Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.
Stralen, die aus F auf die Fläche des Hohlspiegels fallen, werden dergestalt zurückgeworfen, daß sie hernach alle unter sich und mit der Axe gleichlaufend werden. Von einer brennenden Kerze in F wirft der Spiegel alles Licht parallel in unendliche Entfernungen hinaus. Daß die zündende Eigenschaft der hohlen Kugelspiegel schon den Alten bekannt gewesen sey, erhellet aus den Anfangsgründen der Katoptrik, die man insgemein dem Euklides zuschreibt, wo diese Eigenschaft (Prop. 31.) ausdrücklich erwähnt, der Brennpunkt aber sehr unrichtig in den Mittelpunkt der Kugelfläche gesetzt wird. Man findet aber keine bestimmten Nachrichten, daß davon irgend einiger Gebrauch gemacht worden sey, und die Erzählung von Archimeds Brennspiegeln ist vielen Zweifeln unterworfen, s. Brennspiegel. Euklids Katoptrik beschäftiget sich mehr mit den im Hohlspiegel erscheinenden Bildern, zu deren Betrachtung wir nunmehr fortgehen wollen. Es ist bey dem Worte: Bild bereits angeführt worden, daß man die Bestimmung des Orts der Bilder in Spiegeln auf zweyerley Sätze gründe. Der erste, schon in Euklids Katoptrik gebrauchte, ist dieser: daß man das Bild eines Punkts da sehe, wo der vom Spiegel zurückgeworfene Stral das vom Punkte auf die Spiegelfläche gefällte Loth schneidet. Euklid suchte ihn daher zu erweisen, weil man in Kugelspiegeln kein Bild sieht, wenn das Auge in diesem Lothe steht, welcher Grund aber nicht hinreichend ist. Der andere von Barrow eingeführte Grundsatz nimmt den Ort des Bildes in der Spitze des von den zurückgeworfenen Stralen gebildeten Kegels an. Nun giebt es zwar, wie Herr Kästner (De objecti in speculo sphaerico visi magnitudine apparente, Comm. Nov. Gotting. To. VIII. 1777.) gezeigt hat, in sphärischen Spiegeln gar keinen Punkt, aus dem die von einerley Punkte des Gegenstandes ins Auge fallenden Stralen alle herkämen; doch enthält auch bey ihnen das Perpendikel von dem sichtbaren Punkte auf die Fläche des Spiegels (oder die
Stralen, die aus F auf die Flaͤche des Hohlſpiegels fallen, werden dergeſtalt zuruͤckgeworfen, daß ſie hernach alle unter ſich und mit der Axe gleichlaufend werden. Von einer brennenden Kerze in F wirft der Spiegel alles Licht parallel in unendliche Entfernungen hinaus. Daß die zuͤndende Eigenſchaft der hohlen Kugelſpiegel ſchon den Alten bekannt geweſen ſey, erhellet aus den Anfangsgruͤnden der Katoptrik, die man insgemein dem Euklides zuſchreibt, wo dieſe Eigenſchaft (Prop. 31.) ausdruͤcklich erwaͤhnt, der Brennpunkt aber ſehr unrichtig in den Mittelpunkt der Kugelflaͤche geſetzt wird. Man findet aber keine beſtimmten Nachrichten, daß davon irgend einiger Gebrauch gemacht worden ſey, und die Erzaͤhlung von Archimeds Brennſpiegeln iſt vielen Zweifeln unterworfen, ſ. Brennſpiegel. Euklids Katoptrik beſchaͤftiget ſich mehr mit den im Hohlſpiegel erſcheinenden Bildern, zu deren Betrachtung wir nunmehr fortgehen wollen. Es iſt bey dem Worte: Bild bereits angefuͤhrt worden, daß man die Beſtimmung des Orts der Bilder in Spiegeln auf zweyerley Saͤtze gruͤnde. Der erſte, ſchon in Euklids Katoptrik gebrauchte, iſt dieſer: daß man das Bild eines Punkts da ſehe, wo der vom Spiegel zuruͤckgeworfene Stral das vom Punkte auf die Spiegelflaͤche gefaͤllte Loth ſchneidet. Euklid ſuchte ihn daher zu erweiſen, weil man in Kugelſpiegeln kein Bild ſieht, wenn das Auge in dieſem Lothe ſteht, welcher Grund aber nicht hinreichend iſt. Der andere von Barrow eingefuͤhrte Grundſatz nimmt den Ort des Bildes in der Spitze des von den zuruͤckgeworfenen Stralen gebildeten Kegels an. Nun giebt es zwar, wie Herr Kaͤſtner (De objecti in ſpeculo ſphaerico viſi magnitudine apparente, Comm. Nov. Gotting. To. VIII. 1777.) gezeigt hat, in ſphaͤriſchen Spiegeln gar keinen Punkt, aus dem die von einerley Punkte des Gegenſtandes ins Auge fallenden Stralen alle herkaͤmen; doch enthaͤlt auch bey ihnen das Perpendikel von dem ſichtbaren Punkte auf die Flaͤche des Spiegels (oder die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0651" xml:id="P.2.645" n="645"/><lb/> giebt, ſo kan man bey den allgemeinen Erklaͤrungen ihrer Phaͤnomene die Abweichung wohl bey Seite ſetzen.</p> <p>Stralen, die aus <hi rendition="#aq">F</hi> auf die Flaͤche des Hohlſpiegels fallen, werden dergeſtalt zuruͤckgeworfen, daß ſie hernach alle unter ſich und mit der Axe gleichlaufend werden. Von einer brennenden Kerze in <hi rendition="#aq">F</hi> wirft der Spiegel alles Licht parallel in unendliche Entfernungen hinaus.</p> <p>Daß die zuͤndende Eigenſchaft der hohlen Kugelſpiegel ſchon den Alten bekannt geweſen ſey, erhellet aus den Anfangsgruͤnden der Katoptrik, die man insgemein dem <hi rendition="#b">Euklides</hi> zuſchreibt, wo dieſe Eigenſchaft <hi rendition="#aq">(Prop. 31.)</hi> ausdruͤcklich erwaͤhnt, der Brennpunkt aber ſehr unrichtig in den Mittelpunkt der Kugelflaͤche geſetzt wird. Man findet aber keine beſtimmten Nachrichten, daß davon irgend einiger Gebrauch gemacht worden ſey, und die Erzaͤhlung von Archimeds Brennſpiegeln iſt vielen Zweifeln unterworfen, <hi rendition="#b">ſ. Brennſpiegel.</hi> Euklids Katoptrik beſchaͤftiget ſich mehr mit den im Hohlſpiegel erſcheinenden Bildern, zu deren Betrachtung wir nunmehr fortgehen wollen.</p> <p>Es iſt bey dem Worte: <hi rendition="#b">Bild</hi> bereits angefuͤhrt worden, daß man die Beſtimmung des Orts der Bilder in Spiegeln auf zweyerley Saͤtze gruͤnde. Der erſte, ſchon in Euklids Katoptrik gebrauchte, iſt dieſer: daß man das Bild eines Punkts da ſehe, wo der vom Spiegel zuruͤckgeworfene Stral das vom Punkte auf die Spiegelflaͤche gefaͤllte Loth ſchneidet. Euklid ſuchte ihn daher zu erweiſen, weil man in Kugelſpiegeln kein Bild ſieht, wenn das Auge in dieſem Lothe ſteht, welcher Grund aber nicht hinreichend iſt. Der andere von <hi rendition="#b">Barrow</hi> eingefuͤhrte Grundſatz nimmt den Ort des Bildes in der Spitze des von den zuruͤckgeworfenen Stralen gebildeten Kegels an. Nun giebt es zwar, wie Herr <hi rendition="#b">Kaͤſtner</hi> <hi rendition="#aq">(De objecti in ſpeculo ſphaerico viſi magnitudine apparente, Comm. Nov. Gotting. To. VIII. 1777.)</hi> gezeigt hat, in ſphaͤriſchen Spiegeln gar keinen Punkt, aus dem die von einerley Punkte des Gegenſtandes ins Auge fallenden Stralen alle herkaͤmen; doch enthaͤlt auch bey ihnen das Perpendikel von dem ſichtbaren Punkte auf die Flaͤche des Spiegels (oder die<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [645/0651]
giebt, ſo kan man bey den allgemeinen Erklaͤrungen ihrer Phaͤnomene die Abweichung wohl bey Seite ſetzen.
Stralen, die aus F auf die Flaͤche des Hohlſpiegels fallen, werden dergeſtalt zuruͤckgeworfen, daß ſie hernach alle unter ſich und mit der Axe gleichlaufend werden. Von einer brennenden Kerze in F wirft der Spiegel alles Licht parallel in unendliche Entfernungen hinaus.
Daß die zuͤndende Eigenſchaft der hohlen Kugelſpiegel ſchon den Alten bekannt geweſen ſey, erhellet aus den Anfangsgruͤnden der Katoptrik, die man insgemein dem Euklides zuſchreibt, wo dieſe Eigenſchaft (Prop. 31.) ausdruͤcklich erwaͤhnt, der Brennpunkt aber ſehr unrichtig in den Mittelpunkt der Kugelflaͤche geſetzt wird. Man findet aber keine beſtimmten Nachrichten, daß davon irgend einiger Gebrauch gemacht worden ſey, und die Erzaͤhlung von Archimeds Brennſpiegeln iſt vielen Zweifeln unterworfen, ſ. Brennſpiegel. Euklids Katoptrik beſchaͤftiget ſich mehr mit den im Hohlſpiegel erſcheinenden Bildern, zu deren Betrachtung wir nunmehr fortgehen wollen.
Es iſt bey dem Worte: Bild bereits angefuͤhrt worden, daß man die Beſtimmung des Orts der Bilder in Spiegeln auf zweyerley Saͤtze gruͤnde. Der erſte, ſchon in Euklids Katoptrik gebrauchte, iſt dieſer: daß man das Bild eines Punkts da ſehe, wo der vom Spiegel zuruͤckgeworfene Stral das vom Punkte auf die Spiegelflaͤche gefaͤllte Loth ſchneidet. Euklid ſuchte ihn daher zu erweiſen, weil man in Kugelſpiegeln kein Bild ſieht, wenn das Auge in dieſem Lothe ſteht, welcher Grund aber nicht hinreichend iſt. Der andere von Barrow eingefuͤhrte Grundſatz nimmt den Ort des Bildes in der Spitze des von den zuruͤckgeworfenen Stralen gebildeten Kegels an. Nun giebt es zwar, wie Herr Kaͤſtner (De objecti in ſpeculo ſphaerico viſi magnitudine apparente, Comm. Nov. Gotting. To. VIII. 1777.) gezeigt hat, in ſphaͤriſchen Spiegeln gar keinen Punkt, aus dem die von einerley Punkte des Gegenſtandes ins Auge fallenden Stralen alle herkaͤmen; doch enthaͤlt auch bey ihnen das Perpendikel von dem ſichtbaren Punkte auf die Flaͤche des Spiegels (oder die
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