Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


wenn das ganze Feld mit Feuer überzogen wäre. Er glaubte, das Taglicht möge oft hindern, diese Regen für leuchtend zu erkennen.

Gewöhnlich fällt das Barometer bey bevorstehendem Regen, und steigt wieder, wenn der Himmel heiter werden will. Diese Regel ist aber bey weitem nicht ohne Ausnahme, s. Barometerveränderungen.

Der Regen gehört zu den wohlthätigsten Veranstaltungen des Schöpfers. Er befeuchtet den Boden, unterhält und befördert die Vegetation, reiniget und erfrischet die Luft, mäßigt die Hitze, giebt den Thieren ihren Trank, und den Quellen und Flüssen den größten Theil ihres Wassers. Diese Vortheile überwiegen bey weitem den Schaden, den allzuheftige Ausbrüche oder allzulanges Anhalten desselben bisweilen veranlassen. Meinungen über die Ursachen des Regens.

Man hat das Herabfallen des Regens von jeher als das Umgekehrte von dem Aufsteigen der Dünste betrachtet. Vor der Mitte des gegenwärtigen Jahrhunderts fiel es noch keinem Physiker ein, daß das in den Luftkreis steigende Wasser aufgelöset oder zersetzt werden, seine tropfbare Gestalt verlieren, ein elastisches Fluidum bilden könne u. s. w. Man begnügte sich, eine mechanische Zertrennung des Wassers in sehr feine Theilchen, höchstens in dünne mit einer feinen Materie angefüllte Bläschen anzunehmen, die entweder durch den Stoß des Feuers, oder durch ihre specifische Leichtigkeit in die höhern Regionen des Luftkreises getrieben würden, s. Ausdünstung. Man ließ dieses Wasser sich unter der Gestalt der Wolken sammeln, und im Luftkreise so lange verweilen, bis die Menge zu groß würde oder die Theilchen zu dicht an einander kämen, um von der Luftschicht, in der sie schwebten, länger getragen zu werden. Alsdann mußten die Theilchen sich vereinigen, oder die Bläschen zerplatzen, und es erfolgte hieraus der Fall der Tropfen.

So nahm man Verdichtung der Dünste als nächste Ursache des Regens an, und begnügte sich, einige entferntere


wenn das ganze Feld mit Feuer uͤberzogen waͤre. Er glaubte, das Taglicht moͤge oft hindern, dieſe Regen fuͤr leuchtend zu erkennen.

Gewoͤhnlich faͤllt das Barometer bey bevorſtehendem Regen, und ſteigt wieder, wenn der Himmel heiter werden will. Dieſe Regel iſt aber bey weitem nicht ohne Ausnahme, ſ. Barometerveraͤnderungen.

Der Regen gehoͤrt zu den wohlthaͤtigſten Veranſtaltungen des Schoͤpfers. Er befeuchtet den Boden, unterhaͤlt und befoͤrdert die Vegetation, reiniget und erfriſchet die Luft, maͤßigt die Hitze, giebt den Thieren ihren Trank, und den Quellen und Fluͤſſen den groͤßten Theil ihres Waſſers. Dieſe Vortheile uͤberwiegen bey weitem den Schaden, den allzuheftige Ausbruͤche oder allzulanges Anhalten deſſelben bisweilen veranlaſſen. Meinungen uͤber die Urſachen des Regens.

Man hat das Herabfallen des Regens von jeher als das Umgekehrte von dem Aufſteigen der Duͤnſte betrachtet. Vor der Mitte des gegenwaͤrtigen Jahrhunderts fiel es noch keinem Phyſiker ein, daß das in den Luftkreis ſteigende Waſſer aufgeloͤſet oder zerſetzt werden, ſeine tropfbare Geſtalt verlieren, ein elaſtiſches Fluidum bilden koͤnne u. ſ. w. Man begnuͤgte ſich, eine mechaniſche Zertrennung des Waſſers in ſehr feine Theilchen, hoͤchſtens in duͤnne mit einer feinen Materie angefuͤllte Blaͤschen anzunehmen, die entweder durch den Stoß des Feuers, oder durch ihre ſpecifiſche Leichtigkeit in die hoͤhern Regionen des Luftkreiſes getrieben wuͤrden, ſ. Ausduͤnſtung. Man ließ dieſes Waſſer ſich unter der Geſtalt der Wolken ſammeln, und im Luftkreiſe ſo lange verweilen, bis die Menge zu groß wuͤrde oder die Theilchen zu dicht an einander kaͤmen, um von der Luftſchicht, in der ſie ſchwebten, laͤnger getragen zu werden. Alsdann mußten die Theilchen ſich vereinigen, oder die Blaͤschen zerplatzen, und es erfolgte hieraus der Fall der Tropfen.

So nahm man Verdichtung der Duͤnſte als naͤchſte Urſache des Regens an, und begnuͤgte ſich, einige entferntere

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0658" xml:id="P.3.652" n="652"/><lb/>
wenn das ganze Feld mit Feuer u&#x0364;berzogen wa&#x0364;re. Er glaubte, das Taglicht mo&#x0364;ge oft hindern, die&#x017F;e Regen fu&#x0364;r leuchtend zu erkennen.</p>
            <p>Gewo&#x0364;hnlich fa&#x0364;llt das Barometer bey bevor&#x017F;tehendem Regen, und &#x017F;teigt wieder, wenn der Himmel heiter werden will. Die&#x017F;e Regel i&#x017F;t aber bey weitem nicht ohne Ausnahme, <hi rendition="#b">&#x017F;. Barometervera&#x0364;nderungen.</hi></p>
            <p>Der Regen geho&#x0364;rt zu den wohltha&#x0364;tig&#x017F;ten Veran&#x017F;taltungen des Scho&#x0364;pfers. Er befeuchtet den Boden, unterha&#x0364;lt und befo&#x0364;rdert die Vegetation, reiniget und erfri&#x017F;chet die Luft, ma&#x0364;ßigt die Hitze, giebt den Thieren ihren Trank, und den Quellen und Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en den gro&#x0364;ßten Theil ihres Wa&#x017F;&#x017F;ers. Die&#x017F;e Vortheile u&#x0364;berwiegen bey weitem den Schaden, den allzuheftige Ausbru&#x0364;che oder allzulanges Anhalten de&#x017F;&#x017F;elben bisweilen veranla&#x017F;&#x017F;en. <hi rendition="#c"><hi rendition="#b">Meinungen u&#x0364;ber die Ur&#x017F;achen des Regens.</hi></hi></p>
            <p>Man hat das Herabfallen des Regens von jeher als das Umgekehrte von dem Auf&#x017F;teigen der Du&#x0364;n&#x017F;te betrachtet. Vor der Mitte des gegenwa&#x0364;rtigen Jahrhunderts fiel es noch keinem Phy&#x017F;iker ein, daß das in den Luftkreis &#x017F;teigende Wa&#x017F;&#x017F;er aufgelo&#x0364;&#x017F;et oder zer&#x017F;etzt werden, &#x017F;eine tropfbare Ge&#x017F;talt verlieren, ein ela&#x017F;ti&#x017F;ches Fluidum bilden ko&#x0364;nne u. &#x017F;. w. Man begnu&#x0364;gte &#x017F;ich, eine mechani&#x017F;che Zertrennung des Wa&#x017F;&#x017F;ers in &#x017F;ehr feine Theilchen, ho&#x0364;ch&#x017F;tens in du&#x0364;nne mit einer feinen Materie angefu&#x0364;llte Bla&#x0364;schen anzunehmen, die entweder durch den Stoß des Feuers, oder durch ihre &#x017F;pecifi&#x017F;che Leichtigkeit in die ho&#x0364;hern Regionen des Luftkrei&#x017F;es getrieben wu&#x0364;rden, &#x017F;. <hi rendition="#b">Ausdu&#x0364;n&#x017F;tung.</hi> Man ließ die&#x017F;es Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ich unter der Ge&#x017F;talt der Wolken &#x017F;ammeln, und im Luftkrei&#x017F;e &#x017F;o lange verweilen, bis die Menge zu groß wu&#x0364;rde oder die Theilchen zu dicht an einander ka&#x0364;men, um von der Luft&#x017F;chicht, in der &#x017F;ie &#x017F;chwebten, la&#x0364;nger getragen zu werden. Alsdann mußten die Theilchen &#x017F;ich vereinigen, oder die Bla&#x0364;schen zerplatzen, und es erfolgte hieraus der Fall der Tropfen.</p>
            <p>So nahm man Verdichtung der Du&#x0364;n&#x017F;te als na&#x0364;ch&#x017F;te Ur&#x017F;ache des Regens an, und begnu&#x0364;gte &#x017F;ich, einige entferntere<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[652/0658] wenn das ganze Feld mit Feuer uͤberzogen waͤre. Er glaubte, das Taglicht moͤge oft hindern, dieſe Regen fuͤr leuchtend zu erkennen. Gewoͤhnlich faͤllt das Barometer bey bevorſtehendem Regen, und ſteigt wieder, wenn der Himmel heiter werden will. Dieſe Regel iſt aber bey weitem nicht ohne Ausnahme, ſ. Barometerveraͤnderungen. Der Regen gehoͤrt zu den wohlthaͤtigſten Veranſtaltungen des Schoͤpfers. Er befeuchtet den Boden, unterhaͤlt und befoͤrdert die Vegetation, reiniget und erfriſchet die Luft, maͤßigt die Hitze, giebt den Thieren ihren Trank, und den Quellen und Fluͤſſen den groͤßten Theil ihres Waſſers. Dieſe Vortheile uͤberwiegen bey weitem den Schaden, den allzuheftige Ausbruͤche oder allzulanges Anhalten deſſelben bisweilen veranlaſſen. Meinungen uͤber die Urſachen des Regens. Man hat das Herabfallen des Regens von jeher als das Umgekehrte von dem Aufſteigen der Duͤnſte betrachtet. Vor der Mitte des gegenwaͤrtigen Jahrhunderts fiel es noch keinem Phyſiker ein, daß das in den Luftkreis ſteigende Waſſer aufgeloͤſet oder zerſetzt werden, ſeine tropfbare Geſtalt verlieren, ein elaſtiſches Fluidum bilden koͤnne u. ſ. w. Man begnuͤgte ſich, eine mechaniſche Zertrennung des Waſſers in ſehr feine Theilchen, hoͤchſtens in duͤnne mit einer feinen Materie angefuͤllte Blaͤschen anzunehmen, die entweder durch den Stoß des Feuers, oder durch ihre ſpecifiſche Leichtigkeit in die hoͤhern Regionen des Luftkreiſes getrieben wuͤrden, ſ. Ausduͤnſtung. Man ließ dieſes Waſſer ſich unter der Geſtalt der Wolken ſammeln, und im Luftkreiſe ſo lange verweilen, bis die Menge zu groß wuͤrde oder die Theilchen zu dicht an einander kaͤmen, um von der Luftſchicht, in der ſie ſchwebten, laͤnger getragen zu werden. Alsdann mußten die Theilchen ſich vereinigen, oder die Blaͤschen zerplatzen, und es erfolgte hieraus der Fall der Tropfen. So nahm man Verdichtung der Duͤnſte als naͤchſte Urſache des Regens an, und begnuͤgte ſich, einige entferntere

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/658
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 652. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/658>, abgerufen am 22.11.2024.