Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


der südliche hingegen ist uns fast gänzlich unbekannt, mit beständigem Eise bedeckt, und seine Grenzen sind, so viel wir wissen, nur ein einzigesmal vom Capitain Cook auf seiner zweyten Seereise beschift worden.

Wenn die Sonne in einem der beyden Wendekreise steht, so fällt ihr ganzer Tagkreis über den Horizont der Orte in der nächsten, und unter den Horizont der Orte in der entgegengesetzten kalten Zone. Daher haben alle Orte der kalten Zone in jedem Jahre einen oder mehrere Tage, an welchen die Sonne gar nicht untergeht, an welchen sie gar nicht aufgeht. Oder ihr längster Tag und ihre längste Nacht dauren länger als 24 Stunden, nehmen zu, je weiter man gegen die Pole kömmt, und erhalten endlich unter den Polen selbst eine Dauer von 6 Monaten. Weil aber die Sonne, auch selbst zur Zeit dieser langen Tage, nur einen sehr niedrigen Stand am Himmel hat, mithin so stark, als bey uns, nicht wärmen kan, so gewinnt die Kälte augenscheinlich die Oberhand, und man findet beyde kalte Zonen, besonders die südliche, gröstentheils mit ungeheuren Eismassen bedeckt. Daher sind auch die Länder daselbst keiner sonderlichen Cultur fähig, und gröstentheils blos für die daselbst einheimischen Classen von Menschen bewohnbar.

Wenn man übrigens die Erdfläche in 1000 gleiche Theile theilt, so nehmen solcher Theile

der heiße Erdstrich398
die beyden gemäßigten520
die beyden kalten82
Summa 1000
ein. Also machen die zur Cultur vorzüglich geschickten gemäßigten Zonen über die Hälfte, die heiße überdies noch fast 2/5, und die kalte weniger als (1/10) des Ganzen aus. Diese Größen hängen von dem Winkel 23 1/2° oder von der Schiefe der Ekliptik ab, und da diese Schiefe sich mit dem Fortgange der Zeit zu vermindern scheint, so müssen die gemäßigten Erdstriche


der ſuͤdliche hingegen iſt uns faſt gaͤnzlich unbekannt, mit beſtaͤndigem Eiſe bedeckt, und ſeine Grenzen ſind, ſo viel wir wiſſen, nur ein einzigesmal vom Capitain Cook auf ſeiner zweyten Seereiſe beſchift worden.

Wenn die Sonne in einem der beyden Wendekreiſe ſteht, ſo faͤllt ihr ganzer Tagkreis uͤber den Horizont der Orte in der naͤchſten, und unter den Horizont der Orte in der entgegengeſetzten kalten Zone. Daher haben alle Orte der kalten Zone in jedem Jahre einen oder mehrere Tage, an welchen die Sonne gar nicht untergeht, an welchen ſie gar nicht aufgeht. Oder ihr laͤngſter Tag und ihre laͤngſte Nacht dauren laͤnger als 24 Stunden, nehmen zu, je weiter man gegen die Pole koͤmmt, und erhalten endlich unter den Polen ſelbſt eine Dauer von 6 Monaten. Weil aber die Sonne, auch ſelbſt zur Zeit dieſer langen Tage, nur einen ſehr niedrigen Stand am Himmel hat, mithin ſo ſtark, als bey uns, nicht waͤrmen kan, ſo gewinnt die Kaͤlte augenſcheinlich die Oberhand, und man findet beyde kalte Zonen, beſonders die ſuͤdliche, groͤſtentheils mit ungeheuren Eismaſſen bedeckt. Daher ſind auch die Laͤnder daſelbſt keiner ſonderlichen Cultur faͤhig, und groͤſtentheils blos fuͤr die daſelbſt einheimiſchen Claſſen von Menſchen bewohnbar.

Wenn man uͤbrigens die Erdflaͤche in 1000 gleiche Theile theilt, ſo nehmen ſolcher Theile

der heiße Erdſtrich398
die beyden gemaͤßigten520
die beyden kalten82
Summa 1000
ein. Alſo machen die zur Cultur vorzuͤglich geſchickten gemaͤßigten Zonen uͤber die Haͤlfte, die heiße uͤberdies noch faſt 2/5, und die kalte weniger als (1/10) des Ganzen aus. Dieſe Groͤßen haͤngen von dem Winkel 23 1/2° oder von der Schiefe der Ekliptik ab, und da dieſe Schiefe ſich mit dem Fortgange der Zeit zu vermindern ſcheint, ſo muͤſſen die gemaͤßigten Erdſtriche

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p><pb facs="#f0087" xml:id="P.2.81" n="81"/><lb/>
der &#x017F;u&#x0364;dliche hingegen i&#x017F;t uns fa&#x017F;t ga&#x0364;nzlich unbekannt, mit be&#x017F;ta&#x0364;ndigem Ei&#x017F;e bedeckt, und &#x017F;eine Grenzen &#x017F;ind, &#x017F;o viel wir wi&#x017F;&#x017F;en, nur ein einzigesmal vom Capitain <hi rendition="#b">Cook</hi> auf &#x017F;einer zweyten Seerei&#x017F;e be&#x017F;chift worden.</p>
            <p>Wenn die Sonne in einem der beyden Wendekrei&#x017F;e &#x017F;teht, &#x017F;o fa&#x0364;llt ihr ganzer Tagkreis u&#x0364;ber den Horizont der Orte in der na&#x0364;ch&#x017F;ten, und unter den Horizont der Orte in der entgegenge&#x017F;etzten kalten Zone. Daher haben alle Orte der kalten Zone in jedem Jahre einen oder mehrere Tage, an welchen die Sonne gar nicht untergeht, an welchen &#x017F;ie gar nicht aufgeht. Oder ihr la&#x0364;ng&#x017F;ter Tag und ihre la&#x0364;ng&#x017F;te Nacht dauren la&#x0364;nger als 24 Stunden, nehmen zu, je weiter man gegen die Pole ko&#x0364;mmt, und erhalten endlich unter den Polen &#x017F;elb&#x017F;t eine Dauer von 6 Monaten. Weil aber die Sonne, auch &#x017F;elb&#x017F;t zur Zeit die&#x017F;er langen Tage, nur einen &#x017F;ehr niedrigen Stand am Himmel hat, mithin &#x017F;o &#x017F;tark, als bey uns, nicht wa&#x0364;rmen kan, &#x017F;o gewinnt die Ka&#x0364;lte augen&#x017F;cheinlich die Oberhand, und man findet beyde kalte Zonen, be&#x017F;onders die &#x017F;u&#x0364;dliche, gro&#x0364;&#x017F;tentheils mit ungeheuren Eisma&#x017F;&#x017F;en bedeckt. Daher &#x017F;ind auch die La&#x0364;nder da&#x017F;elb&#x017F;t keiner &#x017F;onderlichen Cultur fa&#x0364;hig, und gro&#x0364;&#x017F;tentheils blos fu&#x0364;r die da&#x017F;elb&#x017F;t einheimi&#x017F;chen Cla&#x017F;&#x017F;en von Men&#x017F;chen bewohnbar.</p>
            <p>Wenn man u&#x0364;brigens die Erdfla&#x0364;che in 1000 gleiche Theile theilt, &#x017F;o nehmen &#x017F;olcher Theile <table><row><cell>der heiße Erd&#x017F;trich</cell><cell>398</cell></row><row><cell>die beyden gema&#x0364;ßigten</cell><cell>520</cell></row><row><cell>die beyden kalten</cell><cell>82</cell></row><row><cell>Summa 1000</cell></row></table> ein. Al&#x017F;o machen die zur Cultur vorzu&#x0364;glich ge&#x017F;chickten gema&#x0364;ßigten Zonen u&#x0364;ber die Ha&#x0364;lfte, die heiße u&#x0364;berdies noch fa&#x017F;t 2/5, und die kalte weniger als (1/10) des Ganzen aus. Die&#x017F;e Gro&#x0364;ßen ha&#x0364;ngen von dem Winkel 23 1/2° oder von der Schiefe der Ekliptik ab, und da die&#x017F;e Schiefe &#x017F;ich mit dem Fortgange der Zeit zu vermindern &#x017F;cheint, &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en die gema&#x0364;ßigten Erd&#x017F;triche<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[81/0087] der ſuͤdliche hingegen iſt uns faſt gaͤnzlich unbekannt, mit beſtaͤndigem Eiſe bedeckt, und ſeine Grenzen ſind, ſo viel wir wiſſen, nur ein einzigesmal vom Capitain Cook auf ſeiner zweyten Seereiſe beſchift worden. Wenn die Sonne in einem der beyden Wendekreiſe ſteht, ſo faͤllt ihr ganzer Tagkreis uͤber den Horizont der Orte in der naͤchſten, und unter den Horizont der Orte in der entgegengeſetzten kalten Zone. Daher haben alle Orte der kalten Zone in jedem Jahre einen oder mehrere Tage, an welchen die Sonne gar nicht untergeht, an welchen ſie gar nicht aufgeht. Oder ihr laͤngſter Tag und ihre laͤngſte Nacht dauren laͤnger als 24 Stunden, nehmen zu, je weiter man gegen die Pole koͤmmt, und erhalten endlich unter den Polen ſelbſt eine Dauer von 6 Monaten. Weil aber die Sonne, auch ſelbſt zur Zeit dieſer langen Tage, nur einen ſehr niedrigen Stand am Himmel hat, mithin ſo ſtark, als bey uns, nicht waͤrmen kan, ſo gewinnt die Kaͤlte augenſcheinlich die Oberhand, und man findet beyde kalte Zonen, beſonders die ſuͤdliche, groͤſtentheils mit ungeheuren Eismaſſen bedeckt. Daher ſind auch die Laͤnder daſelbſt keiner ſonderlichen Cultur faͤhig, und groͤſtentheils blos fuͤr die daſelbſt einheimiſchen Claſſen von Menſchen bewohnbar. Wenn man uͤbrigens die Erdflaͤche in 1000 gleiche Theile theilt, ſo nehmen ſolcher Theile der heiße Erdſtrich 398 die beyden gemaͤßigten 520 die beyden kalten 82 Summa 1000 ein. Alſo machen die zur Cultur vorzuͤglich geſchickten gemaͤßigten Zonen uͤber die Haͤlfte, die heiße uͤberdies noch faſt 2/5, und die kalte weniger als (1/10) des Ganzen aus. Dieſe Groͤßen haͤngen von dem Winkel 23 1/2° oder von der Schiefe der Ekliptik ab, und da dieſe Schiefe ſich mit dem Fortgange der Zeit zu vermindern ſcheint, ſo muͤſſen die gemaͤßigten Erdſtriche

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/87
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/87>, abgerufen am 24.11.2024.