die aus ihnen gezognen Gesetze erhalten nur durch solche Bestimmungen ihre Vollkommenheit. Daher werden wenig Beweise der Naturgesetze, wenig Erklärungen der Phänomene ohne mathematische Betrachtung möglich seyn. Was für eine Physik würde übrig bleiben, wenn man dies alles trennen oder übergehen wollte. Daß die Chymie einen eben so unentbehrlichen Theil der Naturlehre ausmache, wird jetzt allgemein anerkannt. Nach Herrn Scheibels Bestimmung alle künstlichen Bearbeitungen der Stoffe auszuschließen, ist darum unmöglich, weil ohne dieselben nicht einmal die nothwendigsten Begriffe von Auflösung, Niederschlag, Verwandtschaft, Luftgestalt u. s. w. gefaßt, und die davon abhängenden Gesetze und Erscheinungen erklärt werden können.
Bey den Worten Naturgeschichte, Chymie, Mathematik habe ich mich bemüht, den Umfang dessen, was man zu diesen Wissenschaften rechnet, so genau, als möglich war, zu bestimmen. Diese drey großen Abschnitte müssen ihrer Weitläuftigkeit halber als besondere Theile angesehen werden, damit es dem Lernenden frey bleibe, sich seiner besondern Absicht gemäß mit dem einen mehr, als mit dem andern, zu beschäftigen. Zu ihnen kömmt nun noch die eigentliche Physik, nicht nur um die Lücken auszufüllen, sondern auch um ein zusammenhängendes Ganzes zu bilden, in welchem die allgemeinen Gesetze dargestellt und erwiesen, die Erscheinungen aus denselben erklärt, und die Ursachen der Begebenheiten, so weit möglich, verfolgt werden. Dieses Ganze kan nicht für sich bestehen, wenn nicht ein gewisser Theil der Chymie und angewandten Mathematik mit in dasselbe aufgenommen, auch selbst etwas von der Naturgeschichte, besonders der Mineralogie, beygebracht wird. So entsteht eine Wissenschaft, welche blos reine Mathematik als unentbehrlich voraussetzt, und dennoch schon an sich eine ziemlich vollständige Kenntniß der Körperwelt gewährt, mit deren Erlernung man also den Anfang machen, und nachher selbst wählen kan, ob man in einem oder in mehreren der obengenannten drey Abschnitte weiter fortgehen wolle.
die aus ihnen gezognen Geſetze erhalten nur durch ſolche Beſtimmungen ihre Vollkommenheit. Daher werden wenig Beweiſe der Naturgeſetze, wenig Erklaͤrungen der Phaͤnomene ohne mathematiſche Betrachtung moͤglich ſeyn. Was fuͤr eine Phyſik wuͤrde uͤbrig bleiben, wenn man dies alles trennen oder uͤbergehen wollte. Daß die Chymie einen eben ſo unentbehrlichen Theil der Naturlehre ausmache, wird jetzt allgemein anerkannt. Nach Herrn Scheibels Beſtimmung alle kuͤnſtlichen Bearbeitungen der Stoffe auszuſchließen, iſt darum unmoͤglich, weil ohne dieſelben nicht einmal die nothwendigſten Begriffe von Aufloͤſung, Niederſchlag, Verwandtſchaft, Luftgeſtalt u. ſ. w. gefaßt, und die davon abhaͤngenden Geſetze und Erſcheinungen erklaͤrt werden koͤnnen.
Bey den Worten Naturgeſchichte, Chymie, Mathematik habe ich mich bemuͤht, den Umfang deſſen, was man zu dieſen Wiſſenſchaften rechnet, ſo genau, als moͤglich war, zu beſtimmen. Dieſe drey großen Abſchnitte muͤſſen ihrer Weitlaͤuftigkeit halber als beſondere Theile angeſehen werden, damit es dem Lernenden frey bleibe, ſich ſeiner beſondern Abſicht gemaͤß mit dem einen mehr, als mit dem andern, zu beſchaͤftigen. Zu ihnen koͤmmt nun noch die eigentliche Phyſik, nicht nur um die Luͤcken auszufuͤllen, ſondern auch um ein zuſammenhaͤngendes Ganzes zu bilden, in welchem die allgemeinen Geſetze dargeſtellt und erwieſen, die Erſcheinungen aus denſelben erklaͤrt, und die Urſachen der Begebenheiten, ſo weit moͤglich, verfolgt werden. Dieſes Ganze kan nicht fuͤr ſich beſtehen, wenn nicht ein gewiſſer Theil der Chymie und angewandten Mathematik mit in daſſelbe aufgenommen, auch ſelbſt etwas von der Naturgeſchichte, beſonders der Mineralogie, beygebracht wird. So entſteht eine Wiſſenſchaft, welche blos reine Mathematik als unentbehrlich vorausſetzt, und dennoch ſchon an ſich eine ziemlich vollſtaͤndige Kenntniß der Koͤrperwelt gewaͤhrt, mit deren Erlernung man alſo den Anfang machen, und nachher ſelbſt waͤhlen kan, ob man in einem oder in mehreren der obengenannten drey Abſchnitte weiter fortgehen wolle.
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die aus ihnen gezognen Geſetze erhalten nur durch ſolche Beſtimmungen ihre Vollkommenheit. Daher werden wenig Beweiſe der Naturgeſetze, wenig Erklaͤrungen der Phaͤnomene ohne mathematiſche Betrachtung moͤglich ſeyn. Was fuͤr eine Phyſik wuͤrde uͤbrig bleiben, wenn man dies alles trennen oder uͤbergehen wollte. Daß die <hirendition="#b">Chymie</hi> einen eben ſo unentbehrlichen Theil der Naturlehre ausmache, wird jetzt allgemein anerkannt. Nach Herrn <hirendition="#b">Scheibels</hi> Beſtimmung alle kuͤnſtlichen Bearbeitungen der Stoffe auszuſchließen, iſt darum unmoͤglich, weil ohne dieſelben nicht einmal die nothwendigſten Begriffe von Aufloͤſung, Niederſchlag, Verwandtſchaft, Luftgeſtalt u. ſ. w. gefaßt, und die davon abhaͤngenden Geſetze und Erſcheinungen erklaͤrt werden koͤnnen.</p><p>Bey den Worten <hirendition="#b">Naturgeſchichte, Chymie, Mathematik</hi> habe ich mich bemuͤht, den Umfang deſſen, was man zu dieſen Wiſſenſchaften rechnet, ſo genau, als moͤglich war, zu beſtimmen. Dieſe drey großen Abſchnitte muͤſſen ihrer Weitlaͤuftigkeit halber als beſondere Theile angeſehen werden, damit es dem Lernenden frey bleibe, ſich ſeiner beſondern Abſicht gemaͤß mit dem einen mehr, als mit dem andern, zu beſchaͤftigen. Zu ihnen koͤmmt nun noch die <hirendition="#b">eigentliche Phyſik,</hi> nicht nur um die Luͤcken auszufuͤllen, ſondern auch um ein zuſammenhaͤngendes Ganzes zu bilden, in welchem die allgemeinen Geſetze dargeſtellt und erwieſen, die Erſcheinungen aus denſelben erklaͤrt, und die Urſachen der Begebenheiten, ſo weit moͤglich, verfolgt werden. Dieſes Ganze kan nicht fuͤr ſich beſtehen, wenn nicht ein gewiſſer Theil der Chymie und angewandten Mathematik mit in daſſelbe aufgenommen, auch ſelbſt etwas von der Naturgeſchichte, beſonders der Mineralogie, beygebracht wird. So entſteht eine Wiſſenſchaft, welche blos reine <hirendition="#b">Mathematik</hi> als unentbehrlich vorausſetzt, und dennoch ſchon an ſich eine ziemlich vollſtaͤndige Kenntniß der Koͤrperwelt gewaͤhrt, mit deren Erlernung man alſo den Anfang machen, und nachher ſelbſt waͤhlen kan, ob man in einem oder in mehreren der obengenannten drey Abſchnitte weiter fortgehen wolle.<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
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die aus ihnen gezognen Geſetze erhalten nur durch ſolche Beſtimmungen ihre Vollkommenheit. Daher werden wenig Beweiſe der Naturgeſetze, wenig Erklaͤrungen der Phaͤnomene ohne mathematiſche Betrachtung moͤglich ſeyn. Was fuͤr eine Phyſik wuͤrde uͤbrig bleiben, wenn man dies alles trennen oder uͤbergehen wollte. Daß die Chymie einen eben ſo unentbehrlichen Theil der Naturlehre ausmache, wird jetzt allgemein anerkannt. Nach Herrn Scheibels Beſtimmung alle kuͤnſtlichen Bearbeitungen der Stoffe auszuſchließen, iſt darum unmoͤglich, weil ohne dieſelben nicht einmal die nothwendigſten Begriffe von Aufloͤſung, Niederſchlag, Verwandtſchaft, Luftgeſtalt u. ſ. w. gefaßt, und die davon abhaͤngenden Geſetze und Erſcheinungen erklaͤrt werden koͤnnen.
Bey den Worten Naturgeſchichte, Chymie, Mathematik habe ich mich bemuͤht, den Umfang deſſen, was man zu dieſen Wiſſenſchaften rechnet, ſo genau, als moͤglich war, zu beſtimmen. Dieſe drey großen Abſchnitte muͤſſen ihrer Weitlaͤuftigkeit halber als beſondere Theile angeſehen werden, damit es dem Lernenden frey bleibe, ſich ſeiner beſondern Abſicht gemaͤß mit dem einen mehr, als mit dem andern, zu beſchaͤftigen. Zu ihnen koͤmmt nun noch die eigentliche Phyſik, nicht nur um die Luͤcken auszufuͤllen, ſondern auch um ein zuſammenhaͤngendes Ganzes zu bilden, in welchem die allgemeinen Geſetze dargeſtellt und erwieſen, die Erſcheinungen aus denſelben erklaͤrt, und die Urſachen der Begebenheiten, ſo weit moͤglich, verfolgt werden. Dieſes Ganze kan nicht fuͤr ſich beſtehen, wenn nicht ein gewiſſer Theil der Chymie und angewandten Mathematik mit in daſſelbe aufgenommen, auch ſelbſt etwas von der Naturgeſchichte, beſonders der Mineralogie, beygebracht wird. So entſteht eine Wiſſenſchaft, welche blos reine Mathematik als unentbehrlich vorausſetzt, und dennoch ſchon an ſich eine ziemlich vollſtaͤndige Kenntniß der Koͤrperwelt gewaͤhrt, mit deren Erlernung man alſo den Anfang machen, und nachher ſelbſt waͤhlen kan, ob man in einem oder in mehreren der obengenannten drey Abſchnitte weiter fortgehen wolle.
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 493. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/499>, abgerufen am 24.11.2024.
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