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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

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und schwerer ist, mithin unterwärts ausweicht, indem das süßere und leichtere Wasser der Pole auf der Oberfläche hin entgegenströmt. Neuere Seefahrer gedenken dieses letztern Stroms nicht mehr. Particuläre Ströme an einzelnen Orten entstehen größtentheils aus der Ebbe und Fluth durch die besondere Lage der Inseln, Küsten und Klippen.

Zum Schluß dieses Artikels muß ich noch der berühmten Frage von der beständigen Abnahme des Meerwassers gedenken. Dalin betrachtete in seiner Geschichte Schwedens dieses Land als ein neuentstandenes, und gründete seine Behauptung darauf, daß gewisse jetzt trockne Gegenden ehedem unter Wasser gestanden hätten, und einige in vorigen Zeiten ausgehauene Merkmale der Wasserhöhe jetzt ziemlich hoch über der Meeresfläche stünden. Dies veranlaßte den Professor Celsius zu einigen Veranstaltungen, wodurch er im Jahre 1743 zu finden glaubte, daß die Meereshöhe an den schwedischen Küsten jährlich um 4 1/2 Decimal-Linien, d. i. in 1000 Jahren um 45 Schuhe abnehme. Man findet bey dem Worte: Erdkugel (Th. II. S. 62.), daß de Mailler etwas ähnliches an den Küsten des mittelländischen Meeres wahrzunehmen geglaubt, und darauf eine eigne Hypothese über die Bildung der Erde gebaut hat. Linne (Oratio de telluris habitabilis incremento, in Amoen. acad. Vol. II. p. 402.) behauptete, die Menge des Wassers vermindere sich durch eine beständige Verwandlung desselben in Erde, und das bewohnbare Land werde dadurch immerfort vergrößert. Der Bischof Browallius hingegen (Histor. und physik. Unters. von der vorgegebnen Verminderung des Wassers rc. Stockholm, 1756. 8.) suchte diese Meinung zu widerlegen, und erklärte die bemerkten Veränderungen blos für local und relativ. Um die Frage mit Gewißheit zu entscheiden, wären weit mehr Erfahrungen von allen Küsten des Meeres nöthig. Den bisherigen läßt sich das entgegen setzen, daß man eben so gewiß Stellen findet, die ehedem trocken waren, und jetzt vom Meere überschwemmt sind, Und wüßte man auch gewiß, daß die ganze Meeresfläche jetzt niedriger, als vorzeiten, stünde, so folgte doch daraus noch nicht die Verminderung des Wassers, weil Veränderungen


und ſchwerer iſt, mithin unterwaͤrts ausweicht, indem das ſuͤßere und leichtere Waſſer der Pole auf der Oberflaͤche hin entgegenſtroͤmt. Neuere Seefahrer gedenken dieſes letztern Stroms nicht mehr. Particulaͤre Stroͤme an einzelnen Orten entſtehen groͤßtentheils aus der Ebbe und Fluth durch die beſondere Lage der Inſeln, Kuͤſten und Klippen.

Zum Schluß dieſes Artikels muß ich noch der beruͤhmten Frage von der beſtaͤndigen Abnahme des Meerwaſſers gedenken. Dalin betrachtete in ſeiner Geſchichte Schwedens dieſes Land als ein neuentſtandenes, und gruͤndete ſeine Behauptung darauf, daß gewiſſe jetzt trockne Gegenden ehedem unter Waſſer geſtanden haͤtten, und einige in vorigen Zeiten ausgehauene Merkmale der Waſſerhoͤhe jetzt ziemlich hoch uͤber der Meeresflaͤche ſtuͤnden. Dies veranlaßte den Profeſſor Celſius zu einigen Veranſtaltungen, wodurch er im Jahre 1743 zu finden glaubte, daß die Meereshoͤhe an den ſchwediſchen Kuͤſten jaͤhrlich um 4 1/2 Decimal-Linien, d. i. in 1000 Jahren um 45 Schuhe abnehme. Man findet bey dem Worte: Erdkugel (Th. II. S. 62.), daß de Mailler etwas aͤhnliches an den Kuͤſten des mittellaͤndiſchen Meeres wahrzunehmen geglaubt, und darauf eine eigne Hypotheſe uͤber die Bildung der Erde gebaut hat. Linne (Oratio de telluris habitabilis incremento, in Amoen. acad. Vol. II. p. 402.) behauptete, die Menge des Waſſers vermindere ſich durch eine beſtaͤndige Verwandlung deſſelben in Erde, und das bewohnbare Land werde dadurch immerfort vergroͤßert. Der Biſchof Browallius hingegen (Hiſtor. und phyſik. Unterſ. von der vorgegebnen Verminderung des Waſſers rc. Stockholm, 1756. 8.) ſuchte dieſe Meinung zu widerlegen, und erklaͤrte die bemerkten Veraͤnderungen blos fuͤr local und relativ. Um die Frage mit Gewißheit zu entſcheiden, waͤren weit mehr Erfahrungen von allen Kuͤſten des Meeres noͤthig. Den bisherigen laͤßt ſich das entgegen ſetzen, daß man eben ſo gewiß Stellen findet, die ehedem trocken waren, und jetzt vom Meere uͤberſchwemmt ſind, Und wuͤßte man auch gewiß, daß die ganze Meeresflaͤche jetzt niedriger, als vorzeiten, ſtuͤnde, ſo folgte doch daraus noch nicht die Verminderung des Waſſers, weil Veraͤnderungen

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[185/0191] und ſchwerer iſt, mithin unterwaͤrts ausweicht, indem das ſuͤßere und leichtere Waſſer der Pole auf der Oberflaͤche hin entgegenſtroͤmt. Neuere Seefahrer gedenken dieſes letztern Stroms nicht mehr. Particulaͤre Stroͤme an einzelnen Orten entſtehen groͤßtentheils aus der Ebbe und Fluth durch die beſondere Lage der Inſeln, Kuͤſten und Klippen. Zum Schluß dieſes Artikels muß ich noch der beruͤhmten Frage von der beſtaͤndigen Abnahme des Meerwaſſers gedenken. Dalin betrachtete in ſeiner Geſchichte Schwedens dieſes Land als ein neuentſtandenes, und gruͤndete ſeine Behauptung darauf, daß gewiſſe jetzt trockne Gegenden ehedem unter Waſſer geſtanden haͤtten, und einige in vorigen Zeiten ausgehauene Merkmale der Waſſerhoͤhe jetzt ziemlich hoch uͤber der Meeresflaͤche ſtuͤnden. Dies veranlaßte den Profeſſor Celſius zu einigen Veranſtaltungen, wodurch er im Jahre 1743 zu finden glaubte, daß die Meereshoͤhe an den ſchwediſchen Kuͤſten jaͤhrlich um 4 1/2 Decimal-Linien, d. i. in 1000 Jahren um 45 Schuhe abnehme. Man findet bey dem Worte: Erdkugel (Th. II. S. 62.), daß de Mailler etwas aͤhnliches an den Kuͤſten des mittellaͤndiſchen Meeres wahrzunehmen geglaubt, und darauf eine eigne Hypotheſe uͤber die Bildung der Erde gebaut hat. Linne (Oratio de telluris habitabilis incremento, in Amoen. acad. Vol. II. p. 402.) behauptete, die Menge des Waſſers vermindere ſich durch eine beſtaͤndige Verwandlung deſſelben in Erde, und das bewohnbare Land werde dadurch immerfort vergroͤßert. Der Biſchof Browallius hingegen (Hiſtor. und phyſik. Unterſ. von der vorgegebnen Verminderung des Waſſers rc. Stockholm, 1756. 8.) ſuchte dieſe Meinung zu widerlegen, und erklaͤrte die bemerkten Veraͤnderungen blos fuͤr local und relativ. Um die Frage mit Gewißheit zu entſcheiden, waͤren weit mehr Erfahrungen von allen Kuͤſten des Meeres noͤthig. Den bisherigen laͤßt ſich das entgegen ſetzen, daß man eben ſo gewiß Stellen findet, die ehedem trocken waren, und jetzt vom Meere uͤberſchwemmt ſind, Und wuͤßte man auch gewiß, daß die ganze Meeresflaͤche jetzt niedriger, als vorzeiten, ſtuͤnde, ſo folgte doch daraus noch nicht die Verminderung des Waſſers, weil Veraͤnderungen

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/191>, abgerufen am 24.11.2024.