Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Schon im sechszehnten Jahrhunderte hatte Copernikus einen wichtigen Schritt gegen das Ansehen des Aristoteles und der verjährten Meinungen gewagt, durch die Bekanntmachung seiner Weltordnung, welche doch zur damaligen Zeit noch nicht allgemeinen Beyfall finden konnte. Aber vom Anfange des siebzehnten Jahrhunderts an vereinigte sich auf einmal eine Menge günstiger Umstände, die den Fall der scholastischen Philosophie und Physik vorbereiteten. Galilei, ein Mann von durchdringendem Scharfsinn und ächtem Beobachtungsgeiste, entdeckte um diese Zeit durch Erfahrung und richtige Anwendung der Mathematik die wahren Gesetze der Bewegung fallender, geworfener und schwingender Körper. Zugleich machte er durch die neuerfundnen Fernröhre Entdeckungen am Himmel, die ihn an der Wahrheit des copernikanischen Weltsystems nicht länger zweifeln ließen. Tycho de Brahe hatte schon vorher die praktische Sternkunde verbessert, und einen Schatz von genauern Beobachtungen gesammelt, der glücklicher Weise in Keplers Hände fiel. Dieser große Mathematiker entwickelte daraus seine vortreflichen Regeln, welche die Hauptgesetze der Bewegung der Planeten enthalten, und das copernikanische System in sein völliges Licht setzen. Er machte überdies eine ungemein glückliche Anwendung der Geometrie auf die Erklärung des Sehens und der Phänomene der Brechung, und kam dabey der Entdeckung der wahren Gesetze sehr nahe. Um eben diese Zeit schrieb Gilbert in England über Magnetismus und Elektricität, Stevin fand die Gesetze des Gleichgewichts mehrerer Kräfte und des
Schon im ſechszehnten Jahrhunderte hatte Copernikus einen wichtigen Schritt gegen das Anſehen des Ariſtoteles und der verjaͤhrten Meinungen gewagt, durch die Bekanntmachung ſeiner Weltordnung, welche doch zur damaligen Zeit noch nicht allgemeinen Beyfall finden konnte. Aber vom Anfange des ſiebzehnten Jahrhunderts an vereinigte ſich auf einmal eine Menge guͤnſtiger Umſtaͤnde, die den Fall der ſcholaſtiſchen Philoſophie und Phyſik vorbereiteten. Galilei, ein Mann von durchdringendem Scharfſinn und aͤchtem Beobachtungsgeiſte, entdeckte um dieſe Zeit durch Erfahrung und richtige Anwendung der Mathematik die wahren Geſetze der Bewegung fallender, geworfener und ſchwingender Koͤrper. Zugleich machte er durch die neuerfundnen Fernroͤhre Entdeckungen am Himmel, die ihn an der Wahrheit des copernikaniſchen Weltſyſtems nicht laͤnger zweifeln ließen. Tycho de Brahe hatte ſchon vorher die praktiſche Sternkunde verbeſſert, und einen Schatz von genauern Beobachtungen geſammelt, der gluͤcklicher Weiſe in Keplers Haͤnde fiel. Dieſer große Mathematiker entwickelte daraus ſeine vortreflichen Regeln, welche die Hauptgeſetze der Bewegung der Planeten enthalten, und das copernikaniſche Syſtem in ſein voͤlliges Licht ſetzen. Er machte uͤberdies eine ungemein gluͤckliche Anwendung der Geometrie auf die Erklaͤrung des Sehens und der Phaͤnomene der Brechung, und kam dabey der Entdeckung der wahren Geſetze ſehr nahe. Um eben dieſe Zeit ſchrieb Gilbert in England uͤber Magnetiſmus und Elektricitaͤt, Stevin fand die Geſetze des Gleichgewichts mehrerer Kraͤfte und des <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><hi rendition="#aq"><pb facs="#f0506" xml:id="P.3.500" n="500"/><lb/> and made engliſh by <hi rendition="#i">Peter Shaw.</hi> Lond. 1733. 4maj. Vol. I—III.).</hi> Seine <hi rendition="#aq">Inſtauratio magna ſ. De augmentis ſcientiarum</hi> enthaͤlt Gedanken uͤber die Verbeſſerung aller Wiſſenſchaften, und insbeſondere der Naturlehre, in welcher er anraͤth, den Weg der Speculation zu verlaſſen und blos der Erfahrung zu folgen; die Schrift: <hi rendition="#aq">De interpretatione naturae</hi> zaͤhlt die Gegenſtaͤnde auf, welche nach ſeinem Vorſchlage zu bearbeiten waren, und die <hi rendition="#aq">Hiſtoria ventorum</hi> giebt ein Beyſpiel ſeiner Methode.</p> <p>Schon im ſechszehnten Jahrhunderte hatte <hi rendition="#b">Copernikus</hi> einen wichtigen Schritt gegen das Anſehen des Ariſtoteles und der verjaͤhrten Meinungen gewagt, durch die Bekanntmachung ſeiner Weltordnung, welche doch zur damaligen Zeit noch nicht allgemeinen Beyfall finden konnte. Aber vom Anfange des ſiebzehnten Jahrhunderts an vereinigte ſich auf einmal eine Menge guͤnſtiger Umſtaͤnde, die den Fall der ſcholaſtiſchen Philoſophie und Phyſik vorbereiteten. <hi rendition="#b">Galilei,</hi> ein Mann von durchdringendem Scharfſinn und aͤchtem Beobachtungsgeiſte, entdeckte um dieſe Zeit durch Erfahrung und richtige Anwendung der Mathematik die wahren Geſetze der Bewegung fallender, geworfener und ſchwingender Koͤrper. Zugleich machte er durch die neuerfundnen Fernroͤhre Entdeckungen am Himmel, die ihn an der Wahrheit des copernikaniſchen Weltſyſtems nicht laͤnger zweifeln ließen. <hi rendition="#b">Tycho de Brahe</hi> hatte ſchon vorher die praktiſche Sternkunde verbeſſert, und einen Schatz von genauern Beobachtungen geſammelt, der gluͤcklicher Weiſe in <hi rendition="#b">Keplers Haͤnde</hi> fiel. Dieſer große Mathematiker entwickelte daraus ſeine vortreflichen Regeln, welche die Hauptgeſetze der Bewegung der Planeten enthalten, und das copernikaniſche Syſtem in ſein voͤlliges Licht ſetzen. Er machte uͤberdies eine ungemein gluͤckliche Anwendung der Geometrie auf die Erklaͤrung des Sehens und der Phaͤnomene der Brechung, und kam dabey der Entdeckung der wahren Geſetze ſehr nahe. Um eben dieſe Zeit ſchrieb Gilbert in England uͤber Magnetiſmus und Elektricitaͤt, Stevin fand die Geſetze des Gleichgewichts mehrerer Kraͤfte und des<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [500/0506]
and made engliſh by Peter Shaw. Lond. 1733. 4maj. Vol. I—III.). Seine Inſtauratio magna ſ. De augmentis ſcientiarum enthaͤlt Gedanken uͤber die Verbeſſerung aller Wiſſenſchaften, und insbeſondere der Naturlehre, in welcher er anraͤth, den Weg der Speculation zu verlaſſen und blos der Erfahrung zu folgen; die Schrift: De interpretatione naturae zaͤhlt die Gegenſtaͤnde auf, welche nach ſeinem Vorſchlage zu bearbeiten waren, und die Hiſtoria ventorum giebt ein Beyſpiel ſeiner Methode.
Schon im ſechszehnten Jahrhunderte hatte Copernikus einen wichtigen Schritt gegen das Anſehen des Ariſtoteles und der verjaͤhrten Meinungen gewagt, durch die Bekanntmachung ſeiner Weltordnung, welche doch zur damaligen Zeit noch nicht allgemeinen Beyfall finden konnte. Aber vom Anfange des ſiebzehnten Jahrhunderts an vereinigte ſich auf einmal eine Menge guͤnſtiger Umſtaͤnde, die den Fall der ſcholaſtiſchen Philoſophie und Phyſik vorbereiteten. Galilei, ein Mann von durchdringendem Scharfſinn und aͤchtem Beobachtungsgeiſte, entdeckte um dieſe Zeit durch Erfahrung und richtige Anwendung der Mathematik die wahren Geſetze der Bewegung fallender, geworfener und ſchwingender Koͤrper. Zugleich machte er durch die neuerfundnen Fernroͤhre Entdeckungen am Himmel, die ihn an der Wahrheit des copernikaniſchen Weltſyſtems nicht laͤnger zweifeln ließen. Tycho de Brahe hatte ſchon vorher die praktiſche Sternkunde verbeſſert, und einen Schatz von genauern Beobachtungen geſammelt, der gluͤcklicher Weiſe in Keplers Haͤnde fiel. Dieſer große Mathematiker entwickelte daraus ſeine vortreflichen Regeln, welche die Hauptgeſetze der Bewegung der Planeten enthalten, und das copernikaniſche Syſtem in ſein voͤlliges Licht ſetzen. Er machte uͤberdies eine ungemein gluͤckliche Anwendung der Geometrie auf die Erklaͤrung des Sehens und der Phaͤnomene der Brechung, und kam dabey der Entdeckung der wahren Geſetze ſehr nahe. Um eben dieſe Zeit ſchrieb Gilbert in England uͤber Magnetiſmus und Elektricitaͤt, Stevin fand die Geſetze des Gleichgewichts mehrerer Kraͤfte und des
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