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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

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Man hat, um dieses zu untersuchen, häufige Beobachtungen über die Abstände der culminirenden Sterne vom Scheitel angestellt, woraus sich ihre Stellen am Himmel am leichtesten bestimmen lassen. Tycho fand die gröste Höhe des Polarsterns in Uranienburg zu entgegengesetzten Jahrszeiten einerley (Kepler Epit. Astr. Copern. L. III. p. 493.) und schloß, daß die jährliche Parallare nicht merklich sey. Man brauchte dies als einen Einwurf gegen das kopernikanische System, weil man glaubte, es müsse sich eine Parallaxe zeigen, wenn sich die Erde wirllich bewegte. Hook, Slamstead und Jacob Cassini gaben sich hierüber viel Mühe, und nahmen wirklich kleine Veränderungen der Stellen der Fixsterne wahr, ohne doch darthun zu können, daß sie von der Parallaxe der Erdbahn herrührten. Horrebow glaubte aus Römers und seinen Beobachtungen eine jährliche Parallaxe von 30 Secunden herleiten zu können, und gründete darauf eine Vertheidigung des Copernikus (Copernicus triumphans. Hasn. 1727. 4.); aber Manfredi (Diss. de annuis inerrantium stellarum aberrationibus. Bonon. 1729. 4.) zeigte, daß diese Veränderungen gar nicht nach den Gesetzen erfolgten, nach welchen sich die jährliche Parallaxe darstellen müste. Zwar suchte noch der jüngere Horrebow (De parallaxi fixarum annua. Havn. 1747. 4. und in Act. Erud. Lips. 1748. p. 190.) seines Vaters Behauptungen zu vertheidigen; allein man wußte zu dieser Zeit schen durch Bradley's Entdeckungen, daß diese kleinen Veränderungen von einer scheinbaren jährlichen Bewegung herrühren, welche eine ganz andere Ursache hat, und den Sternen die größte und kleinste Breite giebt, nicht wenn sie um Mittag oder Mitternacht culminiren, sondern wenn sie um 90° Länge von der Sonne abstehen, s. Abirrung des Lichts. Bey den genauen Beobachtungen dieser Bewegung müßte man die Wirkung der Parallaxe bemerkt haben, wenn sie auch nur 2 Sec., oder für den Halbmesser der Erdbahn nur 1 Sec. betrüge. Man kan also sicher behaupten, daß sie gar nicht merklich sey.

Hieraus folgt nun die unermeßliche Weite der Fixsterne von uns, die so groß seyn muß, daß alle aus dem


Man hat, um dieſes zu unterſuchen, haͤufige Beobachtungen uͤber die Abſtaͤnde der culminirenden Sterne vom Scheitel angeſtellt, woraus ſich ihre Stellen am Himmel am leichteſten beſtimmen laſſen. Tycho fand die groͤſte Hoͤhe des Polarſterns in Uranienburg zu entgegengeſetzten Jahrszeiten einerley (Kepler Epit. Aſtr. Copern. L. III. p. 493.) und ſchloß, daß die jaͤhrliche Parallare nicht merklich ſey. Man brauchte dies als einen Einwurf gegen das kopernikaniſche Syſtem, weil man glaubte, es muͤſſe ſich eine Parallaxe zeigen, wenn ſich die Erde wirllich bewegte. Hook, Slamſtead und Jacob Caſſini gaben ſich hieruͤber viel Muͤhe, und nahmen wirklich kleine Veraͤnderungen der Stellen der Fixſterne wahr, ohne doch darthun zu koͤnnen, daß ſie von der Parallaxe der Erdbahn herruͤhrten. Horrebow glaubte aus Roͤmers und ſeinen Beobachtungen eine jaͤhrliche Parallaxe von 30 Secunden herleiten zu koͤnnen, und gruͤndete darauf eine Vertheidigung des Copernikus (Copernicus triumphans. Haſn. 1727. 4.); aber Manfredi (Diſſ. de annuis inerrantium ſtellarum aberrationibus. Bonon. 1729. 4.) zeigte, daß dieſe Veraͤnderungen gar nicht nach den Geſetzen erfolgten, nach welchen ſich die jaͤhrliche Parallaxe darſtellen muͤſte. Zwar ſuchte noch der juͤngere Horrebow (De parallaxi fixarum annua. Havn. 1747. 4. und in Act. Erud. Lipſ. 1748. p. 190.) ſeines Vaters Behauptungen zu vertheidigen; allein man wußte zu dieſer Zeit ſchen durch Bradley's Entdeckungen, daß dieſe kleinen Veraͤnderungen von einer ſcheinbaren jaͤhrlichen Bewegung herruͤhren, welche eine ganz andere Urſache hat, und den Sternen die groͤßte und kleinſte Breite giebt, nicht wenn ſie um Mittag oder Mitternacht culminiren, ſondern wenn ſie um 90° Laͤnge von der Sonne abſtehen, ſ. Abirrung des Lichts. Bey den genauen Beobachtungen dieſer Bewegung muͤßte man die Wirkung der Parallaxe bemerkt haben, wenn ſie auch nur 2 Sec., oder fuͤr den Halbmeſſer der Erdbahn nur 1 Sec. betruͤge. Man kan alſo ſicher behaupten, daß ſie gar nicht merklich ſey.

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[406/0412] Man hat, um dieſes zu unterſuchen, haͤufige Beobachtungen uͤber die Abſtaͤnde der culminirenden Sterne vom Scheitel angeſtellt, woraus ſich ihre Stellen am Himmel am leichteſten beſtimmen laſſen. Tycho fand die groͤſte Hoͤhe des Polarſterns in Uranienburg zu entgegengeſetzten Jahrszeiten einerley (Kepler Epit. Aſtr. Copern. L. III. p. 493.) und ſchloß, daß die jaͤhrliche Parallare nicht merklich ſey. Man brauchte dies als einen Einwurf gegen das kopernikaniſche Syſtem, weil man glaubte, es muͤſſe ſich eine Parallaxe zeigen, wenn ſich die Erde wirllich bewegte. Hook, Slamſtead und Jacob Caſſini gaben ſich hieruͤber viel Muͤhe, und nahmen wirklich kleine Veraͤnderungen der Stellen der Fixſterne wahr, ohne doch darthun zu koͤnnen, daß ſie von der Parallaxe der Erdbahn herruͤhrten. Horrebow glaubte aus Roͤmers und ſeinen Beobachtungen eine jaͤhrliche Parallaxe von 30 Secunden herleiten zu koͤnnen, und gruͤndete darauf eine Vertheidigung des Copernikus (Copernicus triumphans. Haſn. 1727. 4.); aber Manfredi (Diſſ. de annuis inerrantium ſtellarum aberrationibus. Bonon. 1729. 4.) zeigte, daß dieſe Veraͤnderungen gar nicht nach den Geſetzen erfolgten, nach welchen ſich die jaͤhrliche Parallaxe darſtellen muͤſte. Zwar ſuchte noch der juͤngere Horrebow (De parallaxi fixarum annua. Havn. 1747. 4. und in Act. Erud. Lipſ. 1748. p. 190.) ſeines Vaters Behauptungen zu vertheidigen; allein man wußte zu dieſer Zeit ſchen durch Bradley's Entdeckungen, daß dieſe kleinen Veraͤnderungen von einer ſcheinbaren jaͤhrlichen Bewegung herruͤhren, welche eine ganz andere Urſache hat, und den Sternen die groͤßte und kleinſte Breite giebt, nicht wenn ſie um Mittag oder Mitternacht culminiren, ſondern wenn ſie um 90° Laͤnge von der Sonne abſtehen, ſ. Abirrung des Lichts. Bey den genauen Beobachtungen dieſer Bewegung muͤßte man die Wirkung der Parallaxe bemerkt haben, wenn ſie auch nur 2 Sec., oder fuͤr den Halbmeſſer der Erdbahn nur 1 Sec. betruͤge. Man kan alſo ſicher behaupten, daß ſie gar nicht merklich ſey. Hieraus folgt nun die unermeßliche Weite der Fixſterne von uns, die ſo groß ſeyn muß, daß alle aus dem

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/412>, abgerufen am 21.11.2024.