Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.Das Präcipitat erscheint entweder in Gestalt eines Pulvers oder als Krystallen, oder als eine geronnene Masse. Nach seiner verschiedenen eigenthümlichen Schwere fällt es entweder in dem übrigen Flüßigen zu Boden, oder es schwimmt oben auf. Im letztern Falle heißt es ein Hahm (cremor, creme). Bisweilen löset sich der Niederschlag in dem übrigen Flüßigen wieder auf, zumal wenn die Auflösung viel Wasser enthält, oder er bleibt darinn schwebend, und macht blos den Liquor trübe, oder er entweicht in Dampfgestalt, Luftgestalt, u. dgl. Deswegen bleibt doch der Vorgang eine Niederschlagung, bey der man also nicht allemal ein sichtbares festes Präcipitat suchen darf. Man theilt auch die Niederschlagungen in erzwungene und freywillige (spontaneas) ab. Letztere sind diejenigen, die von selbst und ohne Fällungsmittel erfolgen. Dies geschieht 1) durch die Kälte, welche die Kraft der Auflösungsmittel schwächt, und verursacht, daß gesättigte Auflösungen einen Theil des aufgelöseten Stofs fallen lassen, 2) durch die Wärme, oder durch allmählige Verdünstung der Auflösungsmittel, 3) durch Versliegen eines Bestandtheils der Auflösung, der die übrigen Bestandtheile unter einander verband 4) durch allzustarke Verdünnung des Auflösungsmittels. Aber in allen diesen Fällen sind wirkliche, obgleich nicht sichtbare, Fällungsmittel vorhanden. Bey 1) wird der Wärmestof, der als Verbindungsmittel wirkte, durch die berührenden Körper entzogen; bey 2) verbindet sich dieser Stof mit dem Auflösungsmittel, und verwandelt dasselbe in Dämpfe; bey 3) verbindet sich die Luft, und bey 4) das Wasser mit einem Bestandtheile der Auflösung. Es giebt also eigentlich keine freywillige Präcipitation, ob man gleich zulassen kan, diejenigen so zu nennen, die ohne ein sichtbares Niederschlagungsmittel erfolgen. Die Niederschlagung ist der Auflösung entgegengesetzt, aber immer wieder mit einer oder mehrern neuen Auflösungen verbunden, wodurch neue Körper erzeugt werden. Auflösung und Niederschlag sind die Gründe aller übrigen chemischen Operationen zu Untersuchung, Zerlegung und Zusammensetzung Das Praͤcipitat erſcheint entweder in Geſtalt eines Pulvers oder als Kryſtallen, oder als eine geronnene Maſſe. Nach ſeiner verſchiedenen eigenthuͤmlichen Schwere faͤllt es entweder in dem uͤbrigen Fluͤßigen zu Boden, oder es ſchwimmt oben auf. Im letztern Falle heißt es ein Hahm (cremor, crême). Bisweilen loͤſet ſich der Niederſchlag in dem uͤbrigen Fluͤßigen wieder auf, zumal wenn die Aufloͤſung viel Waſſer enthaͤlt, oder er bleibt darinn ſchwebend, und macht blos den Liquor truͤbe, oder er entweicht in Dampfgeſtalt, Luftgeſtalt, u. dgl. Deswegen bleibt doch der Vorgang eine Niederſchlagung, bey der man alſo nicht allemal ein ſichtbares feſtes Praͤcipitat ſuchen darf. Man theilt auch die Niederſchlagungen in erzwungene und freywillige (ſpontaneas) ab. Letztere ſind diejenigen, die von ſelbſt und ohne Faͤllungsmittel erfolgen. Dies geſchieht 1) durch die Kaͤlte, welche die Kraft der Aufloͤſungsmittel ſchwaͤcht, und verurſacht, daß geſaͤttigte Aufloͤſungen einen Theil des aufgeloͤſeten Stofs fallen laſſen, 2) durch die Waͤrme, oder durch allmaͤhlige Verduͤnſtung der Aufloͤſungsmittel, 3) durch Verſliegen eines Beſtandtheils der Aufloͤſung, der die uͤbrigen Beſtandtheile unter einander verband 4) durch allzuſtarke Verduͤnnung des Aufloͤſungsmittels. Aber in allen dieſen Faͤllen ſind wirkliche, obgleich nicht ſichtbare, Faͤllungsmittel vorhanden. Bey 1) wird der Waͤrmeſtof, der als Verbindungsmittel wirkte, durch die beruͤhrenden Koͤrper entzogen; bey 2) verbindet ſich dieſer Stof mit dem Aufloͤſungsmittel, und verwandelt daſſelbe in Daͤmpfe; bey 3) verbindet ſich die Luft, und bey 4) das Waſſer mit einem Beſtandtheile der Aufloͤſung. Es giebt alſo eigentlich keine freywillige Praͤcipitation, ob man gleich zulaſſen kan, diejenigen ſo zu nennen, die ohne ein ſichtbares Niederſchlagungsmittel erfolgen. Die Niederſchlagung iſt der Aufloͤſung entgegengeſetzt, aber immer wieder mit einer oder mehrern neuen Aufloͤſungen verbunden, wodurch neue Koͤrper erzeugt werden. Aufloͤſung und Niederſchlag ſind die Gruͤnde aller uͤbrigen chemiſchen Operationen zu Unterſuchung, Zerlegung und Zuſammenſetzung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p> <pb facs="#f0368" xml:id="P.3.362" n="362"/><lb/> </p> <p>Das Praͤcipitat erſcheint entweder in Geſtalt eines Pulvers oder als Kryſtallen, oder als eine geronnene Maſſe. Nach ſeiner verſchiedenen eigenthuͤmlichen Schwere faͤllt es entweder in dem uͤbrigen Fluͤßigen zu Boden, oder es ſchwimmt oben auf. 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Das Praͤcipitat erſcheint entweder in Geſtalt eines Pulvers oder als Kryſtallen, oder als eine geronnene Maſſe. Nach ſeiner verſchiedenen eigenthuͤmlichen Schwere faͤllt es entweder in dem uͤbrigen Fluͤßigen zu Boden, oder es ſchwimmt oben auf. Im letztern Falle heißt es ein Hahm (cremor, crême).
Bisweilen loͤſet ſich der Niederſchlag in dem uͤbrigen Fluͤßigen wieder auf, zumal wenn die Aufloͤſung viel Waſſer enthaͤlt, oder er bleibt darinn ſchwebend, und macht blos den Liquor truͤbe, oder er entweicht in Dampfgeſtalt, Luftgeſtalt, u. dgl. Deswegen bleibt doch der Vorgang eine Niederſchlagung, bey der man alſo nicht allemal ein ſichtbares feſtes Praͤcipitat ſuchen darf.
Man theilt auch die Niederſchlagungen in erzwungene und freywillige (ſpontaneas) ab. Letztere ſind diejenigen, die von ſelbſt und ohne Faͤllungsmittel erfolgen. Dies geſchieht 1) durch die Kaͤlte, welche die Kraft der Aufloͤſungsmittel ſchwaͤcht, und verurſacht, daß geſaͤttigte Aufloͤſungen einen Theil des aufgeloͤſeten Stofs fallen laſſen, 2) durch die Waͤrme, oder durch allmaͤhlige Verduͤnſtung der Aufloͤſungsmittel, 3) durch Verſliegen eines Beſtandtheils der Aufloͤſung, der die uͤbrigen Beſtandtheile unter einander verband 4) durch allzuſtarke Verduͤnnung des Aufloͤſungsmittels.
Aber in allen dieſen Faͤllen ſind wirkliche, obgleich nicht ſichtbare, Faͤllungsmittel vorhanden. Bey 1) wird der Waͤrmeſtof, der als Verbindungsmittel wirkte, durch die beruͤhrenden Koͤrper entzogen; bey 2) verbindet ſich dieſer Stof mit dem Aufloͤſungsmittel, und verwandelt daſſelbe in Daͤmpfe; bey 3) verbindet ſich die Luft, und bey 4) das Waſſer mit einem Beſtandtheile der Aufloͤſung. Es giebt alſo eigentlich keine freywillige Praͤcipitation, ob man gleich zulaſſen kan, diejenigen ſo zu nennen, die ohne ein ſichtbares Niederſchlagungsmittel erfolgen.
Die Niederſchlagung iſt der Aufloͤſung entgegengeſetzt, aber immer wieder mit einer oder mehrern neuen Aufloͤſungen verbunden, wodurch neue Koͤrper erzeugt werden. Aufloͤſung und Niederſchlag ſind die Gruͤnde aller uͤbrigen chemiſchen Operationen zu Unterſuchung, Zerlegung und Zuſammenſetzung
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