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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

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vorübergeht, ein Platzer. oder Knall. Erfolgen hingegen die Schwingungen schneller, und mit gewissen dem Ohre bemerkbaren Verhältnissen der Geschwindigkeit, so entsteht ein Klang; erfolgen sie endlich alle mit gleicher Geschwindigkeit, so heißt der Klang ein Ton. Da ich von den Tönen unter einem besondern Artikel handle, so würde es unnütze Wiederhohlung seyn, hier mehr davon anzusühren.

Der Schall ist desto stärker, je elastischer der schallende Körper ist, und je stärker seine Theile gespannt sind. Daher giebt eine schlaffe Saite durch ihre Bewegungen keinen Klang: ihr fehlt die Spannung, welche zu Entstehung der Schwingungen erforderlich ist. Wenn aber die Theile eines gespannten elastischen Körpers bewegt werden, so afficirt ihre schwingende Bewegung durch ihr Hin- und Hergehen alle übrige Theile des ganzen Körpers, aber nicht jeden auf gleiche Art. Es kömmt hiebey auf die Gestalt des Körpers, auf die Gleichförmigkeit seiner Dichte und seines Zusammenhangs, auf die Stelle, wo er angeschlagen wird, auf die Stellen, wo er andere minder elastische Körper berührt, und auf mehrere vielleicht noch nicht vollständig bekannte Umstände an. Durch diese Umstände werden die Schwingungsknoten, die Längen der verschiedenen schwingenden Theile, die Größen der Bogen, welche die schwingenden Theile beschreiben u. s. w. bestimmt. Von der Dauer der Schwingungen hängt alsdann die Dauer des Schalls, von der Menge der schwingenden Theile und der Größe der Schwingungsbogen die Stärke des Schalls ab, und die Auzahl der Schwingungen in einer gegebnen Zeit bestimmt die Höhe oder Tiefe des Tons.

In einem angeschlagnen oder mit dem Finger am Rande gestrichenen Glase macht das Wasser wellenförmige Bewegungen. Die Größe und der Abstand der Wellen von einander kömmt auf die Geschwindigkeit der Schwingungen an. Sobald das Glas klingt, entstehen Wellen; wenn man alsdann den Finger stärker aufdrückt, daß der Klang um eine Octave höher wird, so entstehen kleinere Wellen, genau halb so groß, als die vorigen, deren also doppelt soviel auf der Oberfläche des Wassers Platz haben. Dies ist


voruͤbergeht, ein Platzer. oder Knall. Erfolgen hingegen die Schwingungen ſchneller, und mit gewiſſen dem Ohre bemerkbaren Verhaͤltniſſen der Geſchwindigkeit, ſo entſteht ein Klang; erfolgen ſie endlich alle mit gleicher Geſchwindigkeit, ſo heißt der Klang ein Ton. Da ich von den Toͤnen unter einem beſondern Artikel handle, ſo wuͤrde es unnuͤtze Wiederhohlung ſeyn, hier mehr davon anzuſuͤhren.

Der Schall iſt deſto ſtaͤrker, je elaſtiſcher der ſchallende Koͤrper iſt, und je ſtaͤrker ſeine Theile geſpannt ſind. Daher giebt eine ſchlaffe Saite durch ihre Bewegungen keinen Klang: ihr fehlt die Spannung, welche zu Entſtehung der Schwingungen erforderlich iſt. Wenn aber die Theile eines geſpannten elaſtiſchen Koͤrpers bewegt werden, ſo afficirt ihre ſchwingende Bewegung durch ihr Hin- und Hergehen alle uͤbrige Theile des ganzen Koͤrpers, aber nicht jeden auf gleiche Art. Es koͤmmt hiebey auf die Geſtalt des Koͤrpers, auf die Gleichfoͤrmigkeit ſeiner Dichte und ſeines Zuſammenhangs, auf die Stelle, wo er angeſchlagen wird, auf die Stellen, wo er andere minder elaſtiſche Koͤrper beruͤhrt, und auf mehrere vielleicht noch nicht vollſtaͤndig bekannte Umſtaͤnde an. Durch dieſe Umſtaͤnde werden die Schwingungsknoten, die Laͤngen der verſchiedenen ſchwingenden Theile, die Groͤßen der Bogen, welche die ſchwingenden Theile beſchreiben u. ſ. w. beſtimmt. Von der Dauer der Schwingungen haͤngt alsdann die Dauer des Schalls, von der Menge der ſchwingenden Theile und der Groͤße der Schwingungsbogen die Staͤrke des Schalls ab, und die Auzahl der Schwingungen in einer gegebnen Zeit beſtimmt die Hoͤhe oder Tiefe des Tons.

In einem angeſchlagnen oder mit dem Finger am Rande geſtrichenen Glaſe macht das Waſſer wellenfoͤrmige Bewegungen. Die Groͤße und der Abſtand der Wellen von einander koͤmmt auf die Geſchwindigkeit der Schwingungen an. Sobald das Glas klingt, entſtehen Wellen; wenn man alsdann den Finger ſtaͤrker aufdruͤckt, daß der Klang um eine Octave hoͤher wird, ſo entſtehen kleinere Wellen, genau halb ſo groß, als die vorigen, deren alſo doppelt ſoviel auf der Oberflaͤche des Waſſers Platz haben. Dies iſt

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[803/0809] voruͤbergeht, ein Platzer. oder Knall. Erfolgen hingegen die Schwingungen ſchneller, und mit gewiſſen dem Ohre bemerkbaren Verhaͤltniſſen der Geſchwindigkeit, ſo entſteht ein Klang; erfolgen ſie endlich alle mit gleicher Geſchwindigkeit, ſo heißt der Klang ein Ton. Da ich von den Toͤnen unter einem beſondern Artikel handle, ſo wuͤrde es unnuͤtze Wiederhohlung ſeyn, hier mehr davon anzuſuͤhren. Der Schall iſt deſto ſtaͤrker, je elaſtiſcher der ſchallende Koͤrper iſt, und je ſtaͤrker ſeine Theile geſpannt ſind. Daher giebt eine ſchlaffe Saite durch ihre Bewegungen keinen Klang: ihr fehlt die Spannung, welche zu Entſtehung der Schwingungen erforderlich iſt. Wenn aber die Theile eines geſpannten elaſtiſchen Koͤrpers bewegt werden, ſo afficirt ihre ſchwingende Bewegung durch ihr Hin- und Hergehen alle uͤbrige Theile des ganzen Koͤrpers, aber nicht jeden auf gleiche Art. Es koͤmmt hiebey auf die Geſtalt des Koͤrpers, auf die Gleichfoͤrmigkeit ſeiner Dichte und ſeines Zuſammenhangs, auf die Stelle, wo er angeſchlagen wird, auf die Stellen, wo er andere minder elaſtiſche Koͤrper beruͤhrt, und auf mehrere vielleicht noch nicht vollſtaͤndig bekannte Umſtaͤnde an. Durch dieſe Umſtaͤnde werden die Schwingungsknoten, die Laͤngen der verſchiedenen ſchwingenden Theile, die Groͤßen der Bogen, welche die ſchwingenden Theile beſchreiben u. ſ. w. beſtimmt. Von der Dauer der Schwingungen haͤngt alsdann die Dauer des Schalls, von der Menge der ſchwingenden Theile und der Groͤße der Schwingungsbogen die Staͤrke des Schalls ab, und die Auzahl der Schwingungen in einer gegebnen Zeit beſtimmt die Hoͤhe oder Tiefe des Tons. In einem angeſchlagnen oder mit dem Finger am Rande geſtrichenen Glaſe macht das Waſſer wellenfoͤrmige Bewegungen. Die Groͤße und der Abſtand der Wellen von einander koͤmmt auf die Geſchwindigkeit der Schwingungen an. Sobald das Glas klingt, entſtehen Wellen; wenn man alsdann den Finger ſtaͤrker aufdruͤckt, daß der Klang um eine Octave hoͤher wird, ſo entſtehen kleinere Wellen, genau halb ſo groß, als die vorigen, deren alſo doppelt ſoviel auf der Oberflaͤche des Waſſers Platz haben. Dies iſt

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 803. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/809>, abgerufen am 22.11.2024.