Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Wenn man auf einer Landkarte die Orte bemerkt, an welchen die Nadel zu einer gewissen Zeit einerley Neigung gezeigt hat, und diese Orte mit Linien verbindet, so kommen gekrümmte Züge zum Vorschein, die man Neigungslinien nennt. Diese Linien kreuzen sich mit den Abweichungslinien (s. Abweichung der Magnetnadel), und scheinen ebenfalls Beziehung auf gewisse Punkte der Erdfläche zu haben. Die Linie z. B., in welcher die Neigung Null ist, geht im atlantischen Meere etwa durch 10° südlicher, im indischen Meere durch 8° nördlicher Breite, und muß also irgendwo zwischen beyden Stellen (etwa mitten in Afrika) den Aequator der Erde durchschneiden. Man hat über die Neigung noch nicht so viel Beobachtungen, als über die Abweichung, und muß also dabey viel durch bloßes Rathen ergänzen. Inzwischen hat Herr Wilke (Versuch einer magnetischen Neigungscharte, in den schwedischen Abhdl. für 1768. 30. Band. der deutsch. Uebers. S. 209.) aus Cunninghams, des P. Feuillee, de la Caille, und Cap. Ekebergs Beobachtungen den Entwurf einer Neigungskarte vorgelegt. Auch sind die Neigungslinien auf den Karten des Prof. Funk (Die nördliche und südliche Erdoberfläche, auf die Ebne des Aequators projicirt. Leipzig, 1781.) verzeichnet. Diejenigen, welche Ursachen von der Abweichung der Magnetnadel angaben, von Gilbert bis auf Halley, s. Abweichung der Magnetnadel, haben immer auch aus eben diesen Ursachen die Neigung zu erklären gesucht. Als im gegenwärtigen Jahrhunderte der Magnetismus der Erdkugel selbst, den schon Gilbert gelehrt hatte, durch die erfundenen
Wenn man auf einer Landkarte die Orte bemerkt, an welchen die Nadel zu einer gewiſſen Zeit einerley Neigung gezeigt hat, und dieſe Orte mit Linien verbindet, ſo kommen gekruͤmmte Zuͤge zum Vorſchein, die man Neigungslinien nennt. Dieſe Linien kreuzen ſich mit den Abweichungslinien (ſ. Abweichung der Magnetnadel), und ſcheinen ebenfalls Beziehung auf gewiſſe Punkte der Erdflaͤche zu haben. Die Linie z. B., in welcher die Neigung Null iſt, geht im atlantiſchen Meere etwa durch 10° ſuͤdlicher, im indiſchen Meere durch 8° noͤrdlicher Breite, und muß alſo irgendwo zwiſchen beyden Stellen (etwa mitten in Afrika) den Aequator der Erde durchſchneiden. Man hat uͤber die Neigung noch nicht ſo viel Beobachtungen, als uͤber die Abweichung, und muß alſo dabey viel durch bloßes Rathen ergaͤnzen. Inzwiſchen hat Herr Wilke (Verſuch einer magnetiſchen Neigungscharte, in den ſchwediſchen Abhdl. fuͤr 1768. 30. Band. der deutſch. Ueberſ. S. 209.) aus Cunninghams, des P. Feuillee, de la Caille, und Cap. Ekebergs Beobachtungen den Entwurf einer Neigungskarte vorgelegt. Auch ſind die Neigungslinien auf den Karten des Prof. Funk (Die noͤrdliche und ſuͤdliche Erdoberflaͤche, auf die Ebne des Aequators projicirt. Leipzig, 1781.) verzeichnet. Diejenigen, welche Urſachen von der Abweichung der Magnetnadel angaben, von Gilbert bis auf Halley, ſ. Abweichung der Magnetnadel, haben immer auch aus eben dieſen Urſachen die Neigung zu erklaͤren geſucht. Als im gegenwaͤrtigen Jahrhunderte der Magnetismus der Erdkugel ſelbſt, den ſchon Gilbert gelehrt hatte, durch die erfundenen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0356" xml:id="P.3.350" n="350"/><lb/> Fortgange der Zeit, wiewohl ſehr langſam. So war ſie nach <hi rendition="#b">Cavallo</hi> fuͤr London im Jahre 1576, 71° 50′; im J. 1775, 72° 3′, daß alſo die Veraͤnderung in 300 Jahren nur 13 Minuten betragen hat, wenn man ſich anders auf die alten Beobachtungen verlaſſen darf. Andere Schriftſteller aber geben dieſe Veraͤnderung weit groͤßer an. In Berlin hat man 1755, 71 3/4, und 1769, 72 3/4° Neigung gefunden. Es laͤßt ſich wegen der Maͤngel, denen die Neigungsnadeln noch unterworfen ſind, nichts ſehr Zuverlaͤßiges uͤber ſo geringe Unterſchiede beſtimmen.</p> <p>Wenn man auf einer Landkarte die Orte bemerkt, an welchen die Nadel zu einer gewiſſen Zeit einerley Neigung gezeigt hat, und dieſe Orte mit Linien verbindet, ſo kommen gekruͤmmte Zuͤge zum Vorſchein, die man <hi rendition="#b">Neigungslinien</hi> nennt. Dieſe Linien kreuzen ſich mit den Abweichungslinien (ſ. <hi rendition="#b">Abweichung der Magnetnadel</hi>), und ſcheinen ebenfalls Beziehung auf gewiſſe Punkte der Erdflaͤche zu haben. Die Linie z. B., in welcher die Neigung Null iſt, geht im atlantiſchen Meere etwa durch 10° ſuͤdlicher, im indiſchen Meere durch 8° noͤrdlicher Breite, und muß alſo irgendwo zwiſchen beyden Stellen (etwa mitten in Afrika) den Aequator der Erde durchſchneiden. Man hat uͤber die Neigung noch nicht ſo viel Beobachtungen, als uͤber die Abweichung, und muß alſo dabey viel durch bloßes Rathen ergaͤnzen. Inzwiſchen hat Herr <hi rendition="#b">Wilke</hi> (Verſuch einer magnetiſchen Neigungscharte, in den ſchwediſchen Abhdl. fuͤr 1768. 30. Band. der deutſch. Ueberſ. S. 209.) aus <hi rendition="#b">Cunninghams,</hi> des P. <hi rendition="#b">Feuillee, de la Caille,</hi> und <hi rendition="#b">Cap. Ekebergs</hi> Beobachtungen den Entwurf einer Neigungskarte vorgelegt. Auch ſind die Neigungslinien auf den Karten des Prof. <hi rendition="#b">Funk</hi> (Die noͤrdliche und ſuͤdliche Erdoberflaͤche, auf die Ebne des Aequators projicirt. Leipzig, 1781.) verzeichnet.</p> <p>Diejenigen, welche Urſachen von der Abweichung der Magnetnadel angaben, von <hi rendition="#b">Gilbert</hi> bis auf <hi rendition="#b">Halley,</hi> ſ. <hi rendition="#b">Abweichung der Magnetnadel,</hi> haben immer auch aus eben dieſen Urſachen die Neigung zu erklaͤren geſucht. Als im gegenwaͤrtigen Jahrhunderte der Magnetismus der Erdkugel ſelbſt, den ſchon <hi rendition="#b">Gilbert</hi> gelehrt hatte, durch die erfundenen<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [350/0356]
Fortgange der Zeit, wiewohl ſehr langſam. So war ſie nach Cavallo fuͤr London im Jahre 1576, 71° 50′; im J. 1775, 72° 3′, daß alſo die Veraͤnderung in 300 Jahren nur 13 Minuten betragen hat, wenn man ſich anders auf die alten Beobachtungen verlaſſen darf. Andere Schriftſteller aber geben dieſe Veraͤnderung weit groͤßer an. In Berlin hat man 1755, 71 3/4, und 1769, 72 3/4° Neigung gefunden. Es laͤßt ſich wegen der Maͤngel, denen die Neigungsnadeln noch unterworfen ſind, nichts ſehr Zuverlaͤßiges uͤber ſo geringe Unterſchiede beſtimmen.
Wenn man auf einer Landkarte die Orte bemerkt, an welchen die Nadel zu einer gewiſſen Zeit einerley Neigung gezeigt hat, und dieſe Orte mit Linien verbindet, ſo kommen gekruͤmmte Zuͤge zum Vorſchein, die man Neigungslinien nennt. Dieſe Linien kreuzen ſich mit den Abweichungslinien (ſ. Abweichung der Magnetnadel), und ſcheinen ebenfalls Beziehung auf gewiſſe Punkte der Erdflaͤche zu haben. Die Linie z. B., in welcher die Neigung Null iſt, geht im atlantiſchen Meere etwa durch 10° ſuͤdlicher, im indiſchen Meere durch 8° noͤrdlicher Breite, und muß alſo irgendwo zwiſchen beyden Stellen (etwa mitten in Afrika) den Aequator der Erde durchſchneiden. Man hat uͤber die Neigung noch nicht ſo viel Beobachtungen, als uͤber die Abweichung, und muß alſo dabey viel durch bloßes Rathen ergaͤnzen. Inzwiſchen hat Herr Wilke (Verſuch einer magnetiſchen Neigungscharte, in den ſchwediſchen Abhdl. fuͤr 1768. 30. Band. der deutſch. Ueberſ. S. 209.) aus Cunninghams, des P. Feuillee, de la Caille, und Cap. Ekebergs Beobachtungen den Entwurf einer Neigungskarte vorgelegt. Auch ſind die Neigungslinien auf den Karten des Prof. Funk (Die noͤrdliche und ſuͤdliche Erdoberflaͤche, auf die Ebne des Aequators projicirt. Leipzig, 1781.) verzeichnet.
Diejenigen, welche Urſachen von der Abweichung der Magnetnadel angaben, von Gilbert bis auf Halley, ſ. Abweichung der Magnetnadel, haben immer auch aus eben dieſen Urſachen die Neigung zu erklaͤren geſucht. Als im gegenwaͤrtigen Jahrhunderte der Magnetismus der Erdkugel ſelbſt, den ſchon Gilbert gelehrt hatte, durch die erfundenen
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