Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.Kleine Körper erkalten unter gleichen Umständen eher, als große, und je größer die Oberfläche eines Körpers ist, um desto eher erkaltet er auch, wenn er von einem kältern umgeben wird. Man richtet deswegen alle Kühlgefäße so ein, daß die darein gegoßne flüßige Materie die Luft mit einer großen Oberfläche berühret. So wird auch das Erkalten durch Schütteln in der Luft oder im Wasser, durch den Wind, durch Blasen auf die Oberfläche u. dergl. befördert, weil durch diese Mittel alle Augenblicke von neuem kalte Luft hinzugeführet wird. Endlich erkaltet ein Körper desto stärker, je kälter derjenige ist, den er berührt; oder im Winter weit schneller, als im Sommer. Man sollte vermuthen, daß lockere Körper eher als dichte, erkalten, oder daß überhaupt die Erkaltung eines Körpers desto schneller erfolge, je dichter der benachbarte ist, der ihm die Wärme entzieht. Allein die Erfahrung stimmt hiemit nicht durchgängig überein. Richmann (Nov. Comment. Petrop. To. III. p. 309.) hat erwiesen, daß das Quecksilber, fast der dichteste Körper, den wir kennen, die Wärme weit schneller annehme und verliere, als das Wasser und viele andere Materien von weit geringerer Dichte. Daher ist es auch zum Thermometer so vorzüglich geschickt. In den ersten Augenblicken erkaltet ein Körper am stärksten, in den folgenden immer weniger. Richmann (Nov. Comm. Petrop. T. I. p. 174.) glaubte gefunden zu haben, daß sich die Abnahmen der Wärme in kleinen auf einander folgenden gleichen Zeiträumen verhielten, wie die Unterschiede der Wärme des erkaltenden und des berührenden Körpers, woraus er auch so, wie Lambert in seiner Pyrometrie, eine Methode, die Abnahmen der Wärme zu berechnen, herleitet; allein Erxleben (Nov. Comm. Soc. Gotting. T. I. p. 74.) findet, daß alle diese Regeln seinen darüber angestellten Erfahrungen widersprechen. Da man durch Vermischung des Eises mit Salzen und Säuren große Grade der Kälte hervorbringen kan (s. Kälte, künstliche), so kan man sich dieses Mittels auch zu Beförderung der Erkaltung bedienen. Auch die Ausdünstung erzeugt Kälte (s. Ausdünstung) und es ist längst Kleine Koͤrper erkalten unter gleichen Umſtaͤnden eher, als große, und je groͤßer die Oberflaͤche eines Koͤrpers iſt, um deſto eher erkaltet er auch, wenn er von einem kaͤltern umgeben wird. Man richtet deswegen alle Kuͤhlgefaͤße ſo ein, daß die darein gegoßne fluͤßige Materie die Luft mit einer großen Oberflaͤche beruͤhret. So wird auch das Erkalten durch Schuͤtteln in der Luft oder im Waſſer, durch den Wind, durch Blaſen auf die Oberflaͤche u. dergl. befoͤrdert, weil durch dieſe Mittel alle Augenblicke von neuem kalte Luft hinzugefuͤhret wird. Endlich erkaltet ein Koͤrper deſto ſtaͤrker, je kaͤlter derjenige iſt, den er beruͤhrt; oder im Winter weit ſchneller, als im Sommer. Man ſollte vermuthen, daß lockere Koͤrper eher als dichte, erkalten, oder daß uͤberhaupt die Erkaltung eines Koͤrpers deſto ſchneller erfolge, je dichter der benachbarte iſt, der ihm die Waͤrme entzieht. Allein die Erfahrung ſtimmt hiemit nicht durchgaͤngig uͤberein. Richmann (Nov. Comment. Petrop. To. III. p. 309.) hat erwieſen, daß das Queckſilber, faſt der dichteſte Koͤrper, den wir kennen, die Waͤrme weit ſchneller annehme und verliere, als das Waſſer und viele andere Materien von weit geringerer Dichte. Daher iſt es auch zum Thermometer ſo vorzuͤglich geſchickt. In den erſten Augenblicken erkaltet ein Koͤrper am ſtaͤrkſten, in den folgenden immer weniger. Richmann (Nov. Comm. Petrop. T. I. p. 174.) glaubte gefunden zu haben, daß ſich die Abnahmen der Waͤrme in kleinen auf einander folgenden gleichen Zeitraͤumen verhielten, wie die Unterſchiede der Waͤrme des erkaltenden und des beruͤhrenden Koͤrpers, woraus er auch ſo, wie Lambert in ſeiner Pyrometrie, eine Methode, die Abnahmen der Waͤrme zu berechnen, herleitet; allein Erxleben (Nov. Comm. Soc. Gotting. T. I. p. 74.) findet, daß alle dieſe Regeln ſeinen daruͤber angeſtellten Erfahrungen widerſprechen. Da man durch Vermiſchung des Eiſes mit Salzen und Saͤuren große Grade der Kaͤlte hervorbringen kan (ſ. Kaͤlte, kuͤnſtliche), ſo kan man ſich dieſes Mittels auch zu Befoͤrderung der Erkaltung bedienen. Auch die Ausduͤnſtung erzeugt Kaͤlte (ſ. Ausduͤnſtung) und es iſt laͤngſt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <p> <pb facs="#f0091" xml:id="P.2.85" n="85"/><lb/> </p> <p>Kleine Koͤrper erkalten unter gleichen Umſtaͤnden eher, als große, und je groͤßer die Oberflaͤche eines Koͤrpers iſt, um deſto eher erkaltet er auch, wenn er von einem kaͤltern umgeben wird. Man richtet deswegen alle Kuͤhlgefaͤße ſo ein, daß die darein gegoßne fluͤßige Materie die Luft mit einer großen Oberflaͤche beruͤhret. So wird auch das Erkalten durch Schuͤtteln in der Luft oder im Waſſer, durch den Wind, durch Blaſen auf die Oberflaͤche u. dergl. befoͤrdert, weil durch dieſe Mittel alle Augenblicke von neuem kalte Luft hinzugefuͤhret wird. Endlich erkaltet ein Koͤrper deſto ſtaͤrker, je kaͤlter derjenige iſt, den er beruͤhrt; oder im Winter weit ſchneller, als im Sommer.</p> <p>Man ſollte vermuthen, daß lockere Koͤrper eher als dichte, erkalten, oder daß uͤberhaupt die Erkaltung eines Koͤrpers deſto ſchneller erfolge, je dichter der benachbarte iſt, der ihm die Waͤrme entzieht. Allein die Erfahrung ſtimmt hiemit nicht durchgaͤngig uͤberein. <hi rendition="#b">Richmann</hi> (<hi rendition="#aq">Nov. Comment. Petrop. To. III. p. 309.</hi>) hat erwieſen, daß das Queckſilber, faſt der dichteſte Koͤrper, den wir kennen, die Waͤrme weit ſchneller annehme und verliere, als das Waſſer und viele andere Materien von weit geringerer Dichte. Daher iſt es auch zum Thermometer ſo vorzuͤglich geſchickt.</p> <p>In den erſten Augenblicken erkaltet ein Koͤrper am ſtaͤrkſten, in den folgenden immer weniger. <hi rendition="#b">Richmann</hi> (<hi rendition="#aq">Nov. Comm. Petrop. T. 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Kleine Koͤrper erkalten unter gleichen Umſtaͤnden eher, als große, und je groͤßer die Oberflaͤche eines Koͤrpers iſt, um deſto eher erkaltet er auch, wenn er von einem kaͤltern umgeben wird. Man richtet deswegen alle Kuͤhlgefaͤße ſo ein, daß die darein gegoßne fluͤßige Materie die Luft mit einer großen Oberflaͤche beruͤhret. So wird auch das Erkalten durch Schuͤtteln in der Luft oder im Waſſer, durch den Wind, durch Blaſen auf die Oberflaͤche u. dergl. befoͤrdert, weil durch dieſe Mittel alle Augenblicke von neuem kalte Luft hinzugefuͤhret wird. Endlich erkaltet ein Koͤrper deſto ſtaͤrker, je kaͤlter derjenige iſt, den er beruͤhrt; oder im Winter weit ſchneller, als im Sommer.
Man ſollte vermuthen, daß lockere Koͤrper eher als dichte, erkalten, oder daß uͤberhaupt die Erkaltung eines Koͤrpers deſto ſchneller erfolge, je dichter der benachbarte iſt, der ihm die Waͤrme entzieht. Allein die Erfahrung ſtimmt hiemit nicht durchgaͤngig uͤberein. Richmann (Nov. Comment. Petrop. To. III. p. 309.) hat erwieſen, daß das Queckſilber, faſt der dichteſte Koͤrper, den wir kennen, die Waͤrme weit ſchneller annehme und verliere, als das Waſſer und viele andere Materien von weit geringerer Dichte. Daher iſt es auch zum Thermometer ſo vorzuͤglich geſchickt.
In den erſten Augenblicken erkaltet ein Koͤrper am ſtaͤrkſten, in den folgenden immer weniger. Richmann (Nov. Comm. Petrop. T. I. p. 174.) glaubte gefunden zu haben, daß ſich die Abnahmen der Waͤrme in kleinen auf einander folgenden gleichen Zeitraͤumen verhielten, wie die Unterſchiede der Waͤrme des erkaltenden und des beruͤhrenden Koͤrpers, woraus er auch ſo, wie Lambert in ſeiner Pyrometrie, eine Methode, die Abnahmen der Waͤrme zu berechnen, herleitet; allein Erxleben (Nov. Comm. Soc. Gotting. T. I. p. 74.) findet, daß alle dieſe Regeln ſeinen daruͤber angeſtellten Erfahrungen widerſprechen.
Da man durch Vermiſchung des Eiſes mit Salzen und Saͤuren große Grade der Kaͤlte hervorbringen kan (ſ. Kaͤlte, kuͤnſtliche), ſo kan man ſich dieſes Mittels auch zu Befoͤrderung der Erkaltung bedienen. Auch die Ausduͤnſtung erzeugt Kaͤlte (ſ. Ausduͤnſtung) und es iſt laͤngſt
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