Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


zu finden. Fontana und Senebier fanden, daß Wasser in verschloßnen Gefäßen nichts von der brennbaren Luft absorbire, wohl aber, wenn es der freyen Luft ausgesetzt sey. (M. s. de la Fond Essai sur differentes especes de l'air. Paris 1779. 8. p. 259.) Durch Schütteln in Terpentinöl fand Priestley (Vol. III. p. 266.) das Volumen der brennbaren Luft vermehrt, aber sie hatte einen großen Theil ihrer Entzündbarkeit und ihrer übrigen charakteristischen Eigenschaften verlohren.

Die Pflanzen kommen in brennbarer Luft mehrentheils sehr wohl fort; sie selbst aber wird von den Pflanzen, vornehmlich von Wasserpflanzen, an freyer Luft und am Tage, mit der Zeit merklich verbessert, ob sie gleich dabey noch ihre platzende Eigenschaft behält. Ingenhouß sieht sie in diesem Falle als eine eigne Gasart an, die man platzendes Gas (fulminating Gas) nennen könnte, und deren Entstehung er zum Theil der aus den Pflanzen kommenden dephlogistisirten Luft, theils, weil sie sich auch des Nachts erzeuget, einer besondern Einwirkung der Lebenskraft der Pflanzen zuschreibt.

Scheele hatte bey Gelegenheit seiner Einwürfe gegen die Priestleyische Theorie der Respiration (s. Athmen) behauptet, daß die brennbare Luft sehr wohl respirabel sey, und durchs Athmen ihre Entzündbarkeit verliere. Dies veranlassete Herrn Fontana (Philos. Tr. Vol. LXIX. Ueber das Einathmen der entzündbaren Luft, in den Sammlungen zur Physik und Naturg. II Band, 4. St. S. 488. u. f.) die Untersuchung durch eigne Erfahrung anzustellen. Er fand hiebey, daß Vermischung mit gemeiner Luft die brennbare wirklich respirabel macht, und daß dazu schon die Quantität gemeiner Luft hinreichend ist, die in den Lungen eines Menschen nach einem gewöhnlichen Ausathmen noch zurückbleibt. Er konnte auf diese Art einige Züge brennbare Luft athmen, und fühlte dabey sogar eine besondere Leichtigkeit; als er aber nach einem starken und reinen Ausathmen brennbare Luft aus einem großen Gefäße einzog, sank er beym dritten Athemzuge kraftlos auf die Kniee nieder. Auch ward durch die Respiration der Thiere, welche


zu finden. Fontana und Senebier fanden, daß Waſſer in verſchloßnen Gefaͤßen nichts von der brennbaren Luft abſorbire, wohl aber, wenn es der freyen Luft ausgeſetzt ſey. (M. ſ. de la Fond Eſſai ſur differentes eſpeces de l'air. Paris 1779. 8. p. 259.) Durch Schuͤtteln in Terpentinoͤl fand Prieſtley (Vol. III. p. 266.) das Volumen der brennbaren Luft vermehrt, aber ſie hatte einen großen Theil ihrer Entzuͤndbarkeit und ihrer uͤbrigen charakteriſtiſchen Eigenſchaften verlohren.

Die Pflanzen kommen in brennbarer Luft mehrentheils ſehr wohl fort; ſie ſelbſt aber wird von den Pflanzen, vornehmlich von Waſſerpflanzen, an freyer Luft und am Tage, mit der Zeit merklich verbeſſert, ob ſie gleich dabey noch ihre platzende Eigenſchaft behaͤlt. Ingenhouß ſieht ſie in dieſem Falle als eine eigne Gasart an, die man platzendes Gas (fulminating Gas) nennen koͤnnte, und deren Entſtehung er zum Theil der aus den Pflanzen kommenden dephlogiſtiſirten Luft, theils, weil ſie ſich auch des Nachts erzeuget, einer beſondern Einwirkung der Lebenskraft der Pflanzen zuſchreibt.

Scheele hatte bey Gelegenheit ſeiner Einwuͤrfe gegen die Prieſtleyiſche Theorie der Reſpiration (ſ. Athmen) behauptet, daß die brennbare Luft ſehr wohl reſpirabel ſey, und durchs Athmen ihre Entzuͤndbarkeit verliere. Dies veranlaſſete Herrn Fontana (Philoſ. Tr. Vol. LXIX. Ueber das Einathmen der entzuͤndbaren Luft, in den Sammlungen zur Phyſik und Naturg. II Band, 4. St. S. 488. u. f.) die Unterſuchung durch eigne Erfahrung anzuſtellen. Er fand hiebey, daß Vermiſchung mit gemeiner Luft die brennbare wirklich reſpirabel macht, und daß dazu ſchon die Quantitaͤt gemeiner Luft hinreichend iſt, die in den Lungen eines Menſchen nach einem gewoͤhnlichen Ausathmen noch zuruͤckbleibt. Er konnte auf dieſe Art einige Zuͤge brennbare Luft athmen, und fuͤhlte dabey ſogar eine beſondere Leichtigkeit; als er aber nach einem ſtarken und reinen Ausathmen brennbare Luft aus einem großen Gefaͤße einzog, ſank er beym dritten Athemzuge kraftlos auf die Kniee nieder. Auch ward durch die Reſpiration der Thiere, welche

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p><pb facs="#f0374" xml:id="P.2.368" n="368"/><lb/>
zu finden. <hi rendition="#b">Fontana</hi> und <hi rendition="#b">Senebier</hi> fanden, daß Wa&#x017F;&#x017F;er in ver&#x017F;chloßnen Gefa&#x0364;ßen nichts von der brennbaren Luft ab&#x017F;orbire, wohl aber, wenn es der freyen Luft ausge&#x017F;etzt &#x017F;ey. (M. &#x017F;. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">de la Fond</hi> E&#x017F;&#x017F;ai &#x017F;ur differentes e&#x017F;peces de l'air. Paris 1779. 8. p. 259.)</hi> Durch Schu&#x0364;tteln in Terpentino&#x0364;l fand Prie&#x017F;tley <hi rendition="#aq">(Vol. III. p. 266.)</hi> das Volumen der brennbaren Luft vermehrt, aber &#x017F;ie hatte einen großen Theil ihrer Entzu&#x0364;ndbarkeit und ihrer u&#x0364;brigen charakteri&#x017F;ti&#x017F;chen Eigen&#x017F;chaften verlohren.</p>
            <p>Die Pflanzen kommen in brennbarer Luft mehrentheils &#x017F;ehr wohl fort; &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t aber wird von den Pflanzen, vornehmlich von Wa&#x017F;&#x017F;erpflanzen, an freyer Luft und am Tage, mit der Zeit merklich verbe&#x017F;&#x017F;ert, ob &#x017F;ie gleich dabey noch ihre platzende Eigen&#x017F;chaft beha&#x0364;lt. <hi rendition="#b">Ingenhouß</hi> &#x017F;ieht &#x017F;ie in die&#x017F;em Falle als eine eigne Gasart an, die man <hi rendition="#b">platzendes Gas</hi> <hi rendition="#aq">(fulminating Gas)</hi> nennen ko&#x0364;nnte, und deren Ent&#x017F;tehung er zum Theil der aus den Pflanzen kommenden dephlogi&#x017F;ti&#x017F;irten Luft, theils, weil &#x017F;ie &#x017F;ich auch des Nachts erzeuget, einer be&#x017F;ondern Einwirkung der Lebenskraft der Pflanzen zu&#x017F;chreibt.</p>
            <p><hi rendition="#b">Scheele</hi> hatte bey Gelegenheit &#x017F;einer Einwu&#x0364;rfe gegen die Prie&#x017F;tleyi&#x017F;che Theorie der Re&#x017F;piration (<hi rendition="#b">&#x017F;. Athmen</hi>) behauptet, daß die brennbare Luft &#x017F;ehr wohl re&#x017F;pirabel &#x017F;ey, und durchs Athmen ihre Entzu&#x0364;ndbarkeit verliere. Dies veranla&#x017F;&#x017F;ete Herrn <hi rendition="#b">Fontana</hi> <hi rendition="#aq">(Philo&#x017F;. Tr. Vol. LXIX.</hi> Ueber das Einathmen der entzu&#x0364;ndbaren Luft, in den Sammlungen zur Phy&#x017F;ik und Naturg. <hi rendition="#aq">II</hi> Band, 4. St. S. 488. u. f.) die Unter&#x017F;uchung durch eigne Erfahrung anzu&#x017F;tellen. Er fand hiebey, daß Vermi&#x017F;chung mit gemeiner Luft die brennbare wirklich re&#x017F;pirabel macht, und daß dazu &#x017F;chon die Quantita&#x0364;t gemeiner Luft hinreichend i&#x017F;t, die in den Lungen eines Men&#x017F;chen nach einem gewo&#x0364;hnlichen Ausathmen noch zuru&#x0364;ckbleibt. Er konnte auf die&#x017F;e Art einige Zu&#x0364;ge brennbare Luft athmen, und fu&#x0364;hlte dabey &#x017F;ogar eine be&#x017F;ondere Leichtigkeit; als er aber nach einem &#x017F;tarken und reinen Ausathmen brennbare Luft aus einem großen Gefa&#x0364;ße einzog, &#x017F;ank er beym dritten Athemzuge kraftlos auf die Kniee nieder. Auch ward durch die Re&#x017F;piration der Thiere, welche<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[368/0374] zu finden. Fontana und Senebier fanden, daß Waſſer in verſchloßnen Gefaͤßen nichts von der brennbaren Luft abſorbire, wohl aber, wenn es der freyen Luft ausgeſetzt ſey. (M. ſ. de la Fond Eſſai ſur differentes eſpeces de l'air. Paris 1779. 8. p. 259.) Durch Schuͤtteln in Terpentinoͤl fand Prieſtley (Vol. III. p. 266.) das Volumen der brennbaren Luft vermehrt, aber ſie hatte einen großen Theil ihrer Entzuͤndbarkeit und ihrer uͤbrigen charakteriſtiſchen Eigenſchaften verlohren. Die Pflanzen kommen in brennbarer Luft mehrentheils ſehr wohl fort; ſie ſelbſt aber wird von den Pflanzen, vornehmlich von Waſſerpflanzen, an freyer Luft und am Tage, mit der Zeit merklich verbeſſert, ob ſie gleich dabey noch ihre platzende Eigenſchaft behaͤlt. Ingenhouß ſieht ſie in dieſem Falle als eine eigne Gasart an, die man platzendes Gas (fulminating Gas) nennen koͤnnte, und deren Entſtehung er zum Theil der aus den Pflanzen kommenden dephlogiſtiſirten Luft, theils, weil ſie ſich auch des Nachts erzeuget, einer beſondern Einwirkung der Lebenskraft der Pflanzen zuſchreibt. Scheele hatte bey Gelegenheit ſeiner Einwuͤrfe gegen die Prieſtleyiſche Theorie der Reſpiration (ſ. Athmen) behauptet, daß die brennbare Luft ſehr wohl reſpirabel ſey, und durchs Athmen ihre Entzuͤndbarkeit verliere. Dies veranlaſſete Herrn Fontana (Philoſ. Tr. Vol. LXIX. Ueber das Einathmen der entzuͤndbaren Luft, in den Sammlungen zur Phyſik und Naturg. II Band, 4. St. S. 488. u. f.) die Unterſuchung durch eigne Erfahrung anzuſtellen. Er fand hiebey, daß Vermiſchung mit gemeiner Luft die brennbare wirklich reſpirabel macht, und daß dazu ſchon die Quantitaͤt gemeiner Luft hinreichend iſt, die in den Lungen eines Menſchen nach einem gewoͤhnlichen Ausathmen noch zuruͤckbleibt. Er konnte auf dieſe Art einige Zuͤge brennbare Luft athmen, und fuͤhlte dabey ſogar eine beſondere Leichtigkeit; als er aber nach einem ſtarken und reinen Ausathmen brennbare Luft aus einem großen Gefaͤße einzog, ſank er beym dritten Athemzuge kraftlos auf die Kniee nieder. Auch ward durch die Reſpiration der Thiere, welche

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/374
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/374>, abgerufen am 24.11.2024.