Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.
Herr Gellert (De phaenomenis plumbi fusi in tubis capillaribus, in Comm. Petrop. Tom XII. p. 243.) findet das geschmolzene Bley in gläsernen und irrdenen Haarröhren niedriger, als von außen, und diese Tiefe unter der äußern Horizontalebne (infra libellam) im umgekehrten Verhältnisse der Durchmesser, und in prismatischen Röhren (De tubis capillaribus prismaticis, ebend. p. 252.) im umgekehrten Verhältnisse der Quadratwurzeln aus den Grundflächen. Er erklärt dies auch sehr richtig daraus, daß die Theile des geschmolznen Bleys unter sich stärker zusammenhängen, als sie vom Glase und Thone angezogen werden. De la Lande giebt in der oben angeführten Schrift von dem Aufsteigen in Haarröhren folgende Erklärung. Wenn Wasser in einem Gefäße ruhig steht, so haben alle lothrechte Säulen desselben einerley Gewicht und einerley Anziehung. Die eingetauchte Glasröhre treibt einen Theil einer solchen Säule aus der Stelle, und bewirkt mehr Anziehung, als dieser Theil. Dadurch werden die unter der Oefnung stehenden Wassertheilchen aufwärts gezogen, und verlieren etwas von ihrem Gewichte. Die innere Wassersäule im Haarrohre wird also leichter, und muß von den äußern weiter in die Höhe getrieben werden, bis das Gewicht des aufgestiegnen Wassers der Anziehung der Röhre gleich ist. Ueberdies zieht noch der untere Theil der Glasröhre, so weit sein Wirkungskreis reicht, die anliegenden Wassertheile gegen sich, ohne daß diese Anziehung von andern unterwärts liegenden Glastheilen wieder aufgehoben würde. Endlich wird auch die Oberfläche des aufgestiegnen Wassers von dem anliegenden Glasringe gegen sich gezogen, und dieser Anziehung wirkt zwar eine gleich starke Anziehung gegen das Glas nach unten entgegen, die aber durch
Herr Gellert (De phaenomenis plumbi fuſi in tubis capillaribus, in Comm. Petrop. Tom XII. p. 243.) findet das geſchmolzene Bley in glaͤſernen und irrdenen Haarroͤhren niedriger, als von außen, und dieſe Tiefe unter der aͤußern Horizontalebne (infra libellam) im umgekehrten Verhaͤltniſſe der Durchmeſſer, und in priſmatiſchen Roͤhren (De tubis capillaribus priſmaticis, ebend. p. 252.) im umgekehrten Verhaͤltniſſe der Quadratwurzeln aus den Grundflaͤchen. Er erklaͤrt dies auch ſehr richtig daraus, daß die Theile des geſchmolznen Bleys unter ſich ſtaͤrker zuſammenhaͤngen, als ſie vom Glaſe und Thone angezogen werden. De la Lande giebt in der oben angefuͤhrten Schrift von dem Aufſteigen in Haarroͤhren folgende Erklaͤrung. Wenn Waſſer in einem Gefaͤße ruhig ſteht, ſo haben alle lothrechte Saͤulen deſſelben einerley Gewicht und einerley Anziehung. Die eingetauchte Glasroͤhre treibt einen Theil einer ſolchen Saͤule aus der Stelle, und bewirkt mehr Anziehung, als dieſer Theil. Dadurch werden die unter der Oefnung ſtehenden Waſſertheilchen aufwaͤrts gezogen, und verlieren etwas von ihrem Gewichte. Die innere Waſſerſaͤule im Haarrohre wird alſo leichter, und muß von den aͤußern weiter in die Hoͤhe getrieben werden, bis das Gewicht des aufgeſtiegnen Waſſers der Anziehung der Roͤhre gleich iſt. Ueberdies zieht noch der untere Theil der Glasroͤhre, ſo weit ſein Wirkungskreis reicht, die anliegenden Waſſertheile gegen ſich, ohne daß dieſe Anziehung von andern unterwaͤrts liegenden Glastheilen wieder aufgehoben wuͤrde. Endlich wird auch die Oberflaͤche des aufgeſtiegnen Waſſers von dem anliegenden Glasringe gegen ſich gezogen, und dieſer Anziehung wirkt zwar eine gleich ſtarke Anziehung gegen das Glas nach unten entgegen, die aber durch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0557" xml:id="P.2.551" n="551"/><lb/> Waſſers aber von der Anziehung des Ringes der Glasroͤhre, mit welchem die Oberflaͤche der erhaltenen Waſſerſaͤule zuſammenhaͤngt, und von dem Zuſammenhange des Waſſers unter ſich her. In engern Roͤhren wird jedes Waſſertheilchen von mehrern Glaspunkten dieſes Ringes zugleich angezogen, als in weitern.</p> <p>Herr <hi rendition="#b">Gellert</hi> <hi rendition="#aq">(De phaenomenis plumbi fuſi in tubis capillaribus, in Comm. Petrop. Tom XII. p. 243.)</hi> findet das geſchmolzene Bley in glaͤſernen und irrdenen Haarroͤhren niedriger, als von außen, und dieſe Tiefe unter der aͤußern Horizontalebne <hi rendition="#aq">(infra libellam)</hi> im umgekehrten Verhaͤltniſſe der Durchmeſſer, und in priſmatiſchen Roͤhren <hi rendition="#aq">(De tubis capillaribus priſmaticis,</hi> ebend. <hi rendition="#aq">p. 252.)</hi> im umgekehrten Verhaͤltniſſe der Quadratwurzeln aus den Grundflaͤchen. Er erklaͤrt dies auch ſehr richtig daraus, daß die Theile des geſchmolznen Bleys unter ſich ſtaͤrker zuſammenhaͤngen, als ſie vom Glaſe und Thone angezogen werden.</p> <p><hi rendition="#b">De la Lande</hi> giebt in der oben angefuͤhrten Schrift von dem Aufſteigen in Haarroͤhren folgende Erklaͤrung. Wenn Waſſer in einem Gefaͤße ruhig ſteht, ſo haben alle lothrechte Saͤulen deſſelben einerley Gewicht und einerley Anziehung. Die eingetauchte Glasroͤhre treibt einen Theil einer ſolchen Saͤule aus der Stelle, und bewirkt mehr Anziehung, als dieſer Theil. Dadurch werden die unter der Oefnung ſtehenden Waſſertheilchen aufwaͤrts gezogen, und verlieren etwas von ihrem Gewichte. Die innere Waſſerſaͤule im Haarrohre wird alſo leichter, und muß von den aͤußern weiter in die Hoͤhe getrieben werden, bis das Gewicht des aufgeſtiegnen Waſſers der Anziehung der Roͤhre gleich iſt. Ueberdies zieht noch der untere Theil der Glasroͤhre, ſo weit ſein Wirkungskreis reicht, die anliegenden Waſſertheile gegen ſich, ohne daß dieſe Anziehung von andern unterwaͤrts liegenden Glastheilen wieder aufgehoben wuͤrde. Endlich wird auch die Oberflaͤche des aufgeſtiegnen Waſſers von dem anliegenden Glasringe gegen ſich gezogen, und dieſer Anziehung wirkt zwar eine gleich ſtarke Anziehung gegen das Glas nach unten entgegen, die aber durch<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [551/0557]
Waſſers aber von der Anziehung des Ringes der Glasroͤhre, mit welchem die Oberflaͤche der erhaltenen Waſſerſaͤule zuſammenhaͤngt, und von dem Zuſammenhange des Waſſers unter ſich her. In engern Roͤhren wird jedes Waſſertheilchen von mehrern Glaspunkten dieſes Ringes zugleich angezogen, als in weitern.
Herr Gellert (De phaenomenis plumbi fuſi in tubis capillaribus, in Comm. Petrop. Tom XII. p. 243.) findet das geſchmolzene Bley in glaͤſernen und irrdenen Haarroͤhren niedriger, als von außen, und dieſe Tiefe unter der aͤußern Horizontalebne (infra libellam) im umgekehrten Verhaͤltniſſe der Durchmeſſer, und in priſmatiſchen Roͤhren (De tubis capillaribus priſmaticis, ebend. p. 252.) im umgekehrten Verhaͤltniſſe der Quadratwurzeln aus den Grundflaͤchen. Er erklaͤrt dies auch ſehr richtig daraus, daß die Theile des geſchmolznen Bleys unter ſich ſtaͤrker zuſammenhaͤngen, als ſie vom Glaſe und Thone angezogen werden.
De la Lande giebt in der oben angefuͤhrten Schrift von dem Aufſteigen in Haarroͤhren folgende Erklaͤrung. Wenn Waſſer in einem Gefaͤße ruhig ſteht, ſo haben alle lothrechte Saͤulen deſſelben einerley Gewicht und einerley Anziehung. Die eingetauchte Glasroͤhre treibt einen Theil einer ſolchen Saͤule aus der Stelle, und bewirkt mehr Anziehung, als dieſer Theil. Dadurch werden die unter der Oefnung ſtehenden Waſſertheilchen aufwaͤrts gezogen, und verlieren etwas von ihrem Gewichte. Die innere Waſſerſaͤule im Haarrohre wird alſo leichter, und muß von den aͤußern weiter in die Hoͤhe getrieben werden, bis das Gewicht des aufgeſtiegnen Waſſers der Anziehung der Roͤhre gleich iſt. Ueberdies zieht noch der untere Theil der Glasroͤhre, ſo weit ſein Wirkungskreis reicht, die anliegenden Waſſertheile gegen ſich, ohne daß dieſe Anziehung von andern unterwaͤrts liegenden Glastheilen wieder aufgehoben wuͤrde. Endlich wird auch die Oberflaͤche des aufgeſtiegnen Waſſers von dem anliegenden Glasringe gegen ſich gezogen, und dieſer Anziehung wirkt zwar eine gleich ſtarke Anziehung gegen das Glas nach unten entgegen, die aber durch
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