Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.
Die fixe Luft ist eine wahre Säure. Sie färbt nach Bergmanns genauen Versuchen (Schwed. Abhdl. v. 1773 und De acido aereo, §. VI.) die Lakmustinctur roth, ändert aber, weil sie sehr schwach ist, die Farbe des Veilchensyrups nicht, wodurch Priestley anfänglich bewogen ward, ihre saure Natur in Zweifel zu ziehen. Allein sie giebt doch dem Veilchensyrup, wenn ihn Laugensalze grün gefärbt haben, seine blaue Farbe wieder; und überdies beweiset der saure Geschmack des mit ihr imprägnirten Wassers, und ihr Verhalten gegen die Laugensalze und Erden zur Gnüge, daß sie eine wahre Säure sey. Nach Herrn Achards Versuchen (Chym. phys. Schriften, S. 37. u. f.) können auch in dem mit ihr imprägnirten Wasser alle Metalle aufgelöset werden; das Eisen löset sich darinn sehr leicht auf. Die Pflanzen gedeihen nach Priestley's Versuchen nicht in ihr, ob sie gleich, wie D. Ingenhouß (Versuche mit Pflanzen rc.) gezeigt hat, im luftsauren Wasser sehr gut vegetiren, und die Säure aus demselben in sich nehmen. Die Erscheinungen, welche die Kalkerden und Laugensalze bey ihrer Verbindung mit der Luftsäure zeigen, sind so merkwürdig, und für die chymischen Untersuchungen so wichtig, daß sie umständlich angeführt zu werden verdienen. I. Wenn Kalkerden und Laugensalze in ihrem gewöhnlichen Zustande mit Säuren vermischt werden, so entsteht ein Aufbrausen, und es wird dadurch eine große Menge Luftsäure entwickelt. II. Die Kalkerden und Laugensalze halten sonst die fixe Luft sehr fest an sich. Es gehört z. B. ein starkes Feuer dazu, diese Luftgattung aus der Magnesia zu treiben; und Kalkerden, aus denen man schon eine
Die fixe Luft iſt eine wahre Saͤure. Sie faͤrbt nach Bergmanns genauen Verſuchen (Schwed. Abhdl. v. 1773 und De acido aëreo, §. VI.) die Lakmustinctur roth, aͤndert aber, weil ſie ſehr ſchwach iſt, die Farbe des Veilchenſyrups nicht, wodurch Prieſtley anfaͤnglich bewogen ward, ihre ſaure Natur in Zweifel zu ziehen. Allein ſie giebt doch dem Veilchenſyrup, wenn ihn Laugenſalze gruͤn gefaͤrbt haben, ſeine blaue Farbe wieder; und uͤberdies beweiſet der ſaure Geſchmack des mit ihr impraͤgnirten Waſſers, und ihr Verhalten gegen die Laugenſalze und Erden zur Gnuͤge, daß ſie eine wahre Saͤure ſey. Nach Herrn Achards Verſuchen (Chym. phyſ. Schriften, S. 37. u. f.) koͤnnen auch in dem mit ihr impraͤgnirten Waſſer alle Metalle aufgeloͤſet werden; das Eiſen loͤſet ſich darinn ſehr leicht auf. Die Pflanzen gedeihen nach Prieſtley's Verſuchen nicht in ihr, ob ſie gleich, wie D. Ingenhouß (Verſuche mit Pflanzen rc.) gezeigt hat, im luftſauren Waſſer ſehr gut vegetiren, und die Saͤure aus demſelben in ſich nehmen. Die Erſcheinungen, welche die Kalkerden und Laugenſalze bey ihrer Verbindung mit der Luftſaͤure zeigen, ſind ſo merkwuͤrdig, und fuͤr die chymiſchen Unterſuchungen ſo wichtig, daß ſie umſtaͤndlich angefuͤhrt zu werden verdienen. I. Wenn Kalkerden und Laugenſalze in ihrem gewoͤhnlichen Zuſtande mit Saͤuren vermiſcht werden, ſo entſteht ein Aufbrauſen, und es wird dadurch eine große Menge Luftſaͤure entwickelt. II. Die Kalkerden und Laugenſalze halten ſonſt die fixe Luft ſehr feſt an ſich. Es gehoͤrt z. B. ein ſtarkes Feuer dazu, dieſe Luftgattung aus der Magneſia zu treiben; und Kalkerden, aus denen man ſchon eine <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0404" xml:id="P.2.398" n="398"/><lb/> dem Waſſer treiben. Das Schuͤtteln befoͤrdert die Aufloͤſung der Luftſaͤure im Waſſer. Es bleibt aber dabey allezeit ein Ruͤckſtand uͤbrig, den das Waſſer nicht aufloͤſet, und der aus verdorbner oder phlogiſtiſirter Luft beſteht. Durch die Impraͤgnation des Waſſers mit fixer Luft entſteht das <hi rendition="#b">kuͤnſtliche Sauerwaſſer,</hi> oder <hi rendition="#b">luftſaͤurehaltige Waſſer</hi> <hi rendition="#aq">(aqua aërata),</hi> das die Sauerbrunnen nachahmt, von deſſen Bereitung man den Artikel: <hi rendition="#b">Parkeriſche Maſchine</hi> nachſehen kan.</p> <p>Die fixe Luft iſt eine wahre <hi rendition="#b">Saͤure.</hi> Sie faͤrbt nach <hi rendition="#b">Bergmanns</hi> genauen Verſuchen (Schwed. Abhdl. v. 1773 und <hi rendition="#aq">De acido aëreo, §. VI.)</hi> die Lakmustinctur roth, aͤndert aber, weil ſie ſehr ſchwach iſt, die Farbe des Veilchenſyrups nicht, wodurch <hi rendition="#b">Prieſtley</hi> anfaͤnglich bewogen ward, ihre ſaure Natur in Zweifel zu ziehen. Allein ſie giebt doch dem Veilchenſyrup, wenn ihn Laugenſalze gruͤn gefaͤrbt haben, ſeine blaue Farbe wieder; und uͤberdies beweiſet der ſaure Geſchmack des mit ihr impraͤgnirten Waſſers, und ihr Verhalten gegen die Laugenſalze und Erden zur Gnuͤge, daß ſie eine wahre Saͤure ſey. Nach Herrn <hi rendition="#b">Achards</hi> Verſuchen (Chym. phyſ. Schriften, S. 37. u. f.) koͤnnen auch in dem mit ihr impraͤgnirten Waſſer alle Metalle aufgeloͤſet werden; das Eiſen loͤſet ſich darinn ſehr leicht auf.</p> <p>Die Pflanzen gedeihen nach <hi rendition="#b">Prieſtley's</hi> Verſuchen nicht in ihr, ob ſie gleich, wie <hi rendition="#b">D. Ingenhouß</hi> (Verſuche mit Pflanzen rc.) gezeigt hat, im luftſauren Waſſer ſehr gut vegetiren, und die Saͤure aus demſelben in ſich nehmen.</p> <p>Die Erſcheinungen, welche die Kalkerden und Laugenſalze bey ihrer Verbindung mit der Luftſaͤure zeigen, ſind ſo merkwuͤrdig, und fuͤr die chymiſchen Unterſuchungen ſo wichtig, daß ſie umſtaͤndlich angefuͤhrt zu werden verdienen. <hi rendition="#aq">I.</hi> Wenn Kalkerden und Laugenſalze in ihrem gewoͤhnlichen Zuſtande mit Saͤuren vermiſcht werden, ſo entſteht ein Aufbrauſen, und es wird dadurch eine große Menge Luftſaͤure entwickelt. <hi rendition="#aq">II.</hi> Die Kalkerden und Laugenſalze halten ſonſt die fixe Luft ſehr feſt an ſich. Es gehoͤrt z. B. ein ſtarkes Feuer dazu, dieſe Luftgattung aus der Magneſia zu treiben; und Kalkerden, aus denen man ſchon eine<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [398/0404]
dem Waſſer treiben. Das Schuͤtteln befoͤrdert die Aufloͤſung der Luftſaͤure im Waſſer. Es bleibt aber dabey allezeit ein Ruͤckſtand uͤbrig, den das Waſſer nicht aufloͤſet, und der aus verdorbner oder phlogiſtiſirter Luft beſteht. Durch die Impraͤgnation des Waſſers mit fixer Luft entſteht das kuͤnſtliche Sauerwaſſer, oder luftſaͤurehaltige Waſſer (aqua aërata), das die Sauerbrunnen nachahmt, von deſſen Bereitung man den Artikel: Parkeriſche Maſchine nachſehen kan.
Die fixe Luft iſt eine wahre Saͤure. Sie faͤrbt nach Bergmanns genauen Verſuchen (Schwed. Abhdl. v. 1773 und De acido aëreo, §. VI.) die Lakmustinctur roth, aͤndert aber, weil ſie ſehr ſchwach iſt, die Farbe des Veilchenſyrups nicht, wodurch Prieſtley anfaͤnglich bewogen ward, ihre ſaure Natur in Zweifel zu ziehen. Allein ſie giebt doch dem Veilchenſyrup, wenn ihn Laugenſalze gruͤn gefaͤrbt haben, ſeine blaue Farbe wieder; und uͤberdies beweiſet der ſaure Geſchmack des mit ihr impraͤgnirten Waſſers, und ihr Verhalten gegen die Laugenſalze und Erden zur Gnuͤge, daß ſie eine wahre Saͤure ſey. Nach Herrn Achards Verſuchen (Chym. phyſ. Schriften, S. 37. u. f.) koͤnnen auch in dem mit ihr impraͤgnirten Waſſer alle Metalle aufgeloͤſet werden; das Eiſen loͤſet ſich darinn ſehr leicht auf.
Die Pflanzen gedeihen nach Prieſtley's Verſuchen nicht in ihr, ob ſie gleich, wie D. Ingenhouß (Verſuche mit Pflanzen rc.) gezeigt hat, im luftſauren Waſſer ſehr gut vegetiren, und die Saͤure aus demſelben in ſich nehmen.
Die Erſcheinungen, welche die Kalkerden und Laugenſalze bey ihrer Verbindung mit der Luftſaͤure zeigen, ſind ſo merkwuͤrdig, und fuͤr die chymiſchen Unterſuchungen ſo wichtig, daß ſie umſtaͤndlich angefuͤhrt zu werden verdienen. I. Wenn Kalkerden und Laugenſalze in ihrem gewoͤhnlichen Zuſtande mit Saͤuren vermiſcht werden, ſo entſteht ein Aufbrauſen, und es wird dadurch eine große Menge Luftſaͤure entwickelt. II. Die Kalkerden und Laugenſalze halten ſonſt die fixe Luft ſehr feſt an ſich. Es gehoͤrt z. B. ein ſtarkes Feuer dazu, dieſe Luftgattung aus der Magneſia zu treiben; und Kalkerden, aus denen man ſchon eine
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