Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Daher haben es die Naturforscher als einen allgemeinen Satz angenommen, daß sich unter übrigens gleichen Umständen die Sederkraft der Luft umgekehrt, wie der Raum verhalte, den eine gleiche Menge Luft einnimt. Weil sich bey gleicher Menge die Dichte auch umgekehrt, wie der Raum verhält, s. Dichte, so heißt dies eben so viel, als: Die Sederkraft verhält sich, wie die Dichte; oder weil die Federkraft im Ruhestande der zusammendrückenden Kraft gleich ist: Die Dichte verhält sich wie die zusammendtückende Kraft. Alle diese Ausdrücke sind ein und ebenderselbe Satz, und unter dem Namen des mariottischen Gesetzes bekannt. Zwar führt Maraldi (Mem. de Paris, 1709.) einige Beobachtungen des P. Beze zu Malacca an, aus welchen zu folgen scheint, daß sich die Luft um den Aequator weniger, als nach dem umgekehrten Verhältnisse der drückenden Kraft, ausbreite. Allein Bouguer (Sur les dilatations de l'air dans l'atmosphere, in den Mem. de Paris, 1753.) hat in Amerika durch viele mit seiner Reisegesellschaft wiederholte Versuche, selbst auf den höchsten Bergen, und bey sehr starken Verdünnungen der Luft, das mariottische Gesetz allemal richtig gefunden. Man sieht es daher als entschieden an, daß die Luft an der Erdfläche sich durch den doppelten Raum verbreitet, wenn sie nur die Helfte des Gewichts der Atmosphäre trägt. u. s. w. Bey starken Zusammenpressungen aber kan dieses Gesetz nicht in aller Strenge richtig seyn. Denn die Luft kan doch nur bis auf eine gewisse Grenze, nemlich bis zur vollkontmnen Berührung ihrer Theile, zusammengedrückt werden, so groß auch die drückende Kraft werden mag. Dies erinnern Jacob Betnoulli (De gravitate aetheris, Amst. 1683. 8. p. 96. sq.) und Musschenbroek (Introd. ad phil. nat. To. II. §. 2107.). Auch zeigen sich schon Ausnahmen von der Regel, wenn die Luft nur sieben bis achtmal meht,
Daher haben es die Naturforſcher als einen allgemeinen Satz angenommen, daß ſich unter uͤbrigens gleichen Umſtaͤnden die Sederkraft der Luft umgekehrt, wie der Raum verhalte, den eine gleiche Menge Luft einnimt. Weil ſich bey gleicher Menge die Dichte auch umgekehrt, wie der Raum verhaͤlt, ſ. Dichte, ſo heißt dies eben ſo viel, als: Die Sederkraft verhaͤlt ſich, wie die Dichte; oder weil die Federkraft im Ruheſtande der zuſammendruͤckenden Kraft gleich iſt: Die Dichte verhaͤlt ſich wie die zuſammendtuͤckende Kraft. Alle dieſe Ausdruͤcke ſind ein und ebenderſelbe Satz, und unter dem Namen des mariottiſchen Geſetzes bekannt. Zwar fuͤhrt Maraldi (Mém. de Paris, 1709.) einige Beobachtungen des P. Beze zu Malacca an, aus welchen zu folgen ſcheint, daß ſich die Luft um den Aequator weniger, als nach dem umgekehrten Verhaͤltniſſe der druͤckenden Kraft, ausbreite. Allein Bouguer (Sur les dilatations de l'air dans l'atmoſphère, in den Mém. de Paris, 1753.) hat in Amerika durch viele mit ſeiner Reiſegeſellſchaft wiederholte Verſuche, ſelbſt auf den hoͤchſten Bergen, und bey ſehr ſtarken Verduͤnnungen der Luft, das mariottiſche Geſetz allemal richtig gefunden. Man ſieht es daher als entſchieden an, daß die Luft an der Erdflaͤche ſich durch den doppelten Raum verbreitet, wenn ſie nur die Helfte des Gewichts der Atmoſphaͤre traͤgt. u. ſ. w. Bey ſtarken Zuſammenpreſſungen aber kan dieſes Geſetz nicht in aller Strenge richtig ſeyn. Denn die Luft kan doch nur bis auf eine gewiſſe Grenze, nemlich bis zur vollkontmnen Beruͤhrung ihrer Theile, zuſammengedruͤckt werden, ſo groß auch die druͤckende Kraft werden mag. Dies erinnern Jacob Betnoulli (De gravitate aetheris, Amſt. 1683. 8. p. 96. ſq.) und Muſſchenbroek (Introd. ad phil. nat. To. II. §. 2107.). Auch zeigen ſich ſchon Ausnahmen von der Regel, wenn die Luft nur ſieben bis achtmal meht, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0020" xml:id="P.3.14" n="14"/><lb/> (<hi rendition="#aq">Phil. Trans. no. 73.</hi> uͤberſ. in Auserleſenen Abhandl. zur Naturgeſch. und Phyſ. Leipz. 1779. gr. 4. V. 1. S. 171.) fanden eben den Erfolg, indem ſie glaͤſerne Gefaͤße unter Waſſer verſenkten.</p> <p>Daher haben es die Naturforſcher als einen allgemeinen Satz angenommen, daß ſich unter uͤbrigens gleichen Umſtaͤnden <hi rendition="#b">die Sederkraft der Luft umgekehrt, wie der Raum verhalte,</hi> den eine gleiche Menge Luft einnimt. Weil ſich bey gleicher Menge die Dichte auch umgekehrt, wie der Raum verhaͤlt, <hi rendition="#b">ſ. Dichte,</hi> ſo heißt dies eben ſo viel, als: <hi rendition="#b">Die Sederkraft verhaͤlt ſich, wie die Dichte;</hi> oder weil die Federkraft im Ruheſtande der zuſammendruͤckenden Kraft gleich iſt: <hi rendition="#b">Die Dichte verhaͤlt ſich wie die zuſammendtuͤckende Kraft.</hi> Alle dieſe Ausdruͤcke ſind ein und ebenderſelbe Satz, und unter dem Namen des <hi rendition="#b">mariottiſchen Geſetzes</hi> bekannt.</p> <p>Zwar fuͤhrt <hi rendition="#b">Maraldi</hi> <hi rendition="#aq">(Mém. de Paris, 1709.)</hi> einige Beobachtungen des <hi rendition="#b">P. Beze</hi> zu Malacca an, aus welchen zu folgen ſcheint, daß ſich die Luft um den Aequator weniger, als nach dem umgekehrten Verhaͤltniſſe der druͤckenden Kraft, ausbreite. Allein <hi rendition="#b">Bouguer</hi> <hi rendition="#aq">(Sur les dilatations de l'air dans l'atmoſphère,</hi> in den <hi rendition="#aq">Mém. de Paris, 1753.)</hi> hat in Amerika durch viele mit ſeiner Reiſegeſellſchaft wiederholte Verſuche, ſelbſt auf den hoͤchſten Bergen, und bey ſehr ſtarken Verduͤnnungen der Luft, das mariottiſche Geſetz allemal richtig gefunden. Man ſieht es daher als entſchieden an, daß die Luft an der Erdflaͤche ſich durch den doppelten Raum verbreitet, wenn ſie nur die Helfte des Gewichts der Atmoſphaͤre traͤgt. u. ſ. w.</p> <p>Bey ſtarken Zuſammenpreſſungen aber kan dieſes Geſetz nicht in aller Strenge richtig ſeyn. Denn die Luft kan doch nur bis auf eine gewiſſe Grenze, nemlich bis zur vollkontmnen Beruͤhrung ihrer Theile, zuſammengedruͤckt werden, ſo groß auch die druͤckende Kraft werden mag. Dies erinnern <hi rendition="#b">Jacob Betnoulli</hi> <hi rendition="#aq">(De gravitate aetheris, Amſt. 1683. 8. p. 96. ſq.)</hi> und <hi rendition="#b">Muſſchenbroek</hi> <hi rendition="#aq">(Introd. ad phil. nat. To. II. §. 2107.).</hi> Auch zeigen ſich ſchon Ausnahmen von der Regel, wenn die Luft nur ſieben bis achtmal meht,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [14/0020]
(Phil. Trans. no. 73. uͤberſ. in Auserleſenen Abhandl. zur Naturgeſch. und Phyſ. Leipz. 1779. gr. 4. V. 1. S. 171.) fanden eben den Erfolg, indem ſie glaͤſerne Gefaͤße unter Waſſer verſenkten.
Daher haben es die Naturforſcher als einen allgemeinen Satz angenommen, daß ſich unter uͤbrigens gleichen Umſtaͤnden die Sederkraft der Luft umgekehrt, wie der Raum verhalte, den eine gleiche Menge Luft einnimt. Weil ſich bey gleicher Menge die Dichte auch umgekehrt, wie der Raum verhaͤlt, ſ. Dichte, ſo heißt dies eben ſo viel, als: Die Sederkraft verhaͤlt ſich, wie die Dichte; oder weil die Federkraft im Ruheſtande der zuſammendruͤckenden Kraft gleich iſt: Die Dichte verhaͤlt ſich wie die zuſammendtuͤckende Kraft. Alle dieſe Ausdruͤcke ſind ein und ebenderſelbe Satz, und unter dem Namen des mariottiſchen Geſetzes bekannt.
Zwar fuͤhrt Maraldi (Mém. de Paris, 1709.) einige Beobachtungen des P. Beze zu Malacca an, aus welchen zu folgen ſcheint, daß ſich die Luft um den Aequator weniger, als nach dem umgekehrten Verhaͤltniſſe der druͤckenden Kraft, ausbreite. Allein Bouguer (Sur les dilatations de l'air dans l'atmoſphère, in den Mém. de Paris, 1753.) hat in Amerika durch viele mit ſeiner Reiſegeſellſchaft wiederholte Verſuche, ſelbſt auf den hoͤchſten Bergen, und bey ſehr ſtarken Verduͤnnungen der Luft, das mariottiſche Geſetz allemal richtig gefunden. Man ſieht es daher als entſchieden an, daß die Luft an der Erdflaͤche ſich durch den doppelten Raum verbreitet, wenn ſie nur die Helfte des Gewichts der Atmoſphaͤre traͤgt. u. ſ. w.
Bey ſtarken Zuſammenpreſſungen aber kan dieſes Geſetz nicht in aller Strenge richtig ſeyn. Denn die Luft kan doch nur bis auf eine gewiſſe Grenze, nemlich bis zur vollkontmnen Beruͤhrung ihrer Theile, zuſammengedruͤckt werden, ſo groß auch die druͤckende Kraft werden mag. Dies erinnern Jacob Betnoulli (De gravitate aetheris, Amſt. 1683. 8. p. 96. ſq.) und Muſſchenbroek (Introd. ad phil. nat. To. II. §. 2107.). Auch zeigen ſich ſchon Ausnahmen von der Regel, wenn die Luft nur ſieben bis achtmal meht,
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