Scharfsinn der Griechen die Theorie der Meßkunst gehörig entwickelt. Unter allen übrigen Schulen zeichnete sich hierinn die platonische am meisten aus. Plato selbst war der Erfinder der geometrischen Analysis, und seine Schüler legten durch die Betrachtung der Kegelschnitte den ersten Grund zur höhern Geometrie. Hauptsächlich gaben zu diesen Erweiterungen der Meßkunst die Aufgaben von Verdoppelung des Würfels und Trisection des Winkels Anlaß, mit welchen sich die meisten Geometern der damaligen Zeit beschäftigten, deren Bemühungen uns Proclus im Commentar über das erste Buch des Euklides aufbehalten hat. Nächst der platonischen Schule haben die Gelehrten des Museum zu Alerandrien die ausgezeichnetsten Verdienste um die mathematischen Wissenschaften. In dieser berühmten Stiftung der Ptolemäer lebte 300 Jahre vor C. G. Euklides, welcher die bis dahin erfundenen Sätze der Geometrie und der Lehre von den Verhältnissen unter dem Titel der Elemente ([fremdsprachliches Material]*stoixeias. Elementa) in dreyzehn Büchern so vortreflich ordnete, und so scharf erwies, daß sein System noch bis jetzt als das beste Muster des geometrischen Vortrags und der ächten Strenge der Demonstration angesehen wird. Von diesen dreyzehn Büchern des Euklid führt der Theil der Meßkunst, welcher sich auf die Betrachtung der geraden Linie und des Kreises gründet, den Namen der Elementargeometrie. Ein anderer alerandrinischer Mathematiker, Hypsikles, setzte in spätern Zeiten noch zwey Bücher hinzu, welche die Lehre von den regulären Körpern betreffen. Archimedes zu Syrakus bereicherte die Meßkunst mit der Lehre von der Kreismessung und einigen andern wichtigen Erfindungen. Hundert Jahr nach dem Euklid schrieb Apollonius von Perga, ebenfalls im Museum zu Alerandrien, sieben Bücher von den Kegelschnitten (Conica), welche die ersten Gründe der höhern Geometrie enthalten. Die alerandrinische Schule blühte bis in das 7te Jahrhundert nach C. G., und war bis dahin immer fruchtbar an vorzüglichen Mathematikern, unter welchen sich in Absicht auf reine Mathematik Diophantus, der Verfasser von dreyzehn Büchern
Scharfſinn der Griechen die Theorie der Meßkunſt gehoͤrig entwickelt. Unter allen uͤbrigen Schulen zeichnete ſich hierinn die platoniſche am meiſten aus. Plato ſelbſt war der Erfinder der geometriſchen Analyſis, und ſeine Schuͤler legten durch die Betrachtung der Kegelſchnitte den erſten Grund zur hoͤhern Geometrie. Hauptſaͤchlich gaben zu dieſen Erweiterungen der Meßkunſt die Aufgaben von Verdoppelung des Wuͤrfels und Triſection des Winkels Anlaß, mit welchen ſich die meiſten Geometern der damaligen Zeit beſchaͤftigten, deren Bemuͤhungen uns Proclus im Commentar uͤber das erſte Buch des Euklides aufbehalten hat. Naͤchſt der platoniſchen Schule haben die Gelehrten des Muſeum zu Alerandrien die ausgezeichnetſten Verdienſte um die mathematiſchen Wiſſenſchaften. In dieſer beruͤhmten Stiftung der Ptolemaͤer lebte 300 Jahre vor C. G. Euklides, welcher die bis dahin erfundenen Saͤtze der Geometrie und der Lehre von den Verhaͤltniſſen unter dem Titel der Elemente ([fremdsprachliches Material]*stoixeiaſ. Elementa) in dreyzehn Buͤchern ſo vortreflich ordnete, und ſo ſcharf erwies, daß ſein Syſtem noch bis jetzt als das beſte Muſter des geometriſchen Vortrags und der aͤchten Strenge der Demonſtration angeſehen wird. Von dieſen dreyzehn Buͤchern des Euklid fuͤhrt der Theil der Meßkunſt, welcher ſich auf die Betrachtung der geraden Linie und des Kreiſes gruͤndet, den Namen der Elementargeometrie. Ein anderer alerandriniſcher Mathematiker, Hypſikles, ſetzte in ſpaͤtern Zeiten noch zwey Buͤcher hinzu, welche die Lehre von den regulaͤren Koͤrpern betreffen. Archimedes zu Syrakus bereicherte die Meßkunſt mit der Lehre von der Kreismeſſung und einigen andern wichtigen Erfindungen. Hundert Jahr nach dem Euklid ſchrieb Apollonius von Perga, ebenfalls im Muſeum zu Alerandrien, ſieben Buͤcher von den Kegelſchnitten (Conica), welche die erſten Gruͤnde der hoͤhern Geometrie enthalten. Die alerandriniſche Schule bluͤhte bis in das 7te Jahrhundert nach C. G., und war bis dahin immer fruchtbar an vorzuͤglichen Mathematikern, unter welchen ſich in Abſicht auf reine Mathematik Diophantus, der Verfaſſer von dreyzehn Buͤchern
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Scharfſinn der Griechen die Theorie der Meßkunſt gehoͤrig entwickelt. Unter allen uͤbrigen Schulen zeichnete ſich hierinn die platoniſche am meiſten aus. Plato ſelbſt war der Erfinder der geometriſchen Analyſis, und ſeine Schuͤler legten durch die Betrachtung der Kegelſchnitte den erſten Grund zur hoͤhern Geometrie. Hauptſaͤchlich gaben zu dieſen Erweiterungen der Meßkunſt die Aufgaben von Verdoppelung des Wuͤrfels und Triſection des Winkels Anlaß, mit welchen ſich die meiſten Geometern der damaligen Zeit beſchaͤftigten, deren Bemuͤhungen uns Proclus im Commentar uͤber das erſte Buch des Euklides aufbehalten hat. Naͤchſt der platoniſchen Schule haben die Gelehrten des Muſeum zu Alerandrien die ausgezeichnetſten Verdienſte um die mathematiſchen Wiſſenſchaften. In dieſer beruͤhmten Stiftung der Ptolemaͤer lebte 300 Jahre vor C. G. Euklides, welcher die bis dahin erfundenen Saͤtze der Geometrie und der Lehre von den Verhaͤltniſſen unter dem Titel der Elemente (_ ſ. Elementa) in dreyzehn Buͤchern ſo vortreflich ordnete, und ſo ſcharf erwies, daß ſein Syſtem noch bis jetzt als das beſte Muſter des geometriſchen Vortrags und der aͤchten Strenge der Demonſtration angeſehen wird. Von dieſen dreyzehn Buͤchern des Euklid fuͤhrt der Theil der Meßkunſt, welcher ſich auf die Betrachtung der geraden Linie und des Kreiſes gruͤndet, den Namen der Elementargeometrie. Ein anderer alerandriniſcher Mathematiker, Hypſikles, ſetzte in ſpaͤtern Zeiten noch zwey Buͤcher hinzu, welche die Lehre von den regulaͤren Koͤrpern betreffen. Archimedes zu Syrakus bereicherte die Meßkunſt mit der Lehre von der Kreismeſſung und einigen andern wichtigen Erfindungen. Hundert Jahr nach dem Euklid ſchrieb Apollonius von Perga, ebenfalls im Muſeum zu Alerandrien, ſieben Buͤcher von den Kegelſchnitten (Conica), welche die erſten Gruͤnde der hoͤhern Geometrie enthalten. Die alerandriniſche Schule bluͤhte bis in das 7te Jahrhundert nach C. G., und war bis dahin immer fruchtbar an vorzuͤglichen Mathematikern, unter welchen ſich in Abſicht auf reine Mathematik Diophantus, der Verfaſſer von dreyzehn Buͤchern
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/168>, abgerufen am 24.11.2024.
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