Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


sey. Solche mit Bleykalken bereitete Gläser sind schwerer, weniger spröde und zum Poliren geschickter als andere, und werden insgemein Krystallglas genannt. Zeiher fand, daß aus 3 Theilen Mennige und 1 Theile Kiesel ein Glas entstehe, welches die Farben fünfmal stärker, als das gemeine oder Crownglas zerstreut. Er entdeckte zugleich, daß ein stärkerer Zusatz von Laugensalzen die Brechung ungemein vermindere, ohne die Farbenzerstreuung merklich zu ändern. Er erhielt vermittelst dieser Entdeckungen endlich ein Glas, welches das Flintglas der Engländer zum Gebrauche für Fernröhren weit übertreffen müßte, weil es das Licht dreymal mehr, als das gemeine Glas zerstreuet, und doch das Brechungsverhältniß nur 1, 61: 1 giebt (Mem. de Berlin. 1766. p. 150.).

Die größte Schwierigkeit aber liegt bey der Verfertigung solcher Gläser in den Blasen und Streifen, wozu alle Arten der Krystallgläser vorzüglich geneigt sind, und welche die Lichtstralen beym Durchgange wegen ihrer größern Dichte in Unordnung bringen. Die Farbe thut nicht so viel zur Sache. Die Streifen aber bilden, wenn man den Schein eines Lichts durch das Glas auf Papier fallen läst, helle Linien von dunkeln Rändern begrenzt, zum Beweise, daß sie die Stralen mehr als das übrige Glas zusammenlenken. Diese Streifen sind wellenförmig, und durchschneiden sich, wie Netze, in verschiedenen Richtungen. Sie rühren allerdings von einer unvollkommnen Schmelzung her; aber die größten Chymiker gestehen, daß es bey dem Zusatze metallischer Substanzen fast unmöglich sey, sie zu vermeiden. Scheffer (Chemische Vorlesungen, Greifsw. 1779. 8 §. 176. d.) berichtet, daß die Engländer zum Flinkglase 24 Theile Kiesel, 7 Theile Bleykalk und 1 Theil Salpeter nehmen. Er glaubt, es sey dabey des Bleykalks zu viel, und dies verursache die Streifen. Der Graf Buffon (Suppl. a l' hist. nat. To. II. Paris 1774. 12. p. 284.) meldet inzwischen, er habe aus 1 Pfund des weißesten Sandes, 1 Pfund Bleykalk, 1/2 Pfund Potasche, und 1 Loth Salpeter ein sehr vortrefliches Glas dieser Art verfertigt.

Florentiner Thermometer, s. Thermometer.


ſey. Solche mit Bleykalken bereitete Glaͤſer ſind ſchwerer, weniger ſproͤde und zum Poliren geſchickter als andere, und werden insgemein Kryſtallglas genannt. Zeiher fand, daß aus 3 Theilen Mennige und 1 Theile Kieſel ein Glas entſtehe, welches die Farben fuͤnfmal ſtaͤrker, als das gemeine oder Crownglas zerſtreut. Er entdeckte zugleich, daß ein ſtaͤrkerer Zuſatz von Laugenſalzen die Brechung ungemein vermindere, ohne die Farbenzerſtreuung merklich zu aͤndern. Er erhielt vermittelſt dieſer Entdeckungen endlich ein Glas, welches das Flintglas der Englaͤnder zum Gebrauche fuͤr Fernroͤhren weit uͤbertreffen muͤßte, weil es das Licht dreymal mehr, als das gemeine Glas zerſtreuet, und doch das Brechungsverhaͤltniß nur 1, 61: 1 giebt (Mém. de Berlin. 1766. p. 150.).

Die groͤßte Schwierigkeit aber liegt bey der Verfertigung ſolcher Glaͤſer in den Blaſen und Streifen, wozu alle Arten der Kryſtallglaͤſer vorzuͤglich geneigt ſind, und welche die Lichtſtralen beym Durchgange wegen ihrer groͤßern Dichte in Unordnung bringen. Die Farbe thut nicht ſo viel zur Sache. Die Streifen aber bilden, wenn man den Schein eines Lichts durch das Glas auf Papier fallen laͤſt, helle Linien von dunkeln Raͤndern begrenzt, zum Beweiſe, daß ſie die Stralen mehr als das uͤbrige Glas zuſammenlenken. Dieſe Streifen ſind wellenfoͤrmig, und durchſchneiden ſich, wie Netze, in verſchiedenen Richtungen. Sie ruͤhren allerdings von einer unvollkommnen Schmelzung her; aber die groͤßten Chymiker geſtehen, daß es bey dem Zuſatze metalliſcher Subſtanzen faſt unmoͤglich ſey, ſie zu vermeiden. Scheffer (Chemiſche Vorleſungen, Greifsw. 1779. 8 §. 176. d.) berichtet, daß die Englaͤnder zum Flinkglaſe 24 Theile Kieſel, 7 Theile Bleykalk und 1 Theil Salpeter nehmen. Er glaubt, es ſey dabey des Bleykalks zu viel, und dies verurſache die Streifen. Der Graf Buffon (Suppl. à l' hiſt. nat. To. II. Paris 1774. 12. p. 284.) meldet inzwiſchen, er habe aus 1 Pfund des weißeſten Sandes, 1 Pfund Bleykalk, 1/2 Pfund Potaſche, und 1 Loth Salpeter ein ſehr vortrefliches Glas dieſer Art verfertigt.

Florentiner Thermometer, ſ. Thermometer.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p><pb facs="#f0322" xml:id="P.2.316" n="316"/><lb/>
&#x017F;ey. Solche mit Bleykalken bereitete Gla&#x0364;&#x017F;er &#x017F;ind &#x017F;chwerer, weniger &#x017F;pro&#x0364;de und zum Poliren ge&#x017F;chickter als andere, und werden insgemein <hi rendition="#b">Kry&#x017F;tallglas</hi> genannt. <hi rendition="#b">Zeiher</hi> fand, daß aus 3 Theilen Mennige und 1 Theile Kie&#x017F;el ein Glas ent&#x017F;tehe, welches die Farben fu&#x0364;nfmal &#x017F;ta&#x0364;rker, als das gemeine oder Crownglas zer&#x017F;treut. Er entdeckte zugleich, daß ein &#x017F;ta&#x0364;rkerer Zu&#x017F;atz von Laugen&#x017F;alzen die Brechung ungemein vermindere, ohne die Farbenzer&#x017F;treuung merklich zu a&#x0364;ndern. Er erhielt vermittel&#x017F;t die&#x017F;er Entdeckungen endlich ein Glas, welches das Flintglas der Engla&#x0364;nder zum Gebrauche fu&#x0364;r Fernro&#x0364;hren weit u&#x0364;bertreffen mu&#x0364;ßte, weil es das Licht dreymal mehr, als das gemeine Glas zer&#x017F;treuet, und doch das Brechungsverha&#x0364;ltniß nur 1, 61: 1 giebt <hi rendition="#aq">(Mém. de Berlin. 1766. p. 150.).</hi></p>
            <p>Die gro&#x0364;ßte Schwierigkeit aber liegt bey der Verfertigung &#x017F;olcher Gla&#x0364;&#x017F;er in den Bla&#x017F;en und Streifen, wozu alle Arten der Kry&#x017F;tallgla&#x0364;&#x017F;er vorzu&#x0364;glich geneigt &#x017F;ind, und welche die Licht&#x017F;tralen beym Durchgange wegen ihrer gro&#x0364;ßern Dichte in Unordnung bringen. Die Farbe thut nicht &#x017F;o viel zur Sache. Die Streifen aber bilden, wenn man den Schein eines Lichts durch das Glas auf Papier fallen la&#x0364;&#x017F;t, helle Linien von dunkeln Ra&#x0364;ndern begrenzt, zum Bewei&#x017F;e, daß &#x017F;ie die Stralen mehr als das u&#x0364;brige Glas zu&#x017F;ammenlenken. Die&#x017F;e Streifen &#x017F;ind wellenfo&#x0364;rmig, und durch&#x017F;chneiden &#x017F;ich, wie Netze, in ver&#x017F;chiedenen Richtungen. Sie ru&#x0364;hren allerdings von einer unvollkommnen Schmelzung her; aber die gro&#x0364;ßten Chymiker ge&#x017F;tehen, daß es bey dem Zu&#x017F;atze metalli&#x017F;cher Sub&#x017F;tanzen fa&#x017F;t unmo&#x0364;glich &#x017F;ey, &#x017F;ie zu vermeiden. <hi rendition="#b">Scheffer</hi> (Chemi&#x017F;che Vorle&#x017F;ungen, Greifsw. <hi rendition="#aq">1779. 8 §. 176. d.)</hi> berichtet, daß die Engla&#x0364;nder zum Flinkgla&#x017F;e 24 Theile Kie&#x017F;el, 7 Theile Bleykalk und 1 Theil Salpeter nehmen. Er glaubt, es &#x017F;ey dabey des Bleykalks zu viel, und dies verur&#x017F;ache die Streifen. Der Graf <hi rendition="#b">Buffon</hi> <hi rendition="#aq">(Suppl. à l' hi&#x017F;t. nat. To. II. Paris 1774. 12. p. 284.)</hi> meldet inzwi&#x017F;chen, er habe aus 1 Pfund des weiße&#x017F;ten Sandes, 1 Pfund Bleykalk, 1/2 Pfund Pota&#x017F;che, und 1 Loth Salpeter ein &#x017F;ehr vortrefliches Glas die&#x017F;er Art verfertigt.</p>
            <p> <hi rendition="#b">Florentiner Thermometer, &#x017F;. Thermometer.</hi><lb/>
            </p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[316/0322] ſey. Solche mit Bleykalken bereitete Glaͤſer ſind ſchwerer, weniger ſproͤde und zum Poliren geſchickter als andere, und werden insgemein Kryſtallglas genannt. Zeiher fand, daß aus 3 Theilen Mennige und 1 Theile Kieſel ein Glas entſtehe, welches die Farben fuͤnfmal ſtaͤrker, als das gemeine oder Crownglas zerſtreut. Er entdeckte zugleich, daß ein ſtaͤrkerer Zuſatz von Laugenſalzen die Brechung ungemein vermindere, ohne die Farbenzerſtreuung merklich zu aͤndern. Er erhielt vermittelſt dieſer Entdeckungen endlich ein Glas, welches das Flintglas der Englaͤnder zum Gebrauche fuͤr Fernroͤhren weit uͤbertreffen muͤßte, weil es das Licht dreymal mehr, als das gemeine Glas zerſtreuet, und doch das Brechungsverhaͤltniß nur 1, 61: 1 giebt (Mém. de Berlin. 1766. p. 150.). Die groͤßte Schwierigkeit aber liegt bey der Verfertigung ſolcher Glaͤſer in den Blaſen und Streifen, wozu alle Arten der Kryſtallglaͤſer vorzuͤglich geneigt ſind, und welche die Lichtſtralen beym Durchgange wegen ihrer groͤßern Dichte in Unordnung bringen. Die Farbe thut nicht ſo viel zur Sache. Die Streifen aber bilden, wenn man den Schein eines Lichts durch das Glas auf Papier fallen laͤſt, helle Linien von dunkeln Raͤndern begrenzt, zum Beweiſe, daß ſie die Stralen mehr als das uͤbrige Glas zuſammenlenken. Dieſe Streifen ſind wellenfoͤrmig, und durchſchneiden ſich, wie Netze, in verſchiedenen Richtungen. Sie ruͤhren allerdings von einer unvollkommnen Schmelzung her; aber die groͤßten Chymiker geſtehen, daß es bey dem Zuſatze metalliſcher Subſtanzen faſt unmoͤglich ſey, ſie zu vermeiden. Scheffer (Chemiſche Vorleſungen, Greifsw. 1779. 8 §. 176. d.) berichtet, daß die Englaͤnder zum Flinkglaſe 24 Theile Kieſel, 7 Theile Bleykalk und 1 Theil Salpeter nehmen. Er glaubt, es ſey dabey des Bleykalks zu viel, und dies verurſache die Streifen. Der Graf Buffon (Suppl. à l' hiſt. nat. To. II. Paris 1774. 12. p. 284.) meldet inzwiſchen, er habe aus 1 Pfund des weißeſten Sandes, 1 Pfund Bleykalk, 1/2 Pfund Potaſche, und 1 Loth Salpeter ein ſehr vortrefliches Glas dieſer Art verfertigt. Florentiner Thermometer, ſ. Thermometer.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/322
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/322>, abgerufen am 22.11.2024.