Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Hingegen ist mehr als zu wohl bekannt, daß die Wirkungen, welche Meßmet anfänglich in Wien, und dann in Paris, vermittelst des Magnets im menschlichen Körper hervorzubringen suchte, Anlaß zu einer ganz neuen und sonderbaren Idee vom thierischen Magnetismus gegeben haben, der zufolge man durch gewisse Behandlungen und Manipulationen des Körpers mit oder ohne Magnet geheime Kräfte erwecken und mittelst verborgner Einflüsse Desorganisation, Somnambulismus, Divinationsvermögen, Crisen, Heilung vieler Krankheiten und andere Wunder bewirken will. Einsichtsvolle Männer haben dies aufs höchste für ein Spiel erklärt, das man mit der Einbildungskraft nervenkranker oder sonst getäuschter Menschen treibt (s. Rapport des Commissaires charges par le Roi de l'examen du magnetisme animal. Paris, 1784. 4.): unläugbar aber hat sich auch Schwärmercy, und oft sogat grober Betrug, in die Sache gemischt. Hoffentlich werden diese Täuschungen, wie viele andere, von selbst aufhören, wenn ihre Zeit vorüber senn wird. Da sie mit dem physikalischen Magnetismus nichts gemein haben, und die jetzigen Magnetiseurs sogar den Magnet nicht mehr gebrauchen, so gehört alles dies nur in sofern hieher, als man dabey den Namen Magnetismus mißbraucht: übrigens ist es der Würde des Physikers gemäß, ganz davon zu schweigen. D. Ingenhouß (Vom Magnete, in s. Vermischten Schriften, Th. I. S. 411.), ein eben so einsichtsvoller Arzt, als großer Naturforscher, drückt sich über die wiener Vorgänge mit folgenden Worten aus: "Ich weiß keine sichere "Thatsache, welche bewiese, daß die magnetische Kraft auf "die thierische Haushaltung einigen Einfluß habe. Das, "was ich selbst zu sehen Gelegenheit hatte, und welches am "meisten Geschrey machte, und gewissen übrigens einsichts"vollen Personen das größte Vertrauen einflößte, hat, im "Grunde untersucht, mich dergestalt entfernt, ihm je"mals den mindesten Glauben beyzumessen, daß es sogar
Hingegen iſt mehr als zu wohl bekannt, daß die Wirkungen, welche Meßmet anfaͤnglich in Wien, und dann in Paris, vermittelſt des Magnets im menſchlichen Koͤrper hervorzubringen ſuchte, Anlaß zu einer ganz neuen und ſonderbaren Idee vom thieriſchen Magnetismus gegeben haben, der zufolge man durch gewiſſe Behandlungen und Manipulationen des Koͤrpers mit oder ohne Magnet geheime Kraͤfte erwecken und mittelſt verborgner Einfluͤſſe Desorganiſation, Somnambulismus, Divinationsvermoͤgen, Criſen, Heilung vieler Krankheiten und andere Wunder bewirken will. Einſichtsvolle Maͤnner haben dies aufs hoͤchſte fuͤr ein Spiel erklaͤrt, das man mit der Einbildungskraft nervenkranker oder ſonſt getaͤuſchter Menſchen treibt (ſ. Rapport des Commiſſaires chargés par le Roi de l'examen du magnetisme animal. Paris, 1784. 4.): unlaͤugbar aber hat ſich auch Schwaͤrmercy, und oft ſogat grober Betrug, in die Sache gemiſcht. Hoffentlich werden dieſe Taͤuſchungen, wie viele andere, von ſelbſt aufhoͤren, wenn ihre Zeit voruͤber ſenn wird. Da ſie mit dem phyſikaliſchen Magnetismus nichts gemein haben, und die jetzigen Magnetiſeurs ſogar den Magnet nicht mehr gebrauchen, ſo gehoͤrt alles dies nur in ſofern hieher, als man dabey den Namen Magnetismus mißbraucht: uͤbrigens iſt es der Wuͤrde des Phyſikers gemaͤß, ganz davon zu ſchweigen. D. Ingenhouß (Vom Magnete, in ſ. Vermiſchten Schriften, Th. I. S. 411.), ein eben ſo einſichtsvoller Arzt, als großer Naturforſcher, druͤckt ſich uͤber die wiener Vorgaͤnge mit folgenden Worten aus: ”Ich weiß keine ſichere ”Thatſache, welche bewieſe, daß die magnetiſche Kraft auf ”die thieriſche Haushaltung einigen Einfluß habe. Das, ”was ich ſelbſt zu ſehen Gelegenheit hatte, und welches am ”meiſten Geſchrey machte, und gewiſſen uͤbrigens einſichts”vollen Perſonen das groͤßte Vertrauen einfloͤßte, hat, im ”Grunde unterſucht, mich dergeſtalt entfernt, ihm je”mals den mindeſten Glauben beyzumeſſen, daß es ſogar <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0134" xml:id="P.3.128" n="128"/><lb/> allein man hat von dem allen noch keine ſichern Erfahrungen.</p> <p>Hingegen iſt mehr als zu wohl bekannt, daß die Wirkungen, welche <hi rendition="#b">Meßmet</hi> anfaͤnglich in Wien, und dann in Paris, vermittelſt des Magnets im menſchlichen Koͤrper hervorzubringen ſuchte, Anlaß zu einer ganz neuen und ſonderbaren Idee vom thieriſchen <hi rendition="#b">Magnetismus</hi> gegeben haben, der zufolge man durch gewiſſe Behandlungen und Manipulationen des Koͤrpers mit oder ohne Magnet geheime Kraͤfte erwecken und mittelſt verborgner Einfluͤſſe Desorganiſation, Somnambulismus, Divinationsvermoͤgen, Criſen, Heilung vieler Krankheiten und andere Wunder bewirken will. Einſichtsvolle Maͤnner haben dies aufs hoͤchſte fuͤr ein Spiel erklaͤrt, das man mit der Einbildungskraft nervenkranker oder ſonſt getaͤuſchter Menſchen treibt (ſ. <hi rendition="#aq">Rapport des Commiſſaires chargés par le Roi de l'examen du magnetisme animal. Paris, 1784. 4.</hi>): unlaͤugbar aber hat ſich auch Schwaͤrmercy, und oft ſogat grober Betrug, in die Sache gemiſcht. Hoffentlich werden dieſe Taͤuſchungen, wie viele andere, von ſelbſt aufhoͤren, wenn ihre Zeit voruͤber ſenn wird. Da ſie mit dem phyſikaliſchen Magnetismus nichts gemein haben, und die jetzigen Magnetiſeurs ſogar den Magnet nicht mehr gebrauchen, ſo gehoͤrt alles dies nur in ſofern hieher, als man dabey den Namen <hi rendition="#b">Magnetismus</hi> mißbraucht: uͤbrigens iſt es der Wuͤrde des Phyſikers gemaͤß, ganz davon zu ſchweigen.</p> <p><hi rendition="#b">D. Ingenhouß</hi> (Vom Magnete, in ſ. Vermiſchten Schriften, Th. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 411.), ein eben ſo einſichtsvoller Arzt, als großer Naturforſcher, druͤckt ſich uͤber die wiener Vorgaͤnge mit folgenden Worten aus: ”Ich weiß keine ſichere ”Thatſache, welche bewieſe, daß die magnetiſche Kraft auf ”die thieriſche Haushaltung einigen Einfluß habe. Das, ”was ich ſelbſt zu ſehen Gelegenheit hatte, und welches am ”meiſten Geſchrey machte, und gewiſſen uͤbrigens einſichts”vollen Perſonen das groͤßte Vertrauen einfloͤßte, hat, im ”Grunde unterſucht, mich dergeſtalt entfernt, ihm je”mals den mindeſten Glauben beyzumeſſen, daß es ſogar<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [128/0134]
allein man hat von dem allen noch keine ſichern Erfahrungen.
Hingegen iſt mehr als zu wohl bekannt, daß die Wirkungen, welche Meßmet anfaͤnglich in Wien, und dann in Paris, vermittelſt des Magnets im menſchlichen Koͤrper hervorzubringen ſuchte, Anlaß zu einer ganz neuen und ſonderbaren Idee vom thieriſchen Magnetismus gegeben haben, der zufolge man durch gewiſſe Behandlungen und Manipulationen des Koͤrpers mit oder ohne Magnet geheime Kraͤfte erwecken und mittelſt verborgner Einfluͤſſe Desorganiſation, Somnambulismus, Divinationsvermoͤgen, Criſen, Heilung vieler Krankheiten und andere Wunder bewirken will. Einſichtsvolle Maͤnner haben dies aufs hoͤchſte fuͤr ein Spiel erklaͤrt, das man mit der Einbildungskraft nervenkranker oder ſonſt getaͤuſchter Menſchen treibt (ſ. Rapport des Commiſſaires chargés par le Roi de l'examen du magnetisme animal. Paris, 1784. 4.): unlaͤugbar aber hat ſich auch Schwaͤrmercy, und oft ſogat grober Betrug, in die Sache gemiſcht. Hoffentlich werden dieſe Taͤuſchungen, wie viele andere, von ſelbſt aufhoͤren, wenn ihre Zeit voruͤber ſenn wird. Da ſie mit dem phyſikaliſchen Magnetismus nichts gemein haben, und die jetzigen Magnetiſeurs ſogar den Magnet nicht mehr gebrauchen, ſo gehoͤrt alles dies nur in ſofern hieher, als man dabey den Namen Magnetismus mißbraucht: uͤbrigens iſt es der Wuͤrde des Phyſikers gemaͤß, ganz davon zu ſchweigen.
D. Ingenhouß (Vom Magnete, in ſ. Vermiſchten Schriften, Th. I. S. 411.), ein eben ſo einſichtsvoller Arzt, als großer Naturforſcher, druͤckt ſich uͤber die wiener Vorgaͤnge mit folgenden Worten aus: ”Ich weiß keine ſichere ”Thatſache, welche bewieſe, daß die magnetiſche Kraft auf ”die thieriſche Haushaltung einigen Einfluß habe. Das, ”was ich ſelbſt zu ſehen Gelegenheit hatte, und welches am ”meiſten Geſchrey machte, und gewiſſen uͤbrigens einſichts”vollen Perſonen das groͤßte Vertrauen einfloͤßte, hat, im ”Grunde unterſucht, mich dergeſtalt entfernt, ihm je”mals den mindeſten Glauben beyzumeſſen, daß es ſogar
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