der jüngere Euler (s. Abweichung der Magnetnadel a. a. O.) aus dem System der Abweichungen zu bestimmen gesucht hat. Die Neigungskarte des Herrn Wilke scheint diese eulerischen Vermuthungen sehr zu begünstigen. Was den Nordpol betrift, so legt ihn Euler 14 -- 17° vom Nordpole der Erde ab, um den Meridian von Californien: Wilkens Karte erfordert ihn ebendaselbst um oder über Baffinsbay. Für den Südpol fehlt es noch an zulänglichen Beobachtungen der Neigung, obgleich Herr Wilke aus einigen Umständen glaublich macht, daß er in das stille Meer zwischen Amerika und Neuseeland falle, wohin ihn auch Euler setzt, daß er aber vom Südpole der Erde nicht 35 -- 40°, wie Euler angiebt, sondern nur etwa 20° abstehe. Uebrigens zeigt Wilke, daß die Neigungen nicht die mindeste Spur von mehr, als zween, magnetischen Polen angeben. Musschenbroek schloß zwar, es müsse unter Madagascar noch einen südlichen Pol geben, weil Noel daselbst die Nadel lothrecht fand; aber Noel scheint seine Nadeln nicht in den magnetischen Meridian gestellt, und daher die Neigungen überall zu groß gesunden zu haben. Denn seine Beobachtungen treffen mit den übrigen nur da überein, wo die Nadel wagrecht bleibt, für welche Stellen es gleichgültig ist, ob man sie in den magnetischen Meridian bringt oder nicht.
Was die Veränderung der Neigungen an einerley Orte betrift, so scheint sie eine Verrückung oder Bewegung der magnetischen Pole der Erde anzuzeigen, worauf auch die Veränderung der Abweichungen leitet. Herr Wilke vermuthet, der Nordpol rücke langsam südostwärts fort, und der Südpol bewege sich ihm entgegen.
Uebrigens scheint die Neigung der Magnetnadel auch täglichen zufälligen Veränderungen unterworfen zu seyn, über deren Gang und Ursachen man nichts Genaues bestimmen kan, weil unsere Neigungsnadeln zu so feinen Beobachtungen noch zu. unvollkommen sind.
Die Schiffer vermeiden bey den gewöhnlichen Compassen die Wirkungen der Neigung dadurch, daß sie bald die eine, bald die andere Helfte der Nadeln nach Erfordern
der juͤngere Euler (ſ. Abweichung der Magnetnadel a. a. O.) aus dem Syſtem der Abweichungen zu beſtimmen geſucht hat. Die Neigungskarte des Herrn Wilke ſcheint dieſe euleriſchen Vermuthungen ſehr zu beguͤnſtigen. Was den Nordpol betrift, ſo legt ihn Euler 14 — 17° vom Nordpole der Erde ab, um den Meridian von Californien: Wilkens Karte erfordert ihn ebendaſelbſt um oder uͤber Baffinsbay. Fuͤr den Suͤdpol fehlt es noch an zulaͤnglichen Beobachtungen der Neigung, obgleich Herr Wilke aus einigen Umſtaͤnden glaublich macht, daß er in das ſtille Meer zwiſchen Amerika und Neuſeeland falle, wohin ihn auch Euler ſetzt, daß er aber vom Suͤdpole der Erde nicht 35 — 40°, wie Euler angiebt, ſondern nur etwa 20° abſtehe. Uebrigens zeigt Wilke, daß die Neigungen nicht die mindeſte Spur von mehr, als zween, magnetiſchen Polen angeben. Muſſchenbroek ſchloß zwar, es muͤſſe unter Madagaſcar noch einen ſuͤdlichen Pol geben, weil Noel daſelbſt die Nadel lothrecht fand; aber Noel ſcheint ſeine Nadeln nicht in den magnetiſchen Meridian geſtellt, und daher die Neigungen uͤberall zu groß geſunden zu haben. Denn ſeine Beobachtungen treffen mit den uͤbrigen nur da uͤberein, wo die Nadel wagrecht bleibt, fuͤr welche Stellen es gleichguͤltig iſt, ob man ſie in den magnetiſchen Meridian bringt oder nicht.
Was die Veraͤnderung der Neigungen an einerley Orte betrift, ſo ſcheint ſie eine Verruͤckung oder Bewegung der magnetiſchen Pole der Erde anzuzeigen, worauf auch die Veraͤnderung der Abweichungen leitet. Herr Wilke vermuthet, der Nordpol ruͤcke langſam ſuͤdoſtwaͤrts fort, und der Suͤdpol bewege ſich ihm entgegen.
Uebrigens ſcheint die Neigung der Magnetnadel auch taͤglichen zufaͤlligen Veraͤnderungen unterworfen zu ſeyn, uͤber deren Gang und Urſachen man nichts Genaues beſtimmen kan, weil unſere Neigungsnadeln zu ſo feinen Beobachtungen noch zu. unvollkommen ſind.
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der juͤngere Euler (ſ. Abweichung der Magnetnadel a. a. O.) aus dem Syſtem der Abweichungen zu beſtimmen geſucht hat. Die Neigungskarte des Herrn Wilke ſcheint dieſe euleriſchen Vermuthungen ſehr zu beguͤnſtigen. Was den Nordpol betrift, ſo legt ihn Euler 14 — 17° vom Nordpole der Erde ab, um den Meridian von Californien: Wilkens Karte erfordert ihn ebendaſelbſt um oder uͤber Baffinsbay. Fuͤr den Suͤdpol fehlt es noch an zulaͤnglichen Beobachtungen der Neigung, obgleich Herr Wilke aus einigen Umſtaͤnden glaublich macht, daß er in das ſtille Meer zwiſchen Amerika und Neuſeeland falle, wohin ihn auch Euler ſetzt, daß er aber vom Suͤdpole der Erde nicht 35 — 40°, wie Euler angiebt, ſondern nur etwa 20° abſtehe. Uebrigens zeigt Wilke, daß die Neigungen nicht die mindeſte Spur von mehr, als zween, magnetiſchen Polen angeben. Muſſchenbroek ſchloß zwar, es muͤſſe unter Madagaſcar noch einen ſuͤdlichen Pol geben, weil Noel daſelbſt die Nadel lothrecht fand; aber Noel ſcheint ſeine Nadeln nicht in den magnetiſchen Meridian geſtellt, und daher die Neigungen uͤberall zu groß geſunden zu haben. Denn ſeine Beobachtungen treffen mit den uͤbrigen nur da uͤberein, wo die Nadel wagrecht bleibt, fuͤr welche Stellen es gleichguͤltig iſt, ob man ſie in den magnetiſchen Meridian bringt oder nicht.
Was die Veraͤnderung der Neigungen an einerley Orte betrift, ſo ſcheint ſie eine Verruͤckung oder Bewegung der magnetiſchen Pole der Erde anzuzeigen, worauf auch die Veraͤnderung der Abweichungen leitet. Herr Wilke vermuthet, der Nordpol ruͤcke langſam ſuͤdoſtwaͤrts fort, und der Suͤdpol bewege ſich ihm entgegen.
Uebrigens ſcheint die Neigung der Magnetnadel auch taͤglichen zufaͤlligen Veraͤnderungen unterworfen zu ſeyn, uͤber deren Gang und Urſachen man nichts Genaues beſtimmen kan, weil unſere Neigungsnadeln zu ſo feinen Beobachtungen noch zu. unvollkommen ſind.
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/359>, abgerufen am 21.11.2024.
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