daher der römische Kalender in jeder Periode 8 Tage zu viel hatte, mithin allezeit in der dritten Periode statt 90 nur 66 Tage oder dreymal 22 Tage einschaltete. Diese Einschaltung geschahe im Februar, als im letzten Monate des damaligen Jahres, und zwar nach dem 23sten Tage desselben, wenn das Fest der Terminalien vorüber war. Weil man es aber für eine üble Vorbedeutung hielt, wenn die Nundinae auf den ersten Tag im Jahre oder auf die Nonen fielen, so ward es den Priestern überlassen, zu Vermeidung dieses Umstands die Einschaltungen nach Gefallen abzuändern. Diese höchst unvollkommne Einrichtung brachte mit der Zeit den Kalender in gänzliche Unordnung. Aus Aberglauben unterließ man bisweilen das Einschalten gänzlich, und in den letztern Zeiten der Republik mißbrauchten die Priester ihre Freyheit (intercalandi licentiam, Macrob.), um Zahltage, Gerichtstermine und Antrittszeiten der Aemter nach Bedürfniß und Staatsabsichten zu beschleunigen oder hinauszuschieben. Daher erwähnt Cicero(Epist. ad Atticum X, 17.) der Nachtgleiche in einem Briefe, welcher mitten im May (des Jahres 704 nach Erbauung Roms) geschrieben ist.
Als Iulius Cäsar die Dictatur und das Pontificat überkommen hatte, berief er, um diesen Unordnungen abzuhelfen, den griechischen Astronomen Sosigenes nach Rom, und führte mit dessen und des M. Fabius Beyhülfe im Jahre 707 nach Erbauung Roms die Zeitrechnung ein, welche von ihm den Namen des julianischen Kalenders erhalten hat. Um die Nachtgleiche wieder in den März zu bringen, wurden zwischen dem November und December des gedachten Jahres noch zween Monate eingeschaltet, so daß dieses Jahr (annus confusionis), welches der Ordnung nach ein Schaltjahr von 378 Tagen hätte seyn sollen, dadurch 452 Tage erhielt. Für die Zukunft ward das bey der kallippischen Periode zum Grunde liegende Sonnenjahr von 365 1/4 Tagen, oder das julianische Jahr, eingeführt, den Monaten die noch jetzt übliche Anzahl von Tagen gegeben, die Einschaltung ganzer Monate gänzlich aufgehoben, und wegen des über 365 volle
daher der roͤmiſche Kalender in jeder Periode 8 Tage zu viel hatte, mithin allezeit in der dritten Periode ſtatt 90 nur 66 Tage oder dreymal 22 Tage einſchaltete. Dieſe Einſchaltung geſchahe im Februar, als im letzten Monate des damaligen Jahres, und zwar nach dem 23ſten Tage deſſelben, wenn das Feſt der Terminalien voruͤber war. Weil man es aber fuͤr eine uͤble Vorbedeutung hielt, wenn die Nundinae auf den erſten Tag im Jahre oder auf die Nonen fielen, ſo ward es den Prieſtern uͤberlaſſen, zu Vermeidung dieſes Umſtands die Einſchaltungen nach Gefallen abzuaͤndern. Dieſe hoͤchſt unvollkommne Einrichtung brachte mit der Zeit den Kalender in gaͤnzliche Unordnung. Aus Aberglauben unterließ man bisweilen das Einſchalten gaͤnzlich, und in den letztern Zeiten der Republik mißbrauchten die Prieſter ihre Freyheit (intercalandi licentiam, Macrob.), um Zahltage, Gerichtstermine und Antrittszeiten der Aemter nach Beduͤrfniß und Staatsabſichten zu beſchleunigen oder hinauszuſchieben. Daher erwaͤhnt Cicero(Epiſt. ad Atticum X, 17.) der Nachtgleiche in einem Briefe, welcher mitten im May (des Jahres 704 nach Erbauung Roms) geſchrieben iſt.
Als Iulius Caͤſar die Dictatur und das Pontificat uͤberkommen hatte, berief er, um dieſen Unordnungen abzuhelfen, den griechiſchen Aſtronomen Soſigenes nach Rom, und fuͤhrte mit deſſen und des M. Fabius Beyhuͤlfe im Jahre 707 nach Erbauung Roms die Zeitrechnung ein, welche von ihm den Namen des julianiſchen Kalenders erhalten hat. Um die Nachtgleiche wieder in den Maͤrz zu bringen, wurden zwiſchen dem November und December des gedachten Jahres noch zween Monate eingeſchaltet, ſo daß dieſes Jahr (annus confuſionis), welches der Ordnung nach ein Schaltjahr von 378 Tagen haͤtte ſeyn ſollen, dadurch 452 Tage erhielt. Fuͤr die Zukunft ward das bey der kallippiſchen Periode zum Grunde liegende Sonnenjahr von 365 1/4 Tagen, oder das julianiſche Jahr, eingefuͤhrt, den Monaten die noch jetzt uͤbliche Anzahl von Tagen gegeben, die Einſchaltung ganzer Monate gaͤnzlich aufgehoben, und wegen des uͤber 365 volle
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daher der roͤmiſche Kalender in jeder Periode 8 Tage zu viel hatte, mithin allezeit in der dritten Periode ſtatt 90 nur 66 Tage oder dreymal 22 Tage einſchaltete. Dieſe Einſchaltung geſchahe im Februar, als im letzten Monate des damaligen Jahres, und zwar nach dem 23ſten Tage deſſelben, wenn das Feſt der Terminalien voruͤber war. Weil man es aber fuͤr eine uͤble Vorbedeutung hielt, wenn die Nundinae auf den erſten Tag im Jahre oder auf die Nonen fielen, ſo ward es den Prieſtern uͤberlaſſen, zu Vermeidung dieſes Umſtands die Einſchaltungen nach Gefallen abzuaͤndern. Dieſe hoͤchſt unvollkommne Einrichtung brachte mit der Zeit den Kalender in gaͤnzliche Unordnung. Aus Aberglauben unterließ man bisweilen das Einſchalten gaͤnzlich, und in den letztern Zeiten der Republik mißbrauchten die Prieſter ihre Freyheit (intercalandi licentiam, Macrob.), um Zahltage, Gerichtstermine und Antrittszeiten der Aemter nach Beduͤrfniß und Staatsabſichten zu beſchleunigen oder hinauszuſchieben. Daher erwaͤhnt Cicero (Epiſt. ad Atticum X, 17.) der Nachtgleiche in einem Briefe, welcher mitten im May (des Jahres 704 nach Erbauung Roms) geſchrieben iſt.
Als Iulius Caͤſar die Dictatur und das Pontificat uͤberkommen hatte, berief er, um dieſen Unordnungen abzuhelfen, den griechiſchen Aſtronomen Soſigenes nach Rom, und fuͤhrte mit deſſen und des M. Fabius Beyhuͤlfe im Jahre 707 nach Erbauung Roms die Zeitrechnung ein, welche von ihm den Namen des julianiſchen Kalenders erhalten hat. Um die Nachtgleiche wieder in den Maͤrz zu bringen, wurden zwiſchen dem November und December des gedachten Jahres noch zween Monate eingeſchaltet, ſo daß dieſes Jahr (annus confuſionis), welches der Ordnung nach ein Schaltjahr von 378 Tagen haͤtte ſeyn ſollen, dadurch 452 Tage erhielt. Fuͤr die Zukunft ward das bey der kallippiſchen Periode zum Grunde liegende Sonnenjahr von 365 1/4 Tagen, oder das julianiſche Jahr, eingefuͤhrt, den Monaten die noch jetzt uͤbliche Anzahl von Tagen gegeben, die Einſchaltung ganzer Monate gaͤnzlich aufgehoben, und wegen des uͤber 365 volle
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 716. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/722>, abgerufen am 22.11.2024.
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