Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.
Man muß bey den Hebeln, und bey allen Maschinen überhaupt, dafür sorgen, daß Unterlagen und Zapfen an den Bewegungspunkten eine Festigkeit haben, welche den so berechneten Druck auszuhalten vermögend ist. Hypothese, angenommener Satz, Voraussetzung, Hypothesis, Suppositio, Hypothese Supposition. Die wahren Ursachen der natürlichen Wirkungen und Erscheinungen sind oft sehr verborgen, und lassen sich nicht mit entschiedener Gewißheit angeben. In solchen Fällen nimmt man bey Erklärung der Phänomene seine Zuflucht zu selbst erdachten Vorstellungsarten; man nimmt an, die zu erklärende Naturbegebenheit geschehe aus dieser oder jener Ursache, auf diese oder jene Weise. Solche blos angenommene Ursachen und Vorstellungsarten führen den Namen der Hypothesen. So ist z. B. die wahre Ursache der elektrischen Erscheinungen verborgen, und wenn sich Franklin zu Erklärung derselben eine feine Materie denkt, und die Erscheinungen aus dem Ueberflusse oder Mangel derselben herleitet, so ist diese blos von ihm erdachte Vorstellung, deren Richtigkeit sich nicht gewiß erweisen läßt, eine physikalische Hypothese. Die Artikel dieses Wörterbuchs enthalten so zahlreiche Beyspiele hievon, daß es ganz unnöthig ist, hier mehrere davon anzuführen. Wenn es gleich den Hypothesen an apodiktischer Gewißheit fehlt, so können sie doch oft zu einem sehr hohen Grade von Wahrscheinlichkeit erhoben werden. Hiezu wird erfordert, daß sie an sich nichts Widersprechendes, gegen
Man muß bey den Hebeln, und bey allen Maſchinen uͤberhaupt, dafuͤr ſorgen, daß Unterlagen und Zapfen an den Bewegungspunkten eine Feſtigkeit haben, welche den ſo berechneten Druck auszuhalten vermoͤgend iſt. Hypotheſe, angenommener Satz, Vorausſetzung, Hypotheſis, Suppoſitio, Hypotheſe Suppoſition. Die wahren Urſachen der natuͤrlichen Wirkungen und Erſcheinungen ſind oft ſehr verborgen, und laſſen ſich nicht mit entſchiedener Gewißheit angeben. In ſolchen Faͤllen nimmt man bey Erklaͤrung der Phaͤnomene ſeine Zuflucht zu ſelbſt erdachten Vorſtellungsarten; man nimmt an, die zu erklaͤrende Naturbegebenheit geſchehe aus dieſer oder jener Urſache, auf dieſe oder jene Weiſe. Solche blos angenommene Urſachen und Vorſtellungsarten fuͤhren den Namen der Hypotheſen. So iſt z. B. die wahre Urſache der elektriſchen Erſcheinungen verborgen, und wenn ſich Franklin zu Erklaͤrung derſelben eine feine Materie denkt, und die Erſcheinungen aus dem Ueberfluſſe oder Mangel derſelben herleitet, ſo iſt dieſe blos von ihm erdachte Vorſtellung, deren Richtigkeit ſich nicht gewiß erwéiſen laͤßt, eine phyſikaliſche Hypotheſe. Die Artikel dieſes Woͤrterbuchs enthalten ſo zahlreiche Beyſpiele hievon, daß es ganz unnoͤthig iſt, hier mehrere davon anzufuͤhren. Wenn es gleich den Hypotheſen an apodiktiſcher Gewißheit fehlt, ſo koͤnnen ſie doch oft zu einem ſehr hohen Grade von Wahrſcheinlichkeit erhoben werden. Hiezu wird erfordert, daß ſie an ſich nichts Widerſprechendes, gegen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0681" xml:id="P.2.675" n="675"/><lb/> Hebel vorgeht, nach dem Geſetze des Gleichgewichts dreyer Kraͤfte, <hi rendition="#b">ſ. Gleichgewicht.</hi> Wenn die Kraͤfte mit einander parallel wirken, ſo traͤgt die Unterlage beym Hebel der erſten Art die Summe beyder Kraͤfte; beym Hebel der zweyten Art traͤgt oder haͤlt der Zapfen nur ſoviel, als der Unterſchied beyder Kraͤfte ausmacht: ziehen aber die Kraͤſte ſchief, wie Taf. <hi rendition="#aq">XI.</hi> Fig. 58., ſo wird der Ruhepunkt <hi rendition="#aq">C</hi> nach der Richtung <hi rendition="#aq">CI</hi> (der mittlern Richtung der Kraͤfte) mit einer Kraft gedruͤckt, die ſich zu den aͤußern Kraͤſten <hi rendition="#aq">D</hi> und <hi rendition="#aq">E,</hi> wie <hi rendition="#aq">Ie</hi> zu <hi rendition="#aq">Id</hi> und <hi rendition="#aq">de</hi> verhaͤlt, <hi rendition="#b">ſ. Hebel.</hi></p> <p>Man muß bey den Hebeln, und bey allen Maſchinen uͤberhaupt, dafuͤr ſorgen, daß Unterlagen und Zapfen an den Bewegungspunkten eine Feſtigkeit haben, welche den ſo berechneten Druck auszuhalten vermoͤgend iſt.</p> <p><hi rendition="#b">Hypotheſe, angenommener Satz, Vorausſetzung,</hi><hi rendition="#aq">Hypotheſis, Suppoſitio, <hi rendition="#i">Hypotheſe Suppoſition.</hi></hi> Die wahren Urſachen der natuͤrlichen Wirkungen und Erſcheinungen ſind oft ſehr verborgen, und laſſen ſich nicht mit entſchiedener Gewißheit angeben. In ſolchen Faͤllen nimmt man bey Erklaͤrung der Phaͤnomene ſeine Zuflucht zu ſelbſt erdachten Vorſtellungsarten; man nimmt an, die zu erklaͤrende Naturbegebenheit geſchehe aus dieſer oder jener Urſache, auf dieſe oder jene Weiſe. Solche blos angenommene Urſachen und Vorſtellungsarten fuͤhren den Namen der <hi rendition="#b">Hypotheſen.</hi> So iſt z. B. die wahre Urſache der elektriſchen Erſcheinungen verborgen, und wenn ſich <hi rendition="#b">Franklin</hi> zu Erklaͤrung derſelben eine feine Materie denkt, und die Erſcheinungen aus dem Ueberfluſſe oder Mangel derſelben herleitet, ſo iſt dieſe blos von ihm erdachte Vorſtellung, deren Richtigkeit ſich nicht gewiß erwéiſen laͤßt, eine phyſikaliſche Hypotheſe. Die Artikel dieſes Woͤrterbuchs enthalten ſo zahlreiche Beyſpiele hievon, daß es ganz unnoͤthig iſt, hier mehrere davon anzufuͤhren.</p> <p>Wenn es gleich den Hypotheſen an apodiktiſcher Gewißheit fehlt, ſo koͤnnen ſie doch oft zu einem ſehr hohen Grade von <hi rendition="#b">Wahrſcheinlichkeit</hi> erhoben werden. Hiezu wird erfordert, daß ſie an ſich nichts Widerſprechendes, gegen<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [675/0681]
Hebel vorgeht, nach dem Geſetze des Gleichgewichts dreyer Kraͤfte, ſ. Gleichgewicht. Wenn die Kraͤfte mit einander parallel wirken, ſo traͤgt die Unterlage beym Hebel der erſten Art die Summe beyder Kraͤfte; beym Hebel der zweyten Art traͤgt oder haͤlt der Zapfen nur ſoviel, als der Unterſchied beyder Kraͤfte ausmacht: ziehen aber die Kraͤſte ſchief, wie Taf. XI. Fig. 58., ſo wird der Ruhepunkt C nach der Richtung CI (der mittlern Richtung der Kraͤfte) mit einer Kraft gedruͤckt, die ſich zu den aͤußern Kraͤſten D und E, wie Ie zu Id und de verhaͤlt, ſ. Hebel.
Man muß bey den Hebeln, und bey allen Maſchinen uͤberhaupt, dafuͤr ſorgen, daß Unterlagen und Zapfen an den Bewegungspunkten eine Feſtigkeit haben, welche den ſo berechneten Druck auszuhalten vermoͤgend iſt.
Hypotheſe, angenommener Satz, Vorausſetzung, Hypotheſis, Suppoſitio, Hypotheſe Suppoſition. Die wahren Urſachen der natuͤrlichen Wirkungen und Erſcheinungen ſind oft ſehr verborgen, und laſſen ſich nicht mit entſchiedener Gewißheit angeben. In ſolchen Faͤllen nimmt man bey Erklaͤrung der Phaͤnomene ſeine Zuflucht zu ſelbſt erdachten Vorſtellungsarten; man nimmt an, die zu erklaͤrende Naturbegebenheit geſchehe aus dieſer oder jener Urſache, auf dieſe oder jene Weiſe. Solche blos angenommene Urſachen und Vorſtellungsarten fuͤhren den Namen der Hypotheſen. So iſt z. B. die wahre Urſache der elektriſchen Erſcheinungen verborgen, und wenn ſich Franklin zu Erklaͤrung derſelben eine feine Materie denkt, und die Erſcheinungen aus dem Ueberfluſſe oder Mangel derſelben herleitet, ſo iſt dieſe blos von ihm erdachte Vorſtellung, deren Richtigkeit ſich nicht gewiß erwéiſen laͤßt, eine phyſikaliſche Hypotheſe. Die Artikel dieſes Woͤrterbuchs enthalten ſo zahlreiche Beyſpiele hievon, daß es ganz unnoͤthig iſt, hier mehrere davon anzufuͤhren.
Wenn es gleich den Hypotheſen an apodiktiſcher Gewißheit fehlt, ſo koͤnnen ſie doch oft zu einem ſehr hohen Grade von Wahrſcheinlichkeit erhoben werden. Hiezu wird erfordert, daß ſie an ſich nichts Widerſprechendes, gegen
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