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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

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erklärt er daraus, daß sich die nördliche Materie am einen mit der südlichen am andern ins Gleichgewicht setzt, daher die Elasticität der umgebenden Materie die Magnete zusammentreibt. Man sieht, daß er sich nicht mit dem simpeln Phänomene der Anziehung besriedigen will, sondern noch eine Ursache davon sucht, und diese im Drucke der umgebenden Materie zu finden glaubt. Wenn man diese Idce entfernt, und seine Ausdrücke nach der gewöhnlichen Sprache durch Anziehen, Abstoßen, Binden, Freylassen übersetzt, so enthält sein Buch einen wahren Schatz von wichtigen Beobachtungen, welche unabhängig von allen Hypothesen die wahren Gesetze des Magnetismus bestärken.

Herr Kratzenstein (s. Lichtenbergs Magaz. für das Neuste aus der Phys. I. B. 4. St. S. 132. u. f.) sucht die magnetischen Erscheinungen aus einer oscillirenden oder wellenförmigen Bewegung der magnetischen Materie herzuleiten, bey der sich die Welle an einem Pole zusammenzieht, wenn die am andern sich ausbreitet. Die kleinern Theile des Magnets oscilliren übereinstimmend mit den Wellen der allgemeinen magnetischen Atmosphäre, wie gleichgestimmte Saiten in schallender Luft. Das Eisen ist dieser Vibrationen fähig, weil ihm die merkurialische Elementarerde mangelt, die in den andern Metallen ähnliche Bewegungen hindert. In den übrigen Körpern ist vermuthlich die Gegenwart des Acidums, oder der Mangel des Brennbaren, oder die geringe Dichte Schuld an dem Mangel der magnetischen Eigenschaften. Alle diese Behauptungen möchten wohl eben so schwer, als das Daseyn der Merkurialerde in den Metallen, zu beweisen seyn.

Herr Gabler (Naturlehre, München, 1778. 8. ingleichen Theoria magnetis, explicauit Matth. Gabler. Ingolst. 1781. 8.) bringt die Theorie des Magnets auf den Satz, daß alle Eisentheilchen, jedes für sich, wahre Magneten sind, und im Eisen nur wegen ihrer unordentlichen Lage keine magnetischen Erscheinungen äußern können. Dies ist sehr sinnreich ausgedacht, und es läßt sich ungemein viel


erklaͤrt er daraus, daß ſich die noͤrdliche Materie am einen mit der ſuͤdlichen am andern ins Gleichgewicht ſetzt, daher die Elaſticitaͤt der umgebenden Materie die Magnete zuſammentreibt. Man ſieht, daß er ſich nicht mit dem ſimpeln Phaͤnomene der Anziehung beſriedigen will, ſondern noch eine Urſache davon ſucht, und dieſe im Drucke der umgebenden Materie zu finden glaubt. Wenn man dieſe Idce entfernt, und ſeine Ausdruͤcke nach der gewoͤhnlichen Sprache durch Anziehen, Abſtoßen, Binden, Freylaſſen uͤberſetzt, ſo enthaͤlt ſein Buch einen wahren Schatz von wichtigen Beobachtungen, welche unabhaͤngig von allen Hypotheſen die wahren Geſetze des Magnetismus beſtaͤrken.

Herr Kratzenſtein (ſ. Lichtenbergs Magaz. fuͤr das Neuſte aus der Phyſ. I. B. 4. St. S. 132. u. f.) ſucht die magnetiſchen Erſcheinungen aus einer oſcillirenden oder wellenfoͤrmigen Bewegung der magnetiſchen Materie herzuleiten, bey der ſich die Welle an einem Pole zuſammenzieht, wenn die am andern ſich ausbreitet. Die kleinern Theile des Magnets oſcilliren uͤbereinſtimmend mit den Wellen der allgemeinen magnetiſchen Atmoſphaͤre, wie gleichgeſtimmte Saiten in ſchallender Luft. Das Eiſen iſt dieſer Vibrationen faͤhig, weil ihm die merkurialiſche Elementarerde mangelt, die in den andern Metallen aͤhnliche Bewegungen hindert. In den uͤbrigen Koͤrpern iſt vermuthlich die Gegenwart des Acidums, oder der Mangel des Brennbaren, oder die geringe Dichte Schuld an dem Mangel der magnetiſchen Eigenſchaften. Alle dieſe Behauptungen moͤchten wohl eben ſo ſchwer, als das Daſeyn der Merkurialerde in den Metallen, zu beweiſen ſeyn.

Herr Gabler (Naturlehre, Muͤnchen, 1778. 8. ingleichen Theoria magnetis, explicauit Matth. Gabler. Ingolſt. 1781. 8.) bringt die Theorie des Magnets auf den Satz, daß alle Eiſentheilchen, jedes fuͤr ſich, wahre Magneten ſind, und im Eiſen nur wegen ihrer unordentlichen Lage keine magnetiſchen Erſcheinungen aͤußern koͤnnen. Dies iſt ſehr ſinnreich ausgedacht, und es laͤßt ſich ungemein viel

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[124/0130] erklaͤrt er daraus, daß ſich die noͤrdliche Materie am einen mit der ſuͤdlichen am andern ins Gleichgewicht ſetzt, daher die Elaſticitaͤt der umgebenden Materie die Magnete zuſammentreibt. Man ſieht, daß er ſich nicht mit dem ſimpeln Phaͤnomene der Anziehung beſriedigen will, ſondern noch eine Urſache davon ſucht, und dieſe im Drucke der umgebenden Materie zu finden glaubt. Wenn man dieſe Idce entfernt, und ſeine Ausdruͤcke nach der gewoͤhnlichen Sprache durch Anziehen, Abſtoßen, Binden, Freylaſſen uͤberſetzt, ſo enthaͤlt ſein Buch einen wahren Schatz von wichtigen Beobachtungen, welche unabhaͤngig von allen Hypotheſen die wahren Geſetze des Magnetismus beſtaͤrken. Herr Kratzenſtein (ſ. Lichtenbergs Magaz. fuͤr das Neuſte aus der Phyſ. I. B. 4. St. S. 132. u. f.) ſucht die magnetiſchen Erſcheinungen aus einer oſcillirenden oder wellenfoͤrmigen Bewegung der magnetiſchen Materie herzuleiten, bey der ſich die Welle an einem Pole zuſammenzieht, wenn die am andern ſich ausbreitet. Die kleinern Theile des Magnets oſcilliren uͤbereinſtimmend mit den Wellen der allgemeinen magnetiſchen Atmoſphaͤre, wie gleichgeſtimmte Saiten in ſchallender Luft. Das Eiſen iſt dieſer Vibrationen faͤhig, weil ihm die merkurialiſche Elementarerde mangelt, die in den andern Metallen aͤhnliche Bewegungen hindert. In den uͤbrigen Koͤrpern iſt vermuthlich die Gegenwart des Acidums, oder der Mangel des Brennbaren, oder die geringe Dichte Schuld an dem Mangel der magnetiſchen Eigenſchaften. Alle dieſe Behauptungen moͤchten wohl eben ſo ſchwer, als das Daſeyn der Merkurialerde in den Metallen, zu beweiſen ſeyn. Herr Gabler (Naturlehre, Muͤnchen, 1778. 8. ingleichen Theoria magnetis, explicauit Matth. Gabler. Ingolſt. 1781. 8.) bringt die Theorie des Magnets auf den Satz, daß alle Eiſentheilchen, jedes fuͤr ſich, wahre Magneten ſind, und im Eiſen nur wegen ihrer unordentlichen Lage keine magnetiſchen Erſcheinungen aͤußern koͤnnen. Dies iſt ſehr ſinnreich ausgedacht, und es laͤßt ſich ungemein viel

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/130>, abgerufen am 21.11.2024.