die Taf. XVII. Fig. 62. vorgestellte Einrichtung beybehalte, der Nadel aber die Fig. 63. abgebildete Gestalt gebe. Dabey bleibe ein doppelter Fehler übrig. Erstlich sey doch der Ruhepunkt am untern Theile der Axe, und die Axe selbst keine mathematische Linie; daher bekomme die Helfte, die sich erhebe, mehr Entfernung vom Ruhepunkte, und mehr Moment, als die, die sich senke; diese Ungleichheit nehme zu, je stärker die Neigung werde, und bey lothrechter Stellung der Nadel sey die Helfte über dem Ruhepunkte um den völligen Durchmesser der Axe größer, als die untere; aus dieser Ursache wirke der Magnetismus der Erde nicht mit gleichem Momente auf beyde Enden, und dieser Fchler lasse sich gar nicht verbessern. Zweytens könne die Nadel leicht durch anhängende Feuchtigkeit u. dgl. aus dem Gleichgewichte kommen, ohne daß man es bemerke. Er räth endlich an, nach jeder Beobachtung die Pole der Nadel durch künstliche Magnete umzukehren, die Neigung in diesem Zustande noch einmal zu beobachten, und zwischen beyden Beobachtungen das Mittel zu nehmen, welche schon längst bekannte Methode allerdings zu Vermeidung der Fehler das Meiste beyträgt.
Bey der Beobachtung selbst muß man nicht nur alles Eisen entfernen, sondern auch die Nadel genau in die Richtung des magnetischen Meridians bringen. Trift man diese Richtung nicht genau, so findet man die Neigung allemal zu groß; und wenn der Durchmesser BD den magnetischen Meridian rechtwinklicht durchschneidet, so stellt sich eine gute Nadel völlig lothrecht. Dies hat Daniel Bernoulli bemerkt, und den Satz erwiesen, daß sich die Cotangente der Neigung verhält, wie der Cosinus des Winkels, den die Verticalfläche durch die Nadel mit dem magnetischen Meridiane macht.
Durch Beobachtungen der Neigungsnadel hat man gefunden, daß die Neigung gemeiniglich größer wird, je näher der Beobachtungsort den Polen der Erde liegt. Dies zeigt sich schon aus den Beobachtungen des P. Noel vom Jahre 1706, welche Wolf (Nützl. Vers. Th. III. Cap. 4. §. 61.) anführt. Die Neigung war damals zu Lissabon
die Taf. XVII. Fig. 62. vorgeſtellte Einrichtung beybehalte, der Nadel aber die Fig. 63. abgebildete Geſtalt gebe. Dabey bleibe ein doppelter Fehler uͤbrig. Erſtlich ſey doch der Ruhepunkt am untern Theile der Axe, und die Axe ſelbſt keine mathematiſche Linie; daher bekomme die Helfte, die ſich erhebe, mehr Entfernung vom Ruhepunkte, und mehr Moment, als die, die ſich ſenke; dieſe Ungleichheit nehme zu, je ſtaͤrker die Neigung werde, und bey lothrechter Stellung der Nadel ſey die Helfte uͤber dem Ruhepunkte um den voͤlligen Durchmeſſer der Axe groͤßer, als die untere; aus dieſer Urſache wirke der Magnetismus der Erde nicht mit gleichem Momente auf beyde Enden, und dieſer Fchler laſſe ſich gar nicht verbeſſern. Zweytens koͤnne die Nadel leicht durch anhaͤngende Feuchtigkeit u. dgl. aus dem Gleichgewichte kommen, ohne daß man es bemerke. Er raͤth endlich an, nach jeder Beobachtung die Pole der Nadel durch kuͤnſtliche Magnete umzukehren, die Neigung in dieſem Zuſtande noch einmal zu beobachten, und zwiſchen beyden Beobachtungen das Mittel zu nehmen, welche ſchon laͤngſt bekannte Methode allerdings zu Vermeidung der Fehler das Meiſte beytraͤgt.
Bey der Beobachtung ſelbſt muß man nicht nur alles Eiſen entfernen, ſondern auch die Nadel genau in die Richtung des magnetiſchen Meridians bringen. Trift man dieſe Richtung nicht genau, ſo findet man die Neigung allemal zu groß; und wenn der Durchmeſſer BD den magnetiſchen Meridian rechtwinklicht durchſchneidet, ſo ſtellt ſich eine gute Nadel voͤllig lothrecht. Dies hat Daniel Bernoulli bemerkt, und den Satz erwieſen, daß ſich die Cotangente der Neigung verhaͤlt, wie der Coſinus des Winkels, den die Verticalflaͤche durch die Nadel mit dem magnetiſchen Meridiane macht.
Durch Beobachtungen der Neigungsnadel hat man gefunden, daß die Neigung gemeiniglich groͤßer wird, je naͤher der Beobachtungsort den Polen der Erde liegt. Dies zeigt ſich ſchon aus den Beobachtungen des P. Noel vom Jahre 1706, welche Wolf (Nuͤtzl. Verſ. Th. III. Cap. 4. §. 61.) anfuͤhrt. Die Neigung war damals zu Liſſabon
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die Taf. XVII. Fig. 62. vorgeſtellte Einrichtung beybehalte, der Nadel aber die Fig. 63. abgebildete Geſtalt gebe. Dabey bleibe ein doppelter Fehler uͤbrig. Erſtlich ſey doch der Ruhepunkt am untern Theile der Axe, und die Axe ſelbſt keine mathematiſche Linie; daher bekomme die Helfte, die ſich erhebe, mehr Entfernung vom Ruhepunkte, und mehr Moment, als die, die ſich ſenke; dieſe Ungleichheit nehme zu, je ſtaͤrker die Neigung werde, und bey lothrechter Stellung der Nadel ſey die Helfte uͤber dem Ruhepunkte um den voͤlligen Durchmeſſer der Axe groͤßer, als die untere; aus dieſer Urſache wirke der Magnetismus der Erde nicht mit gleichem Momente auf beyde Enden, und dieſer Fchler laſſe ſich gar nicht verbeſſern. Zweytens koͤnne die Nadel leicht durch anhaͤngende Feuchtigkeit u. dgl. aus dem Gleichgewichte kommen, ohne daß man es bemerke. Er raͤth endlich an, nach jeder Beobachtung die Pole der Nadel durch kuͤnſtliche Magnete umzukehren, die Neigung in dieſem Zuſtande noch einmal zu beobachten, und zwiſchen beyden Beobachtungen das Mittel zu nehmen, welche ſchon laͤngſt bekannte Methode allerdings zu Vermeidung der Fehler das Meiſte beytraͤgt.
Bey der Beobachtung ſelbſt muß man nicht nur alles Eiſen entfernen, ſondern auch die Nadel genau in die Richtung des magnetiſchen Meridians bringen. Trift man dieſe Richtung nicht genau, ſo findet man die Neigung allemal zu groß; und wenn der Durchmeſſer BD den magnetiſchen Meridian rechtwinklicht durchſchneidet, ſo ſtellt ſich eine gute Nadel voͤllig lothrecht. Dies hat Daniel Bernoulli bemerkt, und den Satz erwieſen, daß ſich die Cotangente der Neigung verhaͤlt, wie der Coſinus des Winkels, den die Verticalflaͤche durch die Nadel mit dem magnetiſchen Meridiane macht.
Durch Beobachtungen der Neigungsnadel hat man gefunden, daß die Neigung gemeiniglich groͤßer wird, je naͤher der Beobachtungsort den Polen der Erde liegt. Dies zeigt ſich ſchon aus den Beobachtungen des P. Noel vom Jahre 1706, welche Wolf (Nuͤtzl. Verſ. Th. III. Cap. 4. §. 61.) anfuͤhrt. Die Neigung war damals zu Liſſabon
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/354>, abgerufen am 21.11.2024.
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