Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Aus der durch stärkern Druck vergrößerten Federkraft der Luft erklären sich leicht ihre heftigen Wirkungen, wenn sie durch äußere Kräfte in sehr enge Käume zusammengepreßt wird, wie beym Gefrieren der Körper, in den Windkessein der Feuerspritzen, in den Windbüchsen u. s. w. Von den letztern handeln Musschenbroek (Introd. in philos. nat. To. II. §. 2111. sqq.) und Nollet (Lecons de phys. exp. To. III. Lec. X. Sect. I. ch. 7.). Umständlicher erklärt ihre Theorie Rarsten (Lehrb. der ges. Math. 6 Theil, Pneumatik, 8 Abschn.). Er nimmt nach Regnault (Entreriens physiques, To. I p. 29.) an, man könne die Luft darin 100mal dichter machen, als die äußere, und berechnet, daß eine Bleykugel von 3/8 Zoll im Durchmesser in einem Laufe von 4 Fuß Länge dadurch mit einer Geschwindigkeit abgeschossen werde, welche in der ersten Secunde 628 Fuß berrägt, und womit die Kugel vertical aufwärts geschossen, 6518 Fuß hoch steigen müßtr. Die Luft verliert durch anhaltendes Zusammendrücken nichts von ihrer Elasticität. Roberval ließ eine geladne Windbüchse 16 Jahre lang stehen, und fand am Ende die Ladung noch eben so elastisch, als vorher. Hawksbee bezweifelte diesen Satz, weil er von einem Heronsballe bemerkte, daß die zusammengedrückte Luft, wenn das Wasser zu springen aufgehört hatte, und er den Ball eine Zeitlang verstopft hielt, beym Wiedereröfnen noch etwas Wasser heraustrieb; woraus er schloß, die Federkraft nehme durch langen Druck ab, und erlange, wenn der Druck aufhöre, erst nach und nach ihre vorige Stärke wieder. Aber Musschenbroek (Introd. in phil. nat. To. II. §. 2161.) hat einen entscheidendenl Versuch hierüber angestellt. Er preßte Luft in einer Glasröhre mit zween Schenkeln durch Quecksilber zusammen, wie Taf. XIV. Fig. 4., schmolz alsdann das Ende A zu, fand aber fünf Jahre hindurch den Raum CF, den die zusammengedrückte Luft einnahm, bey gleicher
Aus der durch ſtaͤrkern Druck vergroͤßerten Federkraft der Luft erklaͤren ſich leicht ihre heftigen Wirkungen, wenn ſie durch aͤußere Kraͤfte in ſehr enge Kaͤume zuſammengepreßt wird, wie beym Gefrieren der Koͤrper, in den Windkeſſein der Feuerſpritzen, in den Windbuͤchſen u. ſ. w. Von den letztern handeln Muſſchenbroek (Introd. in philoſ. nat. To. II. §. 2111. ſqq.) und Nollet (Leçons de phyſ. exp. To. III. Leç. X. Sect. I. ch. 7.). Umſtaͤndlicher erklaͤrt ihre Theorie Rarſten (Lehrb. der geſ. Math. 6 Theil, Pneumatik, 8 Abſchn.). Er nimmt nach Regnault (Entreriens phyſiques, To. I p. 29.) an, man koͤnne die Luft darin 100mal dichter machen, als die aͤußere, und berechnet, daß eine Bleykugel von 3/8 Zoll im Durchmeſſer in einem Laufe von 4 Fuß Laͤnge dadurch mit einer Geſchwindigkeit abgeſchoſſen werde, welche in der erſten Secunde 628 Fuß berraͤgt, und womit die Kugel vertical aufwaͤrts geſchoſſen, 6518 Fuß hoch ſteigen muͤßtr. Die Luft verliert durch anhaltendes Zuſammendruͤcken nichts von ihrer Elaſticitaͤt. Roberval ließ eine geladne Windbuͤchſe 16 Jahre lang ſtehen, und fand am Ende die Ladung noch eben ſo elaſtiſch, als vorher. Hawksbee bezweifelte dieſen Satz, weil er von einem Heronsballe bemerkte, daß die zuſammengedruͤckte Luft, wenn das Waſſer zu ſpringen aufgehoͤrt hatte, und er den Ball eine Zeitlang verſtopft hielt, beym Wiedereroͤfnen noch etwas Waſſer heraustrieb; woraus er ſchloß, die Federkraft nehme durch langen Druck ab, und erlange, wenn der Druck aufhoͤre, erſt nach und nach ihre vorige Staͤrke wieder. Aber Muſſchenbroek (Introd. in phil. nat. To. II. §. 2161.) hat einen entſcheidendenl Verſuch hieruͤber angeſtellt. Er preßte Luft in einer Glasroͤhre mit zween Schenkeln durch Queckſilber zuſammen, wie Taf. XIV. Fig. 4., ſchmolz alsdann das Ende A zu, fand aber fuͤnf Jahre hindurch den Raum CF, den die zuſammengedruͤckte Luft einnahm, bey gleicher <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0022" xml:id="P.3.16" n="16"/><lb/> und in aller Schaͤrfe, aber doch, <hi rendition="#b">ſo weit unſere Beobachtungen und Verſuche reichen,</hi> annehmen koͤnne. Von der Anwendung deſſelben auf die Atmoſphaͤre, ſ. <hi rendition="#b">Luftkreis.</hi></p> <p>Aus der durch ſtaͤrkern Druck vergroͤßerten Federkraft der Luft erklaͤren ſich leicht ihre heftigen Wirkungen, wenn ſie durch aͤußere Kraͤfte in ſehr enge Kaͤume zuſammengepreßt wird, wie beym Gefrieren der Koͤrper, in den Windkeſſein der Feuerſpritzen, in den Windbuͤchſen u. ſ. w. Von den letztern handeln <hi rendition="#b">Muſſchenbroek</hi> <hi rendition="#aq">(Introd. in philoſ. nat. To. II. §. 2111. ſqq.)</hi> und <hi rendition="#b">Nollet</hi> <hi rendition="#aq">(Leçons de phyſ. exp. To. III. Leç. X. Sect. I. ch. 7.).</hi> Umſtaͤndlicher erklaͤrt ihre Theorie <hi rendition="#b">Rarſten</hi> (Lehrb. der geſ. Math. 6 Theil, Pneumatik, 8 Abſchn.). Er nimmt nach <hi rendition="#b">Regnault</hi> <hi rendition="#aq">(Entreriens phyſiques, To. I p. 29.)</hi> an, man koͤnne die Luft darin 100mal dichter machen, als die aͤußere, und berechnet, daß eine Bleykugel von 3/8 Zoll im Durchmeſſer in einem Laufe von 4 Fuß Laͤnge dadurch mit einer Geſchwindigkeit abgeſchoſſen werde, welche in der erſten Secunde 628 Fuß berraͤgt, und womit die Kugel vertical aufwaͤrts geſchoſſen, 6518 Fuß hoch ſteigen muͤßtr.</p> <p>Die Luft verliert durch anhaltendes Zuſammendruͤcken nichts von ihrer Elaſticitaͤt. <hi rendition="#b">Roberval</hi> ließ eine geladne Windbuͤchſe 16 Jahre lang ſtehen, und fand am Ende die Ladung noch eben ſo elaſtiſch, als vorher. <hi rendition="#b">Hawksbee</hi> bezweifelte dieſen Satz, weil er von einem Heronsballe bemerkte, daß die zuſammengedruͤckte Luft, wenn das Waſſer zu ſpringen aufgehoͤrt hatte, und er den Ball eine Zeitlang verſtopft hielt, beym Wiedereroͤfnen noch etwas Waſſer heraustrieb; woraus er ſchloß, die Federkraft nehme durch langen Druck ab, und erlange, wenn der Druck aufhoͤre, erſt nach und nach ihre vorige Staͤrke wieder. <hi rendition="#b">Aber Muſſchenbroek</hi> <hi rendition="#aq">(Introd. in phil. nat. To. II. §. 2161.)</hi> hat einen entſcheidendenl Verſuch hieruͤber angeſtellt. Er preßte Luft in einer Glasroͤhre mit zween Schenkeln durch Queckſilber zuſammen, wie Taf. <hi rendition="#aq">XIV.</hi> Fig. 4., ſchmolz alsdann das Ende <hi rendition="#aq">A</hi> zu, fand aber fuͤnf Jahre hindurch den Raum <hi rendition="#aq">CF,</hi> den die zuſammengedruͤckte Luft einnahm, bey gleicher<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [16/0022]
und in aller Schaͤrfe, aber doch, ſo weit unſere Beobachtungen und Verſuche reichen, annehmen koͤnne. Von der Anwendung deſſelben auf die Atmoſphaͤre, ſ. Luftkreis.
Aus der durch ſtaͤrkern Druck vergroͤßerten Federkraft der Luft erklaͤren ſich leicht ihre heftigen Wirkungen, wenn ſie durch aͤußere Kraͤfte in ſehr enge Kaͤume zuſammengepreßt wird, wie beym Gefrieren der Koͤrper, in den Windkeſſein der Feuerſpritzen, in den Windbuͤchſen u. ſ. w. Von den letztern handeln Muſſchenbroek (Introd. in philoſ. nat. To. II. §. 2111. ſqq.) und Nollet (Leçons de phyſ. exp. To. III. Leç. X. Sect. I. ch. 7.). Umſtaͤndlicher erklaͤrt ihre Theorie Rarſten (Lehrb. der geſ. Math. 6 Theil, Pneumatik, 8 Abſchn.). Er nimmt nach Regnault (Entreriens phyſiques, To. I p. 29.) an, man koͤnne die Luft darin 100mal dichter machen, als die aͤußere, und berechnet, daß eine Bleykugel von 3/8 Zoll im Durchmeſſer in einem Laufe von 4 Fuß Laͤnge dadurch mit einer Geſchwindigkeit abgeſchoſſen werde, welche in der erſten Secunde 628 Fuß berraͤgt, und womit die Kugel vertical aufwaͤrts geſchoſſen, 6518 Fuß hoch ſteigen muͤßtr.
Die Luft verliert durch anhaltendes Zuſammendruͤcken nichts von ihrer Elaſticitaͤt. Roberval ließ eine geladne Windbuͤchſe 16 Jahre lang ſtehen, und fand am Ende die Ladung noch eben ſo elaſtiſch, als vorher. Hawksbee bezweifelte dieſen Satz, weil er von einem Heronsballe bemerkte, daß die zuſammengedruͤckte Luft, wenn das Waſſer zu ſpringen aufgehoͤrt hatte, und er den Ball eine Zeitlang verſtopft hielt, beym Wiedereroͤfnen noch etwas Waſſer heraustrieb; woraus er ſchloß, die Federkraft nehme durch langen Druck ab, und erlange, wenn der Druck aufhoͤre, erſt nach und nach ihre vorige Staͤrke wieder. Aber Muſſchenbroek (Introd. in phil. nat. To. II. §. 2161.) hat einen entſcheidendenl Verſuch hieruͤber angeſtellt. Er preßte Luft in einer Glasroͤhre mit zween Schenkeln durch Queckſilber zuſammen, wie Taf. XIV. Fig. 4., ſchmolz alsdann das Ende A zu, fand aber fuͤnf Jahre hindurch den Raum CF, den die zuſammengedruͤckte Luft einnahm, bey gleicher
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |