Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Unter den Polarkreisen, wo die Polhöhe das Complement der Schiefe der Ekliptik wird, ist für die Tage der Sonnenwenden sin. Asc. diff. = tang. 23° 28' 8" X cotang. 23° 28' 8" = 1. mithin die Asc. diff. = 90°, und die längste Nacht = 24 Stunden; die kürzeste = 0. Das heißt: Diese Orte haben einmal im Jahre eine Nacht von 24 Stunden, da die Sonne gar nicht ausgeht, und einmal einen Tag von 24 St., da sie gar nicht untergeht. Für die Orte der kalten Zonen hält diese beständige Nacht desto länger an, je näher sie den Polen liegen. Die Nacht fängt an, wenn die Abweichung der Sonne dem Complemente der Polhöhe gleich wird, und dauert über die Sonnenwende hinaus, bis die abnehmende Abweichung wieder eben so groß geworden ist. Einem Orte, der 70° nördliche Breite hat, fängt die beständige Nacht von dem Tage an, da die Sonne 20° südliche Abweichung bekömmt, d. i. vom 21. Nov., und dauert über den 21. Dec. hinaus bis zu dem Tage, da sie im Auffteigen wieder dieselbe südliche Abweichung von 20° erreicht, d. i. bis zum 20 Jänner. Endlich fängt unterden Polen selbst, wo die Polhöhe = 90° ist, die beständige Nacht schon mit der Abweichung = 0, oder mit der Nachtgleiche selbst an, und endigt sich erst mit der folgenden Nachtgleiche. Sie dauert also ein völliges Halbjahr; für den Nordpol vom 23. Sept. bis 20. März, für den Südpol vom 20. März bis 23. Sept. So findet man die Dauer der Nacht sür die verschiedenen Himmelsstriche, wenn man alle Ursachen, wodurch sie vermindert wird, bey Seite setzt. Aber theils die scheinbare Größe der Sonnenscheibe, wodurch die obere Helfte später unter- und eher aufgeht, als der Mittelpunkt, theils die Stralenbrechung, welche das Bild der Sonne über den
Unter den Polarkreiſen, wo die Polhoͤhe das Complement der Schiefe der Ekliptik wird, iſt fuͤr die Tage der Sonnenwenden ſin. Aſc. diff. = tang. 23° 28′ 8″ X cotang. 23° 28′ 8″ = 1. mithin die Aſc. diff. = 90°, und die laͤngſte Nacht = 24 Stunden; die kuͤrzeſte = 0. Das heißt: Dieſe Orte haben einmal im Jahre eine Nacht von 24 Stunden, da die Sonne gar nicht auſgeht, und einmal einen Tag von 24 St., da ſie gar nicht untergeht. Fuͤr die Orte der kalten Zonen haͤlt dieſe beſtaͤndige Nacht deſto laͤnger an, je naͤher ſie den Polen liegen. Die Nacht faͤngt an, wenn die Abweichung der Sonne dem Complemente der Polhoͤhe gleich wird, und dauert uͤber die Sonnenwende hinaus, bis die abnehmende Abweichung wieder eben ſo groß geworden iſt. Einem Orte, der 70° noͤrdliche Breite hat, faͤngt die beſtaͤndige Nacht von dem Tage an, da die Sonne 20° ſuͤdliche Abweichung bekoͤmmt, d. i. vom 21. Nov., und dauert uͤber den 21. Dec. hinaus bis zu dem Tage, da ſie im Auffteigen wieder dieſelbe ſuͤdliche Abweichung von 20° erreicht, d. i. bis zum 20 Jaͤnner. Endlich faͤngt unterden Polen ſelbſt, wo die Polhoͤhe = 90° iſt, die beſtaͤndige Nacht ſchon mit der Abweichung = 0, oder mit der Nachtgleiche ſelbſt an, und endigt ſich erſt mit der folgenden Nachtgleiche. Sie dauert alſo ein voͤlliges Halbjahr; fuͤr den Nordpol vom 23. Sept. bis 20. Maͤrz, fuͤr den Suͤdpol vom 20. Maͤrz bis 23. Sept. So findet man die Dauer der Nacht ſuͤr die verſchiedenen Himmelsſtriche, wenn man alle Urſachen, wodurch ſie vermindert wird, bey Seite ſetzt. Aber theils die ſcheinbare Groͤße der Sonnenſcheibe, wodurch die obere Helfte ſpaͤter unter- und eher aufgeht, als der Mittelpunkt, theils die Stralenbrechung, welche das Bild der Sonne uͤber den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0313" xml:id="P.3.307" n="307"/><lb/> Fuͤr Leipzig dauert <table><row><cell/><cell>St.</cell><cell>M.</cell><cell>S.</cell><cell>T.</cell></row><row><cell>die laͤngſte Nacht den 21 Dec.</cell><cell>16</cell><cell>22</cell><cell>45</cell><cell>20</cell></row><row><cell>die kuͤrzeſte den 21 Jun.</cell><cell>7</cell><cell>37</cell><cell>14</cell><cell>40</cell></row></table> wie bey dem Worte: <hi rendition="#b">Aſcenſionaldifferenz</hi> berechnet worden iſt.</p> <p>Unter den Polarkreiſen, wo die Polhoͤhe das Complement der Schiefe der Ekliptik wird, iſt fuͤr die Tage der Sonnenwenden</p> <p><hi rendition="#aq">ſin.</hi> Aſc. diff. = <hi rendition="#aq">tang. 23° 28′ 8″ X cotang. 23° 28′ 8″ = 1.</hi> mithin die Aſc. diff. = 90°, und die laͤngſte Nacht = 24 Stunden; die kuͤrzeſte = 0. Das heißt: Dieſe Orte haben einmal im Jahre eine Nacht von 24 Stunden, da die Sonne gar nicht auſgeht, und einmal einen Tag von 24 St., da ſie gar nicht untergeht.</p> <p>Fuͤr die Orte der kalten Zonen haͤlt dieſe <hi rendition="#b">beſtaͤndige Nacht</hi> deſto laͤnger an, je naͤher ſie den Polen liegen. Die Nacht faͤngt an, wenn die Abweichung der Sonne dem Complemente der Polhoͤhe gleich wird, und dauert uͤber die Sonnenwende hinaus, bis die abnehmende Abweichung wieder eben ſo groß geworden iſt. Einem Orte, der 70° noͤrdliche Breite hat, faͤngt die beſtaͤndige Nacht von dem Tage an, da die Sonne 20° ſuͤdliche Abweichung bekoͤmmt, d. i. vom 21. Nov., und dauert uͤber den 21. Dec. hinaus bis zu dem Tage, da ſie im Auffteigen wieder dieſelbe ſuͤdliche Abweichung von 20° erreicht, d. i. bis zum 20 Jaͤnner.</p> <p>Endlich faͤngt unterden Polen ſelbſt, wo die Polhoͤhe = 90° iſt, die beſtaͤndige Nacht ſchon mit der Abweichung = 0, oder mit der Nachtgleiche ſelbſt an, und endigt ſich erſt mit der folgenden Nachtgleiche. Sie dauert alſo ein voͤlliges Halbjahr; fuͤr den Nordpol vom 23. Sept. bis 20. Maͤrz, fuͤr den Suͤdpol vom 20. Maͤrz bis 23. Sept.</p> <p>So findet man die Dauer der Nacht ſuͤr die verſchiedenen Himmelsſtriche, wenn man alle Urſachen, wodurch ſie vermindert wird, bey Seite ſetzt. Aber theils die ſcheinbare Groͤße der Sonnenſcheibe, wodurch die obere Helfte ſpaͤter unter- und eher aufgeht, als der Mittelpunkt, theils die Stralenbrechung, welche das Bild der Sonne uͤber den<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [307/0313]
Fuͤr Leipzig dauert St. M. S. T.
die laͤngſte Nacht den 21 Dec. 16 22 45 20
die kuͤrzeſte den 21 Jun. 7 37 14 40
wie bey dem Worte: Aſcenſionaldifferenz berechnet worden iſt.
Unter den Polarkreiſen, wo die Polhoͤhe das Complement der Schiefe der Ekliptik wird, iſt fuͤr die Tage der Sonnenwenden
ſin. Aſc. diff. = tang. 23° 28′ 8″ X cotang. 23° 28′ 8″ = 1. mithin die Aſc. diff. = 90°, und die laͤngſte Nacht = 24 Stunden; die kuͤrzeſte = 0. Das heißt: Dieſe Orte haben einmal im Jahre eine Nacht von 24 Stunden, da die Sonne gar nicht auſgeht, und einmal einen Tag von 24 St., da ſie gar nicht untergeht.
Fuͤr die Orte der kalten Zonen haͤlt dieſe beſtaͤndige Nacht deſto laͤnger an, je naͤher ſie den Polen liegen. Die Nacht faͤngt an, wenn die Abweichung der Sonne dem Complemente der Polhoͤhe gleich wird, und dauert uͤber die Sonnenwende hinaus, bis die abnehmende Abweichung wieder eben ſo groß geworden iſt. Einem Orte, der 70° noͤrdliche Breite hat, faͤngt die beſtaͤndige Nacht von dem Tage an, da die Sonne 20° ſuͤdliche Abweichung bekoͤmmt, d. i. vom 21. Nov., und dauert uͤber den 21. Dec. hinaus bis zu dem Tage, da ſie im Auffteigen wieder dieſelbe ſuͤdliche Abweichung von 20° erreicht, d. i. bis zum 20 Jaͤnner.
Endlich faͤngt unterden Polen ſelbſt, wo die Polhoͤhe = 90° iſt, die beſtaͤndige Nacht ſchon mit der Abweichung = 0, oder mit der Nachtgleiche ſelbſt an, und endigt ſich erſt mit der folgenden Nachtgleiche. Sie dauert alſo ein voͤlliges Halbjahr; fuͤr den Nordpol vom 23. Sept. bis 20. Maͤrz, fuͤr den Suͤdpol vom 20. Maͤrz bis 23. Sept.
So findet man die Dauer der Nacht ſuͤr die verſchiedenen Himmelsſtriche, wenn man alle Urſachen, wodurch ſie vermindert wird, bey Seite ſetzt. Aber theils die ſcheinbare Groͤße der Sonnenſcheibe, wodurch die obere Helfte ſpaͤter unter- und eher aufgeht, als der Mittelpunkt, theils die Stralenbrechung, welche das Bild der Sonne uͤber den
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |