Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.
Ueber die Natur und Bestandtheile der brennbaren Luft sind die Meynungen sehr getheilt gewesen. Priestley erklärte sie zuerst für ein Gemisch aus Phlogiston und Säure. Als er aber durch fortgesetzte Versuche in den Jahren 1773 u. f. kein Zeichen einer Säure in ihr entdecken konnte, so nahm er an, sie bestehe aus einem feinen entwickelten Phlogiston, mit einigen feinen erdichten Theilchen verbunden. Daß sie Phlogiston enthalte, ist gewiß, und läßt sich außer ihrer Entzündung und Verbrennung auch noch durch andere Versuche erweisen. Macquer und Montigny fanden, daß die brennbare Luft aus Eisen und Vitriolöl den Silber-Quecksilber-und Bleyauflösungen diejenige braune und schwarze Farbe sehr geschwind und leicht mittheile, welche den Anfang der Reduction anzeigt, und ein sicheres Kennzeichen einer Mittheilung des Phlogistons ist. Priestley (Exp. and Obs. Vol. IV. Sect. 34.) setzte brennbare Luft in hermetisch verschloßnen Röhren von Flintglas einem heftigen Feuer aus. Die Röhren wurden dadurch an der innern Seite unauslöschlich schwarz; diese Schwärze ward aber durch eingeschüttete Mennige und ein zweytes Glühen wieder aufgehoben -- ein Beweis, daß sich anfänglich der im Flintglase enthaltene Bleykalk durch das Phlogiston der brennbaren Luft reducirt und in den metallischen Zustand versetzt hatte, hernach aber durch die Mennige seines Phlogistons wieder beraubt worden war. Chaussier hat entdeckt, daß man in der brennbaren Luft keine Metalle verkalken, wohl aber Bley-Eisen- und Quecksilberkalke, ohne einen weitern Zusatz, wieder herstellen könne (man s. de la Fond Essai sur diff. esp. de l' air, p. 282. sqq.). Dies setzt wohl die Gegenwart des Phlogistons in dieser Gasart außer Zweifel. Ob es aber darinn nach Chaussier durch reine Luft, oder nach Scheele durch
Ueber die Natur und Beſtandtheile der brennbaren Luft ſind die Meynungen ſehr getheilt geweſen. Prieſtley erklaͤrte ſie zuerſt fuͤr ein Gemiſch aus Phlogiſton und Saͤure. Als er aber durch fortgeſetzte Verſuche in den Jahren 1773 u. f. kein Zeichen einer Saͤure in ihr entdecken konnte, ſo nahm er an, ſie beſtehe aus einem feinen entwickelten Phlogiſton, mit einigen feinen erdichten Theilchen verbunden. Daß ſie Phlogiſton enthalte, iſt gewiß, und laͤßt ſich außer ihrer Entzuͤndung und Verbrennung auch noch durch andere Verſuche erweiſen. Macquer und Montigny fanden, daß die brennbare Luft aus Eiſen und Vitrioloͤl den Silber-Queckſilber-und Bleyaufloͤſungen diejenige braune und ſchwarze Farbe ſehr geſchwind und leicht mittheile, welche den Anfang der Reduction anzeigt, und ein ſicheres Kennzeichen einer Mittheilung des Phlogiſtons iſt. Prieſtley (Exp. and Obſ. Vol. IV. Sect. 34.) ſetzte brennbare Luft in hermetiſch verſchloßnen Roͤhren von Flintglas einem heftigen Feuer aus. Die Roͤhren wurden dadurch an der innern Seite unausloͤſchlich ſchwarz; dieſe Schwaͤrze ward aber durch eingeſchuͤttete Mennige und ein zweytes Gluͤhen wieder aufgehoben — ein Beweis, daß ſich anfaͤnglich der im Flintglaſe enthaltene Bleykalk durch das Phlogiſton der brennbaren Luft reducirt und in den metalliſchen Zuſtand verſetzt hatte, hernach aber durch die Mennige ſeines Phlogiſtons wieder beraubt worden war. Chauſſier hat entdeckt, daß man in der brennbaren Luft keine Metalle verkalken, wohl aber Bley-Eiſen- und Queckſilberkalke, ohne einen weitern Zuſatz, wieder herſtellen koͤnne (man ſ. de la Fond Eſſai ſur diff. eſp. de l' air, p. 282. ſqq.). Dies ſetzt wohl die Gegenwart des Phlogiſtons in dieſer Gasart außer Zweifel. Ob es aber darinn nach Chauſſier durch reine Luft, oder nach Scheele durch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0375" xml:id="P.2.369" n="369"/><lb/> in brennbarer Luft ſtarben, die Entzuͤndbarkeit nicht vermindert, außer wenn die Portion der brennbaren Luft zu klein war, und ſie alſo mit allzu viel gemeiner Luft aus den Lungen der Thiere vermiſcht ward. Hiedurch ſind <hi rendition="#b">Scheeles</hi> Behauptungen voͤllig widerlegt, und zugleich die Veranlaſſungen ſeiner Taͤuſchung entdeckt worden.</p> <p>Ueber die Natur und Beſtandtheile der brennbaren Luft ſind die Meynungen ſehr getheilt geweſen. <hi rendition="#b">Prieſtley</hi> erklaͤrte ſie zuerſt fuͤr ein Gemiſch aus Phlogiſton und Saͤure. Als er aber durch fortgeſetzte Verſuche in den Jahren 1773 u. f. kein Zeichen einer Saͤure in ihr entdecken konnte, ſo nahm er an, ſie beſtehe aus einem feinen entwickelten Phlogiſton, mit einigen feinen erdichten Theilchen verbunden. Daß ſie Phlogiſton enthalte, iſt gewiß, und laͤßt ſich außer ihrer Entzuͤndung und Verbrennung auch noch durch andere Verſuche erweiſen. <hi rendition="#b">Macquer</hi> und <hi rendition="#b">Montigny</hi> fanden, daß die brennbare Luft aus Eiſen und Vitrioloͤl den Silber-Queckſilber-und Bleyaufloͤſungen diejenige braune und ſchwarze Farbe ſehr geſchwind und leicht mittheile, welche den Anfang der Reduction anzeigt, und ein ſicheres Kennzeichen einer Mittheilung des Phlogiſtons iſt. <hi rendition="#b">Prieſtley</hi> <hi rendition="#aq">(Exp. and Obſ. Vol. IV. Sect. 34.)</hi> ſetzte brennbare Luft in hermetiſch verſchloßnen Roͤhren von Flintglas einem heftigen Feuer aus. Die Roͤhren wurden dadurch an der innern Seite unausloͤſchlich ſchwarz; dieſe Schwaͤrze ward aber durch eingeſchuͤttete Mennige und ein zweytes Gluͤhen wieder aufgehoben — ein Beweis, daß ſich anfaͤnglich der im Flintglaſe enthaltene Bleykalk durch das Phlogiſton der brennbaren Luft reducirt und in den metalliſchen Zuſtand verſetzt hatte, hernach aber durch die Mennige ſeines Phlogiſtons wieder beraubt worden war. <hi rendition="#b">Chauſſier</hi> hat entdeckt, daß man in der brennbaren Luft keine Metalle verkalken, wohl aber Bley-Eiſen- und Queckſilberkalke, ohne einen weitern Zuſatz, wieder herſtellen koͤnne <hi rendition="#aq">(man ſ. <hi rendition="#i">de la Fond</hi> Eſſai ſur diff. eſp. de l' air, p. 282. ſqq.).</hi> Dies ſetzt wohl die Gegenwart des Phlogiſtons in dieſer Gasart außer Zweifel. Ob es aber darinn nach <hi rendition="#b">Chauſſier</hi> durch reine Luft, oder nach <hi rendition="#b">Scheele</hi> durch<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [369/0375]
in brennbarer Luft ſtarben, die Entzuͤndbarkeit nicht vermindert, außer wenn die Portion der brennbaren Luft zu klein war, und ſie alſo mit allzu viel gemeiner Luft aus den Lungen der Thiere vermiſcht ward. Hiedurch ſind Scheeles Behauptungen voͤllig widerlegt, und zugleich die Veranlaſſungen ſeiner Taͤuſchung entdeckt worden.
Ueber die Natur und Beſtandtheile der brennbaren Luft ſind die Meynungen ſehr getheilt geweſen. Prieſtley erklaͤrte ſie zuerſt fuͤr ein Gemiſch aus Phlogiſton und Saͤure. Als er aber durch fortgeſetzte Verſuche in den Jahren 1773 u. f. kein Zeichen einer Saͤure in ihr entdecken konnte, ſo nahm er an, ſie beſtehe aus einem feinen entwickelten Phlogiſton, mit einigen feinen erdichten Theilchen verbunden. Daß ſie Phlogiſton enthalte, iſt gewiß, und laͤßt ſich außer ihrer Entzuͤndung und Verbrennung auch noch durch andere Verſuche erweiſen. Macquer und Montigny fanden, daß die brennbare Luft aus Eiſen und Vitrioloͤl den Silber-Queckſilber-und Bleyaufloͤſungen diejenige braune und ſchwarze Farbe ſehr geſchwind und leicht mittheile, welche den Anfang der Reduction anzeigt, und ein ſicheres Kennzeichen einer Mittheilung des Phlogiſtons iſt. Prieſtley (Exp. and Obſ. Vol. IV. Sect. 34.) ſetzte brennbare Luft in hermetiſch verſchloßnen Roͤhren von Flintglas einem heftigen Feuer aus. Die Roͤhren wurden dadurch an der innern Seite unausloͤſchlich ſchwarz; dieſe Schwaͤrze ward aber durch eingeſchuͤttete Mennige und ein zweytes Gluͤhen wieder aufgehoben — ein Beweis, daß ſich anfaͤnglich der im Flintglaſe enthaltene Bleykalk durch das Phlogiſton der brennbaren Luft reducirt und in den metalliſchen Zuſtand verſetzt hatte, hernach aber durch die Mennige ſeines Phlogiſtons wieder beraubt worden war. Chauſſier hat entdeckt, daß man in der brennbaren Luft keine Metalle verkalken, wohl aber Bley-Eiſen- und Queckſilberkalke, ohne einen weitern Zuſatz, wieder herſtellen koͤnne (man ſ. de la Fond Eſſai ſur diff. eſp. de l' air, p. 282. ſqq.). Dies ſetzt wohl die Gegenwart des Phlogiſtons in dieſer Gasart außer Zweifel. Ob es aber darinn nach Chauſſier durch reine Luft, oder nach Scheele durch
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