Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Daß verdichtete oder auch eingeschloßne erwärmte Luft den Schall verstärkt, beweiset man durch einen Wecker, der in eine Glocke oder einen papinischen Digestor eingeschlossen wird, und zu der Zeit, auf die er gestellt ist, losschlägt. Man hört ihn in weit größern Entfernungen, wenn. die Luft im Digestor comprimirt oder erhitzt ist. Diesen Versuch haben Hawksbee (Physico mechanical experiments), s'Gravesande (Elem. Phys. mathem. §. 2354.) und Zanotti (Comment. Bonon. Vol. I. p. 173.) angestellt. Weil der Fortgang der Schläge vom schallenden Punkte aus nach allen Seiten in geraden Linien geschieht, so kan man sich diese Linien als Schallstralen (radii sonori) vorstellen, und so die Betrachtung der Wege des Schalles zum Theil auf Geometrie bringen. Die Lehre vom Schalle führt überhaupt den Namen der Akustik oder Phonik. Einige haben die Betrachtungen des geradlinigten, gebrochnen und zurückgeworfenen Schalles trennen, und nach dem Beyspiele der optischen Wissenschaften eine eigne Diaphonik und Kataphonik oder Diakustik und Katakustik entwerfen wollen (The doctrine of Sounds, in Philos. Trans. num. 156. p. 472.). Aber von Brechungen des Schalles weiß man noch so viel, als gar nichts. Die Zurückwerfung der Schallstralen von harten Körpern geschieht nach den gewöhnlichen Gesetzen der Reflerionen, s. Zurückwerfung. Hierauf beruhen die Erklärungen des Echo, des Sprachrohrs, Hörrohrs, der Sprachs<*>le u. s. w., von welchen Gegenständen besondere Artikel dieses Wörterbuchs handeln. Es geschieht aber die Fortpflanzung des Schalls nicht blos durch die Luft, sondern auch durch andere elastische, flüßige und feste Körper. So hört man den Klang eines Weckers, der auf dem Tische unter einer gläsernen Glocke steht. Die schallende Bewegung setzt die Theile des Glases in Schwingungen, und diese theilen sich erst der äußern Luft mit, die sie zum Ohre bringt. Daher ist auch der Schall weit schwächer, als wenn er ganz durch freye Luft gehen kann. Noch schwächer wird er, wenn man über die
Daß verdichtete oder auch eingeſchloßne erwaͤrmte Luft den Schall verſtaͤrkt, beweiſet man durch einen Wecker, der in eine Glocke oder einen papiniſchen Digeſtor eingeſchloſſen wird, und zu der Zeit, auf die er geſtellt iſt, losſchlaͤgt. Man hoͤrt ihn in weit groͤßern Entfernungen, wenn. die Luft im Digeſtor comprimirt oder erhitzt iſt. Dieſen Verſuch haben Hawksbee (Phyſico mechanical experiments), s'Graveſande (Elem. Phyſ. mathem. §. 2354.) und Zanotti (Comment. Bonon. Vol. I. p. 173.) angeſtellt. Weil der Fortgang der Schlaͤge vom ſchallenden Punkte aus nach allen Seiten in geraden Linien geſchieht, ſo kan man ſich dieſe Linien als Schallſtralen (radii ſonori) vorſtellen, und ſo die Betrachtung der Wege des Schalles zum Theil auf Geometrie bringen. Die Lehre vom Schalle fuͤhrt uͤberhaupt den Namen der Akuſtik oder Phonik. Einige haben die Betrachtungen des geradlinigten, gebrochnen und zuruͤckgeworfenen Schalles trennen, und nach dem Beyſpiele der optiſchen Wiſſenſchaften eine eigne Diaphonik und Kataphonik oder Diakuſtik und Katakuſtik entwerfen wollen (The doctrine of Sounds, in Philoſ. Trans. num. 156. p. 472.). Aber von Brechungen des Schalles weiß man noch ſo viel, als gar nichts. Die Zuruͤckwerfung der Schallſtralen von harten Koͤrpern geſchieht nach den gewoͤhnlichen Geſetzen der Reflerionen, ſ. Zuruͤckwerfung. Hierauf beruhen die Erklaͤrungen des Echo, des Sprachrohrs, Hoͤrrohrs, der Sprachſ<*>le u. ſ. w., von welchen Gegenſtaͤnden beſondere Artikel dieſes Woͤrterbuchs handeln. Es geſchieht aber die Fortpflanzung des Schalls nicht blos durch die Luft, ſondern auch durch andere elaſtiſche, fluͤßige und feſte Koͤrper. So hoͤrt man den Klang eines Weckers, der auf dem Tiſche unter einer glaͤſernen Glocke ſteht. Die ſchallende Bewegung ſetzt die Theile des Glaſes in Schwingungen, und dieſe theilen ſich erſt der aͤußern Luft mit, die ſie zum Ohre bringt. Daher iſt auch der Schall weit ſchwaͤcher, als wenn er ganz durch freye Luft gehen kann. Noch ſchwaͤcher wird er, wenn man uͤber die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0821" xml:id="P.3.815" n="815"/><lb/> großen Einfluß auf die Weiten, bis auf welche man den Schall hoͤret.</p> <p>Daß verdichtete oder auch eingeſchloßne erwaͤrmte Luft den Schall verſtaͤrkt, beweiſet man durch einen Wecker, der in eine Glocke oder einen papiniſchen Digeſtor eingeſchloſſen wird, und zu der Zeit, auf die er geſtellt iſt, losſchlaͤgt. Man hoͤrt ihn in weit groͤßern Entfernungen, wenn. die Luft im Digeſtor comprimirt oder erhitzt iſt. Dieſen Verſuch haben <hi rendition="#b">Hawksbee</hi> <hi rendition="#aq">(Phyſico mechanical experiments),</hi> <hi rendition="#b">s'Graveſande</hi> <hi rendition="#aq">(Elem. Phyſ. mathem. §. 2354.)</hi> und <hi rendition="#b">Zanotti</hi> <hi rendition="#aq">(Comment. Bonon. Vol. I. p. 173.)</hi> angeſtellt.</p> <p>Weil der Fortgang der Schlaͤge vom ſchallenden Punkte aus nach allen Seiten in geraden Linien geſchieht, ſo kan man ſich dieſe Linien als <hi rendition="#b">Schallſtralen</hi> <hi rendition="#aq">(radii ſonori)</hi> vorſtellen, und ſo die Betrachtung der Wege des Schalles zum Theil auf Geometrie bringen. Die Lehre vom Schalle fuͤhrt uͤberhaupt den Namen der <hi rendition="#b">Akuſtik</hi> oder <hi rendition="#b">Phonik.</hi> Einige haben die Betrachtungen des geradlinigten, gebrochnen und zuruͤckgeworfenen Schalles trennen, und nach dem Beyſpiele der optiſchen Wiſſenſchaften eine eigne <hi rendition="#b">Diaphonik</hi> und <hi rendition="#b">Kataphonik</hi> oder <hi rendition="#b">Diakuſtik</hi> und <hi rendition="#b">Katakuſtik</hi> entwerfen wollen <hi rendition="#aq">(The doctrine of Sounds, in Philoſ. Trans. num. 156. p. 472.).</hi> Aber von Brechungen des Schalles weiß man noch ſo viel, als gar nichts. Die Zuruͤckwerfung der Schallſtralen von harten Koͤrpern geſchieht nach den gewoͤhnlichen Geſetzen der Reflerionen, ſ. <hi rendition="#b">Zuruͤckwerfung.</hi> Hierauf beruhen die Erklaͤrungen des Echo, des Sprachrohrs, Hoͤrrohrs, der Sprachſ<*>le u. ſ. w., von welchen Gegenſtaͤnden beſondere Artikel dieſes Woͤrterbuchs handeln.</p> <p>Es geſchieht aber die Fortpflanzung des Schalls nicht blos durch die Luft, ſondern auch durch andere elaſtiſche, fluͤßige und feſte Koͤrper. So hoͤrt man den Klang eines Weckers, der auf dem Tiſche unter einer glaͤſernen Glocke ſteht. Die ſchallende Bewegung ſetzt die Theile des Glaſes in Schwingungen, und dieſe theilen ſich erſt der aͤußern Luft mit, die ſie zum Ohre bringt. Daher iſt auch der Schall weit ſchwaͤcher, als wenn er ganz durch freye Luft gehen kann. Noch ſchwaͤcher wird er, wenn man uͤber die<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [815/0821]
großen Einfluß auf die Weiten, bis auf welche man den Schall hoͤret.
Daß verdichtete oder auch eingeſchloßne erwaͤrmte Luft den Schall verſtaͤrkt, beweiſet man durch einen Wecker, der in eine Glocke oder einen papiniſchen Digeſtor eingeſchloſſen wird, und zu der Zeit, auf die er geſtellt iſt, losſchlaͤgt. Man hoͤrt ihn in weit groͤßern Entfernungen, wenn. die Luft im Digeſtor comprimirt oder erhitzt iſt. Dieſen Verſuch haben Hawksbee (Phyſico mechanical experiments), s'Graveſande (Elem. Phyſ. mathem. §. 2354.) und Zanotti (Comment. Bonon. Vol. I. p. 173.) angeſtellt.
Weil der Fortgang der Schlaͤge vom ſchallenden Punkte aus nach allen Seiten in geraden Linien geſchieht, ſo kan man ſich dieſe Linien als Schallſtralen (radii ſonori) vorſtellen, und ſo die Betrachtung der Wege des Schalles zum Theil auf Geometrie bringen. Die Lehre vom Schalle fuͤhrt uͤberhaupt den Namen der Akuſtik oder Phonik. Einige haben die Betrachtungen des geradlinigten, gebrochnen und zuruͤckgeworfenen Schalles trennen, und nach dem Beyſpiele der optiſchen Wiſſenſchaften eine eigne Diaphonik und Kataphonik oder Diakuſtik und Katakuſtik entwerfen wollen (The doctrine of Sounds, in Philoſ. Trans. num. 156. p. 472.). Aber von Brechungen des Schalles weiß man noch ſo viel, als gar nichts. Die Zuruͤckwerfung der Schallſtralen von harten Koͤrpern geſchieht nach den gewoͤhnlichen Geſetzen der Reflerionen, ſ. Zuruͤckwerfung. Hierauf beruhen die Erklaͤrungen des Echo, des Sprachrohrs, Hoͤrrohrs, der Sprachſ<*>le u. ſ. w., von welchen Gegenſtaͤnden beſondere Artikel dieſes Woͤrterbuchs handeln.
Es geſchieht aber die Fortpflanzung des Schalls nicht blos durch die Luft, ſondern auch durch andere elaſtiſche, fluͤßige und feſte Koͤrper. So hoͤrt man den Klang eines Weckers, der auf dem Tiſche unter einer glaͤſernen Glocke ſteht. Die ſchallende Bewegung ſetzt die Theile des Glaſes in Schwingungen, und dieſe theilen ſich erſt der aͤußern Luft mit, die ſie zum Ohre bringt. Daher iſt auch der Schall weit ſchwaͤcher, als wenn er ganz durch freye Luft gehen kann. Noch ſchwaͤcher wird er, wenn man uͤber die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |