Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Diese Ungleichheiten machten, daß die Angaben der Tafeln von dem wahren Himmelslauf beständig abwichen, und was die Erklärung derselben aus physischen Ursachen betraf, so blieb diese ein Labyrinth, aus dem kein Astronom den Ausgang sinden konnte. Endlich verbreitete Newtons Entdeckung der allgemeinen Schwere ein ganz unerwartetes Licht über diesen Gegenstand. Den Grundsätzen dieses Systems zufolge, ist alle Materie gegen einander, mithin der Planet nicht allein gegen die Sonne, sondern auch gegen die übrigen Plancten, der Mond nicht nur gegen die Erde, sondern auch ganz vorzüglich gegen die Sonne, ja auch gegen Venus und Jupiter schwer. Nun wird der regelmäßige Lauf in der elliptischen Bahn nach den keplerischen Gesetzen blos durch Gravitation gegen die Sonne, beym Monde blos durch Schwere gegen die Erde bewirkt: natürlich müssen also Abweichungen von diesen Gesetzen entstehen, wenn noch andere Kräfte mitwirken. So hat man den Schlüssel zu diesem Räthsal, und zugleich die physische Ursache desselben. Newton selbst (Princip. L. III. prop. 21. sqq.) erklärte und bestimmte schon einen großen Theil dieser Abweichungen. Alles beruht hiebey auf der sogenannten Aufgabe von drey Rörpern, welche die Gesetze untersucht, nach welchen sich drey gegenseitig gravitirende Körper bewegen, wenn entweder 1) zween ven ihnen um den dritten, oder 2) einer von ihnen um den zweyten und diese beyde zugleich um den dritten laufen. Newton konnte hierüber nur einzelne Bestimmungen geben, weil die allgemeine Auflösung sehr feine und damals noch unentdeckte Kunstgriffe der Infinitesimalrechnung
Dieſe Ungleichheiten machten, daß die Angaben der Tafeln von dem wahren Himmelslauf beſtaͤndig abwichen, und was die Erklaͤrung derſelben aus phyſiſchen Urſachen betraf, ſo blieb dieſe ein Labyrinth, aus dem kein Aſtronom den Ausgang ſinden konnte. Endlich verbreitete Newtons Entdeckung der allgemeinen Schwere ein ganz unerwartetes Licht uͤber dieſen Gegenſtand. Den Grundſaͤtzen dieſes Syſtems zufolge, iſt alle Materie gegen einander, mithin der Planet nicht allein gegen die Sonne, ſondern auch gegen die uͤbrigen Plancten, der Mond nicht nur gegen die Erde, ſondern auch ganz vorzuͤglich gegen die Sonne, ja auch gegen Venus und Jupiter ſchwer. Nun wird der regelmaͤßige Lauf in der elliptiſchen Bahn nach den kepleriſchen Geſetzen blos durch Gravitation gegen die Sonne, beym Monde blos durch Schwere gegen die Erde bewirkt: natuͤrlich muͤſſen alſo Abweichungen von dieſen Geſetzen entſtehen, wenn noch andere Kraͤfte mitwirken. So hat man den Schluͤſſel zu dieſem Raͤthſal, und zugleich die phyſiſche Urſache deſſelben. Newton ſelbſt (Princip. L. III. prop. 21. ſqq.) erklaͤrte und beſtimmte ſchon einen großen Theil dieſer Abweichungen. Alles beruht hiebey auf der ſogenannten Aufgabe von drey Roͤrpern, welche die Geſetze unterſucht, nach welchen ſich drey gegenſeitig gravitirende Koͤrper bewegen, wenn entweder 1) zween ven ihnen um den dritten, oder 2) einer von ihnen um den zweyten und dieſe beyde zugleich um den dritten laufen. Newton konnte hieruͤber nur einzelne Beſtimmungen geben, weil die allgemeine Aufloͤſung ſehr feine und damals noch unentdeckte Kunſtgriffe der Infiniteſimalrechnung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0446" xml:id="P.3.440" n="440"/><lb/><hi rendition="#b">erſten, zweyten Ungleichheit</hi> u. ſ. w. belegt. Die Weltſyſteme, die man ſich ausdachte, hatten immer mit zur Abſicht, dieſe Ungleichheiten zu erklaren, und das copernikaniſche Syſtem mit Keplers Thevrie der elliptiſchen Planetenbahnen verbunden leiſtete hierinn mehr, als alles vorherige. Dennoch blieb, beſonders beym Mondlaufe, noch eine Menge ganz unerklaͤrbarer Ungleichheiten uͤbrig, und die neuern Beobachter haben deren noch mehr gefunden, die man damals gar nicht kannte.</p> <p>Dieſe Ungleichheiten machten, daß die Angaben der Tafeln von dem wahren Himmelslauf beſtaͤndig abwichen, und was die Erklaͤrung derſelben aus phyſiſchen Urſachen betraf, ſo blieb dieſe ein Labyrinth, aus dem kein Aſtronom den Ausgang ſinden konnte.</p> <p>Endlich verbreitete <hi rendition="#b">Newtons</hi> Entdeckung der allgemeinen Schwere ein ganz unerwartetes Licht uͤber dieſen Gegenſtand. Den Grundſaͤtzen dieſes Syſtems zufolge, iſt alle Materie gegen einander, mithin der Planet nicht allein gegen die Sonne, ſondern auch gegen die uͤbrigen Plancten, der Mond nicht nur gegen die Erde, ſondern auch ganz vorzuͤglich gegen die Sonne, ja auch gegen Venus und Jupiter ſchwer. Nun wird der regelmaͤßige Lauf in der elliptiſchen Bahn nach den kepleriſchen Geſetzen blos durch Gravitation gegen die Sonne, beym Monde blos durch Schwere gegen die Erde bewirkt: natuͤrlich muͤſſen alſo Abweichungen von dieſen Geſetzen entſtehen, wenn noch andere Kraͤfte mitwirken. So hat man den Schluͤſſel zu dieſem Raͤthſal, und zugleich die phyſiſche Urſache deſſelben.</p> <p><hi rendition="#b">Newton</hi> ſelbſt <hi rendition="#aq">(Princip. L. III. prop. 21. ſqq.)</hi> erklaͤrte und beſtimmte ſchon einen großen Theil dieſer Abweichungen. Alles beruht hiebey auf der ſogenannten Aufgabe <hi rendition="#b">von drey Roͤrpern,</hi> welche die Geſetze unterſucht, nach welchen ſich drey gegenſeitig gravitirende Koͤrper bewegen, wenn entweder 1) zween ven ihnen um den dritten, oder 2) einer von ihnen um den zweyten und dieſe beyde zugleich um den dritten laufen. Newton konnte hieruͤber nur einzelne Beſtimmungen geben, weil die allgemeine Aufloͤſung ſehr feine und damals noch unentdeckte Kunſtgriffe der Infiniteſimalrechnung<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [440/0446]
erſten, zweyten Ungleichheit u. ſ. w. belegt. Die Weltſyſteme, die man ſich ausdachte, hatten immer mit zur Abſicht, dieſe Ungleichheiten zu erklaren, und das copernikaniſche Syſtem mit Keplers Thevrie der elliptiſchen Planetenbahnen verbunden leiſtete hierinn mehr, als alles vorherige. Dennoch blieb, beſonders beym Mondlaufe, noch eine Menge ganz unerklaͤrbarer Ungleichheiten uͤbrig, und die neuern Beobachter haben deren noch mehr gefunden, die man damals gar nicht kannte.
Dieſe Ungleichheiten machten, daß die Angaben der Tafeln von dem wahren Himmelslauf beſtaͤndig abwichen, und was die Erklaͤrung derſelben aus phyſiſchen Urſachen betraf, ſo blieb dieſe ein Labyrinth, aus dem kein Aſtronom den Ausgang ſinden konnte.
Endlich verbreitete Newtons Entdeckung der allgemeinen Schwere ein ganz unerwartetes Licht uͤber dieſen Gegenſtand. Den Grundſaͤtzen dieſes Syſtems zufolge, iſt alle Materie gegen einander, mithin der Planet nicht allein gegen die Sonne, ſondern auch gegen die uͤbrigen Plancten, der Mond nicht nur gegen die Erde, ſondern auch ganz vorzuͤglich gegen die Sonne, ja auch gegen Venus und Jupiter ſchwer. Nun wird der regelmaͤßige Lauf in der elliptiſchen Bahn nach den kepleriſchen Geſetzen blos durch Gravitation gegen die Sonne, beym Monde blos durch Schwere gegen die Erde bewirkt: natuͤrlich muͤſſen alſo Abweichungen von dieſen Geſetzen entſtehen, wenn noch andere Kraͤfte mitwirken. So hat man den Schluͤſſel zu dieſem Raͤthſal, und zugleich die phyſiſche Urſache deſſelben.
Newton ſelbſt (Princip. L. III. prop. 21. ſqq.) erklaͤrte und beſtimmte ſchon einen großen Theil dieſer Abweichungen. Alles beruht hiebey auf der ſogenannten Aufgabe von drey Roͤrpern, welche die Geſetze unterſucht, nach welchen ſich drey gegenſeitig gravitirende Koͤrper bewegen, wenn entweder 1) zween ven ihnen um den dritten, oder 2) einer von ihnen um den zweyten und dieſe beyde zugleich um den dritten laufen. Newton konnte hieruͤber nur einzelne Beſtimmungen geben, weil die allgemeine Aufloͤſung ſehr feine und damals noch unentdeckte Kunſtgriffe der Infiniteſimalrechnung
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