Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Kiccioli (Almag. nov. L.II. c. 5.) verfuhr noch fehlerhafter. Er wog eine leere Ochsenblase, bließ sie dann mit Luft auf, und fand sie um 2 Gran schwerer. Hieraus schloß er, die Luft in der Blase habe 2 Gran gewogen, und sey 10000mal leichter, als Wasser, gewesen. Es kan aber die aufgeblasene Blase nicht mehr wiegen, als die leere, wie Jacob Bernoulli (Act. Erud. Lips. 1685. p. 436.) sehr richtig zeigt. Sie nimmt nemlich aufgeblasen mehr Raum ein, treibt also mehr äußere Luft aus der Stelle, und verliert dadurch gerade so viel mehr von ihrem Gewichte, als die hineingeblasene Luft wiegt, s. Gewicht (Th. II. S. 493.). Daß sie bey Riccioli 2 Gran mehr wog, kam vermuthlich nur daher, weil er beym Einblasen und Zubinden die innere Luft etwas mehr zusammengedrückt hatte. Diese 2 Gran waren also nur das Gewicht des geringen mit Gewalt hineingepreßten Ueberschusses. Boyle (Paradoxa hydrost. in prolegom.) führt dieses falsche Verfahren auch an, und setzt nach selbigem die Luft 7500mal leichter, als Wasser. Soll der Versuch richtig ausfallen, so muß man feste unbiegsame Gefäße, welche beständig einerley Raum einnehmen, dazu gebrauchen. Am besten schicken sich kupferne hohle Kugeln mit einem Hahne, die man auf das Saugrohr der Luftpumpe schrauben kan. Eine solche Kugel wiegt man vorher ab, zieht alsdann die Luft so genau, als möglich, aus, verschließt den Hahn, und wiegt die lustleere Kugel wieder. Der Unterschied des Gewichts vom vorigen wird dem Gewichte der Luft, die in ihr Raum hat, sehr nahe kommen. Freylich kan man nicht alle Luft aus der Kugel ziehen; aber eine gute Luftpumpe wird immer so viel leisten, daß der zurückbleibende Theil unbeträchtlich wird. So har Wolf (Nützl. Versuche, 1. Theil, §. 86.) den Versuch angestellt. Seine Kugel hatte 132 rheinl. Decimallinien
Kiccioli (Almag. nov. L.II. c. 5.) verfuhr noch fehlerhafter. Er wog eine leere Ochſenblaſe, bließ ſie dann mit Luft auf, und fand ſie um 2 Gran ſchwerer. Hieraus ſchloß er, die Luft in der Blaſe habe 2 Gran gewogen, und ſey 10000mal leichter, als Waſſer, geweſen. Es kan aber die aufgeblaſene Blaſe nicht mehr wiegen, als die leere, wie Jacob Bernoulli (Act. Erud. Lipſ. 1685. p. 436.) ſehr richtig zeigt. Sie nimmt nemlich aufgeblaſen mehr Raum ein, treibt alſo mehr aͤußere Luft aus der Stelle, und verliert dadurch gerade ſo viel mehr von ihrem Gewichte, als die hineingeblaſene Luft wiegt, ſ. Gewicht (Th. II. S. 493.). Daß ſie bey Riccioli 2 Gran mehr wog, kam vermuthlich nur daher, weil er beym Einblaſen und Zubinden die innere Luft etwas mehr zuſammengedruͤckt hatte. Dieſe 2 Gran waren alſo nur das Gewicht des geringen mit Gewalt hineingepreßten Ueberſchuſſes. Boyle (Paradoxa hydroſt. in prolegom.) fuͤhrt dieſes falſche Verfahren auch an, und ſetzt nach ſelbigem die Luft 7500mal leichter, als Waſſer. Soll der Verſuch richtig ausfallen, ſo muß man feſte unbiegſame Gefaͤße, welche beſtaͤndig einerley Raum einnehmen, dazu gebrauchen. Am beſten ſchicken ſich kupferne hohle Kugeln mit einem Hahne, die man auf das Saugrohr der Luftpumpe ſchrauben kan. Eine ſolche Kugel wiegt man vorher ab, zieht alsdann die Luft ſo genau, als moͤglich, aus, verſchließt den Hahn, und wiegt die luſtleere Kugel wieder. Der Unterſchied des Gewichts vom vorigen wird dem Gewichte der Luft, die in ihr Raum hat, ſehr nahe kommen. Freylich kan man nicht alle Luft aus der Kugel ziehen; aber eine gute Luftpumpe wird immer ſo viel leiſten, daß der zuruͤckbleibende Theil unbetraͤchtlich wird. So har Wolf (Nuͤtzl. Verſuche, 1. Theil, §. 86.) den Verſuch angeſtellt. Seine Kugel hatte 132 rheinl. Decimallinien <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0030" xml:id="P.3.24" n="24"/><lb/> er, die Luft ſey 1346mal leichter, als Waſſer. Weil aber die Hitze nie alle Luft heraustreibt, ſo giebt dieſe Methode das Gewicht derſelben viel zu gering an. <hi rendition="#b">Boyle</hi> <hi rendition="#aq">(Exp. phyſico-mech. de vi aëris elaſtica)</hi> wiederholte den Verſuch mit mehr Vorſicht, und fand die Luft nur 938mal leichter.</p> <p><hi rendition="#b">Kiccioli</hi><hi rendition="#aq">(Almag. nov. L.II. c. 5.)</hi> verfuhr noch fehlerhafter. Er wog eine leere Ochſenblaſe, bließ ſie dann mit Luft auf, und fand ſie um 2 Gran ſchwerer. Hieraus ſchloß er, die Luft in der Blaſe habe 2 Gran gewogen, und ſey 10000mal leichter, als Waſſer, geweſen. Es kan aber die aufgeblaſene Blaſe nicht mehr wiegen, als die leere, wie <hi rendition="#b">Jacob Bernoulli</hi> <hi rendition="#aq">(Act. Erud. Lipſ. 1685. p. 436.)</hi> ſehr richtig zeigt. Sie nimmt nemlich aufgeblaſen mehr Raum ein, treibt alſo mehr aͤußere Luft aus der Stelle, und verliert dadurch gerade ſo viel mehr von ihrem Gewichte, als die hineingeblaſene Luft wiegt, ſ. <hi rendition="#b">Gewicht</hi> (Th. II. S. 493.). Daß ſie bey Riccioli 2 Gran mehr wog, kam vermuthlich nur daher, weil er beym Einblaſen und Zubinden die innere Luft etwas mehr zuſammengedruͤckt hatte. Dieſe 2 Gran waren alſo nur das Gewicht des geringen mit Gewalt hineingepreßten Ueberſchuſſes. <hi rendition="#b">Boyle</hi> <hi rendition="#aq">(Paradoxa hydroſt. in prolegom.)</hi> fuͤhrt dieſes falſche Verfahren auch an, und ſetzt nach ſelbigem die Luft 7500mal leichter, als Waſſer.</p> <p>Soll der Verſuch richtig ausfallen, ſo muß man <hi rendition="#b">feſte</hi> unbiegſame Gefaͤße, welche beſtaͤndig einerley Raum einnehmen, dazu gebrauchen. Am beſten ſchicken ſich kupferne hohle Kugeln mit einem Hahne, die man auf das Saugrohr der Luftpumpe ſchrauben kan. Eine ſolche Kugel wiegt man vorher ab, zieht alsdann die Luft ſo genau, als moͤglich, aus, verſchließt den Hahn, und wiegt die luſtleere Kugel wieder. Der Unterſchied des Gewichts vom vorigen wird dem Gewichte der Luft, die in ihr Raum hat, ſehr nahe kommen. Freylich kan man nicht alle Luft aus der Kugel ziehen; aber eine gute Luftpumpe wird immer ſo viel leiſten, daß der zuruͤckbleibende Theil unbetraͤchtlich wird.</p> <p>So har <hi rendition="#b">Wolf</hi> (Nuͤtzl. Verſuche, 1. Theil, §. 86.) den Verſuch angeſtellt. Seine Kugel hatte 132 rheinl. Decimallinien<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [24/0030]
er, die Luft ſey 1346mal leichter, als Waſſer. Weil aber die Hitze nie alle Luft heraustreibt, ſo giebt dieſe Methode das Gewicht derſelben viel zu gering an. Boyle (Exp. phyſico-mech. de vi aëris elaſtica) wiederholte den Verſuch mit mehr Vorſicht, und fand die Luft nur 938mal leichter.
Kiccioli (Almag. nov. L.II. c. 5.) verfuhr noch fehlerhafter. Er wog eine leere Ochſenblaſe, bließ ſie dann mit Luft auf, und fand ſie um 2 Gran ſchwerer. Hieraus ſchloß er, die Luft in der Blaſe habe 2 Gran gewogen, und ſey 10000mal leichter, als Waſſer, geweſen. Es kan aber die aufgeblaſene Blaſe nicht mehr wiegen, als die leere, wie Jacob Bernoulli (Act. Erud. Lipſ. 1685. p. 436.) ſehr richtig zeigt. Sie nimmt nemlich aufgeblaſen mehr Raum ein, treibt alſo mehr aͤußere Luft aus der Stelle, und verliert dadurch gerade ſo viel mehr von ihrem Gewichte, als die hineingeblaſene Luft wiegt, ſ. Gewicht (Th. II. S. 493.). Daß ſie bey Riccioli 2 Gran mehr wog, kam vermuthlich nur daher, weil er beym Einblaſen und Zubinden die innere Luft etwas mehr zuſammengedruͤckt hatte. Dieſe 2 Gran waren alſo nur das Gewicht des geringen mit Gewalt hineingepreßten Ueberſchuſſes. Boyle (Paradoxa hydroſt. in prolegom.) fuͤhrt dieſes falſche Verfahren auch an, und ſetzt nach ſelbigem die Luft 7500mal leichter, als Waſſer.
Soll der Verſuch richtig ausfallen, ſo muß man feſte unbiegſame Gefaͤße, welche beſtaͤndig einerley Raum einnehmen, dazu gebrauchen. Am beſten ſchicken ſich kupferne hohle Kugeln mit einem Hahne, die man auf das Saugrohr der Luftpumpe ſchrauben kan. Eine ſolche Kugel wiegt man vorher ab, zieht alsdann die Luft ſo genau, als moͤglich, aus, verſchließt den Hahn, und wiegt die luſtleere Kugel wieder. Der Unterſchied des Gewichts vom vorigen wird dem Gewichte der Luft, die in ihr Raum hat, ſehr nahe kommen. Freylich kan man nicht alle Luft aus der Kugel ziehen; aber eine gute Luftpumpe wird immer ſo viel leiſten, daß der zuruͤckbleibende Theil unbetraͤchtlich wird.
So har Wolf (Nuͤtzl. Verſuche, 1. Theil, §. 86.) den Verſuch angeſtellt. Seine Kugel hatte 132 rheinl. Decimallinien
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