Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.Da sich im Luftkreise mancherley fremdartige Materien befinden, wovon die Sonnenstäubchen ein bekanntes Beyspiel sind, auch leichte Körper schon durch eine schwache Bewegung der Luft in die Höhe gehoben und lange Zeit darinn erhalten werden können, so darf es nicht befremden, wenn der Regen bisweilen heterogene Dinge mit sich bringt, oder sonst in seiner Farbe u. dgl. etwas Besonderes zeigt. So fällt bisweilen mit dem Regen Erde, Sand, Blumenstaub von Pflanzen, insbesondere von Nadelhölzern, Saamen von Pflanzen, ausgeworfene Asche aus den Vulkanen u. dgl. herab. Ohne Zweifel sind durch solche Begebenheiten die abentheuerlichen Erzählungen des Alterthums und der mittlern Zeit von mancherley wunderbaren Regen veranlasset worden, wobey man aber auch vieles für Spuren des Regens gehalten hat, was gar nicht aus dem Luftkreise gekommen war. Schwefelregen wird von Spangenberg (Mannsfeld. Chronik beym I. 1658.) und andern beym Musschenbroek angeführten Schriftstellern häufig erwähnt. Nach Scheuchzer (Meteorologia Helvet. p. 14.) fiel 1677 ein gelber Regen so reichlich, daß auf dem Zürchersee und den benachbarten Brunnen ein gelbliches Pulver schwamm. Eben dies beobachtete Hollmann 1749 in Göttingen (Comm. Gotting. Vol. III. p. 59.) und Grischow in Berlin. Am 19ten April 1761 fiel zu Bourdeaur mit dem Regen ein gelbes Pulver herab, das den Boden hie und da auf 2 Lin. hoch bedeckte; man schickte Proben davon an die pariser Akaoemie, und die Physiker erkannten es einstimmig für den Blumenstaub von Tannen, welche um Bourdeaur sehr häufig sind und eben damals blühten. Homer (Iliad. Rhaps. l.), Cicero (De divinat. L. II.), Livius (XLII. 20.), Plinius (H. N. II. 56.) erwähnen Blutregen, dergleichen auch neuere, z. B. Gemma Frisius (Cosmograph. L. II. c. 2.) anführen. Gassendi (Vita Peirescii, Lib. II.) erzählt von Peiresc, er habe nach einem vermeinten Blutregen in Frankreich die rothen Flecke, die man für Spuren der Regentropfen hielt, auch an bedeckten Orten gefunden, und entdeckt, daß sie von rothen Da ſich im Luftkreiſe mancherley fremdartige Materien befinden, wovon die Sonnenſtaͤubchen ein bekanntes Beyſpiel ſind, auch leichte Koͤrper ſchon durch eine ſchwache Bewegung der Luft in die Hoͤhe gehoben und lange Zeit darinn erhalten werden koͤnnen, ſo darf es nicht befremden, wenn der Regen bisweilen heterogene Dinge mit ſich bringt, oder ſonſt in ſeiner Farbe u. dgl. etwas Beſonderes zeigt. So faͤllt bisweilen mit dem Regen Erde, Sand, Blumenſtaub von Pflanzen, insbeſondere von Nadelhoͤlzern, Saamen von Pflanzen, ausgeworfene Aſche aus den Vulkanen u. dgl. herab. Ohne Zweifel ſind durch ſolche Begebenheiten die abentheuerlichen Erzaͤhlungen des Alterthums und der mittlern Zeit von mancherley wunderbaren Regen veranlaſſet worden, wobey man aber auch vieles fuͤr Spuren des Regens gehalten hat, was gar nicht aus dem Luftkreiſe gekommen war. Schwefelregen wird von Spangenberg (Mannsfeld. Chronik beym I. 1658.) und andern beym Muſſchenbroek angefuͤhrten Schriftſtellern haͤufig erwaͤhnt. Nach Scheuchzer (Meteorologia Helvet. p. 14.) fiel 1677 ein gelber Regen ſo reichlich, daß auf dem Zuͤrcherſee und den benachbarten Brunnen ein gelbliches Pulver ſchwamm. Eben dies beobachtete Hollmann 1749 in Goͤttingen (Comm. Gotting. Vol. III. p. 59.) und Griſchow in Berlin. Am 19ten April 1761 fiel zu Bourdeaur mit dem Regen ein gelbes Pulver herab, das den Boden hie und da auf 2 Lin. hoch bedeckte; man ſchickte Proben davon an die pariſer Akaoemie, und die Phyſiker erkannten es einſtimmig fuͤr den Blumenſtaub von Tannen, welche um Bourdeaur ſehr haͤufig ſind und eben damals bluͤhten. Homer (Iliad. Rhapſ. λ.), Cicero (De divinat. L. II.), Livius (XLII. 20.), Plinius (H. N. II. 56.) erwaͤhnen Blutregen, dergleichen auch neuere, z. B. Gemma Friſius (Coſmograph. L. II. c. 2.) anfuͤhren. Gaſſendi (Vita Peireſcii, Lib. 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Ohne Zweifel ſind durch ſolche Begebenheiten die abentheuerlichen Erzaͤhlungen des Alterthums und der mittlern Zeit von mancherley wunderbaren Regen veranlaſſet worden, wobey man aber auch vieles fuͤr Spuren des Regens gehalten hat, was gar nicht aus dem Luftkreiſe gekommen war.</p> <p><hi rendition="#b">Schwefelregen</hi> wird von <hi rendition="#b">Spangenberg</hi> (Mannsfeld. Chronik beym I. 1658.) und andern beym Muſſchenbroek angefuͤhrten Schriftſtellern haͤufig erwaͤhnt. Nach <hi rendition="#b">Scheuchzer</hi> <hi rendition="#aq">(Meteorologia Helvet. p. 14.)</hi> fiel 1677 ein gelber Regen ſo reichlich, daß auf dem Zuͤrcherſee und den benachbarten Brunnen ein gelbliches Pulver ſchwamm. Eben dies beobachtete <hi rendition="#b">Hollmann</hi> 1749 in Goͤttingen <hi rendition="#aq">(Comm. Gotting. Vol. III. p. 59.)</hi> und <hi rendition="#b">Griſchow</hi> in Berlin. 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Da ſich im Luftkreiſe mancherley fremdartige Materien befinden, wovon die Sonnenſtaͤubchen ein bekanntes Beyſpiel ſind, auch leichte Koͤrper ſchon durch eine ſchwache Bewegung der Luft in die Hoͤhe gehoben und lange Zeit darinn erhalten werden koͤnnen, ſo darf es nicht befremden, wenn der Regen bisweilen heterogene Dinge mit ſich bringt, oder ſonſt in ſeiner Farbe u. dgl. etwas Beſonderes zeigt. So faͤllt bisweilen mit dem Regen Erde, Sand, Blumenſtaub von Pflanzen, insbeſondere von Nadelhoͤlzern, Saamen von Pflanzen, ausgeworfene Aſche aus den Vulkanen u. dgl. herab. Ohne Zweifel ſind durch ſolche Begebenheiten die abentheuerlichen Erzaͤhlungen des Alterthums und der mittlern Zeit von mancherley wunderbaren Regen veranlaſſet worden, wobey man aber auch vieles fuͤr Spuren des Regens gehalten hat, was gar nicht aus dem Luftkreiſe gekommen war.
Schwefelregen wird von Spangenberg (Mannsfeld. Chronik beym I. 1658.) und andern beym Muſſchenbroek angefuͤhrten Schriftſtellern haͤufig erwaͤhnt. Nach Scheuchzer (Meteorologia Helvet. p. 14.) fiel 1677 ein gelber Regen ſo reichlich, daß auf dem Zuͤrcherſee und den benachbarten Brunnen ein gelbliches Pulver ſchwamm. Eben dies beobachtete Hollmann 1749 in Goͤttingen (Comm. Gotting. Vol. III. p. 59.) und Griſchow in Berlin. Am 19ten April 1761 fiel zu Bourdeaur mit dem Regen ein gelbes Pulver herab, das den Boden hie und da auf 2 Lin. hoch bedeckte; man ſchickte Proben davon an die pariſer Akaoemie, und die Phyſiker erkannten es einſtimmig fuͤr den Blumenſtaub von Tannen, welche um Bourdeaur ſehr haͤufig ſind und eben damals bluͤhten.
Homer (Iliad. Rhapſ. λ.), Cicero (De divinat. L. II.), Livius (XLII. 20.), Plinius (H. N. II. 56.) erwaͤhnen Blutregen, dergleichen auch neuere, z. B. Gemma Friſius (Coſmograph. L. II. c. 2.) anfuͤhren. Gaſſendi (Vita Peireſcii, Lib. II.) erzaͤhlt von Peireſc, er habe nach einem vermeinten Blutregen in Frankreich die rothen Flecke, die man fuͤr Spuren der Regentropfen hielt, auch an bedeckten Orten gefunden, und entdeckt, daß ſie von rothen
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