Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.
Im christlichen Kalender aber mußte wegen des Osterfests, nach welchem sich die übrigen beweglichen Feste richten, auch einige Rücksicht auf den Mondlauf genommen werden. Die Iuden feyerten das Pascha am 14ten Tage des Monats Nisan, dessen Vollmond auf den Tag der Nachtgleiche oder zunächst darnach fiel. Die Kirche behielt diese Bestimmung des Monats bey, setzte aber den Tag auf einen Sonntag; und da einige Kirchen in den ersten Jahrhunderten n. C. G. das Osterfest, wenn der Vollmond auf einen Sonntag fiel, am Vollmondstage selbst, also zugleich mit den Iuden, feyerten, so verbot dies das Concilium zu Nicäa unter der Regierung Constantins des Großen, im I. 325 n. C. G. Der Tradition nach befahl es zugleich, den folgenden Sonntag für Ostern zu rechnen, und setzte also den Ostertag auf den nächsten Sonntag nach demjenigen Vollmonde, welcher zunächst auf den 21. März (als den damaligen Tag der Nachtgleiche) folgen würde. Dadurch ward es nothwendig, die Vollmonde voraus zu berechnen, und leichte Methoden dazu zum Gebrauch der Geistlichen anzugeben. Hiezu hatten schon vor der Kirchenversammlung zu Nicäa einige Bischöfe Vorschläge gethan; vorzüglich war durch Eusebius von Cäsarea der metonianische Cykel oder Mondscirkel von 19 Jahren empfohlen worden, welchen auch, wie man durchgängig angenommen hat, das Concilium bestätigt, und seinen Gebrauch zur Berechnung des Osterfestes vorgeschrieben haben soll, s. Cykel, Epakten. Man setzte nemlich voraus, daß nach 19 julianischen Jahren die Neumonde genau wieder auf dieselben Monatstage
Im chriſtlichen Kalender aber mußte wegen des Oſterfeſts, nach welchem ſich die uͤbrigen beweglichen Feſte richten, auch einige Ruͤckſicht auf den Mondlauf genommen werden. Die Iuden feyerten das Paſcha am 14ten Tage des Monats Niſan, deſſen Vollmond auf den Tag der Nachtgleiche oder zunaͤchſt darnach fiel. Die Kirche behielt dieſe Beſtimmung des Monats bey, ſetzte aber den Tag auf einen Sonntag; und da einige Kirchen in den erſten Jahrhunderten n. C. G. das Oſterfeſt, wenn der Vollmond auf einen Sonntag fiel, am Vollmondstage ſelbſt, alſo zugleich mit den Iuden, feyerten, ſo verbot dies das Concilium zu Nicaͤa unter der Regierung Conſtantins des Großen, im I. 325 n. C. G. Der Tradition nach befahl es zugleich, den folgenden Sonntag fuͤr Oſtern zu rechnen, und ſetzte alſo den Oſtertag auf den naͤchſten Sonntag nach demjenigen Vollmonde, welcher zunaͤchſt auf den 21. Maͤrz (als den damaligen Tag der Nachtgleiche) folgen wuͤrde. Dadurch ward es nothwendig, die Vollmonde voraus zu berechnen, und leichte Methoden dazu zum Gebrauch der Geiſtlichen anzugeben. Hiezu hatten ſchon vor der Kirchenverſammlung zu Nicaͤa einige Biſchoͤfe Vorſchlaͤge gethan; vorzuͤglich war durch Euſebius von Caͤſarea der metonianiſche Cykel oder Mondscirkel von 19 Jahren empfohlen worden, welchen auch, wie man durchgaͤngig angenommen hat, das Concilium beſtaͤtigt, und ſeinen Gebrauch zur Berechnung des Oſterfeſtes vorgeſchrieben haben ſoll, ſ. Cykel, Epakten. Man ſetzte nemlich voraus, daß nach 19 julianiſchen Jahren die Neumonde genau wieder auf dieſelben Monatstage <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0723" xml:id="P.2.717" n="717"/><lb/> Tage noch uͤberſchießenden 1/4 Tages injedem vierten Jahre nach dem 23ſten Februar einen <hi rendition="#b">Schalttag</hi> einzuſchieben, verordnet. Dieſer bloß auf den Sonnenlauf gegruͤndeten Zeitrechnung, welche h. z. T. unter dem Namen des <hi rendition="#b">alten Kalenders</hi> oder <hi rendition="#b">alten Styls</hi> bekannt iſt, hat ſich das roͤmiſche Reich bis zu ſeinem Untergange, und die chriſtliche Kirche im Occident bis zum Jahre 1582 n. C. G. unveraͤndert bedienet; die orientaliſche Kirche behaͤlt dieſelbe noch bis jetzt bey.</p> <p>Im chriſtlichen Kalender aber mußte wegen des <hi rendition="#b">Oſterfeſts,</hi> nach welchem ſich die uͤbrigen beweglichen Feſte richten, auch einige Ruͤckſicht auf den Mondlauf genommen werden. Die Iuden feyerten das Paſcha am 14ten Tage des Monats <hi rendition="#b">Niſan,</hi> deſſen Vollmond auf den Tag der Nachtgleiche oder zunaͤchſt darnach fiel. Die Kirche behielt dieſe Beſtimmung des Monats bey, ſetzte aber den Tag auf einen Sonntag; und da einige Kirchen in den erſten Jahrhunderten n. C. G. das Oſterfeſt, wenn der Vollmond auf einen Sonntag fiel, am Vollmondstage ſelbſt, alſo zugleich mit den Iuden, feyerten, ſo verbot dies das Concilium zu <hi rendition="#b">Nicaͤa</hi> unter der Regierung Conſtantins des Großen, im I. 325 n. C. G. Der Tradition nach befahl es zugleich, den folgenden Sonntag fuͤr Oſtern zu rechnen, und ſetzte alſo den Oſtertag auf den naͤchſten Sonntag nach demjenigen Vollmonde, welcher zunaͤchſt auf den 21. Maͤrz (als den damaligen Tag der Nachtgleiche) folgen wuͤrde. Dadurch ward es nothwendig, die Vollmonde voraus zu berechnen, und leichte Methoden dazu zum Gebrauch der Geiſtlichen anzugeben.</p> <p>Hiezu hatten ſchon vor der Kirchenverſammlung zu Nicaͤa einige Biſchoͤfe Vorſchlaͤge gethan; vorzuͤglich war durch <hi rendition="#b">Euſebius</hi> von <hi rendition="#b">Caͤſarea</hi> der metonianiſche Cykel oder Mondscirkel von 19 Jahren empfohlen worden, welchen auch, wie man durchgaͤngig angenommen hat, das Concilium beſtaͤtigt, und ſeinen Gebrauch zur Berechnung des Oſterfeſtes vorgeſchrieben haben ſoll, <hi rendition="#b">ſ. Cykel, Epakten.</hi> Man ſetzte nemlich voraus, daß nach 19 julianiſchen Jahren die Neumonde genau wieder auf dieſelben Monatstage<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [717/0723]
Tage noch uͤberſchießenden 1/4 Tages injedem vierten Jahre nach dem 23ſten Februar einen Schalttag einzuſchieben, verordnet. Dieſer bloß auf den Sonnenlauf gegruͤndeten Zeitrechnung, welche h. z. T. unter dem Namen des alten Kalenders oder alten Styls bekannt iſt, hat ſich das roͤmiſche Reich bis zu ſeinem Untergange, und die chriſtliche Kirche im Occident bis zum Jahre 1582 n. C. G. unveraͤndert bedienet; die orientaliſche Kirche behaͤlt dieſelbe noch bis jetzt bey.
Im chriſtlichen Kalender aber mußte wegen des Oſterfeſts, nach welchem ſich die uͤbrigen beweglichen Feſte richten, auch einige Ruͤckſicht auf den Mondlauf genommen werden. Die Iuden feyerten das Paſcha am 14ten Tage des Monats Niſan, deſſen Vollmond auf den Tag der Nachtgleiche oder zunaͤchſt darnach fiel. Die Kirche behielt dieſe Beſtimmung des Monats bey, ſetzte aber den Tag auf einen Sonntag; und da einige Kirchen in den erſten Jahrhunderten n. C. G. das Oſterfeſt, wenn der Vollmond auf einen Sonntag fiel, am Vollmondstage ſelbſt, alſo zugleich mit den Iuden, feyerten, ſo verbot dies das Concilium zu Nicaͤa unter der Regierung Conſtantins des Großen, im I. 325 n. C. G. Der Tradition nach befahl es zugleich, den folgenden Sonntag fuͤr Oſtern zu rechnen, und ſetzte alſo den Oſtertag auf den naͤchſten Sonntag nach demjenigen Vollmonde, welcher zunaͤchſt auf den 21. Maͤrz (als den damaligen Tag der Nachtgleiche) folgen wuͤrde. Dadurch ward es nothwendig, die Vollmonde voraus zu berechnen, und leichte Methoden dazu zum Gebrauch der Geiſtlichen anzugeben.
Hiezu hatten ſchon vor der Kirchenverſammlung zu Nicaͤa einige Biſchoͤfe Vorſchlaͤge gethan; vorzuͤglich war durch Euſebius von Caͤſarea der metonianiſche Cykel oder Mondscirkel von 19 Jahren empfohlen worden, welchen auch, wie man durchgaͤngig angenommen hat, das Concilium beſtaͤtigt, und ſeinen Gebrauch zur Berechnung des Oſterfeſtes vorgeſchrieben haben ſoll, ſ. Cykel, Epakten. Man ſetzte nemlich voraus, daß nach 19 julianiſchen Jahren die Neumonde genau wieder auf dieſelben Monatstage
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