zu verzehren. Was aber die letztern betrift, ſo muß man ſich durch den Anſchein nicht hintergehen laſſen. Das Anſehen eines Stabs Eiſen und eines Kieſels, die beyde bis zum Weißgluͤhen erhitzt ſind, iſt doch ſehr verſchieden; das Metall iſt in der That mit einer ſehr glaͤnzenden und ſogar Funken gebenden kleinen Flamme bedeckt, welche in dephlogiſtiſirter Luft noch weit merklicher wird; der Kieſel zeigt hievon nichts, hoͤrt auch weit eher auf zu gluͤhen. Wenn ſich das Bley auf einer Kapelle unter der Muffel verſchlackt, ſo ſieht das<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [275/0281]
den brennenden Koͤrpern, der in der atmoſphaͤriſchen Luft, die ihn umgiebt, in die Hoͤhe ſteigt. Ich glaube dieſen Artikel am ſchicklichſten behandeln zu koͤnnen, wenn ich zuerſt die vornehmſten Erſcheinungen der Flamme anfuͤhre, dann einige Meynungen uͤber die Natur derſelben vortrage, und bey den vorzuͤglichften einige daraus fließende Erklaͤrungen der Phaͤnomene beybringe.
Eine große Hitze bringt die ihr ausgeſetzten Koͤrper zum Leuchten, ſ. Gluͤhen. Aus ſehr vielen Koͤrpern ſteigt alsdann, wenn ſie der Luft ausgeſetzt ſind, etwas auf, das entweder dunkel iſt, das Anſehen von Daͤmpfen hat, und Rauch genannt wird, oder etwas Leuchtendes, das man Flamme nennt; in den meiſten Faͤllen Rauch und Flamme zugleich, ſo daß da, wo die Flamme aufhoͤrt, der Rauch ſichtbar zu werden anfaͤngt. Die Flamme theilt den Koͤrpern, die ſie beruͤhrt, eine ſehr betraͤchtliche Hitze mit, und entzuͤndet dadurch die brennbaren Materien, die man ihr ausſetzt. Der Rauch ſelbſt iſt da, wo er den brennenden Koͤrper oder die Flamme beruͤhrt, ſehr heiß, wird aber beym Aufſteigen in der Luft bald kaͤlter, und laͤßt ſich an den Stellen, wo er noch heiß iſt, durch Annaͤherung einer andern Flamme entzuͤnden, ſo daß er ſelbſt wieder in eine Flamme ausbricht.
Nicht alle Koͤrper brennen mit einer merklichen Flamme. Die feuerbeſtaͤndigen, z. B. feines Gold und Silber, Glas, Porcellan, Bergkryſtall, reine Kieſel rc. gluͤhen blos, und andere, die viel feuerbeſtaͤndige Theile enthalten, wie Kohlen, Aſche und die meiſten Metalle, ſcheinen ſich ohne merkliche Flamme zu zerſetzen oder zu verzehren. Was aber die letztern betrift, ſo muß man ſich durch den Anſchein nicht hintergehen laſſen. Das Anſehen eines Stabs Eiſen und eines Kieſels, die beyde bis zum Weißgluͤhen erhitzt ſind, iſt doch ſehr verſchieden; das Metall iſt in der That mit einer ſehr glaͤnzenden und ſogar Funken gebenden kleinen Flamme bedeckt, welche in dephlogiſtiſirter Luft noch weit merklicher wird; der Kieſel zeigt hievon nichts, hoͤrt auch weit eher auf zu gluͤhen. Wenn ſich das Bley auf einer Kapelle unter der Muffel verſchlackt, ſo ſieht das
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