Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Newton (Optice lat. redd. a Sam. Clarks. Lond. 1706. 4. L. III. quaest. 10. p. 295.) vermuthet, diese elastische Materie sey ein in Dämpfe verwandelter Salpetergeist, der durch die Schwefelsäure entwickelt, mit Ungestüm aus der Substanz des Salpeters hervorbreche, wie etwa der Wasserdunst aus einer Windkugel. Dieser Dampf des Salpetergeists werde durch die Hitze glühend, und zeige sich als Flamme; die in den Salpeter eindringende Schwefelsäure verursache darinn ein starkes Aufbrausen (fermentatio) und viele Hitze, die selbst die feste Substanz des Salpeters in Dämpfe verwandle, und dadurch die Erplosion sehr heftig mache. Johann Bernoulli (Diss. de effervescentia et fermentatione. Basil. 1690. 4. et in Opp. To. I. num. 1. §. 22.) betrachtet die elastische Materie des Pulvers nur als gewöhnliche Luft, die aber im Pulver über 100mal mehr, als im natürlichen Zustande, zusammengedrückt sey. Auch Papin folgerte aus seinen Versuchen, es sey im Salpeter eine stark zusammengepreßte Luft eingeschlossen, so daß 6 Gran Pulver wenigstens 1 Gran wirkliche Luft enthielten, und ein Italiäner Brachi (Suppl. al Giornale de letterati d'Italia. To. I. n. 8.) giebt die Dichte dieser eingepreßten Luft 450mal größer an, als die der natürlichen. Daniel Bernoulli (Hydrodynam. Argent. 1738. Sect. X.) sucht aus Versuchen und aus seiner Hypothese über die Ursache der Elasticität zu erweisen, daß die im Pulver enthaltene Luft 10000mal dichter und elastischer, als die gewöhnliche sey. Man hat ihm eingewendet, das Pulver selbst sey nicht viel über 800 -- 1000mal dichter, als die gewöhnliche Luft; also könne sein Satz nicht bestehen, wenn auch gleich das ganze Pulver nichts als verdichtete Luft wäre. Man sieht aber wohl, daß sich alle diese Meinungen auf die Idee von
Newton (Optice lat. redd. a Sam. Clarks. Lond. 1706. 4. L. III. quaeſt. 10. p. 295.) vermuthet, dieſe elaſtiſche Materie ſey ein in Daͤmpfe verwandelter Salpetergeiſt, der durch die Schwefelſaͤure entwickelt, mit Ungeſtuͤm aus der Subſtanz des Salpeters hervorbreche, wie etwa der Waſſerdunſt aus einer Windkugel. Dieſer Dampf des Salpetergeiſts werde durch die Hitze gluͤhend, und zeige ſich als Flamme; die in den Salpeter eindringende Schwefelſaͤure verurſache darinn ein ſtarkes Aufbrauſen (fermentatio) und viele Hitze, die ſelbſt die feſte Subſtanz des Salpeters in Daͤmpfe verwandle, und dadurch die Erploſion ſehr heftig mache. Johann Bernoulli (Diſſ. de efferveſcentia et fermentatione. Baſil. 1690. 4. et in Opp. To. I. num. 1. §. 22.) betrachtet die elaſtiſche Materie des Pulvers nur als gewoͤhnliche Luft, die aber im Pulver uͤber 100mal mehr, als im natuͤrlichen Zuſtande, zuſammengedruͤckt ſey. Auch Papin folgerte aus ſeinen Verſuchen, es ſey im Salpeter eine ſtark zuſammengepreßte Luft eingeſchloſſen, ſo daß 6 Gran Pulver wenigſtens 1 Gran wirkliche Luft enthielten, und ein Italiaͤner Brachi (Suppl. al Giornale de letterati d'Italia. To. I. n. 8.) giebt die Dichte dieſer eingepreßten Luft 450mal groͤßer an, als die der natuͤrlichen. Daniel Bernoulli (Hydrodynam. Argent. 1738. Sect. X.) ſucht aus Verſuchen und aus ſeiner Hypotheſe uͤber die Urſache der Elaſticitaͤt zu erweiſen, daß die im Pulver enthaltene Luft 10000mal dichter und elaſtiſcher, als die gewoͤhnliche ſey. Man hat ihm eingewendet, das Pulver ſelbſt ſey nicht viel uͤber 800 — 1000mal dichter, als die gewoͤhnliche Luft; alſo koͤnne ſein Satz nicht beſtehen, wenn auch gleich das ganze Pulver nichts als verdichtete Luft waͤre. Man ſieht aber wohl, daß ſich alle dieſe Meinungen auf die Idee von <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0852" xml:id="P.3.846" n="846"/><lb/> elaſtiſchen Materie zugeſchrieben. <hi rendition="#b">De la Hire</hi> <hi rendition="#aq">(Mém. de Paris, 1702.)</hi> glaubte zwar, es laſſe ſich alles von der atmoſphaͤriſchen Luft herleiten, die im Pulver und zwiſchen den Koͤrnern deſſelben ſtecke, und deren Elaſticitaͤt blos durch die Hitze der Entzuͤndung verſtaͤrkt werde; aber dieſe Erklaͤrung iſt offenbar unzureichend.</p> <p><hi rendition="#b">Newton</hi><hi rendition="#aq">(Optice lat. redd. a <hi rendition="#i">Sam. Clarks.</hi> Lond. 1706. 4. L. III. quaeſt. 10. p. 295.)</hi> vermuthet, dieſe elaſtiſche Materie ſey ein in Daͤmpfe verwandelter Salpetergeiſt, der durch die Schwefelſaͤure entwickelt, mit Ungeſtuͤm aus der Subſtanz des Salpeters hervorbreche, wie etwa der Waſſerdunſt aus einer Windkugel. Dieſer Dampf des Salpetergeiſts werde durch die Hitze gluͤhend, und zeige ſich als Flamme; die in den Salpeter eindringende Schwefelſaͤure verurſache darinn ein ſtarkes Aufbrauſen <hi rendition="#aq">(fermentatio)</hi> und viele Hitze, die ſelbſt die feſte Subſtanz des Salpeters in Daͤmpfe verwandle, und dadurch die Erploſion ſehr heftig mache.</p> <p><hi rendition="#b">Johann Bernoulli</hi><hi rendition="#aq">(Diſſ. de efferveſcentia et fermentatione. Baſil. 1690. 4. et in Opp. To. I. num. 1. §. 22.)</hi> betrachtet die elaſtiſche Materie des Pulvers nur als gewoͤhnliche Luft, die aber im Pulver uͤber 100mal mehr, als im natuͤrlichen Zuſtande, zuſammengedruͤckt ſey. Auch <hi rendition="#b">Papin</hi> folgerte aus ſeinen Verſuchen, es ſey im Salpeter eine ſtark zuſammengepreßte Luft eingeſchloſſen, ſo daß 6 Gran Pulver wenigſtens 1 Gran wirkliche Luft enthielten, und ein Italiaͤner <hi rendition="#b">Brachi</hi> <hi rendition="#aq">(Suppl. al Giornale de letterati d'Italia. To. I. n. 8.)</hi> giebt die Dichte dieſer eingepreßten Luft 450mal groͤßer an, als die der natuͤrlichen. <hi rendition="#b">Daniel Bernoulli</hi> <hi rendition="#aq">(Hydrodynam. Argent. 1738. Sect. X.)</hi> ſucht aus Verſuchen und aus ſeiner Hypotheſe uͤber die Urſache der Elaſticitaͤt zu erweiſen, daß die im Pulver enthaltene Luft 10000mal dichter und elaſtiſcher, als die gewoͤhnliche ſey. Man hat ihm eingewendet, das Pulver ſelbſt ſey nicht viel uͤber 800 — 1000mal dichter, als die gewoͤhnliche Luft; alſo koͤnne ſein Satz nicht beſtehen, wenn auch gleich das ganze Pulver nichts als verdichtete Luft waͤre. Man ſieht aber wohl, daß ſich alle dieſe Meinungen auf die Idee von<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [846/0852]
elaſtiſchen Materie zugeſchrieben. De la Hire (Mém. de Paris, 1702.) glaubte zwar, es laſſe ſich alles von der atmoſphaͤriſchen Luft herleiten, die im Pulver und zwiſchen den Koͤrnern deſſelben ſtecke, und deren Elaſticitaͤt blos durch die Hitze der Entzuͤndung verſtaͤrkt werde; aber dieſe Erklaͤrung iſt offenbar unzureichend.
Newton (Optice lat. redd. a Sam. Clarks. Lond. 1706. 4. L. III. quaeſt. 10. p. 295.) vermuthet, dieſe elaſtiſche Materie ſey ein in Daͤmpfe verwandelter Salpetergeiſt, der durch die Schwefelſaͤure entwickelt, mit Ungeſtuͤm aus der Subſtanz des Salpeters hervorbreche, wie etwa der Waſſerdunſt aus einer Windkugel. Dieſer Dampf des Salpetergeiſts werde durch die Hitze gluͤhend, und zeige ſich als Flamme; die in den Salpeter eindringende Schwefelſaͤure verurſache darinn ein ſtarkes Aufbrauſen (fermentatio) und viele Hitze, die ſelbſt die feſte Subſtanz des Salpeters in Daͤmpfe verwandle, und dadurch die Erploſion ſehr heftig mache.
Johann Bernoulli (Diſſ. de efferveſcentia et fermentatione. Baſil. 1690. 4. et in Opp. To. I. num. 1. §. 22.) betrachtet die elaſtiſche Materie des Pulvers nur als gewoͤhnliche Luft, die aber im Pulver uͤber 100mal mehr, als im natuͤrlichen Zuſtande, zuſammengedruͤckt ſey. Auch Papin folgerte aus ſeinen Verſuchen, es ſey im Salpeter eine ſtark zuſammengepreßte Luft eingeſchloſſen, ſo daß 6 Gran Pulver wenigſtens 1 Gran wirkliche Luft enthielten, und ein Italiaͤner Brachi (Suppl. al Giornale de letterati d'Italia. To. I. n. 8.) giebt die Dichte dieſer eingepreßten Luft 450mal groͤßer an, als die der natuͤrlichen. Daniel Bernoulli (Hydrodynam. Argent. 1738. Sect. X.) ſucht aus Verſuchen und aus ſeiner Hypotheſe uͤber die Urſache der Elaſticitaͤt zu erweiſen, daß die im Pulver enthaltene Luft 10000mal dichter und elaſtiſcher, als die gewoͤhnliche ſey. Man hat ihm eingewendet, das Pulver ſelbſt ſey nicht viel uͤber 800 — 1000mal dichter, als die gewoͤhnliche Luft; alſo koͤnne ſein Satz nicht beſtehen, wenn auch gleich das ganze Pulver nichts als verdichtete Luft waͤre. Man ſieht aber wohl, daß ſich alle dieſe Meinungen auf die Idee von
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