Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.Jede Kraft erzeugt, wenn sie frey wirken kan, Bewegung wenn sie daran gehindert wird, Streben nach Bewegung, d. i. Druck gegen das Hinderniß, s. Druck. Im letztern Falle fällt es in die Augen, daß der Druck, oder die bewegende Kraft P, dem Producte der beschleunigenden Kraft f in die Masse oder Anzahl der Theile M proportional seyn muß, weil er desto größer ist, je mehr Theile da sind, und je stärker in jeden derselben gewirkt wird. Daher kan man, alles in den gehörigen Einheiten ausgedrückt (wenn z. B. die Schwere=1 gesetzt, die Masse aber durch das Gewicht in eben solchen Pfunden u. s. w. wie der Druck, angegeben wird,) P=Mf setzen. Wird in obigem Beyspiele eine Kugel von 3 Pfund auf dem Brete mit der Hand aufgehalten, so ist ihr Druck gegen die Hand bey einem Neigungswinkel von 30°=1/2·3=1 1/2 Pfund. Hieraus folgt Im erstern Falle hingegen, in welchem f keinen Druck, sondern wirklich Bewegung hervorbringt, ist ohne Rücksicht auf die Größe der Masse, die in einer bestimmten Zeit erzeugte Geschwindigkeit v sowohl, als der in dieser Zeit durchlaufene Raum s desto größer, je größer die beschleunigende Kraft f ist. Ein Pfund Bley z. B. würde auf der Oberfläche der Sonne freygelassen in einer Secunde durch einen 29mal größern Raum, als auf der Erdfläche, d. i. durch 29X15 oder 435 Fuß fallen, und dadurch eine Geschwindigkeit erhalten, mit der es in 1 Sec. 29X30 oder 870 Fuß zurücklegen könnte. Nemlich die in jeden Theil wirkende Kraft beschleunigt jeden desto stärker, je größer sie ist; alle Theile aber fallen zugleich ohne Rücksicht auf ihre Anzahl, daher richtet sich die Beschleunigung nicht nach der Masse, sondern blos nach der Größe dieser in die Theile wirkenden Kraft, welcher Umstand auch den Namen der beschleunigenden Kraft veranlasset hat. Diesen Satz, auf welchem die meisten und wichtigsten Wahrheiten der höhern Mechanik beruhen, hatte Newton Jede Kraft erzeugt, wenn ſie frey wirken kan, Bewegung wenn ſie daran gehindert wird, Streben nach Bewegung, d. i. Druck gegen das Hinderniß, ſ. Druck. Im letztern Falle faͤllt es in die Augen, daß der Druck, oder die bewegende Kraft P, dem Producte der beſchleunigenden Kraft f in die Maſſe oder Anzahl der Theile M proportional ſeyn muß, weil er deſto groͤßer iſt, je mehr Theile da ſind, und je ſtaͤrker in jeden derſelben gewirkt wird. Daher kan man, alles in den gehoͤrigen Einheiten ausgedruͤckt (wenn z. B. die Schwere=1 geſetzt, die Maſſe aber durch das Gewicht in eben ſolchen Pfunden u. ſ. w. wie der Druck, angegeben wird,) P=Mf ſetzen. Wird in obigem Beyſpiele eine Kugel von 3 Pfund auf dem Brete mit der Hand aufgehalten, ſo iſt ihr Druck gegen die Hand bey einem Neigungswinkel von 30°=1/2·3=1 1/2 Pfund. Hieraus folgt Im erſtern Falle hingegen, in welchem f keinen Druck, ſondern wirklich Bewegung hervorbringt, iſt ohne Ruͤckſicht auf die Groͤße der Maſſe, die in einer beſtimmten Zeit erzeugte Geſchwindigkeit v ſowohl, als der in dieſer Zeit durchlaufene Raum s deſto groͤßer, je groͤßer die beſchleunigende Kraft f iſt. Ein Pfund Bley z. B. wuͤrde auf der Oberflaͤche der Sonne freygelaſſen in einer Secunde durch einen 29mal groͤßern Raum, als auf der Erdflaͤche, d. i. durch 29X15 oder 435 Fuß fallen, und dadurch eine Geſchwindigkeit erhalten, mit der es in 1 Sec. 29X30 oder 870 Fuß zuruͤcklegen koͤnnte. Nemlich die in jeden Theil wirkende Kraft beſchleunigt jeden deſto ſtaͤrker, je groͤßer ſie iſt; alle Theile aber fallen zugleich ohne Ruͤckſicht auf ihre Anzahl, daher richtet ſich die Beſchleunigung nicht nach der Maſſe, ſondern blos nach der Groͤße dieſer in die Theile wirkenden Kraft, welcher Umſtand auch den Namen der beſchleunigenden Kraft veranlaſſet hat. 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Jede Kraft erzeugt, wenn ſie frey wirken kan, Bewegung wenn ſie daran gehindert wird, Streben nach Bewegung, d. i. Druck gegen das Hinderniß, ſ. Druck. Im letztern Falle faͤllt es in die Augen, daß der Druck, oder die bewegende Kraft P, dem Producte der beſchleunigenden Kraft f in die Maſſe oder Anzahl der Theile M proportional ſeyn muß, weil er deſto groͤßer iſt, je mehr Theile da ſind, und je ſtaͤrker in jeden derſelben gewirkt wird. Daher kan man, alles in den gehoͤrigen Einheiten ausgedruͤckt (wenn z. B. die Schwere=1 geſetzt, die Maſſe aber durch das Gewicht in eben ſolchen Pfunden u. ſ. w. wie der Druck, angegeben wird,) P=Mf ſetzen. Wird in obigem Beyſpiele eine Kugel von 3 Pfund auf dem Brete mit der Hand aufgehalten, ſo iſt ihr Druck gegen die Hand bey einem Neigungswinkel von 30°=1/2·3=1 1/2 Pfund. Hieraus folgt
Im erſtern Falle hingegen, in welchem f keinen Druck, ſondern wirklich Bewegung hervorbringt, iſt ohne Ruͤckſicht auf die Groͤße der Maſſe, die in einer beſtimmten Zeit erzeugte Geſchwindigkeit v ſowohl, als der in dieſer Zeit durchlaufene Raum s deſto groͤßer, je groͤßer die beſchleunigende Kraft f iſt. Ein Pfund Bley z. B. wuͤrde auf der Oberflaͤche der Sonne freygelaſſen in einer Secunde durch einen 29mal groͤßern Raum, als auf der Erdflaͤche, d. i. durch 29X15 oder 435 Fuß fallen, und dadurch eine Geſchwindigkeit erhalten, mit der es in 1 Sec. 29X30 oder 870 Fuß zuruͤcklegen koͤnnte. Nemlich die in jeden Theil wirkende Kraft beſchleunigt jeden deſto ſtaͤrker, je groͤßer ſie iſt; alle Theile aber fallen zugleich ohne Ruͤckſicht auf ihre Anzahl, daher richtet ſich die Beſchleunigung nicht nach der Maſſe, ſondern blos nach der Groͤße dieſer in die Theile wirkenden Kraft, welcher Umſtand auch den Namen der beſchleunigenden Kraft veranlaſſet hat.
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