Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


man das Auge an das Glas bringt, so kan man auch am meisten vom Gegenstande übersehen, wenn man das Auge dem Glase so nahe als möglich hält.

Wenn die Sache nicht genau im Brennpunkte des Glases, sondern ein wenig vor oder hinter demselben liegt, so erhält das Auge nicht mehr parallele, sondern divergirende oder convergirende Stralen. Myopen, welche durch divergirende Stralen deutlich sehen, müssen also das Glas etwas näher an den Gegenstand rücken, als die Presbyten. Dies ist der Fall, der beym Worte: Linsengläser (Th. II. S. 917. Num. 1.) angeführt wird.

Die Vergrößerung wird hiebey um etwas weniges geringer, und der Ort des Auges ist nicht mehr willkührlich, soudern muß otzngefähr um die Weite des deutlichen Sehens vom Bilde abstehen. Hält man das Glas etwas weiter von der Sache ab, als die Brennweite beträgt, so sieht man durch convergente Stralen, also nicht mehr so deutlich, aber stärker vergrößert, als vorher, u, s. w.

Da die Güte der Augen so verschieden ist, so thut man am besten, wenn man beym Gebrauche der einfachen Vergrößerungsgläser den gehörigen Abstand des Glases von der Sache und des Auges vom Glase durch Probiren sucht. Zu dieser Absicht werden erhabne Linsen von kurzen Brennweiten in Ringe von Messing, Horn u. dgl. gefaßt, und mit einem Grisse versehen, bey dem man sie nahe an die Sache halten, und dann das Auge so weit entsernen kan, bis man die größte Deutlichkeit erhält. Solche Gläser sind unter dem Namen der Loupen (loupes) bekannt, und es läßt sich mit ihnen schon sehr viel wahrnehmen, was dem bloßen Auge entgeht.

Lecuwenhoek, der sich durch mikroskopische Entdeckungen so ausnehmend hervorgethan hat, bediente sich zu seinen unzählbaren und mühsamen Untersuchungen nie anderer, als solcher einfachen Linsengläser, die er zwischen zwo silberne in der Mitte durchbohrte Platten einlegte. Den Gegenstand befestigte er mit Leim auf eine Nadel, die man in jede beliebige Entfernung vom Glase bringen konnte. Seine Linsen, die er selbst verfertigte, und größtentheils


man das Auge an das Glas bringt, ſo kan man auch am meiſten vom Gegenſtande uͤberſehen, wenn man das Auge dem Glaſe ſo nahe als moͤglich haͤlt.

Wenn die Sache nicht genau im Brennpunkte des Glaſes, ſondern ein wenig vor oder hinter demſelben liegt, ſo erhaͤlt das Auge nicht mehr parallele, ſondern divergirende oder convergirende Stralen. Myopen, welche durch divergirende Stralen deutlich ſehen, muͤſſen alſo das Glas etwas naͤher an den Gegenſtand ruͤcken, als die Presbyten. Dies iſt der Fall, der beym Worte: Linſenglaͤſer (Th. II. S. 917. Num. 1.) angefuͤhrt wird.

Die Vergroͤßerung wird hiebey um etwas weniges geringer, und der Ort des Auges iſt nicht mehr willkuͤhrlich, ſoudern muß otzngefaͤhr um die Weite des deutlichen Sehens vom Bilde abſtehen. Haͤlt man das Glas etwas weiter von der Sache ab, als die Brennweite betraͤgt, ſo ſieht man durch convergente Stralen, alſo nicht mehr ſo deutlich, aber ſtaͤrker vergroͤßert, als vorher, u, ſ. w.

Da die Guͤte der Augen ſo verſchieden iſt, ſo thut man am beſten, wenn man beym Gebrauche der einfachen Vergroͤßerungsglaͤſer den gehoͤrigen Abſtand des Glaſes von der Sache und des Auges vom Glaſe durch Probiren ſucht. Zu dieſer Abſicht werden erhabne Linſen von kurzen Brennweiten in Ringe von Meſſing, Horn u. dgl. gefaßt, und mit einem Griſſe verſehen, bey dem man ſie nahe an die Sache halten, und dann das Auge ſo weit entſernen kan, bis man die groͤßte Deutlichkeit erhaͤlt. Solche Glaͤſer ſind unter dem Namen der Loupen (loupes) bekannt, und es laͤßt ſich mit ihnen ſchon ſehr viel wahrnehmen, was dem bloßen Auge entgeht.

Lecuwenhoek, der ſich durch mikroſkopiſche Entdeckungen ſo ausnehmend hervorgethan hat, bediente ſich zu ſeinen unzaͤhlbaren und muͤhſamen Unterſuchungen nie anderer, als ſolcher einfachen Linſenglaͤſer, die er zwiſchen zwo ſilberne in der Mitte durchbohrte Platten einlegte. Den Gegenſtand befeſtigte er mit Leim auf eine Nadel, die man in jede beliebige Entfernung vom Glaſe bringen konnte. Seine Linſen, die er ſelbſt verfertigte, und groͤßtentheils

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0225" xml:id="P.3.219" n="219"/><lb/>
man das Auge an das Glas bringt, &#x017F;o kan man auch am mei&#x017F;ten vom Gegen&#x017F;tande u&#x0364;ber&#x017F;ehen, wenn man das Auge dem Gla&#x017F;e &#x017F;o nahe als mo&#x0364;glich ha&#x0364;lt.</p>
            <p>Wenn die Sache nicht genau im Brennpunkte des Gla&#x017F;es, &#x017F;ondern ein wenig vor oder hinter dem&#x017F;elben liegt, &#x017F;o erha&#x0364;lt das Auge nicht mehr parallele, &#x017F;ondern divergirende oder convergirende Stralen. Myopen, welche durch divergirende Stralen deutlich &#x017F;ehen, mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en al&#x017F;o das Glas etwas na&#x0364;her an den Gegen&#x017F;tand ru&#x0364;cken, als die Presbyten. Dies i&#x017F;t der Fall, der beym Worte: <hi rendition="#b">Lin&#x017F;engla&#x0364;&#x017F;er</hi> (Th. <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 917. Num. 1.) angefu&#x0364;hrt wird.</p>
            <p>Die Vergro&#x0364;ßerung wird hiebey um etwas weniges geringer, und der Ort des Auges i&#x017F;t nicht mehr willku&#x0364;hrlich, &#x017F;oudern muß otzngefa&#x0364;hr um die Weite des deutlichen Sehens vom Bilde ab&#x017F;tehen. Ha&#x0364;lt man das Glas etwas weiter von der Sache ab, als die Brennweite betra&#x0364;gt, &#x017F;o &#x017F;ieht man durch convergente Stralen, al&#x017F;o nicht mehr &#x017F;o deutlich, aber &#x017F;ta&#x0364;rker vergro&#x0364;ßert, als vorher, u, &#x017F;. w.</p>
            <p>Da die Gu&#x0364;te der Augen &#x017F;o ver&#x017F;chieden i&#x017F;t, &#x017F;o thut man am be&#x017F;ten, wenn man beym Gebrauche der einfachen Vergro&#x0364;ßerungsgla&#x0364;&#x017F;er den geho&#x0364;rigen Ab&#x017F;tand des Gla&#x017F;es von der Sache und des Auges vom Gla&#x017F;e durch Probiren &#x017F;ucht. Zu die&#x017F;er Ab&#x017F;icht werden erhabne Lin&#x017F;en von kurzen Brennweiten in Ringe von Me&#x017F;&#x017F;ing, Horn u. dgl. gefaßt, und mit einem Gri&#x017F;&#x017F;e ver&#x017F;ehen, bey dem man &#x017F;ie nahe an die Sache halten, und dann das Auge &#x017F;o weit ent&#x017F;ernen kan, bis man die gro&#x0364;ßte Deutlichkeit erha&#x0364;lt. Solche Gla&#x0364;&#x017F;er &#x017F;ind unter dem Namen der <hi rendition="#b">Loupen</hi> <hi rendition="#aq">(loupes)</hi> bekannt, und es la&#x0364;ßt &#x017F;ich mit ihnen &#x017F;chon &#x017F;ehr viel wahrnehmen, was dem bloßen Auge entgeht.</p>
            <p><hi rendition="#b">Lecuwenhoek,</hi> der &#x017F;ich durch mikro&#x017F;kopi&#x017F;che Entdeckungen &#x017F;o ausnehmend hervorgethan hat, bediente &#x017F;ich zu &#x017F;einen unza&#x0364;hlbaren und mu&#x0364;h&#x017F;amen Unter&#x017F;uchungen nie anderer, als &#x017F;olcher einfachen Lin&#x017F;engla&#x0364;&#x017F;er, die er zwi&#x017F;chen zwo &#x017F;ilberne in der Mitte durchbohrte Platten einlegte. Den Gegen&#x017F;tand befe&#x017F;tigte er mit Leim auf eine Nadel, die man in jede beliebige Entfernung vom Gla&#x017F;e bringen konnte. Seine Lin&#x017F;en, die er &#x017F;elb&#x017F;t verfertigte, und gro&#x0364;ßtentheils<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[219/0225] man das Auge an das Glas bringt, ſo kan man auch am meiſten vom Gegenſtande uͤberſehen, wenn man das Auge dem Glaſe ſo nahe als moͤglich haͤlt. Wenn die Sache nicht genau im Brennpunkte des Glaſes, ſondern ein wenig vor oder hinter demſelben liegt, ſo erhaͤlt das Auge nicht mehr parallele, ſondern divergirende oder convergirende Stralen. Myopen, welche durch divergirende Stralen deutlich ſehen, muͤſſen alſo das Glas etwas naͤher an den Gegenſtand ruͤcken, als die Presbyten. Dies iſt der Fall, der beym Worte: Linſenglaͤſer (Th. II. S. 917. Num. 1.) angefuͤhrt wird. Die Vergroͤßerung wird hiebey um etwas weniges geringer, und der Ort des Auges iſt nicht mehr willkuͤhrlich, ſoudern muß otzngefaͤhr um die Weite des deutlichen Sehens vom Bilde abſtehen. Haͤlt man das Glas etwas weiter von der Sache ab, als die Brennweite betraͤgt, ſo ſieht man durch convergente Stralen, alſo nicht mehr ſo deutlich, aber ſtaͤrker vergroͤßert, als vorher, u, ſ. w. Da die Guͤte der Augen ſo verſchieden iſt, ſo thut man am beſten, wenn man beym Gebrauche der einfachen Vergroͤßerungsglaͤſer den gehoͤrigen Abſtand des Glaſes von der Sache und des Auges vom Glaſe durch Probiren ſucht. Zu dieſer Abſicht werden erhabne Linſen von kurzen Brennweiten in Ringe von Meſſing, Horn u. dgl. gefaßt, und mit einem Griſſe verſehen, bey dem man ſie nahe an die Sache halten, und dann das Auge ſo weit entſernen kan, bis man die groͤßte Deutlichkeit erhaͤlt. Solche Glaͤſer ſind unter dem Namen der Loupen (loupes) bekannt, und es laͤßt ſich mit ihnen ſchon ſehr viel wahrnehmen, was dem bloßen Auge entgeht. Lecuwenhoek, der ſich durch mikroſkopiſche Entdeckungen ſo ausnehmend hervorgethan hat, bediente ſich zu ſeinen unzaͤhlbaren und muͤhſamen Unterſuchungen nie anderer, als ſolcher einfachen Linſenglaͤſer, die er zwiſchen zwo ſilberne in der Mitte durchbohrte Platten einlegte. Den Gegenſtand befeſtigte er mit Leim auf eine Nadel, die man in jede beliebige Entfernung vom Glaſe bringen konnte. Seine Linſen, die er ſelbſt verfertigte, und groͤßtentheils

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/225
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/225>, abgerufen am 21.11.2024.