Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.
Da die Sonne stets zwischen den Wendekreisen des Himmels steht, also täglich nahe am Zenith der Orte dieser Zone vorübergeht, wo ihre Stralen fast senkrecht auf den Boden fallen und daher brennender, als an andern Stellen der Erdfläche wirken, so hat sie daher den Namen der heißen erhalten. Die Alten hielten sie für unbewohnt. Plinius (Hist. nat. II, 70.) sagt von ihr: Media vero terrarum, qua solis orbita, exusta flammis et cremata, cominus vapore torretur, und Horaz (Od. I. 22.) setzt sie -- -- sub curru nimium propinqui Solis, in terra domibus negata. Allein die Erfahrung lehret, daß viele theils allgemeine, theils locale Ursachen, z. B. die fast durchaus gleiche Länge der Tage und Nächte, die Lage der hohen Gebirge und des Weltmeers, der oft anhaltende Regen, der beständige Ostwind rc. die Hitze an den meisten Orten dieses Erdstrichs gar sehr mildern. Uebrigens haben die Bewohner der heissen Zone die Sonne jährlich zweymal über ihrem Scheitel, und zweymal steht sie von demselben am weitsten ab, wenn sie sich nemlich in den Wendekreisen befindet. In diesem Sinne kan man sagen, ein Ort der heißen Zone habe jährlich zween Sommer und zween Winter, obgleich diese Jahrszeiten dort nicht so, wie bey uns, sondern mehr durch Nässe und Trockenheit unterschieden sind, s. Klima. Die gemäßigten Erdstriche (Zonae temperatae, Zones temperees) sind defg und iklt, welche zwischen den Wendekreisen und den Polarkreisen liegen, jener der nördliche, dieser der südliche. Da die Wendekreise 23 1/2°, die Polarkreise aber 66 1/2° vom Aequator abstehen, so beträgt die Breite einer jeden gemäßigten Zone durchgängig 43° oder 645 geographische Meilen; die Fläche einer jeden aber macht 2405462 Quadratmeilen oder (260/1000) von der ganzen Oberfläche der Erde aus. Im nördlichen gemäßigten Erdstriche liegt der größte Theil des festen Landes, nemlich fast ganz Europa, der größte Theil von Asien, der nördliche Theil von Afrika, und Nordamerika. Im südlichen liegen
Da die Sonne ſtets zwiſchen den Wendekreiſen des Himmels ſteht, alſo taͤglich nahe am Zenith der Orte dieſer Zone voruͤbergeht, wo ihre Stralen faſt ſenkrecht auf den Boden fallen und daher brennender, als an andern Stellen der Erdflaͤche wirken, ſo hat ſie daher den Namen der heißen erhalten. Die Alten hielten ſie fuͤr unbewohnt. Plinius (Hiſt. nat. II, 70.) ſagt von ihr: Media vero terrarum, qua ſolis orbita, exuſta flammis et cremata, cominus vapore torretur, und Horaz (Od. I. 22.) ſetzt ſie — — ſub curru nimium propinqui Solis, in terra domibus negata. Allein die Erfahrung lehret, daß viele theils allgemeine, theils locale Urſachen, z. B. die faſt durchaus gleiche Laͤnge der Tage und Naͤchte, die Lage der hohen Gebirge und des Weltmeers, der oft anhaltende Regen, der beſtaͤndige Oſtwind rc. die Hitze an den meiſten Orten dieſes Erdſtrichs gar ſehr mildern. Uebrigens haben die Bewohner der heiſſen Zone die Sonne jaͤhrlich zweymal uͤber ihrem Scheitel, und zweymal ſteht ſie von demſelben am weitſten ab, wenn ſie ſich nemlich in den Wendekreiſen befindet. In dieſem Sinne kan man ſagen, ein Ort der heißen Zone habe jaͤhrlich zween Sommer und zween Winter, obgleich dieſe Jahrszeiten dort nicht ſo, wie bey uns, ſondern mehr durch Naͤſſe und Trockenheit unterſchieden ſind, ſ. Klima. Die gemaͤßigten Erdſtriche (Zonae temperatae, Zones temperées) ſind defg und iklt, welche zwiſchen den Wendekreiſen und den Polarkreiſen liegen, jener der noͤrdliche, dieſer der ſuͤdliche. Da die Wendekreiſe 23 1/2°, die Polarkreiſe aber 66 1/2° vom Aequator abſtehen, ſo betraͤgt die Breite einer jeden gemaͤßigten Zone durchgaͤngig 43° oder 645 geographiſche Meilen; die Flaͤche einer jeden aber macht 2405462 Quadratmeilen oder (260/1000) von der ganzen Oberflaͤche der Erde aus. Im noͤrdlichen gemaͤßigten Erdſtriche liegt der groͤßte Theil des feſten Landes, nemlich faſt ganz Europa, der groͤßte Theil von Aſien, der noͤrdliche Theil von Afrika, und Nordamerika. Im ſuͤdlichen liegen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0085" xml:id="P.2.79" n="79"/><lb/> von Afrika und Amerika, ein großer Theil von Neuholland und viele Inſeln des Suͤdmeers.</p> <p>Da die Sonne ſtets zwiſchen den Wendekreiſen des Himmels ſteht, alſo taͤglich nahe am Zenith der Orte dieſer Zone voruͤbergeht, wo ihre Stralen faſt ſenkrecht auf den Boden fallen und daher brennender, als an andern Stellen der Erdflaͤche wirken, ſo hat ſie daher den Namen der <hi rendition="#b">heißen</hi> erhalten. Die Alten hielten ſie fuͤr unbewohnt. <hi rendition="#b">Plinius</hi> (<hi rendition="#aq">Hiſt. nat. II, 70.</hi>) ſagt von ihr: <hi rendition="#aq">Media vero terrarum, qua ſolis orbita, exuſta flammis et cremata, cominus vapore torretur,</hi> und <hi rendition="#b">Horaz</hi> (<hi rendition="#aq">Od. I. 22.</hi>) ſetzt ſie <hi rendition="#c">— — <hi rendition="#aq">ſub curru nimium propinqui</hi></hi></p> <p><hi rendition="#aq">Solis, in terra domibus negata.</hi> Allein die Erfahrung lehret, daß viele theils allgemeine, theils locale Urſachen, z. B. die faſt durchaus gleiche Laͤnge der Tage und Naͤchte, die Lage der hohen Gebirge und des Weltmeers, der oft anhaltende Regen, der beſtaͤndige Oſtwind rc. die Hitze an den meiſten Orten dieſes Erdſtrichs gar ſehr mildern. Uebrigens haben die Bewohner der heiſſen Zone die Sonne jaͤhrlich zweymal uͤber ihrem Scheitel, und zweymal ſteht ſie von demſelben am weitſten ab, wenn ſie ſich nemlich in den Wendekreiſen befindet. In dieſem Sinne kan man ſagen, ein Ort der heißen Zone habe jaͤhrlich zween Sommer und zween Winter, obgleich dieſe Jahrszeiten dort nicht ſo, wie bey uns, ſondern mehr durch Naͤſſe und Trockenheit unterſchieden ſind, ſ. <hi rendition="#b">Klima.</hi></p> <p>Die <hi rendition="#b">gemaͤßigten Erdſtriche</hi> (<hi rendition="#aq">Zonae temperatae, <hi rendition="#i">Zones temperées</hi></hi>) ſind <hi rendition="#aq">defg</hi> und <hi rendition="#aq">iklt,</hi> welche zwiſchen den Wendekreiſen und den Polarkreiſen liegen, jener der <hi rendition="#b">noͤrdliche,</hi> dieſer der <hi rendition="#b">ſuͤdliche.</hi> Da die Wendekreiſe 23 1/2°, die Polarkreiſe aber 66 1/2° vom Aequator abſtehen, ſo betraͤgt die Breite einer jeden gemaͤßigten Zone durchgaͤngig 43° oder 645 geographiſche Meilen; die Flaͤche einer jeden aber macht 2405462 Quadratmeilen oder (260/1000) von der ganzen Oberflaͤche der Erde aus. Im noͤrdlichen gemaͤßigten Erdſtriche liegt der groͤßte Theil des feſten Landes, nemlich faſt ganz Europa, der groͤßte Theil von Aſien, der noͤrdliche Theil von Afrika, und Nordamerika. Im ſuͤdlichen liegen<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [79/0085]
von Afrika und Amerika, ein großer Theil von Neuholland und viele Inſeln des Suͤdmeers.
Da die Sonne ſtets zwiſchen den Wendekreiſen des Himmels ſteht, alſo taͤglich nahe am Zenith der Orte dieſer Zone voruͤbergeht, wo ihre Stralen faſt ſenkrecht auf den Boden fallen und daher brennender, als an andern Stellen der Erdflaͤche wirken, ſo hat ſie daher den Namen der heißen erhalten. Die Alten hielten ſie fuͤr unbewohnt. Plinius (Hiſt. nat. II, 70.) ſagt von ihr: Media vero terrarum, qua ſolis orbita, exuſta flammis et cremata, cominus vapore torretur, und Horaz (Od. I. 22.) ſetzt ſie — — ſub curru nimium propinqui
Solis, in terra domibus negata. Allein die Erfahrung lehret, daß viele theils allgemeine, theils locale Urſachen, z. B. die faſt durchaus gleiche Laͤnge der Tage und Naͤchte, die Lage der hohen Gebirge und des Weltmeers, der oft anhaltende Regen, der beſtaͤndige Oſtwind rc. die Hitze an den meiſten Orten dieſes Erdſtrichs gar ſehr mildern. Uebrigens haben die Bewohner der heiſſen Zone die Sonne jaͤhrlich zweymal uͤber ihrem Scheitel, und zweymal ſteht ſie von demſelben am weitſten ab, wenn ſie ſich nemlich in den Wendekreiſen befindet. In dieſem Sinne kan man ſagen, ein Ort der heißen Zone habe jaͤhrlich zween Sommer und zween Winter, obgleich dieſe Jahrszeiten dort nicht ſo, wie bey uns, ſondern mehr durch Naͤſſe und Trockenheit unterſchieden ſind, ſ. Klima.
Die gemaͤßigten Erdſtriche (Zonae temperatae, Zones temperées) ſind defg und iklt, welche zwiſchen den Wendekreiſen und den Polarkreiſen liegen, jener der noͤrdliche, dieſer der ſuͤdliche. Da die Wendekreiſe 23 1/2°, die Polarkreiſe aber 66 1/2° vom Aequator abſtehen, ſo betraͤgt die Breite einer jeden gemaͤßigten Zone durchgaͤngig 43° oder 645 geographiſche Meilen; die Flaͤche einer jeden aber macht 2405462 Quadratmeilen oder (260/1000) von der ganzen Oberflaͤche der Erde aus. Im noͤrdlichen gemaͤßigten Erdſtriche liegt der groͤßte Theil des feſten Landes, nemlich faſt ganz Europa, der groͤßte Theil von Aſien, der noͤrdliche Theil von Afrika, und Nordamerika. Im ſuͤdlichen liegen
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